- Lipschitz-Stetigkeit
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Lipschitz-Stetigkeit (nach Rudolf Lipschitz) bezeichnet in der Analysis eine Verschärfung der Stetigkeit. Anschaulich gesprochen kann eine Lipschitz-stetige Funktion sich nur beschränkt schnell ändern: für je zwei Punkte auf dem Graph der Funktion hat die Sekante eine Steigung, deren Betrag nicht größer ist als eine Konstante, die Lipschitz-Konstante.
Eine Verallgemeinerung der Lipschitz-Stetigkeit ist die Hölder-Stetigkeit.
Inhaltsverzeichnis
Definition
Eine Funktion
heißt Lipschitz-stetig, wenn eine Konstante L existiert, so dass
für alle
.
Dies ist ein Spezialfall der folgenden, allgemeinen Definition.
Seien (X,dX) und (Y,dY) metrische Räume. Eine Funktion
heißt Lipschitz-stetig, falls es eine reelle Zahl L gibt, sodass
erfüllt ist. L wird Lipschitz-Konstante genannt und es gilt stets
. Anschaulich gesprochen ist der Betrag der Steigung von f nach oben durch L beschränkt. Ist eine Funktion Lipschitz-stetig, so sagt man auch, sie erfülle die Lipschitz-Bedingung.
Eine Abschwächung der Lipschitz-Stetigkeit ist die lokale Lipschitz-Stetigkeit. Eine Funktion
heißt lokal Lipschitz-stetig, wenn es um jeden Punkt in X eine Umgebung gibt, sodass die Einschränkung von f auf diese Umgebung Lipschitz-stetig ist. Eine Funktion, die nur auf einer Teilmenge
definiert ist, heißt Lipschitz- oder lokal Lipschitz-stetig, wenn sie Lipschitz- oder lokal Lipschitz-stetig bezüglich der metrischen Räume (A,dX | A) und (Y,dY) ist.
Eigenschaften
Lipschitz-stetige Funktionen sind lokal Lipschitz-stetig (wähle ganz X als Umgebung und stets L als Lipschitz-Konstante). Lokal Lipschitz-stetige Funktionen sind stetig (wähle δ = ε / L in der ε-δ-Definition der Stetigkeit), und entsprechend sind Lipschitz-stetige Funktionen gleichmäßig stetig. Daher ist Lipschitz-Stetigkeit „stärker“ als gleichmäßige Stetigkeit. Die Umkehrung gilt im Allgemeinen nicht, so ist z. B. die Funktion
zwar Hölder-stetig mit Exponenten 1 / 2 und daher gleichmäßig stetig, jedoch nicht Lipschitz-stetig (siehe Beispiel).
Nach dem Satz von Rademacher ist eine lipschitzstetige Funktion fast überall differenzierbar. Es gibt jedoch auch Funktionen, die zwar differenzierbar, aber nicht lipschitzstetig sind, z. B.
. Eine differenzierbare Funktion
mit
ist genau dann lipschitzstetig, wenn ihre erste Ableitung beschränkt ist.
Anwendung
Lipschitz-Stetigkeit ist ein wichtiges Konzept in der Theorie gewöhnlicher Differentialgleichungen, um Existenz und Eindeutigkeit von Lösungen zu beweisen (siehe Satz von Picard-Lindelöf). Abbildungen mit einer Lipschitz-Konstante kleiner als eins nennt man Kontraktion. Diese sind wichtig für den Fixpunktsatz von Banach.
Beispiele
Für eine Lipschitz-stetige Funktion
ist der Quotient
mit
durch jede Lipschitz-Konstante von f nach oben beschränkt. Für lokal Lipschitz-stetige Funktionen ist der Quotient auf hinreichend kleinen Umgebungen beschränkt.
Daher ist die Funktion
mit
wegen
zwar stetig und sogar gleichmäßig stetig, jedoch nicht lokal Lipschitz-stetig und folglich auch nicht Lipschitz-stetig.
Für die Funktion
mit
folgt mit
dass
Das heißt, L ist eine Lipschitz-Konstante für diese Funktion.
Weil für g der Quotient gleich | x + y | ist, folgt, dass g nur für einen beschränkten Definitionsbereich Lipschitz-stetig ist, für einen unbeschränkten jedoch nicht.
Literatur
- Harro Heuser: Lehrbuch der Analysis - Teil 1, 6-te Auflage, Teubner 1989, ISBN 3-519-42221-2, S. 136, 212
- Konrad Köngisberger: Analysis 1. 2-te Auflage, Springer 1992, ISBN 3-540-55116-6, S. 80
Weblinks
- Lipschitz condition in der Encyclopaedia of Mathematics (abgerufen 2. Dezember 2009)
- Lipschitz continuous auf PlanetMath (abgerufen 2. Dezember 2009)
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