Lykurg (Sparta)

Lykurg (Sparta)
Lykurg.

Lykurg oder Lykurgos (griechisch Λυκοῦργος) gilt nach antiken Quellen als Gesetzgeber von Sparta. Nach heutigem Forschungsstand ist er wahrscheinlich keine historische, sondern eine mythische Person.

Der Mythos Lykurg wurde vermutlich deshalb geschaffen, um die Einzigartigkeit der spartanischen Verfassung zu erklären. Sie unterschied sich in klassischer Zeit, also im 5. und 4. Jahrhundert v. Chr., deutlich von denen anderer griechischer Stadtstaaten. Da man sich das zu dieser Zeit nicht als allmähliche gesellschaftliche Entwicklung vorstellen konnte, führte man die außergewöhnliche soziale Ordnung Spartas auf eine mythische Gründerfigur zurück. Die Historizität Lykurgs wurde in klassischer Zeit nie hinterfragt, gilt aber gegenwärtig als äußerst umstritten.

Vor dem Hintergrund starker externer und interner Gefährdungen – wie beispielsweise Messenische Kriege, Gesetz der Erbteilung, drohende Vormachtstellung Athens – wandelte sich Sparta gegen Ende des 7. Jahrhunderts v. Chr. allmählich in einen rigoros organisierten Staat, in dem das Kriegswesen eine dominierende Rolle spielte. Die juristischen, sozialen und politischen Einrichtungen, die mit dieser Reform verbunden waren, schrieb man Lykurg zu (Lykurgische Reformen).

Inhaltsverzeichnis

Mythische Biographie nach Plutarch

Lykurg war nach Plutarch ein spartanischer Königssohn. Nachdem sein Vater und sein Bruder aufgrund vorherrschender Gesetzlosigkeit ermordet wurden, regierte Lykurg als Vormund seines noch ungeborenen Neffen. Das Angebot seiner Schwägerin, das Kind zu töten, um selbst König zu werden, lehnte er ab. Lykurg sorgte selbstlos dafür, dass sein Neffe die ihm zustehende Königswürde erhielt und gewann dadurch bei den Spartanern ein großes Ansehen. Aufgrund fortwährender Verleumdungen der Königinmutter verließ er Sparta. In Kreta, Ägypten, Libyen, Spanien und Kleinasien studierte Lykurg verschiedene Verfassungen und begann damit eine neue politische Ordnung für Sparta zu entwerfen. Um die Spartaner auf die kommenden Reformen einzustimmen, sandte Lykurg Dichter nach Sparta, die mit Gesängen für Gesetzestreue und Eintracht der Bürger warben.

Eines Tages baten die spartanischen Könige Lykurg zur Rückkehr, um sie bei der Regierung des durch zunehmende Gesetzlosigkeit und politische Unordnung gefährdeten Stadtstaates zu unterstützen. Er besuchte zunächst Delphi und erhielt dort die Weissagung, dass er seiner Heimat die beste aller Verfassungen bringen werde. Bei seiner Rückkehr nach Sparta berief er sich auf das Orakel, als er begann, eine neue politische Ordnung einzuführen.

Zu den Lykurg zugeschriebenen Reformen zählt vor allem die Gewaltenteilung zwischen Königtum, Gerusia („Rat der Alten“), Apella (Volksversammlung) sowie Ephorat (fünf Beamte); dazu kam eine Landreform, die Abschaffung von Gold- und Silbermünzen sowie deren Ersatz durch Eisen und der ständige militärische Drill von Männern bis zu ihrem 30. Lebensjahr verbunden mit einer Geschlechtertrennung.

Gegen Ende seines Lebens verließ Lykurg Sparta, um beim Orakel von Delphi Apollon zu opfern. Bevor er wegging, berief er eine Volksversammlung ein, inklusive König und Beamte, und ließ alle einen Eid darauf schwören, dass sie die Verfassung einhielten, bis er zurück käme. Dann reiste er nach Delphi und befragte das Orakel. Er erhielt die Weissagung, dass seine Gesetze exzellent seien und dass sie sein Volk berühmt machen würden. Zufrieden mit dieser Auskunft, beschloss er, sich zu Tode zu hungern, statt nach Sparta zurückzukehren. Auf diese Weise wollte er die Spartaner zwingen, für ewig diese Gesetze beizubehalten.

Nachwirkungen

Lykurg tritt im Gesellschaftsvertrag von Jean-Jacques Rousseau als Idealherrscher auf, der Sparta, durch Abschaffung und Verhinderung von Teilgesellschaften, zu einem Staat macht, in welchem der Gesamtwille dem Gemeinwillen entspricht.

Literatur

  • Lukas Thommen: Sparta. Verfassungs- und Sozialgeschichte einer griechischen Polis. Metzler, Stuttgart u. a. 2003, ISBN 3-476-01964-0.
  • William George Grieve Forrest: A History of Sparta. 950–192 BC. W. W. Norton, New York NY u. a. 1968 (The Norton Library 481).

Weblinks


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