Lingnerschloss

Lingnerschloss
Villa Stockhausen (Lingnerschloss)

Das Lingnerschloss, eigentlich Villa Stockhausen, ist das geografisch mittlere der drei Elbschlösser in Dresden. An zentraler Stelle des ehemaligen Weltkulturerbes Dresdner Elbtal gelegen, bietet seine Terrasse einen imposanten Ausblick auf einen großen Teil des geschützten Areals und es wurde als Sitz des Welterbezentrums ausgewählt. Die Bezeichnung „Lingnerschloss“ (umgangssprachlich vergeben nach dem bekanntesten ehemaligen Eigentümer und Bewohner des Gebäudes, Karl August Lingner) ist heute gebräuchlicher als der ursprüngliche Name „Villa Stockhausen“.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung unter Albrecht von Preußen

Erbaut wurde es 1850–1853 im Auftrag von Albrecht von Preußen auf einem der Weinbergsgrundstücke, die nach 1803 im Besitz des englischen Grafen Lord James Ogilvy, 7. Earl of Findlater, gewesen waren. Es war als Wohnsitz für Baron von Stockhausen, Kammerherr des Prinzen Albrecht von Preußen, bestimmt und wurde im Zusammenhang mit dem benachbarten Schloss Albrechtsberg errichtet. Bis zur Fertigstellung des Schlosses Albrechtsberg wohnte der Prinz selbst im Gebäude.

Landbaumeister Adolph Lohse war der Architekt des klassizistischen Baus. Er gestaltete auch die Innenräume. Um das Schloss wurde ein Park angelegt. Auch ein Weinberg gehörte zum Areal. 1891 erwarb der Dresdner Nähmaschinenfabrikant Bruno Naumann das Schloss und ließ es umbauen.

Nutzung durch Karl August Lingner

1906 kaufte der Dresdner Unternehmer, Erfinder und Mäzen Karl August Lingner das Anwesen. Der Vermarkter des Odol-Mundwassers war nicht nur ein erfolgreicher Unternehmer, sondern auch Stifter des Hygiene-Museums in Dresden. Lingner liebte außergewöhnliche Lösungen und Ideen. Er ließ Schloss und Park in diesem Sinne umgestalten. Er legte sogar einen kleinen Zoo an. Für Lingner wurde eine Orgel konstruiert, deren Töne per Telefon zu Freunden übertragen werden konnten. Der Architekt Wilhelm Kreis schuf unter Mitarbeit des Malers Franz von Stuck eine neue Innenausstattung für Lingners „Schloss“.

Hans Poelzig errichtete in Zusammenarbeit mit Georg Kolbe ein Mausoleum im Park, in dem Lingner 1921 beigesetzt wurde. Als besondere Attraktion entstand eine private Standseilbahn vom Schloss ins Elbtal, deren Bergstation und Trassenführung noch erhalten sind.

Lingners Testament

In seinem Testament vom 22. Mai 1916, welches er zwei Wochen vor seinem Tod aufsetzte, stiftete Lingner das Anwesen der Stadt Dresden. Dies war allerdings mit folgenden Auflagen verbunden:

  • Die Bevölkerung erhält freien Zugang zum Park, ihr soll auch das gesamte Schloss zugänglich gemacht werden.
  • Im Hauptgebäude soll sich ein Café oder Restaurant mit den im Umkreis niedrigsten Preisen befinden.

Nutzung in jüngerer Zeit

Lingnerschloss mit Raddampfer „Dresden“

Von den Angriffen des 13. Februars 1945 blieb das Lingnerschloss verschont. Es diente danach in wechselnder Funktion als Lazarett, Kommandantur und Wohnheim. Im Jahre 1957 zog der Klub der Intelligenz, der auch als „Dresdner Klub“ bezeichnet wurde, in die Räumlichkeiten ein. Dieser Treffpunkt von Künstlern, Wissenschaftlern und anderen Persönlichkeiten wurde von Manfred von Ardenne mitinitiiert. Beim Umbau des Gebäudes 1956/57 ging ein Großteil der historischen Innenausstattung verloren. Ab 1993 stand das Gebäude leer, wodurch es aufgrund nicht erfolgter Instandhaltung und Vandalismus zu ernsthaften Zerstörungen kam.

Auf Initiative eines Dresdner Unternehmens gründeten Bürger 2002 den Förderverein Lingnerschloss e. V., der sich für eine neuerliche Nutzung einsetzt. Die insgesamt 70 ehrenamtliche Mitarbeiter und etwa 320 Mitgliedern setzen sich zusammen aus Dresdner Bürgern, 62 Unternehmern und Vereinen, auswärtigen Freunden und weiteren Unterstützern. Das Konzept sieht vor, nach einer Sanierung das Lingnerschloss zu einem offenen Haus mit Café, Restaurant und Terrassenwirtschaft zu machen. In den Räumen soll es Ausstellungen und Führungen, Veranstaltungen, eine Bibliothek, Clubräume und Möglichkeiten für Tagungen und Konferenzen geben. Der rechtliche Rahmen dafür ist ein für 66 Jahre geltender Erbbauvertrag mit der Stadt Dresden, der mit einem parteiübergreifenden Mehrheitsvotum 2003 vom Stadtrat angenommen wurde.

Die Kosten der Sanierung werden auf elf Mio. Euro geschätzt, wobei fünf Mio. bereits eingeworben werden konnten, davon 10 Prozent aus öffentlichen Förderprogrammen und Zuwendungen der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und anderer Einrichtungen. Die Sanierungsarbeiten begannen 2004. Seit jenem Jahr wurden einige Räume wieder für Veranstaltungen genutzt und die Freiterasse in den Sommermonaten gastronomisch bewirtschaftet. Im Mai 2010 wurde im Ostflügel das Restaurant wieder eröffnet. Dort wird in Erfüllung von Lingners Testament ein wechselndes alkoholfreies Getränk zum günstigen Preis von 75 Cent angeboten.[1]

Von 2007 bis 2009 hatte in einem Teil der Schlossräume das Welterbezentrum Dresdner Elbtal seinen Sitz.[2]

Weblinks

 Commons: Lingnerschloss – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Dresdner Neueste Nachrichten: Lingners Wille geschehe, 23. April 2010
  2. Landeshauptstadt Dresden: Grundriss des Welterbezentrums im Lingnerschloss (PDF 0,1 MB)
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