Lochplatte (Spieldose)

Lochplatte (Spieldose)
Illustration im Deckel einer Lochplattenspieldose

Eine Spieldose, ist ein selbstspielendes mechanisches Musikinstrument. Eine Spieluhr ist dagegen eine mechanische Uhr, die eine Melodie spielt.

Man unterscheidet bei Spieldosen zwei Arten:

  1. Walzen-Spieldosen (engl. Cylinder Music Boxes)
  2. Lochplatten-Spieldosen (engl. Disc Music Boxes)
Spieldose mit drehbarer Figur; links daneben die Mechanik
Platten-Spieldose, Kantenlänge 16,5 cm
Platten-Spieldose
Platten-Spieldose
Lochplatte zum Polyphon
Lochplatte, Unterseite

Die Erfindung der Musikdose geht auf den Genfer Uhrmacher Antoine Favre-Salomon zurück, der 1796 das Prinzip der klingenden Stahllamelle für eine musizierende Taschenuhr anwendete (hier deutet sich der Ursprung für den Begriff „Spiel-Uhr“ an).

Jede Tonzunge musste einzeln angefertigt, abgestimmt und dann auf den Zungenbalken aufgeschraubt werden. Das war eine recht mühselige Arbeit. Wenige Jahre später gelang es, 4 bis 5 Tonzungen aus einem Stück Stahlblech anzufertigen, was schon eine große Verbesserung war. Diese Musikdosen bezeichnet man als Segmentmusikdosen. Durch die Entwicklung von speziellen Fräsanlagen gelang es einem Genfer Fabrikanten 1810, einen Spielkamm aus einem Stück Stahlblech herzustellen.

Der Spielkamm oder Tonkamm ist ein Stahl-Kamm mit von kurz nach lang abgestuften Zinkenlängen. Die Zinken heißen Tonzungen. Jede Tonzunge wird auf einen bestimmten Ton abgestimmt. Ein drehender Zylinder (die Tonwalze), der mit Stahlstiften besetzt ist, reißt diese Zungen an und bringt sie zum Schwingen, wobei durch die Anordnung der Stifte eine bestimmte Melodie entsteht.

Während die meisten mechanischen Musikinstrumente Klangerzeuger besitzen, die auch in handgespielten Musikinstrumenten vorkommen, handelt es sich bei dem Tonkamm um einen speziell für mechanische Musikinstrumente konzipierten Klangerzeuger.

Die zart spielenden Werke traten einen Siegeszug durch die ganze Welt an. Es gibt sie in zahlreichen Ausführungen: Als Spieldose im Holzkasten, als Spieluhren, eingebaut in Schmuckkästchen oder in Dosen mit tanzenden Puppen usw.

Schweizer Spieldosen fanden weiteste Verbreitung und wurden in alle Welt exportiert. Ein großer Nachteil der Walzenspieldosen bestand jedoch in ihrem begrenzten Musikrepertoire. Meist spielt eine Walze 6 Musikstücke. Da die Walzen nicht austauschbar waren, musste man – war man der Musik überdrüssig – eine neue Spieldose kaufen.

Inhaltsverzeichnis

Platten-Spieldosen

In Leipzig-Gohlis erfand 1886/1887 Paul Lochmann die Plattenspieldose. Dadurch war eine Konkurrenz zu den Walzen-Spieldosen entstanden, denn diese Erfindung vereinigte den Vorteil der Austauschbarkeit der Melodien mit bedeutend geringeren Herstellungskosten. Die Fabrikation einer Blechplatte war um einiges einfacher und billiger als das zeitraubende Stiften einer Dosenwalze.

Durch eine spezielle Technik gelang es, in runde Stahlplatten Haken zu stanzen. Alle auf einem Radius angeordnete Haken sind dabei einem Ton zugeordnet. Die Haken treiben beim Abspielen pro Ton ein spitzzahniges Rad an, welches seinerseits die zugeordnete Tonzunge des Kammes anreißt und so die Melodie erzeugt. Auf diese Weise konnte der Kamm waagerecht liegen und war zudem etwas vor Beschädigungen, unter anderem durch defekte Platten geschützt.

Die Platten konnte man auswechseln. So konnte man sich zu einer Platten-Spieldose eine Sammlung Platten anschaffen und im Gegensatz zu den Zylinderspieldosen verschiedene Musikstücke hören.

Platten-Spieldosen hatten wie auch die späteren ersten Grammophone als Antrieb starke Federwerke, die Drehzahl wurde mit einem Fliehkraftregler konstant gehalten. Der Aufzug erfolgte mit einer aufsetzbaren Kurbel. Oft war ein Steuerhebel vorhanden, mit dem zwischen einmaligem und wiederholtem Abspielen umgestellt werden konnte.

Die Platten-Spieldose war einer der Vorläufer des Grammophons und eines der ersten auswechselbaren Musikmedien neben der fast gleichzeitig eingeführten Notenrolle.

Plattenspieldosen wurden vor allem in Deutschland und den USA produziert. Die Schweiz nahm die Entwicklung etwas später auf konnte zwar quantitativ nicht mit den oben genannten Nationen mithalten, entwickelte aber das Instrument durch einige raffinierte Patente in seiner qualitativen Eigenheit sehr weit. Im Zeitalter der beginnenden Industrialisierung – ab etwa 1880 – wurden diese Plattenspieldosen zu Hunderttausenden hergestellt und so preisgünstig angeboten, dass sie für jedermann erschwinglich waren.

Das Deutsche Reich entwickelte sich – neben den USA – zum bedeutendsten Exportland für mechanische Musikinstrumente.

Ein musikalisches Beispiel im MP3-Format (ca. 490 kB):
Ein Symphonion aus der „Musikinstrumentenfabrik Max Rettig“ in Berlin spielt den Marsch aus Tannhäuser, zweiter Aufzug, vierte Szene.

Walzen-Spieldosen

Datierung

In der zumeist englischsprachigen Literatur über mechanische Musikinstrumente finden sich vielerlei Hinweise zur Datierung von Walzenspieldosen. Hier soll der Versuch gemacht werden, diese Information zusammengefasst darzustellen.

Die Erfindung der Walzenspieldose wird Antonie Favre aus Genf zugeschrieben, der 1796 ein Spielwerk in einer Zinndose, basierend auf Zungenkamm und Stachelrad einbaute. In den folgenden Jahren wurden Spielwerke dieser Art in Siegelringen, Taschenuhren, Schnupftabaksdosen, Necessaires und in größerer Form auch in Sockel von Tischuhren eingebaut. Erst ab etwa 1820 wurden Walzenspieldosen in der Form gebaut, wie sie heute bekannt sind. Sie sind an ihrem schlichten Gehäuse zu erkennen, das nicht furniert ist. Der Kamm besteht nicht aus einem Stück, sondern aus einzeln verschraubten Zähnen und später aus Gruppen von 2 bis 5 Zähnen. Der einteilige Kamm ist vor 1820 nur vereinzelt zu finden, verdrängte aber im Laufe der Zeit immer mehr den Kamm aus einzelnen Zähnen oder Zahngruppen.

Ab etwa 1850 wird nur noch der einteilige Kamm eingebaut. Die Walzenspieldosen aus dieser Zeit zeichnen sich durch kleine Gehäuse aus, die kaum größer sind als das Spielwerk, sie haben zumeist 4, höchstens 6 Musikstücke. Die Grundplatte ist immer aus Messing. Um 1840 begann die industrielle Fertigung von Walzenspieldosen, das heißt, es wurden größere Stückzahlen produziert, und infolge der Konkurrenz wurden Verbesserungen eingebaut – wie zum Beispiel Glocken und Trommeln. Zu Beginn wurde diese „Zusatzinstrumentierung“ versteckt unter dem Spielwerk eingebaut, später war sie dann sichtbar zumeist hinter der Walze angebracht. Ab 1870 wurde die polierte Messinggrundplatte durch eine gerippte Gusseisenplatte abgelöst, die mit Bronze- oder Silber-Farbe angestrichen wurde.

Die wohl bekanntesten Hersteller von Walzenspieldosen waren die Gebrüder Nicole (Nicole Frères). Sie produzierten von 1815 bis 1903 Walzenspieldosen von gleich bleibend hoher Qualität, die alle mit dem Namen Nicole Frères im Kamm gekennzeichnet sind und eine Seriennummer in der Grundplatte tragen. Auf Grund dieser Seriennummer lassen sich Walzenspieldosen von Nicole Frères leicht datieren. Leider findet man von keinem anderen Hersteller so genaue Daten über ihre Produktion.

Seriennummer bis Jahr bis
19.000 1839
25.000 1843
27.000 1845
29.000 1847
35.000 1860
38.000 1861
40.000 1863
41.000 1870
43.000 1872
44.000 1880
46.000 1882
50.000 1888
52.000 1903

Ein Hilfsmittel zur Datierung können auch Opern- oder Musikführer sein, die den Zeitpunkt der Erstaufführung des entsprechenden Werks angeben. Darüber kann z. B. bei Oper- und Operettentiteln auf das frühest mögliche Baujahr der Spieldose geschlossen werden.

Geschichte und Technik

Werk einer Walzen-Spieldose

Die durch ein unabhängiges Triebwerk bewegte Stiftwalze setzte sich im Laufe der Zeit mehr und mehr durch. Immer größere Spieldosen wurden gebaut, die nicht nur ein, sondern bis zu vier Federwerke aufwiesen. Dadurch wurde die Laufdauer der Musikdosen pro Aufzug stark erhöht. Stiftwalzen haben auch den Vorteil, dass man sie seitlich verschieben kann. Das ermöglicht das Aufzeichnen von mehreren Melodien auf derselben Walze.

Es gibt Zylinder, auf denen bis zu 20 Melodien gestiftet sind. Eine solche Vielzahl stellt allerdings eine Ausnahme dar. Die Anzahl der benötigten Stifte schwankt je nach Größe und Durchmesser eines Zylinders von 100 bis zu 30.000, ja sogar 40.000 Stück.

Eine raffinierte Neuerung war die so genannte piano-forte-Spieldose. Um das Jahr 1840 führte man diese Spieldosen mit 2 Kämmen ein. Der eine Kamm tönt dabei laut, während der andere leise klingt. Erreicht wurde dies durch kurze Stifte beim leisen (piano) und lange Stifte beim lauten (forte) Kamm. Die Kämme wurden abwechselnd gespielt, was beachtliche Klangeffekte ergab. Bei besonders lauten Stellen des Musikstücks ließen sich beide Kämme zugleich anreißen. Um ein exakt gleichzeitiges Ansprechen zu erreichen, war eine besonders präzis ausgeführte Bestiftung nötig.

Bald wurden in die Musikdosen noch Zusatz-Instrumente eingebaut. Beliebt war der Einbau eines zusätzlichen Glockenwerks. Die Glocken wurden von einem separaten Kamm – ebenfalls über die Walzenstifte – gesteuert. Erfolgreich war auch die Kombination mit einer Harmonika. Bei diesen Modellen befanden sich durchschlagende Zungen-Sektion in der Mitte des Tonkamms. Dazu war ein spezielles Gebläse nötig, welches durch dasselbe Federwerk angetrieben wurde, das auch die Stiftwalze drehte (Schöpfbälge). Sehr häufig wurde ein zu- und abschaltbarer Zither-Effekt eingebaut. Dazu wurde über eine entsprechende Mechanik eine spezielle Papierrolle ganz leicht auf den Tonkamm gepresst. Das ist erkennbar an einem Metall-Streifen über dem Tonkamm. Dem Erfindungsgeist waren offensichtlich keine Grenzen gesetzt. Zum Schluss wurden ganze Orchesterspieldosen gebaut. Natürlich kam man auch auf die Idee die „Puppen tanzen zu lassen“. Nach Münzeinwurf tanzten zur Melodie kleine Püppchen im Kreis.

Ungefähr 1850 kamen die ersten Spieldosen mit auswechselbaren Walzen in den Handel. Dadurch erhielt der Käufer die Möglichkeit, auch später noch weitere Walzen mit neuen Melodien nachzubestellen. Diese auswechselbaren Walzen wurden gesondert für eine bestimme Spieldose angefertigt und mit dieser auch geliefert. Eine Austauschbarkeit mit den Walzen anderer Spieldosen war nicht gegeben. Mit austauschbaren Walzen befasste sich hauptsächlich die Firma Mermod Frères. Sie legte schließlich Wert darauf, dass man die Walzen in allen Spieldosen derselben Bauart abspielen konnte. Ganz ausgeklügelt war das System der Revolver-Spieldose. Ähnlich einem Patronenlager waren hier drei, vier oder sechs Walzen kreisrund angeordnet. Waren die sechs Melodien pro Walze abgespielt, drehte sich der Mechanismus um eine Walze weiter.

Man stellte auch Spieldosen mit zwei Zylindern her - zur Fertigung solcher Duplex-Dosen war ganz besondere Präzision nötig. Um auch Melodien spielen zu können, deren Länge mehrere Umdrehungen einer Walze benötigte, erfand man die so genannte Plerodinique-Spieldose. Hier ist der Zylinder in der Mitte geteilt (eigentlich also zwei Walzen). Die seitliche Verschiebung der beiden Walzenteile geschieht nicht gleichzeitig, sondern in einem bestimmten zeitlichen Abstand. Eine Walze spielt, die andere wird in der Zwischenzeit seitlich verschoben. So können Melodien bis zu sechs Umgängen ohne Unterbrechung abgespielt werden.

Weitere Beispiele für die zahlreichen Erfindungen jeder Zeit:

  • Der so genannte „Fallschirm“, der bei einem Zahnradbruch das Werk sofort blockiert und zum Stillstand bringt. (Jacot's safety check – patented 22. sept. 1886)
  • Der mechanische Geschwindigkeitsregler für eine stufenlose Veränderung der Geschwindigkeit.

Große Musikdosen wurden zu Zehntausenden, kleinere zu Hunderttausenden für Abnehmer in vielen Ländern der Welt gefertigt. Kunden in England, Russland, Amerika, das Kaiserreich China, Indien und der Orient gehörten zu den Abnehmern der begehrten schweizerischen Spieldosen. So wurden selbstverständlich auch chinesische oder indische Musikstücke auf die Walzen gestiftet beziehungsweise die Stimmung daran angepasst.

Später baute man Musikwerke – speziell die späteren Platten-Spieldosen – in Münzautomaten, um sie in Wartsälen und öffentlichen Lokalen aufzustellen. Es waren die Vorläufer der späteren (Schallplatten-) Musikboxen der 1950er und 1960er Jahre.

Mit den elektrischen Klavieren, Orchestrionen, besonders jedoch mit dem Aufkommen des Phonographs ging die große Spieldosenindustrie um das Jahr 1923 nieder. Die Krisenzeit der 1930er Jahre überlebte sie jedoch – wenn auch in kleinerem Rahmen – , sodass auch heute noch Spieldosen gefertigt werden.

Am selben Ort, an dem früher für Fürsten, Kaiser und Könige Musikdosen hergestellt wurden, werden immer noch Spieldosen in großer Zahl und Auswahl hergestellt. Sainte-Croix in der Schweiz ist auch heute noch ein Begriff für viele begeisterte Kunden in der ganzen Welt.

Komponenten

Tonkamm

Die Tonzungen

Bei den ersten Spieldosen setzte man die einzelnen Stahlzungen nebeneinander auf eine Platine. Später wurden mehrere Tonzungen jeweils zu Kammabschnitten zusammengesetzt. Bereits um das Jahr 1814 fertigte Lecoultre den Tonkamm aus einem Stück an. Dieser Stahlkamm erleichterte die Montage. Außerdem ließ sich so ein reinerer und kräftigerer Ton erreichen. Der Kamm aus einem Stück setzte sich nach dem Jahre 1830 durch. Mit zunehmend tieferem Ton vergrößerte sich die Länge der Tonzungen. Für Basstöne ergaben sich so unhandlich lange Zungen, so dass man die Spielwerke hätte in großen Kästen unterbringen müssen. Eine Abhilfe war das Anlöten von Bleigewichten unter die Tonzungen, womit sich deren Länge bedeutend verkürzen ließ und dennoch die gewünschten Bassnoten erzeugt werden konnten.

Die Dämpfer

War während des regulären Spiels eine Tonzunge von einem Stift abgeglitten, so führte diese bestimmungsgemäß Schwingungen aus. Nun konnte es bei zwei aufeinanderfolgenden gleichen Noten (= Stifte auf der Walze) vorkommen, dass sich kurz nach dem ersten Stift ein zweiter Stift der noch schwingenden Tonzunge näherte. Beim Zusammentreffen von schwingender Tonzunge und Stift kam es dann zu einem unangenehmen kratzenden Geräusch. Dieses unangenehme Kratzgeräusch ließ sich vermeiden, wenn man bei Annäherung des zweiten Stiftes an die noch schwingende Tonzunge diese erst einmal auf sanfte Weise stillsetzte.

Dazu diente der so genannte Dämpfer. Der bestand in der Regel aus einem feinen und recht biegsamen Draht (Dämpferfeder aus flachem Stahl), den man in eine Bohrung an der Unterseite der Tonzunge einsetzte und mit einem Stift sicherte. Die Tonzungen für die hohen Töne konnten ohnehin nur kurzzeitige Schwingungen ausführen, so dass hierfür keine Dämpfer nötig waren. Oft hatten drei Viertel aller Tonzungen Dämpfer. Die Dämpfer mit einer Drahtfeder (Stahlfeder) kamen um das Jahr 1815 auf.

Bei den winzigen Tonzungen von Miniaturspieldosen war das Anbringen von Bohrungen für das Einstecken von Dämpferfedern, die hier außerordentlich dünn sein mussten, kaum möglich. Man schnitt daher kleine Streifen aus Geflügelfedern aus und befestigte diese mit Siegellack an der Unterseite der Zungen. Heute werden als Dämpfer in der Regel schmale dünne Kunststoffstreifen unter die Tonzungen geklebt.

Antrieb

Als Antrieb dient zum Beispiel ein Handkurbeltrieb, meist wurden und werden jedoch Federwerke verwendet. In vereinzelten Fällen werden zwei Federhäuser in Serie geschaltet (doppelte Anzahl möglicher Umdrehungen) oder parallel geschaltet (doppelte Kraft).

Aufzug

Um das Federwerk einer Musikdose aufzuziehen, dienten anfänglich Schlüssel mit einem Innenvierkant (Aufziehschlüssel wie bei Uhren), ab 1875 ein hin- und her zu bewegender Hebel (Rätschenaufzug). Musik spielende Kuscheltiere besitzen oft einen Aufzugsfaden mit einer Perle am Ende.

Federwerk-Antriebe benötigen eine Hemmung, sie besteht bei Walzen-Spielwerken jedoch meist lediglich aus einer aerodynamischen Bremse, dem

Windfang

Damit sich die aufgezogene Feder nur langsam entspannt, wird meist ein Windfang verwendet. Die erwünschte Hemmung geschieht hier über den Luftwiderstand. Über ein Getriebe wird der Windfang mit hoher Drehzahl (in der Regel 2000 Umdrehungen pro Melodie à 50 Sekunden, d.h. etwa 2400 U/min) betrieben. Man unterscheidet zwischen starren und verstellbaren Windflügeln. Die verstellbaren Windflügel werden durch Federn in ihrer Lage gehalten, die im Gleichgewicht mit der bei der Drehung auftretenden Fliehkraft stehen. Während der Drehbewegung werden die fest mit den Hebelarmen verbundenen Windflügel durch die Fliehkraft entgegen der Federwirkung nach außen gedrückt. Ist die Hauptantriebsfeder nach dem Aufziehen zunächst stark gespannt, so dass sie die Stiftwalze in eine sehr schnelle Umdrehung bringen möchte, so sind die Windflügel stark auseinandergezogen. Der dann hohe Luftwiderstand liefert eine starke Bremswirkung, so dass die Stiftwalze nun nicht wesentlich schneller umläuft als bei schon stark entspannter Aufzugsfeder.

Der Windfang heutiger Spieldosen hat fast immer lediglich starre Windflügel, daher nimmt die Spielgeschwindigkeit mit dem Entspannen der Antriebsfeder kontinuierlich ab.

Eine Ausnahme bilden moderne Spieluhren, bei denen die Abspielgeschwindigkeit über einen Fliehkraftregler geregelt wird: Die Gewichte des Reglers bestehen dabei aus relativ weichem Gummi und sind asymmetrisch mit Stegen an der Drehachse befestigt. Je nach Rotationsgeschwindigkeit berühren die Gewichte durch die asymmetrische Anbindung mit mehr oder weniger Andruck eine konzentrisch angeordnete Bremsbahn - die Geschwindigkeit bleibt einigermaßen konstant.[1]

Stiftwalze

Ursprünglich verwendete man als Stiftwalze ein dünnes Messingrohr. Nach dem Markieren wurden die einzelnen Stiftlöcher gebohrt und die Stifte wurden im Presssitz eingesetzt. Um das Jahr 1815 stellte man fest, dass ein Ausfüllen des Innenraums mit einer Zementmasse günstiger war. Sie bestand aus Harz, Teer und Steinstaub. Mit ihr konnten die Stifte gegen Herausfallen gesichert werden. Auch erhielt die Spieldose einen volleren Klang.

Der Spielsteller

Die Stiftwalzen können in mehreren Stiftreihen mit 4 bis 12 Melodien besteckt sein. Zum Wechseln der Melodie ist die Walze in Längsrichtung zu verschieben. Dazu dient bei einigen Modellen der Spielsteller. Man stellte einen Zeiger zum Beispiel auf die Ziffer fünf. Mittels einer entsprechenden Mechanik wurde die Walze seitlich verschoben. Anschließend wurde die 5. Melodie abgespielt.

Bestiftung in mehreren Reihen

Um mehrere Melodien auf der Walze unterbringen zu können, wurden vielfach mehrere Stiftreihen vorgesehen. Oft waren es 8 bis 12 Stiftreihen, mitunter sogar mehr. Nach einer Längsverschiebung der Walze ließ sich eine andere Stiftreihe abtasten und damit auch eine weitere Melodie erhalten.

Schraubenförmige Bestiftung

Bei der schraubenförmigen Bestiftung wurde die Walze während des Spiels geführt durch ein Schraubgewinde kontinuierlich längs verschoben, so dass man Melodien spielen konnte, die mehr als eine Walzenumdrehung beanspruchten. Diese Walzen kamen jedoch relativ wenig vor.

Spieldosen mit mehreren Walzen (Plerodinique-Spieldose)

In der Absicht, lange Musikstücke wiederzugeben, sah man auch zwei Walzen vor, bei denen die Melodie kontinuierlich nach dem Abspielen jeweils einer Stiftreihe von einer Walze auf die andere Walze überging. Während die eine Walze die Musik lieferte, wurde die andere jeweils längs verschoben. Man sprach hier von der Plerodinique-Spieldose. Darüber hinaus gab es Revolvervorrichtungen (Revolver-Walzenspieldose) für vier oder sechs Zylinder. Nach dem Abspielen einer Walze wurde automatisch eine weitere Walze in Abtastposition gebracht.

Das Gehäuse

Das Gehäuse hat einen entscheidenden Einfluss auf den Klang einer Spiedose - der Tonkamm allein vermag kaum Schallwellen abzugeben. Der schwere Metallklotz, auf dem er zum Verringern der Dämpfung und der Vermeidung der mechanischen Kopplung der Tonzungen montiert ist, wird daher auf eine Holzwand montiert, die ihrerseits einen Resonanzboden wie auch bei Saiteninstrumenten bildet. Oft enthielten die Holzkästen Resonanzräume, um die Wiedergabe der tiefen Frequenzen zu verbessern.

Die ersten Gehäuse für Spieldosen waren recht einfache und stabile Holzkästchen ohne Verzierungen. Sie sollten hauptsächlich das Spielwerk schützen und selbst nicht zur Verschönerung beitragen. Die Gehäuse waren schmal, und die mechanische Einrichtung füllte das ganze Gehäuse aus. Die Stellhebel ragten dabei an der Stirnseite aus dem Gehäuse heraus. Die Federn wurden mit großen Uhrenschlüsseln aufgezogen. Um das Jahr 1835 lagen die Stellhebel innen und waren durch eine Klappe nach außen abgeschlossen.

Mit dem Jahre 1840 begannen einige Hersteller, ihre Gehäuse zu dekorieren. Sie schmückten die Deckel mit Einlegearbeiten und eine Glasplatte mit Holzrahmen bedeckte im Innern des Kastens den Mechanismus. Diese wurde schon bald durch eine holzgerahmte Glasplatte mit Scharnieren ersetzt, die nur den Mechanismus überdeckte. Die Stellelemente blieben dabei unbedeckt, so dass man sie leicht erreichen konnte. Um das Jahr 1860 stattete man die Gehäuse noch schmuckvoller aus. Die Einlegearbeiten wurden kostbarer, und man verwendete reich verzierte Beschläge aus Messing.

Modelle von Spieldosen

Austauschbare Walzen

Spieldose mit 5 austauschbaren Walzen

Um das Jahr 1850 brachte man Spieldosen heraus, deren Walzen sich von Hand austauschen ließen. Diese Walzen wurden gesondert für eine bestimmte Spieldose angefertigt und mit dieser auch geliefert. Eine Austauschbarkeit mit den Walzen anderer Spieldosen war nicht gegeben. Mit austauschbaren Walzen befasste sich hauptsächlich die Firma Mermod Frères. Sie legte schließlich Wert darauf, dass man die Walzen in allen Spieldosen derselben Bauart abspielen konnte.

Spieldosen mit zwei Kämmen

Um das Jahr 1840 führte man Spieldosen mit zwei Kämmen ein. Der eine Kamm tönt dabei laut, während der andere leise klingt. Erreicht wurde dies durch kurze Stifte beim leisen und lange Stifte beim lauten Kamm. Die Kämme wurden abwechselnd gespielt, was beachtliche Klangeffekte ergab. Bei besonders lauten Stellen des Musikstücks ließen sich beide Kämme zugleich anreißen. Um ein exakt gleichzeitiges Ansprechen zu erreichen, war eine besonders präzis ausgeführte Bestiftung nötig. Man nannte diese Spieldosen auch Piano-Forte-Spieldosen (piano = leise, forte = laut). Bekannte Hersteller waren die Firmen Nicole Frères und Paillard.

Spieldosen mit Trommeln und zusätzlichen Glocken

Um das Jahr 1850 ergänzte man die Stimmenkämme mehr und mehr durch Glocken, die meist eine Halbschalenform hatten. Bild Spieldose mit Glocken hier. Man brachte sie in der Spieldose am Rand der Grundplatte unter. Manchmal waren es bis zu 12 und mehr Glocken. Auch kamen kleine Trommeln hinzu. Dabei hatten die Glocken und Trommeln mehr Schaucharakter. Klanglich waren sie von untergeordneter Bedeutung.

Harmonium-Spieldosen

Eine weitere Zusatzeinrichtung der Spieldose war ein kleines Harmonium mit Zungenstimmen. Über eine kleine Kurbel trieb hier die Hauptfeder zusätzlich einen Schöpfbalg an, der den Druckwind für die Zungenstimmen bereitstellte. Das kleine Harmoniumwerk lag hier in der Walzenmitte. Neben den Stiften waren auf der Stiftwalze in diesem Bereich auch Brücken vorhanden, da der Ton beliebig lange angehalten werden musste. Darüber hinaus gibt es einige wenige Spieldosen mit einem kleinen Flötenwerk anstelle des Harmoniums. Nicht selten ersetzte man dabei lange Bassflöten durch durchschlagende Zungen. Mit diesen Zusatzwerken suchte man ein kleines Orchester zu verwirklichen. Man spricht daher auch von Orchester-Spieldosen.

Spieldose mit Münzeinwurf

Geschäftstüchtige Restaurantbesitzer kamen auch auf die Idee mit der Musikdarbietung von Spieldosen Geld zu verdienen. Also konstruierte man einen entsprechenden Münzeinwurf. Nach Einwurf des Geldes begann sich die Walze zu drehen. Es waren die ersten frühen Vorläufer der Schallplatten-Musikboxen der 1950/1960er Jahre.

Revolver-Spieldosen

Revolver-Spieldose mit 6 Walzen à 4 Melodien

Ganz ausgeklügelt war das System der Revolver-Spieldose. Ähnlich einem Patronenlager waren hier drei, vier oder sechs Walzen kreisrund angeordnet. Waren die sechs Melodien pro Walze abgespielt, drehte sich der Mechanismus um eine Walze weiter.

Duplex-Spieldosen

Man stellte auch Spieldosen mit zwei Zylindern her. Dass zur Fertigung solcher Duplex-Dosen ganz besondere Präzision nötig war, muss wohl nicht speziell erwähnt werden.

Plérodiénique-Spieldosen

Um auch Melodien spielen zu können, deren Länge mehrere Umdrehungen einer Walze benötigte, erfand man die sogenannte Plérodiénique-Spieldose. Hier ist der Zylinder in der Mitte geteilt – eigentlich sind es zwei Walzen. Die seitliche Verschiebung der beiden Walzenteile geschieht nun nicht gleichzeitig, sondern in einem bestimmten zeitlichen Abstand. Eine Walze spielt, die andere wird in der Zwischenzeit seitlich verschoben. So können Melodien bis zu sechs Umgängen ohne Unterbrechung abgespielt werden. Dieses System wurde 1882 von A. Jeanrenaud für die Fa. Paillard patentiert.

Tondokumente einer Lochplattenspieldose

"Der Donauwalzer" auf Polyphon, Länge 58 Sek

Bild:Polyphon_Donauwalze.ogg

"Stille Nacht, Heilige Nacht" auf Polyphon, Länge 55 Sek

Bild:Stille_Nacht.ogg

Hersteller

Die wichtigsten Hersteller für Zylinder-Spieldosen:

Die wichtigsten Hersteller für Platten-Spieldosen:

  • Symphonion-Musikwerke, Leipzig
  • Polyphon-Musikwerke, Leipzig
  • Regina Music Box Company Rahway, New Jersey, U. S. A.
  • Kalliope-Musikwerke, Leipzig
  • Original-Musikwerke Paul Lochmann Leipzig-Zeulenroda, Marke Original
  • Julius Heinrich Zimmermann, Leipzig, Marken Adler und Fortuna
  • Leipziger Musikwerke – Paul Ehrlich & Co., Marke Monopol


Weblinks

Einzelnachweise

  1. US-Patent 5,703,305 vom 30.12.1997 der Fa. Sankyo Seiki Mfg. Co. Japan

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