Lucklum

Lucklum

Lucklum ist ein Ort im Landkreis Wolfenbüttel (Niedersachsen) mit 360 Einwohnern (2007). Seit der niedersächsischen Gebietsreform von 1974 gehört Lucklum als Ortsteil zur Gemeinde Erkerode. Die Ortschaft liegt westlich des Höhenzugs Elm in der Samtgemeinde Sickte und wurde 1051 als Lucgenheim erstmals urkundlich erwähnt. Zum Gemeindegebiet von Lucklum gehört auch ein etwa 2 km westlich vom Ortskern zwischen Neuerkerode und Volzum gelegener Aussiedlerhof.

Dorfeingang

Inhaltsverzeichnis

Kommendengeschichte

(Ordens-) Kirche mit dem Gutsgebäude

Lucklum, an einer Handelsstraße am Elm gelegen, erlangte durch den Deutschen Ritterorden Bedeutung. Der ließ sich um 1260 in Lucklum nieder und richtete nach verschiedenen Landerwerbungen eine Kommende ein. Dadurch wurden alle Bewohner des Dorfes Angehörige des Ritterordens; die ursprünglich ansässigen Bauern wurden in Nachbarorte umgesetzt. Etwa zeitgleich wurde die als Landkommende bezeichnete Einrichtung in Lucklum zur Ballei (Ordensprovinz) Sachsen. Sie wurde von einem Landkomtur in Lucklum verwaltet und war einer der zwölf Unterbezirke des Deutschen Ritterordens. Die Ballei umfasste Ober- und Niedersachsen, damals das Gebiet zwischen Weser und Oder. Sie bestand von 1287 bis zur Auflösung des Ordens 1809, war dessen Zentrum innerhalb der damaligen Ordensprovinz Sachsen und zentraler Verwaltungssitz der Kommenden:

Merian-Stich von Lucklum 1654 (Ausschnitt)

Der Deutsche Ritterorden war seit etwa 1213 im Gebiet des Elms ansässig. Damals wurde er mit der Elmsburg belehnt. 1260 erwarb der Orden Besitz durch den Halberstädter Lehnsmann Ekbert von der Asseburg, der ihm das Vorwerk im Reitlingstal überließ. Der Orden verlegte seinen Sitz wenige Jahre später von dort nach Lucklum. Die Lucklumer Kirche wurde in eine Ordenskapelle umgewandelt und der Haupteingang in den Innenhof verlegt. Auf diese Weise entstand im 13. Jahrhundert eine geschlossene, befestigte Anlage, vermutlich mit stärkeren Wehrtürmen an den Ecken und einem quadratischen Grundriss ähnlich den Deutschordensburgen im Ostseeraum. 1547 schloss sich der Ritterorden der Reformation an. In der Folgezeit wurde die Kommende Lucklum zu einem Stift für unverheiratete ältere Herren des Adels. Während des Dreißigjährigen Krieges wurde die Gebäude der Kommende stark beschädigt, aber von Landkomtur Jan Daniel von Priort wieder aufgebaut. Dessen Grabmal befindet sich in der Lucklumer Kirche. Dem Landkomtur Gottlob Friedrich Wilhelm von Hardenberg, der von 1774–1800 regierte, ist es zu verdanken, dass die Ballei nicht vorzeitig aufgegeben werden musste. Sein Vorgänger, ein Graf von der Schulenburg (1757–1772), geriet durch die Ballei in Schulden, deren Ursache willkürliche und unordentliche Wirtschaftsführung war. Hardenberg war einer der ersten deutschen Landwirte, der zur Verfeinerung der Schafwolle Zuchtböcke von Merinoschafe aus Spanien einführte. Damit legte er den Grundstein zur überregional bekannt gewordenen Lucklumer Stammschäferei. Sein Neffe Friedrich von Hardenberg, der unter dem Schriftstellernamen Novalis bekannt ist, lebte 1784 etwa ein Jahr lang auf dem Gutshof in Lucklum. Hier verfasste er einige seiner romantischen Gedichte.

Niedergang

1809 säkularisierte Napoleon I. den Deutschen Orden und vermachte seinen Besitz den jeweiligen Landesfürsten. Für Lucklum war dies sein jüngster Bruder Jérôme von Westfalen. Er verkaufte die Domäne Lucklum an eine Familie Wahnschaffe. 1831 wurde das Anwesen ein Rittergut. Heute ist die frühere Domäne Lucklum im Besitz von Wolfram von Henninges, dessen Familie das Gut seit 1949 bewirtschaftet. Sein Vater Johann-Heinrich von Henninges ist Bürgermeister der Gemeinde Erkerode. Ende der 1940er Jahre wurden mehr als 200 Menschen beschäftigt, heute sind es noch zwei.

Bauten

Kirche

Dorfstraße und Grundstücksmauer des Gutsgeländes

Die Lucklumer Kirche, die größtenteils aus Erkeroder Trochitenkalk erbaut ist, befindet sich auf dem Kommendengelände und bildet mit weiteren Gebäuden einen quadratischen Innenhof. Wie bei den übrigen Gebäuden stammen nur noch die Fundamente aus der Zeit vor dem Dreißigjährigen Krieg. Zuvor war sie vermutlich als Wehrturm in das Gebäudeensemble einbezogen. Im Inneren der Kirche gibt es eine Empore, auf der die Ordensritter saßen und eine Loge, in der der Landkomtur als Leiter der Ballei seinen Platz hatte. Die Kirche enthält ein überlebensgroßes Standbild des früheren Landkomturs Jan Daniel von Priort (1618–1683). Sie hält eine Nachbildung der Ordensfahne von 1684, die das schwarze Ordenskreuz auf weißem Grund trägt. Rings um die Figur sind die Wappen der 43 Ordensritter angebracht, die seit dem Ende des Dreißigjährigen Krieges bis zur Auflösung des Ordens 1809 in die Ballei Sachsen aufgenommen wurden.

Die Orgel wurde 1861 durch den Orgelbauer Johann Andreas Engelhardt aus Herzberg[1] erbaut und hat 12 Register auf zwei Manualen und Pedal. Die Orgel ist fast in der originalen Komposition erhalten. 2009 wurde die Orgel restauriert und renoviert.

Herrenhaus

Prachtstück der ehemaligen Kommende ist das Herrenhaus mit dem Rittersaal, der um 1740 eingerichtet wurde. Das jetzige Herrenhaus wurde nach den Zerstörungen im Dreißigjährigen Krieg auf dem Vorgängerbau errichtet. Die Komture in Lucklum hielt enge Verbindung zum braunschweigischen Fürstenhaus in Wolfenbüttel und Braunschweig. Daher hingen Ölgemälde der Braunschweiger Herzöge und ihrer Gemahlinnen von Herzog Anton Ulrich bis Karl Wilhelm Ferdinand im Rittersaal. Weitere Porträts zeigten Abbildungen der Hoch- und Deutschmeister des Ordens, Lucklumer Ordensritter sowie sämtliche Lucklumer Landkomture. 2010 wurden die 57 Porträts aus dem Rittersaal versteigert. Der Erlös sollte in die Sanierung und Sicherung der Gebäude fließen. Neben dem Rittersaal liegen ein Billardzimmer mit einer farbenprächtigen Tapete sowie zwei Salons, die „Herzogszimmer“, in denen sich oft die Braunschweiger Herzöge aufhielten.

Weitere Gebäude

Steingebäude des Gutshofs

Das gesamte Kommendengelände wird von einer hohen Steinmauer umgeben. Die zahlreichen landwirtschaftlichen Gebäude sind ebenfalls massive Steinbauten und entstanden nach dem Dreißigjährigen Krieg. Sie gruppieren sich um zwei ineinander übergehende Höfe. Es gibt einen größeren Gutspark. Eine vierreihige Lindenallee mit rund 400 m Länge führt von der Landstraße direkt auf die Kommende zu. Die Allee wurde schon 1796 erwähnt.

Drehort

Die Kommende Lucklum ist bisher Drehort folgender Filme gewesen:

Regelmäßige Veranstaltungen

Literatur

  • Hans Adolf Schultz: Burgen und Schlösser des Braunschweiger Landes. Braunschweig 1980, ISBN 3-87884-012-8
  • Hans Helmuth Rimpau: Deutschordenskommende Lucklum. Hrsg. Hans Adolf Schultz, Braunschweig 1958

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. www.herzberg.de.
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