Lore Agnes

Lore Agnes
Lore Agnes

Lore Agnes (geborene Benning; * 4. Juni 1876 in Bochum; † 9. Juni 1953 in Köln) war eine sozialdemokratische Politikerin und Frauenrechtlerin. Sie war Mitglied der Weimarer Nationalversammlung 1919/20 sowie des Reichstages von 1920 bis 1933.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Lore Agnes stammte aus einer Bergarbeiterfamilie und wurde nach dem frühen Tod des Vaters Dienstmädchen in Düsseldorf. 1906 heiratete sie den Gewerkschaftssekretär Peter Agnes und wurde Hausfrau. Etwa um dieselbe Zeit schloss sie sich der SPD an und engagierte sich in der Kinderschutzkommission des Bezirks Niederrheins und der entstehenden sozialdemokratischen Frauenbewegung. Sie beteiligte sich führend an der Gründung des „Verbandes der Hausangestellten“. Dieser Verband setzte sich für die Verbesserung der desolaten Lage der Hausangestellten ein. Obwohl die Dienstmädchen unter schlechtesten Bedingungen leben und arbeiten mussten, stellten sie die politisch am schwierigsten zu erreichende Arbeitnehmerschicht dar. Ihnen waren die wenigen Rechte kaum bekannt, die ihnen die Gesindeordnung einräumte. Auch waren sie sich über den Wert ihrer Arbeit wenig bewusst. Die Organisation der Dienstboten ist der große Verdienst Lore Agnes’, die als Agitatorin zu Fuß von Ort zu Ort zog, um weibliche Dienstboten anzusprechen. Auch ging die Gründung der Arbeiterwohlfahrt im Raum Düsseldorf vor allem auf ihre Initiative zurück.

Politisch stand sie vor dem Ersten Weltkrieg auf dem linken Flügel der SPD und machte sich die Ansichten von Clara Zetkin und Rosa Luxemburg zu eigen. Als Pazifistin war sie während des Ersten Weltkriegs entschiedene Kriegsgegnerin. Eine Rede auf einer Friedenskundgebung in Düsseldorf brachte ihr 1914 mehrere Wochen Untersuchungshaft ein. 1915 nahm sie an der Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz für Frieden in Bern teil. 1917 wurde sie erneut inhaftiert, weil sie angeblich zu einer internationalen Frauensitzung in Zürich ohne Papiere ausgereist war. Im selben Jahr schloss sie sich der USPD an. Sie nahm als Mitglied der Zentralen Leitung in der Partei eine bedeutende Rolle ein.

Für die USPD war sie Mitglied der Weimarer Nationalversammlung und bis zur Wiedervereinigung mit der MSPD auch des Reichstags. Für die nunmehr vereinigte SPD saß sie bis 1933 im Reichstag und setzte sich vor allem für die Sozial- und Frauenpolitik ein. In der Nationalversammlung forderte sie am 17. Juli 1919 einen Ausbau der Jugendfürsorge, weil viele Eltern aufgrund des kapitalistischen Wirtschaftssystems nicht mehr in der Lage seien, ihre Kinder hinreichend zu erziehen. Gleichzeitig forderte sie die Aufnahme einer Bestimmung in die Weimarer Reichsverfassung, nach der Eltern ihre Kinder nicht mehr aus politisch oder religiös motivierten Gründen entzogen und in ein Heim gesteckt werden dürften.

Zu Beginn der nationalsozialistischen Machtergreifung ging sie in den Untergrund wurde aber rasch verhaftet und erst nach schwerer Erkrankung wieder freigelassen. Ein Jahr später war sie erneut mehrere Monate in Haft. Im Jahr 1938 wurde sie aus politischen Gründen erwerbslos. Im Zusammenhang mit dem Hitlerattentat am 20. Juli 1944 wurde sie im Rahmen der Aktion Gitter erneut für mehrere Monate inhaftiert.

Nach dem Krieg beteiligte sie sich in Düsseldorf am Wiederaufbau der Arbeiterwohlfahrt und der örtlichen SPD.

Ehrungen

In Düsseldorf und Essen sind Häuser der AWO und in Radevormwald ein Kindergarten nach ihr benannt, sowie Straßen in Düsseldorf und Duisburg. Zudem vergibt das Rektorat der Ruhr-Universität Bochum den Lore-Agnes-Preis für Projekte zur Gleichstellung von Frauen und Männern.

Literatur

  • Sozialdemokratische Partei Deutschlands (Hrsg.): Der Freiheit verpflichtet. Gedenkbuch der deutschen Sozialdemokratie im 20. Jahrhundert. Marburg 2000. S. 17f.
  • Bernd Haunfelder: Nordrhein-Westfalen. Land und Leute. Ein biographisches Handbuch. Düsseldorf 2006, S. 36.
  • Wilhelm Heinz Schröder: Sozialdemokratische Parlamentarier in den deutschen Reichs- und Landtagen 1867–1933. Biographien, Chronik und Wahldokumentation. Ein Handbuch. Düsseldorf 1995, ISBN 3-7700-5192-0, S. 343f.
  • Martin Schumacher, Katharina Lübbe, Wilhelm Heinz Schröder: M.d.R. Die Reichstagsabgeordneten der Weimarer Republik in der Zeit des Nationalsozialismus. politische Verfolgung, Emigration und Ausbürgerung, 1933–1945. Eine biographische Dokumentation. 3. Auflage. Droste, Düsseldorf 1994, ISBN 3-7700-5183-1. 

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Lore Benning — Lore Agnes (geborene Benning; * 4. Juni 1876 in Bochum; † 9. Juni 1953 in Köln) war eine sozialdemokratische Politikerin und Frauenrechtlerin. Sie war Mitglied der Weimarer Nationalversammlung 1919/20 sowie des Reichstages 1920–1933. Leben und… …   Deutsch Wikipedia

  • Agnes (Begriffsklärung) — Agnes oder Agnès bezeichnet: Agnes, ein weiblicher Vorname, siehe dort auch zu Namensträgerinnen Agnès, eine Hauptfigur in Molières Die Schule der Frauen Agnes, eine schwedische Sängerin, siehe Agnes Carlsson Agnes, ein Asteroid des Hauptgürtels …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Ag — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Nationalversammlung (Weimar) — Die Weimarer Nationalversammlung, offiziell Verfassunggebende deutsche Nationalversammlung, war das verfassunggebende Parlament der Weimarer Republik. Eine Übersicht über alle Mitglieder der Versammlung gibt die Liste der Mitglieder der… …   Deutsch Wikipedia

  • Verfassunggebende deutsche Nationalversammlung — Die Weimarer Nationalversammlung, offiziell Verfassunggebende deutsche Nationalversammlung, war das verfassunggebende Parlament der Weimarer Republik. Eine Übersicht über alle Mitglieder der Versammlung gibt die Liste der Mitglieder der… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Mitglieder der Nationalversammlung — Mitglieder des Reichstages Nationalversammlung  (1919–1920) –  1. Wahlperiode (1920–1924) –  2. Wahlperiode (1924) –  3. Wahlperiode (1924–1928) –  4. Wahlperiode (1928–1930) –  5. Wahlperiode (1930–1932) – …   Deutsch Wikipedia

  • Bochum-Mitte — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Weimarer Nationalversammlung — Die Weimarer Nationalversammlung, offiziell Verfassunggebende Deutsche Nationalversammlung, war das verfassunggebende Parlament der Weimarer Republik. Eine Übersicht über alle Mitglieder der Versammlung gibt die Liste der Mitglieder der… …   Deutsch Wikipedia

  • Members of the IV. German Reichstag (Weimar Republic) — Contents 1 Social Democratic Party of Germany 2 German National People s Party 2.1 Later formed CNAG 3 Centre Party (Germany) …   Wikipedia

  • Liste Des Membres De L'assemblée Nationale De Weimar — Cette page dresse une liste des membres de l’assemblée nationale de Weimar, classée par ordre alphabétique du nom de famille. Les 421 députés, dont 37 femmes, furent élus le 19 janvier 1919 et furent en fonction du 6 février 1919 au 21 mai 1920.… …   Wikipédia en Français

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”