Linz-Donawitz-Verfahren

Linz-Donawitz-Verfahren
Einer der zwei ersten produktiv eingesetzten LD-Tiegel von 1952 aus dem VÖEST-Werk Linz, 120 Tonnen schwer, steht heute im Technischen Museum Wien.

Das Linz-Donawitz-Verfahren („LD-Verfahren“, engl. BOP Basic Oxygen Process) ist ein Sauerstoffblasverfahren zum Frischen, also zur Stahlerzeugung durch Umwandlung von kohlenstoffreichem Roheisen in kohlenstoffarmen Stahl.

Mit dem LD-Verfahren werden ca. zwei Drittel[1] der Weltrohstahlproduktion hergestellt. Stahlwerke nach diesem Verfahren können lizenzfrei betrieben werden, da alle wichtigen Patente abgelaufen sind.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Beim LD-Verfahren wird ein basisch ausgekleideter Konverter, der so genannte LD-Konverter, mit flüssigem Roheisen und einem Kühlmittel (Schrott oder Eisenschwamm) beschickt. Danach wird durch eine ausfahrbare wassergekühlte Lanze reiner Sauerstoff auf die Eisenschmelze geblasen.

Die heftig einsetzende Verbrennung (Oxidation) der Eisenbegleiter sorgt für eine Durchwirbelung der Schmelze. Zur besseren Durchmischung wird Argon durch Düsen im Boden eingeblasen. Die Argonblasen nehmen den in der Schmelze gelösten Wasserstoff (Rucksackverfahren) auf, was die Bildung sogenannter Wasserstofffallen im späteren Werkstück verhindern soll. Während des Frischprozesses nehmen die Gehalte von Kohlenstoff, Silizium, Mangan, Schwefel und Phosphor stetig ab.

Die Blasdauer beträgt zwischen 10 und 20 Minuten und wird so gewählt, dass die gewünschte Entkohlung und die Verbrennung bzw.Oxidation der unerwünschten Beimengungen erreicht wird. Die verbrannten Eisenbegleiter entweichen als Gase oder werden durch zugesetzten gebrannten Kalk in der flüssigen Schlacke gebunden.

Je nach Art des zu erzeugten Stahls können am Ende des Frischens auch Legierungsstoffe zugesetzt werden. Erst wird das Stahlbad mit einer Temperatur von mehr als 1600 °C (bis zu heute möglichen 1750 °C) durch das Abstichloch in eine Pfanne abgestochen, danach wird die Schlacke über den Konverterrand abgegossen. Das Stahlbad kann einer sekundärmetallurgischen Behandlung zugeführt werden.

Die maximale Konvertergröße ist 380 t (ThyssenKrupp Stahl, Duisburg-Bruckhausen).

Ein wesentliches technisches Problem war anfangs die Beseitigung des braunen Rauchs (Fe, das bei der hohen Reaktionstemperatur verdampft und als FeO aus dem Konverter entweicht), der weithin sichtbar war und ein Hindernis für die weltweite Verbreitung des LD-Verfahrens gewesen wäre, das Problem wurde jedoch technisch gelöst.

Entstehung

Das LD-Verfahren wurde in Österreich im Juni 1949 bei der VÖEST in Linz entwickelt. Die Versuche in einem 2,5-t-Konverter dauerten vom 3. bis zum 25. Juni, als sich schließlich unter Beteiligung von Theodor Eduard Suess und Rudolf Rinesch ein Erfolg einstellte. Die Erfindung Rineschs führte u. a. zu seiner Dr.-mont.-Dissertation "Das LD-Verfahren", die wegen des darin enthaltenen Know-hows lange Zeit unter Verschluss gehalten wurde.

Herbert Trenkler wirkte als Hüttendirektor maßgeblich an der Neuentwicklung mit.

Aufgrund der viel niedrigeren Produktionskosten orientierte sich die VÖEST am 9. Dezember 1949 hin zum LD-Verfahren, das durch Tests und Kostenrechnungen überzeugt hatte:

Dr. Richter-Brohm, der allein verantwortliche Verwalter der VÖEST, entschied aufgrund dieser Fakten, die Stahlerzeugung in Linz auf eine völlig neue Basis zu stellen und ein Sauerstoffaufblas-Konverterstahlwerk zu bauen. […] Im Oktober 1950 erfolgte die Auftragsvergabe für das erste LD-Stahlwerk und am 27. November 1952 wurde die Produktion aufgenommen.“[2]

Am 15. Dezember 1950 wurde das Patent angemeldet. Das LD-Verfahren löste das vorher übliche Siemens-Martin-Verfahren (SM-Verfahren) und Thomas-Verfahren ab.


Bezeichnung

Die Herkunft der Abkürzung LD ist ungeklärt. Heute wird sie meist von den Produktionsstandorten Linz und Donawitz abgeleitet, an denen das Verfahren zur Produktionsreife gebracht wurde. Eine alte Bezeichnung ist auch Linz Düsenstahl, da der Sauerstoff über spezielle, hitzeunempfindliche Düsen eingeblasen wird.[3]

Eine andere mögliche Herkunft stellt Linz-Durrer dar; Robert Durrer war ein Schweizer Metallurge, der allerdings der Meinung gewesen war, der Sauerstoffstrahl müsse "tief, nach Art eines festen Körpers", eingeblasen werden, was aber am Ende erfolglos blieb, weil sich keine reaktionsfähige Schlacke bildete. Hingegen führte das "nicht tiefe" Ein- bzw. Aufblasen des Sauerstoffs rasch zu einer sehr heißen Reaktionszone und flüssigen Schlacke, was letztlich dem LD-Verfahren zum metallurgischen Durchbruch verhalf.

Die Begriffe "nicht tief" und "tief einblasen" sind wegen fehlender Maß- oder Bereichsangaben patentrechtlich unklar. Dies war der Grund, weshalb ein US-amerikanisches Gericht zwischen der Patentinhaberin und der US-Klägerin letztlich zu Gunsten der Klägerin entschied und das US-Patent für ungültig erklärte, weil es keine klare Lehre zum technischen Handeln enthalte.

Eine Weiterentwicklung des LD-Verfahrens ist das LD-AC verfahren (A steht für die ARBED in Luxemburg, C für das Centre National de Metallurgique in Lüttich). Dabei wird Kalkstaub zusammen mit dem Sauerstoff durch die Blaslanze auf das Metallbad geblasen.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. LD-Verfahren erobert die Welt in Oberösterreichische Nachrichten
  2. Herbert Hiebler, Wilfried Krieger: Prof. Dr. mont. Herbert Trenkler zum 100. Geburtstag. In: Berg- und Hüttenmännische Monatshefte (BHM), Bd. 152, 2007, Heft 11, S. 378–380, hier S. 378 (doi:10.1007/s00501-007-0332-7).
  3. Namensherkunft des Verfahrens laut AEIOU Österreich-Lexikon.

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