Louis Fürnberg

Louis Fürnberg
Louis Fürnberg, 1949

Louis Fürnberg (* 24. Mai 1909 in Iglau; † 23. Juni 1957 in Weimar) war ein tschechoslowakisch-deutscher Schriftsteller, Dichter und Journalist, Komponist und Diplomat jüdischer Abstammung. Von ihm stammt das Lied Die Partei, das jahrelang als offizielle Hymne der SED gedient hat. [1]

Inhaltsverzeichnis

Leben

Als Sohn einer mährischen Textilfabrikantenfamilie geboren, verbrachte er seine Kindheit und Jugend in Karlsbad. Dort besuchte er das Gymnasium. Die auf Wunsch seines Vaters anschließende Lehre als Kunstkeramiker in einer Karlsbader Porzellanfabrik musste er wegen einer Tuberkuloseerkrankung abbrechen. Als Siebzehnjähriger trat er in die Sozialistische Jugend ein. 1927 ging er nach Prag und besuchte die Deutsche Handelsakademie. Er begann, erste Gedichte in der dortigen deutschsprachigen bürgerlichen Presse zu veröffentlichen. 1928 wurde er Mitglied in der deutschen Sektion der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei. Er gründete die Agitprop-Gruppe “Echo von links”, für die er zwischen 1932 bis 1936 hauptsächlich als Texter tätig war. Im Rahmen eines der Programme der Gruppe lernte er 1936 Lotte Wertheimer, Tochter eines österreichisch-jüdischen Unternehmers, kennen, die ebenfalls Kommunistin war und die er 1937 heiratete. Bis 1939 war er für die kommunistische Presse in Prag tätig.

Begräbnis Louis Fürnberg, 1957
Fürnbergdenkmal in Weimar

Wegen der jüdischen Herkunft ihrer Familien versuchten er und seine Frau beim Einmarsch der Nationalsozialisten in Prag im März 1939 nach Polen zu fliehen, wurden jedoch verraten und inhaftiert. Während seine Frau nach zwei Monaten freigelassen wurde und nach London fliehen konnte, ging er durch mehrere Gefängnisse und wurde gefoltert. Erst später gelang es der Familie seiner Frau, ihn durch Bestechung der Gestapo freizukaufen und eine Abschiebung nach Italien zu erreichen, wo er seine Frau zum Jahreswechsel 1939/1940 wiedertraf. Sie flohen weiter über Jugoslawien, wo 1940 in Belgrad ihr Sohn geboren wurde, bis sie schließlich 1941 Palästina erreichten. Seine Familie, die im Sudetenland verblieb, wurde durch die Nationalsozialisten ermordet. 1946 kehrte Fürnberg von Jerusalem nach Prag zurück. In den folgenden zwei Jahren war er als Journalist und Korrespondent für mehrere Zeitungen in Prag tätig, später im Informationsministerium und 1949 bis 1952 als Erster Botschaftsrat (Kulturattaché) der tschechoslowakischen Botschaft in Berlin. Danach (1952 bis 1954) wurde durch eine von Stalin geprägte politische antijüdische Atmosphäre in der Tschechoslowakei auch für Fürnberg das Leben schwer. So sah er sich gezwungen, seinen Namen in Lubomír Fyrnberg zu assimilieren. Die während dieser Zeit verhängten Todesurteile gegen Teile der Führung der KP der Tschechoslowakei um Rudolf Slánský, die auch einige der Freunde und Bekannten von Louis Fürnberg betrafen, beeinflussten ihn gesundheitlich.

1954 übersiedelte Fürnberg mit seiner Frau nach Weimar. Hier war er als stellvertretender Leiter der Nationalen Forschungs- und Gedenkstätten der klassischen deutschen Literatur tätig und war Mitherausgeber der Weimarer Beiträge. 1955 wurde er Mitglied der Deutschen Akademie der Künste. Im gleichen Jahr erlitt er jedoch einen Herzinfarkt, von dem er sich nicht mehr erholte. Er verstarb bereits im Alter von 48 Jahren in der Nacht vom 23. zum 24. Juni 1957 und wurde nach einem feierlichen Trauerzug am 27. Juni auf dem Ehrengräberfeld des Historischen Friedhofs Weimar beigesetzt. Nach seinem Tod leitete seine Witwe Lotte Fürnberg, die langjährig als Rundfunkredakteurin tätig war, das Louis-Fürnberg-Archiv in Weimar. Sie starb im Januar 2004 im hohen Alter von 92 Jahren in Weimar.

An seinem 100. Geburtstag erfuhr der Dichter eine Ehrung durch die Stiftung Weimarer Klassik mit einer Gedenkveranstaltung im Stadtschloss, bei der Tochter Alena aus seinen Gedichten las und Schriftsteller Wulf Kirsten eine Laudatio hielt.

Künstlerisches Schaffen

Fürnberg verstand sich als ein politischer Dichter. [2] Lyrisch hatte er einst seinen Genossen versichert: Was ich singe, sing ich den Genossen. Ihre Träume gehen durch mein Lied. [3]

Er verfasste hauptsächlich Gedichte, Erzählungen und Romane. Seine Novelle Die Begegnung in Weimar behandelte ein Treffen Adam Mickiewiczs mit Johann Wolfgang von Goethe. Fürnbergs Dramen, Festspiele und Kantaten zeugen von seiner kommunistischen Gesinnung, der er bis zu seinem Lebensende treu blieb.

Weniger bekannt ist, dass der Text des Erfolgshits der Puhdys Alt wie ein Baum sich auf das gleichnamige Gedicht von Fürnberg bezieht, indem sie singen „Alt wie ein Baum möchte ich werden, so wie der Dichter es beschreibt…“.

Der Name Louis Fürnberg weckt auch heute noch sehr starke Assoziationen mit dem Lied Die Partei, als Huldigung an den IX. Parteitag der KPČ im Mai 1949, zu dem er zu seiner großen Kränkung nicht eingeladen wurde. Seine anderen Werke sind dadurch in den Hintergrund geraten. Nach dem XX. Parteitag der KPdSU 1956 wurde ideologisch gesäubert. Der ursprüngliche Kehrreim So aus leninschem Geist wächst, von Stalin geschweißt, die Partei, die Partei, die Partei, wurde entsprechend der neuen Parteilinie gesungen So aus leninschem Geist wächst zusammengeschweißt, die Partei, die Partei, die Partei. [1] Die Gedichte Stalins Geburt, Der junge Stalin, Der größte Schüler waren aus der Werkausgabe zu streichen. [4] Und das Lied von Stalin ist nun Ein Lied vom Menschen. Dieses Lied weihe ich Stalin wurde umgeweiht und nun hieß es Dieses Lied weihe ich den Sowjets. Und an anderer Stelle wurde nun statt Lenin und Stalin den Namen von Marx und Engels gehuldigt.

Er bediente sich zeitweilig des Pseudonyms Nuntius bzw. Nuncius.

Auszeichnungen

Louis Fürnberg wurde 1956 mit dem Nationalpreis der DDR geehrt.

Werke

  • Hölle, Hass und Liebe, 1943 (Gedichte)
  • Der Bruder Namenlos. Ein Leben in Versen Mundus-Verlag, Basel 1947.
  • Die Begegnung in Weimar. Novelle. Aufbau-Taschenbuchverlag, Berlin 1995, ISBN 3-7466-1067-2 (Nachdruck der Ausgabe Berlin 1952)
  • Du hast ja ein Ziel vor den Augen (Der lesende Arbeiter; 4). Zentralbibliothek der deutschen Klassik, Weimar 1959.
  • Heimat, die ich immer meinte. Böhmen und Deutschland in Gedichten aus dem Nachlass. Aufbau-Verlag, Berlin 1964.
  • Lieder, Songs und Moritaten. Eine Auswahl. Deutsche Akademie der Künste, Berlin 1959.
  • Mozart-Novelle. Manesse Verlag, Zürich 1991, ISBN 3-7175-8184-8. (Erstauflage 1947)
  • Die spanische Hochzeit. 2. Aufl. Aufbau-Verlag, Berlin 1986 (Illustrationen von André Masson) (Erstauflage 1948)
  • Und Sterne wandern, wie ich geh. Gedichte, Lieder, Songs. 2 Aufl. Henschel Verlag, Berlin 1981.
  • Wanderer in den Morgen. Ein Gedichtskreis. Dietz Verlag, Berlin 1961.
  • Herbert Meinke (Hrsg.): War ein Wintertag … Gedichte. Dahlemer Verlagsanstalt, Berlin 1996, ISBN 3-928832-07-7.
  • Spätsommerabend, 1951 (Gedicht)

Literatur

  • Rüdiger Bernhard (Hrsg.): Wanderer in den Morgen. Louis Fürnberg und Arnold Zweig. Verlag Meidenbauer, München 2005, ISBN 3-89975-527-8.
  • Dieter Schiller: Der Träumer und die Politik. Louis Fürnberg zum 50. Todestag. Edition Helle Panke, Berlin 2007.
  • Henri Poschmann: Durch Hölle, Haß und Liebe. Louis Fürnberg 1909-2009. In: Sinn und Form, S. 620-627

Weblinks

 Commons: Louis Fürnberg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Vgl. Joachim Kahl: Eine ideologiekritische Analyse des Louis Fürnbergschen „Liedes von der Partei“. In: Aufklärung und Kritik, Sonderheft 10/2005.
  2. Vgl. Angela Mehner: Poet und Kommunist – 50. Todestag des Dichters Louis Fürnberg. Deutsches Rundfunkarchiv (= „Dokument des Monats Juni 2007“).
  3. Vgl. Peter Dittmar: Die Partei, die Partei, die hat immer recht. In: Die Welt, 7. Januar 1997.
  4. Vgl. den Brief, den Lotte Fürnberg (Witwe von L. Fürnberg) am 24. September 1960 an den Verlag geschickt hat. Zitiert in Peter Dittmar: Die Partei, die Partei, die hat immer recht. In: Die Welt, 7. Januar 1997.

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