Lombardischer Baustil

Lombardischer Baustil
Byzantinische Kirche San Vitale in Ravenna (526)
Außenwand des byzantinischen Mausoleums der Galla Placidia in Ravenna (425–430)
Lombardische Stilelemente an der Abteikirche Maria Laach in der Eifel (1156)
San Michele in Pavia (Ende 11.Jh.)

Der lombardische Baustil hat seinen Namen vom germanischen Volk der Langobarden.

Ende des 6. Jahrhunderts eroberten sie im Zuge der Völkerwanderung große Teile Italiens. Davon zeugt bis auf den heutigen Tag der Name der oberitalienischen Region Lombardei.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

In Italien fanden die Langobarden zahllose Ruinen aus der Zeit der Römer vor. Trotz des Untergangs des römischen Reiches hatte diese Baukunst jedoch im „oströmischen“ Reich mit der Hauptstadt Byzanz weitergelebt. Die Langobarden stießen in Norditalien nun auch auf Bauten in diesem byzantinischen Baustil, die vor allem der ostgotische König Theoderich errichtet hatte. Dieser hatte als früherer Eroberer Italiens und damit Herr (493–526) der damaligen Hauptstadt Ravenna seinen Palast und einige Kirchen (Sant’Apollinare Nuovo, Baptisterium der Arianer oder sein Grabmal) nach byzantinischen Vorbildern erbaut, da er in jungen Jahren als Geisel in Byzanz erzogen worden war und dort diese Kunst schätzen gelernt hatte.

Zudem hatte das byzantinische Reich unter Justinian I. Italien nach 535 zum großen Teil (zurück)erobern können und in Ravenna weitere, prächtige Bauwerke (San Vitale, Baptisterium der Kathedrale, Sant’Apollinare in Classe) errichtet. Diese Kirchen und Paläste beeindruckten die neuen Einwanderer sehr.

Der Großteil der in Italien ansässigen Langobarden hatte sich dem arianischen Glauben angeschlossen. Sie vermischten sich jedoch mit der ansässigen Bevölkerung und wurden im 7. Jahrhundert katholisch. Die Lombardei behielt auch nach der fränkischen Eroberung (774) durch Karl den Großen (der Papst hatte ihn zum Schutz des Kirchenstaates vor den Langobarden zu Hilfe gerufen) ihre kulturelle Eigenständigkeit. Die lombardischen Könige förderten und schützten in hohem Maße die Baumeister und Handwerker, so dass der vorgefundene byzantinische Baustil weiterentwickelt wurde und als „lombardischer“ Stil zu einer neuen Blüte gelangte – vor allem in der Hauptstadt Pavia und dem benachbarten Mailand (hier vor allem Sant'Ambrogio).

Dabei darf ein machtpolitischer Aspekt nicht außer Acht gelassen werden: wer Gebäude nach römischen bzw. byzantinischen Vorbildern errichtete, wer „imperial“ baute, stellte sich damit in die Tradition der Kaiser und unterstrich so den eigenen Herrschaftsanspruch.

Charakteristika

Die Mauern lombardischer Gebäude bestehen in Norditalien häufig aus genau geformten byzantinischen Ziegeln, in anderen Regionen auch aus Hausteinen oder ausgesuchten Natursteinen. Sie sind massiv, d.h. ohne Schuttfüllung, wie es noch die Römer machten. Der Grundriss von Türmen ist oft, wie bei der ersten Peterskirche in Rom, quadratisch.

Das Hauptkennzeichen des lombardischen Baustils besteht aber die Verzierung der Außenwände durch Blendarkaden, Pilaster oder Lisenen und Bogenfriese.

Auswirkungen

Zur Verbreitung des neuen Stils in Westeuropa trugen vor allem Italienreisende bei, die aus religiösen, politischen oder aus Handelsgründen nach Rom unterwegs waren und auf dieser Reise den norditalienischen Stil kennengelernt hatten. Eines der ersten Gebäude in Deutschland mit typisch lombardischen Merkmalen ist der Speyerer Dom, der als Kaiserdom eine Vorbildrolle spielte, die nicht groß genug eingeschätzt werden kann.

Aber auch die Kirchenpolitik hatte ihren Anteil: Die Päpste förderten schon vor 1000 die Neugründungen von Klöstern, die unabhängig vom jeweiligen Ortsbischof waren. So kam es, dass Mönche aus lombardischen Klöstern in anderen – auch ausländischen – Regionen Äbte wurden und den heimischen Baustil mitnahmen, was zu einer Verbreitung in ganz Westeuropa – so auch bis ins Rheinland (romanische Kirchen in Köln) – führte.

Weblinks

 Commons: Lombardischer Baustil – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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