Ludolph von Beckedorff

Ludolph von Beckedorff

Georg Philipp Ludolph von Beckedorff (* 14. April 1778 in Hannover; † 27. Februar 1858 im Gut Grünhoff bei Regenwalde/Hinterpommern) war ein konservativer preußischer Publizist, Pädagoge und Ministerialbeamter.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Beckedorff war Sohn eines Schreibers und stammte aus einfachen Verhältnissen. Nach dem Studium der Theologie und Medizin an den Universitäten Jena und Göttingen und der Promotion 1799 arbeitete er als Arzt. In Berlin trat er in die Deutsche Tischgesellschaft ein, vor der er am 18. Juni 1811 eine Abschiedsrede hielt, in der er offen antisemitisch auftrat: "Wir führen Krieg gegen die Juden, gegen ein Gezücht, welches mit wunderbarer Frechheit ... sich in den Staat, in die Wissenschaft, in die Kunst, in die Gesellschaft ... einzuschleichen, einzudrängen und einzuwängen bemüht ist." Er forderte die Verbannung der Juden.[1] 1811 bis 1818 war er Erzieher des Kronprinzen von Anhalt-Bernburg in Ballenstedt.

Bekannt wurde er als Publizist durch seinen „Aufruf an die deutsche Jugend über der Leiche des ermordeten Kotzebue 1819. Zum Süvernschen Schulgesetzentwurf von 1819 verfasste er 1821 eine Gegenschrift. Der preußische König Friedrich Wilhelm III. berief ihn zum Aufseher über die öffentliche Volksschule im Kultusministerium. Er war der konservative Gegenspieler zu den liberalen Schulreformern in der Nachfolge Wilhelm von Humboldts, denen er vorwarf, zu sehr den Gleichheitsgrundsatz in der Bildung zu befolgen. Statt dessen beharrte er auf der unterschiedlichen Bildung der sozialen Schichten und Berufsstände und wurde so zum Ahnherrn des gegliederten Schulwesens und der volkstümlichen Volksschule mit konfessioneller Prägung. Der staatliche Erziehungsauftrag habe seine Grenzen an den Rechten der Kirchen und am Erziehungsrecht der Eltern. Auch sei die Verschiedenheit der Provinzen zu beachten, die in Preußen von der Rheinprovinz bis zu den östlichen Provinzen zu sehr unterschiedlichem Schulbesuch führte.

Seine konservativen Neigungen bewirkten seine Konversion zum Katholizismus 1827. Deshalb musste er die öffentlichen Ämter in Berlin aufgeben und zog sich nach Pommern auf sein Landgut Grünhof zurück. Erst 1840 rehabilitierte ihn der neue König Friedrich Wilhelm IV. und ernannte ihn zum Präsidenten der neuen Landwirtschaftskammer Pommern.

Zitate

Vor allen Dingen aber, möchte der Geist, welcher der niederen arbeitenden Klassen sich bemeistert, und die täglich wachsende Ausartung des Gesindeverhältnisses sehr wenig zur Empfehlung einer Erziehungsweise beitragen, welche von dem Grundsatz einer gleichartigen, allgemeinen menschlichen Ausbildung der gesamten Nation ausgeht, und denselben sogar zwangsweise in Anwendung bringen soll, dadurch aber unfehlbar nur eine Gleichheit der Forderungen und Ansprüche hervorbringen und jene unentbehrlichen Unterordnungen in den geselligen Verhältnissen, ohne welche keine menschliche Vereinigung bestehen kann, in höchstem Grade erschweren und verwirren, ja endlich aufheben und zerstören müsste. [2]
Die Schule soll Gott und seinen Willen kennen, und soviel wie möglich lieben, ehren und gehorchen lernen. [3]

Belege

  1. Theodore Ziolkowski: Berlin. Aufstieg einer Kulturmetropole um 1810, Stuttgart 2002, S. 236f
  2. zitiert nach Herwig Blankertz: Die Geschichte der Pädagogik. Wetzlar 1992, S. 134
  3. zit. n. Baumgart, Zwischen Reform und Reaktion, S. 96

Schriften

Literatur

  • Hans Brunnengräber: Ludolph von Beckedorff: ein Volksschulpädagoge des 19. Jahrhunderts. Düsseldorf 1929.
  • Adolf Meyer: Ludolph von Beckedorff (1778-1858). In: Klassiker der Pädagogik I. Herausgegeben von Hans Scheuerl. 2. Aufl. 1991, S. 270-282
  • Franzjörg Baumgart: Zwischen Reform und Reaktion, Preußische Schulpolitik 1806-1859. Darmstadt 1990, S. 92 ff.
  • Emil Julius Hugo Steffenhagen: Beckedorff, Ludolph von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 2, Duncker & Humblot, Leipzig 1875, S. 219 f.



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