Lunar Laser Ranging

Lunar Laser Ranging
Retroreflektor der Apollo 11 Mission

Beim Lunar Laser Ranging (kurz: LLR) werden, von Bodenstationen auf der Erde ausgehend, Laufzeitmessungen von Laserpulsen zum Mond nach dem Puls-Echo-Verfahren durchgeführt. LLR-Messungen liefern Informationen zum Erde-Mond-System, zu Erdrotationsparametern sowie Parametern zur Überprüfung von Grundannahmen der Gravitationsphysik.
Gegenwärtig liegt die Genauigkeit der Messungen bei einigen Zentimetern in der Erde-Mond-Distanz (dieser Abstand beträgt im zeitlichen Mittel rund 384.400 km).

Inhaltsverzeichnis

Reflektoren auf dem Mond

Der erste Laser-Retroreflektor wurde im Juli 1969 von Astronauten der Apollo-11-Mission auf der Mondoberfläche installiert. Zwei weitere Reflektoren 1971 von der Apollo 14 und 15. Bereits 1970 konnte ein Reflektor mit der sowjetischen Lunochod-1-Mission auf den Mond platziert werden. Dieser Reflektor konnte jedoch bereits seit den 70er Jahren nicht mehr anvisiert werden. Die Gründe dafür waren über viele Jahre nicht bekannt. Nachdem die amerikanische Mondsonde Lunar Reconnaissance Orbiter im Jahr 2010 Aufnahmen von Lunochod 1 gemacht hatte und daher die Position genauer bestimmt werden konnte, wurde der Laserreflektor erstmals wieder erfolgreich anvisiert.[1] 1973 konnte schließlich ein weiterer Reflektor durch die Lunochod-2-Mission abgesetzt werden, der nach wie vor für Messungen genutzt werden kann.
Die Reflektoren haben die Eigenschaft, ankommendes Laserlicht genau in dieselbe Richtung zurückzuwerfen, aus der die Strahlung kommt. Sie bestehen aus bis zu 300 Tripelprismen von jeweils 4 cm Durchmesser, welche auf einen Aluminiumrahmen montiert sind.

LLR-Bodenstationen

Laser Ranging System des geodätischen Observatoriums Wettzell in Bayern.

Seit dem Absetzen des ersten Reflektors auf dem Mond durch die Apollo-11-Mission werden Messungen am McDonald-Observatorium nahe Fort Davis, Texas durchgeführt. 1984 wurde eine weitere Station des Lure Observatory auf dem Haleakalā auf der Insel Maui, Hawaii sowie eine Laserstation des Observatoire de Calern in Betrieb genommen. Im Jahre 2005 wurde das Apollo-System (Apache Point Observatory Lunar Laser-Ranging Operation) in New Mexico in Dienst gestellt. Gelegentlich wurden auch Beobachtungen auf der geodätischen Fundamentalstation Wettzell im Bayerischen Wald, sowie auf der australischen Station Orroral ausgeführt.

Ablauf der Messungen und Abschätzung der Anzahl empfangener Photonen

Beim Lunar Laser Ranging wird nach dem Puls-Echo-Verfahren gearbeitet. Gemessen wird die Laufzeit zwischen dem Abgang eines Pulses bis zu dessen Rückkehr. Dazu werden kurze Laserpulse mit einer Pulslänge von 150 Picosekunden von einer Station auf der Erde abgestrahlt, diese werden von den auf dem Mond befindlichen Reflektoren zurückgesendet, um von den Bodenstationen wieder empfangen zu werden. Eine Messung besteht aus mehreren Einzelpulsen mit einer Einzelpulsleistung bis zu einem Gigawatt. Ein Einzelpuls bildet eine Strahlungsscheibe mit einem Durchmesser von 75–150 cm und einer Dicke von 4.5cm. Die auf dem Mond ausgeleuchtete Fläche ist dabei ca. 70 km² groß. Eine Messung besteht aus mehreren Einzelpulsen mit total 1019 Photonen, von denen nach 2.5s im Mittel nicht einmal ein einziges Photon den Weg zum Empfänger zurückfindet. [2]

Nimmt man für den obigen Fall die Transmission durch das Teleskop und durch die Atmosphäre [3] je zu 71% an, so kommen von den 1019 Photonen die Hälfte auf dem Mond an. Auf die 100 Tripelprismen mit je einem Durchmesser von 3.8cm im Falle von Apollo 11 treffen im Mittel noch etwa 8.109 Photonen, wie man aus dem Verhältnis der Flächen berechnen kann. Der zentrale reflektierte Spot auf der Erde hat einen Durchmesser von 10 Meilen [4], aus dem dann das Teleskop mit seinem Durchmesser von 75 cm Photonen empfängt. Rechnet man einen Wirkungsgrad von 10% des Retroreflektors ein (Reflexions- und Streuverluste), so resultieren im Mittel 0.7 empfangene Photonen, berechnet als Verhältnis der Teleskopfläche zur Spotfläche, mit Berücksichtigung des 10%-Wirkungsgrades und der 50%-Transmission wie oben: 8 \cdot 10^9 \cdot 0.1 \cdot 0.5 \cdot ( \frac {0.75m} {18520m})^2 \approx 0.7.

Bei einer Laserdistanzmessung zum Mond werden auch Photonen von der angestrahlten Mondoberfläche zurückgestreut. Nimmt man die ausgeleuchtete Fläche als Lambertstrahler an und integriert die zurückgestreuten Photonen über die Teleskopfläche, so erhält man  10^{19} \cdot 0.5^2 \cdot 0.1  \cdot  ( \frac {0.375m} {380{'}000km})^2 \approx 0.2 zusätzlich empfangene Photonen durch Streuung an der Mondoberfläche. Der Faktor 0.5 ist dabei wie oben die Einwegtransmission , 0.1 das Mondalbedo, 0.375m der Radius des Empfangsteleskopes und 380‘000km die Distanz Erde-Mond.

Auswertung der LLR-Messung

Die Herausforderung bei der Auswertung besteht darin, einzelne angekommene Photonen aus einer Menge von Störphotonen herauszufinden. Dazu werden Fenster im Frequenz- und Zeitbereich gesetzt, in dem die richtigen Photonen zu erwarten sind. Während die Störereignisse mehr oder weniger gleichmäßig über das gesamte Registrierungsintervall verteilt sein werden, ist das Nutzsignal in einem wesentlich engeren Bereich zu erwarten. Das Registrierungsintervall wird in viele Teilintervalle zerlegt und ein Histogramm gebildet. Aus diesem wird ein Normalpunkt konstruiert, der in gewissem Sinne eine Pulsankunftszeit repräsentiert. Derzeit stehen über 11.500 Normalpunkte zur Verfügung. Die Analyse der Normalpunkte gelingt mit Hilfe umfangreicher Programmpakete. Diese enthalten einen Ephemeridenteil für die Bewegung der astronomischen Körper einerseits und einem Teil, welcher der Parameterschätzung dient.

Ergebnisse aus LLR-Messungen

Laserentfernungsmessungen liefern Informationen zu verschiedenen Aspekten des Erde-Mond-Systems, wie zum Beispiel geozentrische Koordinaten von stationären oder mobilen Laserstationen, die bis auf 3–5 cm genau bestimmt werden können. Da sich die Laserstationen zum Teil auf unterschiedlichen Kontinentalplatten befinden, können optional Stationsbewegungen in Form von Driftraten mit einer Genauigkeit von rund 0,4 cm geschätzt werden. Weiterhin lassen sich aus LLR-Daten wichtige Informationen zum Gravitationsfeld (darunter die Massenmultipolmomente des Mondes), sowie zur Gezeitendeformation des Mondes ableiten. Aufgrund der Gezeitenreibung wird die Rotation der Erde abgebremst, da jedoch der Drehimpuls im Erde-Mond-System erhalten bleibt, entfernt sich gegenwärtig der Mond um ca. 3,8 cm pro Jahr von der Erde.
Darüber hinaus können aus Laserentfernungsmessungen zum Mond relativistisch bedeutsame Größen und Erdrotationsparameter abgeleitet werden.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Decades-Old Soviet Reflector Spotted on the Moon
  2. Die Hochpräzisionsvermessung der Mondbewegung (TU München)
  3. Einführung in die Fernerkundung (Uni Kiel)
  4. Apollo 11 Preliminary Science Report

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