Lukrezia

Lukrezia

Lucretia (vor 500 v. Chr.) war eine römische Frau aus der halbmythischen Frühzeit, Tochter des Spurius Lucretius Tricipitinus und Gattin des Collatinus aus der königlichen Familie der Tarquinier. Sie war berühmt für ihre Schönheit und noch mehr für ihre Tugendhaftigkeit.

Inhaltsverzeichnis

Überlieferung

Im 6. Jahrhundert v. Chr. fühlte sich keiner seines Lebens, seiner Familien und seiner Ahnen sicher. Das Regime von Tarquinius Superbus war unerträglich, aber nicht nur für die Römer, die zu der Zeit noch Hirten und Bauern waren und daher noch keine gleichwertigen Vertreter in der Politik hatten. Auch für die mächtigen Etrusker und selbst für die Verwandten des Königs waren es unsichere Zeiten. Daher verschworen sich viele Männer aus dem Tarquinischen Adelsgeschlecht gegen den Tyrannen, um ihn zu stürzen. Unter diesen waren der Enkel von Tanaquil, Brutus, und der Mann von Lucretia, Collatinus.

Während der Besetzung der Stadt Ardea kamen die jungen Prinzen der Tarquinier abends in ihren Zelten zusammen. Eines Abends trafen sie sich im Zelt von Sextus Tarquinius, einem Sohn des Königs, und unterhielten sich über Frauen. Das Gespräch erhitzte sich bei der Behauptung von Collatinus – dem Einzigen, der nicht mit einer Etruskerin, sondern mit einer Römerin verheiratet war –, dass seine Frau Lucretia über allen anderen Frauen stehe. Um sie zu überzeugen, lud Collatinus die anderen zu einem Besuch bei ihr ein. Im Gegensatz zu ihren Schwägerinnen fand man sie nicht beim Gelage oder bei anderen für Frauen der damaligen Zeit unschicklichen Dingen, sondern umgeben von ihren Mägden beim Spinnen der Wolle, im Schein einer Öllampe. Augenblicklich begehrte Sextus die Gattin seines Kameraden.

Tarquinius und Lucretia von Antonio Bellucci
Marcantonio Raimondi, Lucretia, ca. 1510/11, Kupferstich

Während einer Abwesenheit ihres Ehemannes besuchte er unter einem Vorwand Lucretia, die ihm Einlass gewährte, da er ein entfernter Verwandter von Collatinus war. In der Nacht dann schlich er sich in ihr Zimmer und wollte sie vergewaltigen. Er bedrohte sie mit seinem Schwert, doch sie erklärte, lieber sterben zu wollen als ihrem Mann untreu zu werden. Als Tarquinius jedoch damit drohte, ihren Leichnam neben den eines toten Sklaven zu legen und sie dann der Unzucht zu beschuldigen (weswegen er dann beide auf frischer Tat getötet habe), ließ sie die Tat über sich ergehen. Nach der Vergewaltigung verschwand Tarquinius und Lucretia ließ nach ihrem Mann und ihrem Vater rufen. Sie erzählte beiden den Hergang und wurde von ihnen für unschuldig befunden. Trotzdem brachte Lucretia sich um, damit künftig keine untreue Frau sich auf ihr Schicksal berufen könne und somit unbestraft davonkomme. Diese sexuelle Gewalttat löste beim Volk einen Aufstand aus, die Königsgegner aus dem Hause der Tarquinier nutzten diese Gelegenheit und stürzten das unbarmherzige Regime.

Bedeutung

Diese Erzählung markierte 509 v. Chr. das Ende der Monarchie und den Anfang der römischen Republik. Somit gehört "Die Schändung der Lucretia" zum Gründungsmythos der Römischen Republik. Ein geschichtlicher Nachweis ist außer bei Titus Livius nicht überliefert: Die Vergewaltigung Lucretias wird von ihm zum Ende des ersten Buches von Ab urbe condita in den Kapitel 58-60 berichtet. Von dieser Sage wurden viele Autoren inspiriert (s. u.).

Literatur

  • Harald Norbert Geldner: Lucretia und Verginia, Studien zur Virtus der Frau in der römischen und griechischen Literatur. Mainz 1977

In den Künsten

Lucretia ist die Titelheldin zahlreicher Werke mit dem Zentralthema der ehelichen Treue und geschändeten Keuschheit.

Belletristik, Musik

  • The Sisters of Mercy: Lucretia My Reflection, unter anderem auf dem Album "A Slight Case Of Overbombing" zu finden
  • Megadeth: Lucretia, Thrash Metal-Song (erschienen unter Capitol Records auf der LP "Rust in Piece" von 1990)
  • Momus: The Rape of Lucretia, auf dem Album "Circus Maximus"
  • Ovid: Fasti, Verswerk (darin die Geschehnisse um Lukretia)
  • William Shakespeare: The Rape of Lucrece, Langgedicht Hierbei steht nicht mehr das römische Ideal der Tugend einer "Uxor Romana" im Vordergrund, sondern tragische und machtpolitische Elemente. Die feindselige Untat des Tarquin wird nur durch Erzählungen seines Gegners Collatin fokussiert und der Täter begegnet Lucretia erstmals, als er sie schändet. Sie verlangt ihrem Mann einen Racheschwur ab.
  • Alexander Puschkin: Graf Nulin, Parodie
  • Jean Giraudoux: Pour Lucrèce, Schauspiel
  • André Obey: Le Viol de Lucrèce, Bühnenstück
  • Benjamin Britten: The Rape of Lucretia, Oper
  • Mario Vargas Llosa: Lob der Stiefmutter, Roman
Sodoma
Der Tod Lucretias, 1513

Bildende Künste

Die Gestalt der Lucretia erscheint auch in bildlichen Darstellungen der Neun Guten Heldinnen, sie ist in dieser ikonografischen Reihe eine Vertreterin des Heidentums. So wurde sie in der Renaissance ein bedeutendes ‚weltliches‘ Thema:

Das Museum für Spätantike und Byzantinische Kunst (Bode-Museum) zeigt die Bedrohung von Lucretia mit dem Messer durch Tarquinius in einer Plastik des italienischen Bildhauers Pietro Tacca von 1700.[1]

Einzelnachweis

  1. Der Tagesspiegel Bildergalerie 23. Oktober 2006

Weblinks


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