Lionel Feininger

Lionel Feininger
Berliner Gedenktafel am Haus Potsdamer Straße 29 in Berlin-Zehlendorf

Lyonel Charles Adrian Feininger (* 17. Juli 1871 in New York; † 13. Januar 1956 ebenda) war ein deutsch-amerikanischer Karikaturist und Maler. Ab 1909 war er Mitglied der Berliner Secession.

Feininger kam erst mit 36 Jahren zur Malerei. Zuvor war er lange als kommerzieller Karikaturist für diverse deutsche, französische und US-amerikanische Zeitungen und Zeitschriften tätig. Er unterzog seine Arbeiten einer harten selbstkritischen Prüfung und entwickelte, ausgehend von seinen Karikaturen, zügig einen sehr markanten Malstil. In seinen Bildern werden die Objekte abstrahiert und gestalterisch überhöht. Die dabei erreichte Stärke und der Ausdruck von Feiningers Stil beeinflussten zahlreiche zeitgenössische Künstler und begründeten seine Bedeutung und seinen Erfolg. Oft griff Feininger bei seinen Arbeiten Bildmotive und Bildkompositionen eigener Karikaturen und Skizzen wieder auf.

Berühmt geworden sind beispielsweise seine Bilder von Kirchen und Dorfkernen des Weimarer Umlandes in Thüringen, wohin er sich zwischen 1906 und 1937 immer wieder für Arbeits- und Studienaufenthalte begab. Die Bilder sind meist nach den jeweiligen Ortschaften benannt und durchnummeriert. (Gelmeroda, Possendorf, Mellingen, Vollersroda, Tiefurt, Taubach, Gaberndorf, Oberweimar, Zottelstedt u.a.).

Inhaltsverzeichnis

Leben

Leonell (Lyonel) Feininger wurde am 17. Juli 1871 in New York als Sohn der beiden angesehenen deutschen Musiker Charles Feininger (Konzertgeiger) und Elisabeth Feininger (Pianistin und Sängerin) geboren. 1887, mit 16 Jahren, kam Feininger erstmals nach Deutschland, um seine Eltern, die auf Konzertreise waren, in Berlin zu besuchen. Am 1. Oktober des folgenden Jahres bestand er die Aufnahmeprüfung der Königlichen Akademie in Berlin. 1892 nahm er ein Studium in der Pariser Académie Colarossi auf, die von dem italienischem Bildhauer Filippo Colarossi gegründet worden war. Nach siebenmonatigem Aufenthalt in Paris kehrte er 1893 nach Berlin zurück, wo er als freier Illustrator und Karikaturist für die Zeitschriften Harpers Young People, Humoristische Blätter, Ulk und die Lustigen Blätter tätig wurde.

1901 heiratete Feininger Clara Fürst, die Schwester des Malers Edmund Fürst. Nachdem er 1905 die Künstlerin Julia Berg, geborene Lilienfeld, kennen gelernt hatte, trennte er sich von seiner Frau Clara und seinen beiden Töchtern. Im Februar 1906 besuchte er Julia in Weimar, wo sie an der Großherzoglichen Kunstschule studierte. Zusammen reisten sie im Juli nach Paris, wo ihr Sohn Andreas zur Welt kam. Er schloss mit der Chicago Sunday Tribune einen Vertrag über zwei Comic-Serien, The Kin-der-Kids und Wee Willie Winkie's World, die heute zu den Klassikern des Genres gezählt werden, aber beide früh wieder eingestellt wurden. 1908 heirateten Lyonel und Julia und ließen sich in Berlin nieder. 1910 wurden zwei weitere Söhne geboren, Laurence und Theodore Lux.

1911 wurden sechs Gemälde Feiningers im Pariser "Salon des Artistes Indépendants" ("Salon der unabhängigen Künstler") am Pont d'Alma ausgestellt. Gemeinsam mit dem "Blauen Reiter" nahm er 1913 auf Einladung von Franz Marc am "Ersten deutschen Herbstsalon" in der Galerie "Der Sturm" in Berlin teil. 1914 stellte Feininger eine Radierung her und bereitete künstlerische Modelle von Eisenbahnen für die industrielle Spielzeugfabrikation vor. Außerdem hatte er eine Ausstellung in der Galerie Arnold in Dresden. Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs kehrte er nach Berlin zurück. Feiningers erste Einzelausstellung wurde am 2. September 1917 in der Galerie "Der Sturm" eröffnet. Gezeigt wurden 45 Gemälde und 66 weitere Werke. Eine weitere Einzelausstellung zeigte 1918 die Galerie "Neue Kunst Hans Goltz" im Oktober in München. Im November desselben Jahres schloss Feininger sich der von Max Pechstein und César Klein initiierten Novembergruppe an und lernte Walter Gropius kennen. 1919 wurde er von Gropius als Leiter der grafischen Werkstatt ans Staatliche Bauhaus in Weimar berufen. Mitte August zog Feininger mit seiner Familie in die Gutenbergstraße 16 in Weimar. Dem ganzheitlichen Anspruch des Bauhauses folgend, widmete sich Feininger 1921 auch der Musik und komponierte seine erste Fuge.

1923 hielt sich Feininger in Erfurt auf. In New York werden 47 Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen und druckgrafische Blätter in der Anderson-Gallery: A Collection of Modern German Art ausgestellt. 1924 gründeten Feininger, Paul Klee, Wassily Kandinsky und Alexej von Jawlensky die Ausstellungsgemeinschaft "Blaue Vier". Nach der Auflösung des Bauhauses in Weimar 1925 wurde es 1926 in Dessau neu gegründet, wohin Feininger mit seiner Familie übersiedelte. 1930/31 arbeitete er auf Einladung der Stadt Halle (Saale) an insgesamt elf expressionistischen Stadtansichten von Halle, insbesondere die Ansichten der Marktkirche wurden bekannt. Nach ihrem Umzug nach Berlin 1933 emigrierten Lyonel und Julia Feininger, u.a. durch die Hilfe des Quedlinburger Kunstsammlers Hermann Klumpp, am 11. Juni 1937 in Richtung USA, wo Feininger als freier Maler in New York arbeitete. Lyonel Feininger war Teilnehmer der documenta 1 (1955) (und auch postum der documenta III im Jahr 1964) in Kassel.

Feininger starb am 13. Januar 1956 im Alter von 84 Jahren in seiner Wohnung in New York.

Feininger am Bauhaus

Feininger wurde 1919 zur Gründung des Staatlichen Bauhauses als erster Bauhaus-Meister von Walter Gropius nach Weimar berufen. Zunächst war er bis 1925 der Leiter der Druckwerkstätten. 1921 wurde eine Mappe mit Linolschnitten von Feininger als seine erste Bauhaus-Veröffentlichung herausgegeben. Nachdem das Bauhaus in Weimar 1925 in Folge von Eingaben der thüringischen Handwerkerschaft und des deutsch-völkischen Blocks im Thüringer Landtag geschlossen wurde, konnte es 1926 in Dessau neu gegründet werden. Am 30. Juli 1926 zog Feininger mit seiner Familie nach Dessau in eines der neu errichteten Meisterhäuser. Dort ließ sich Feininger auf eigenen Wunsch von sämtlichen Lehrverpflichtungen am Bauhaus entbinden. Bis 1932 blieb er auf Drängen Walter Gropius' "Meister".

Von den Nationalsozialisten wurden Feiningers Werke zur "Entarteten Kunst" erklärt.

Siehe auch: Expressionismus und Kubismus

Werke (Auswahl)

Marktkirche in Halle
  • 1907: Der weiße Mann, (Collection Museo Carmen Thyssen-Bornemisza, Madrid)
  • 1910: Straße im Dämmern, (Sprengel-Museum, Hannover)
  • 1913: Gelmeroda I, (Privatsammlung, New York)
  • 1913: Leuchtbarke, (Museum Folkwang, Essen)
  • 1913: Kreisformen, Sonne, Turm, (Privatsammlung, Paris)
  • 1918: Teltow II, (Neue Nationalgalerie, Berlin)
  • 1919: Die Kathedrale des Sozialismus, Holzschnitt zum ersten Bauhaus-Manifest
  • 1922: Dorfteich von Gelmeroda, Städel
  • 1925: Barfüßerkirche in Erfurt I, (Staatsgalerie Stuttgart)
  • 1929: Halle, Am Trödel, (Bauhaus-Archiv, Berlin)
  • 1931: Die Türme über der Stadt (Halle), (Museum Ludwig, Köln)
  • 1936: Gelmeroda XIII, (Metropolitan Museum of Art, George A. Hearn)

Literatur

  • Ulrich Luckhardt: Lyonel Feininger- die Karikaturen und das zeichnerische Frühwerk - d. Weg d. Selbstfindung zum unabhängigen Künstler, mit. e. Exkurs zu d. Karikaturen von Emil Nolde u. George Grosz. München, Scaneg, 1987, 164 S., Ill. ISBN 3-89235-010-8
  • Lyonel Feininger: Die Comic-Kunst des Lyonel Feininger - Mit einem Vorwort von Bill Blackbeard. Carlsen Verlag, 1994, 56 S., überw. Ill. ISBN 3-551-02020-5
  • Ulrich Luckhardt: Lyonel Feininger. München, Prestel Verlag, 1998, 187 S., zahlr. Ill. ISBN 3-7913-2041-6
  • Hans Hess: Lyonel Feininger. W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart 2002, ISBN 3-17-011569-3
  • Lyonel Feininger (Ausstellung "Lyonel Feininger - Frühe Werke und Freunde", Von-der-Heydt-Museum Wuppertal, 17. 9. - 19. 11. 2006). Wuppertal, 2006, 235 S., Ill. ISBN 3-89202-064-7
  • Christiane Weber: Lyonel Feininger (genial- verfemt- berühmt), Weimarer Taschenbuch Verlag, Weimar 2007, 128 S., mit zahlr. Abb., ISBN 978-3-937939-72-8
  • Elke Jacobs: Transfer - Feininger zeichnet (Hommage an einen großen Künstler und Weltbürger), Weimarer Verlagsgesellschaft, Weimar 2008, 120 S., mit zahlr. Abb. und Dok., ISBN 978-3-939964-31-5

Weblinks


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