Louise Labe

Louise Labe
Louise Labé

Louise Labé (* ca. 1524 in Lyon; † 25. April 1566 in Parcieux-en-Dombes bei Lyon) war eine französische Autorin. Zu ihren Lebzeiten vor allem als emanzipierte Frau avant la lettre bekannt, gilt sie seit ihrer Wiederentdeckung gegen Ende des 18. Jahrhunderts als eine der bedeutendsten französischen Lyrikerinnen.

Sie war Tochter aus der zweiten Ehe des wohlhabenden Seilfabrikanten Pierre Charly, genannt L’abbé oder Labé, und wuchs auf im damals wirtschaftlich und intellektuell prosperierenden Lyon. Sie erhielt eine für eine junge Bürgerliche der Zeit vorzügliche und vielseitige Bildung und lernte nicht nur mehrere Sprachen und die Laute spielen, sondern auch (wenn man ihrer dritten Elegie glaubt), kunstvoll zu sticken, zu reiten und sogar zu fechten. Sie wurde jung mit einem deutlich älteren reichen Seilfabrikanten verheiratet und hieß fortan "la Belle Cordière", die schöne Seilerin.

In ihrem Salon versammelte sie die Lyoneser Schöngeister und Literaten, z. B. den bekannten Lyriker Maurice Scève, ließ sich von ihnen anhimmeln und animierte sie, über alle Aspekte der Liebe und nicht zuletzt auch über die Stellung und Rolle der Frau in Dichtung und Gesellschaft zu diskutieren und zu schreiben. Auch selbst schrieb sie zumindest gelegentlich. Nach ihrer frühen Verwitwung stellte sie 1555 einen Sammelband zusammen und brachte ihn bei dem sehr aktiven Lyoneser Drucker Jean de Tournes heraus unter dem Titel Œuvres de Louise Labé, Lyonnaise.

Der schmale Band enthält (neben 24 Gedichten befreundeter Autoren) den Prosatext Le Débat d'Amour et de Folie, ein naturgemäß unernster Disput zwischen Amor und der Torheit samt Plädoyers von Apollon und Merkur sowie dem Schiedsspruch Jupiters, weiter drei kürzere Elegien im Stil Clément Marots und vor allem die berühmten 24 petrarkistischen Sonette, deren drei oder vier schönste zu den besten Gedichten in französischer Sprache rechnen. Insgesamt wirken die Sonette für die Epoche ungewöhnlich bekenntnishaft und handeln, wie schon die Elegien, von der Leidenschaft eines weiblichen Ich, zweifellos der Autorin, zu einem seinerseits nur lauen Geliebten, hinter dem sich wohl der heute praktisch unbekannte Literat Olivier de Magny verbirgt.

Labé zog sich einige Jahre später auf ein Landgut nahe Lyon zurück, wo sie relativ jung verstarb. Ihr Testament ist eines der wenigen Dokumente, die aus ihrem Leben erhalten sind.

Nachdem ihr Werkband bald nach seinem Erscheinen mehrfach, auch an anderen Orten, nachgedruckt worden war, geriet sie im schon im späten 16. Jahrhundert in Vergessenheit. Eine Ursache war sicher der Ausbruch der Religionskriege 1562, ein anderer Grund war vielleicht, dass der Reformator Calvin, der wohl im nahen Genf von ihr gehört hatte, sie um 1560 wegen ihres unkonventionellen und selbständigen, für eine Frau leicht als unschicklich empfundenen Lebenswandels als "ordinäre Hure" (plebeia meretrix) geschmäht hatte. Ihre Wiederentdeckung wurde eingeleitet von einer Neuausgabe ihres Werkes um 1760. Seitdem gilt sie neben Scève als die bedeutendste Vertreterin der um 1550 blühenden sogenannten Lyoneser Dichterschule.

In Deutschland ist sie nicht unbekannt dank der naturgemäß recht freien Übertragungen ihrer Sonette durch Rilke (1917) und der noch freieren von Paul Zech (postum 1947). Auch in andere Sprachen wurden die Sonette im 19./20. Jahrhundert erstaunlich oft übertragen.

2006 stellte eine Pariser Literaturhistorikerin die These auf, dass die unter Labés Namen gedruckten Werke in Wahrheit nicht von ihr selbst verfasst seien, sondern von anderen Lyoneser Autoren (z. B. der Débat von Scève und die Sonette von Magny). Die These ist jedoch angesichts des Fehlens von einschlägigen Dokumenten oder Zeugnissen ebenso schwer zu erhärten wie zu widerlegen. Zu einem angemesseneren oder gar richtigeren Verständnis der Texte führt sie nicht.

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