Limerick (Gedicht)

Limerick (Gedicht)

Ein Limerick ist ein kurzes, in aller Regel scherzhaftes Gedicht in fünf Zeilen mit dem Reimschema aabba und einem (relativ) festen Silbenschema, das eine Geschichte erzählt, die meistens mit einer Pointe endet. Wichtiger als die Zahl der Silben ist die Rhythmik.

Inhaltsverzeichnis


Geschichte

Die ersten Limericks tauchten um 1820 in England auf. Bereits im Mittelalter [1] gab es diese Reimform.

Für die Herkunft des Namens gibt es verschiedene Hypothesen:

  • Den Namen gab die irische Stadt Limerick.
  • Der Name ist abgeleitet von dem irischen Soldatenlied „Will you come up to Limerick“ (18. Jh.).
  • Eine Erklärung verweist auf die Sammlung von Kinderreimen Mother Goose’s Melody von 1765.

Hickory, dickory, dock!
The mouse ran up the clock.
    The clock struck one –
    The mouse ran down.
Hickory, dickory, dock!

Zu unterscheiden ist zwischen dem ersten Auftreten der Form und dem Auftreten des Namens Limerick. In der Form finden sich Beispiele bei Shakespeares Trinklied in Othello oder Ophelias Song in Hamlet. Als erster berühmter Vertreter und als einer der größten Klassiker gilt Edward Lear. Edward Lear verwendet meist eine Form, bei der das Reimwort der ersten oder zweiten Zeile in der letzten Zeile wiederholt wurde, vor allem im „Book of Nonsense“ (deutsch: „Edward Lears kompletter Nonsens - Limericks, Lieder, Balladen und Geschichten. Ins Deutsche geschmuggelt.“ von Hans Magnus Enzensberger). Später wurde diese Form nur noch selten genutzt. Viele seiner Limericks sind illustriert.

There was an old man with a beard,
Who said, “It is just as I feared.
    Two owls and a hen,
    Four larks and a wren,
Have all built their nests in my beard!”[2]

Sobald dieser Jüngling gewahrt,
was sich bei ihm zusammenschart
    an Hühnern, Pirolen,
    Eulen und Dohlen,
verflucht er gewiß seinen Bart.[3]

In Deutschland kamen die Limericks in den 1970er Jahren durch die Volkssänger Schobert und Black erneut in Mode, die größtenteils die Werke aus Limerick Teutsch des Dichterduos Georg Bungter und Günter Frorath vertonten und vortrugen. Auch Ulrich Roski hat ein mehrstrophiges Lied in Limerickform auf seiner LP Der Nächste bitte (Ein Lied für die Beknackten, 1977). Der Satiriker Dieter Höss nutzte ebenfalls diese Gedichtform; bekannte Autoren sind auch Ogden Nash und Isaac Asimov.

Form

In den drei a-Zeilen folgen je drei Amphibracheis aufeinander (dadida = leicht – schwer – leicht), in den beiden b-Zeilen oft je zwei Anapäste (dadadi = leicht – leicht – schwer). Auch Daktylen sind möglich (schwer - leicht - leicht). Entscheidend beim Limerick ist die durch das Versmaß bedingte charakteristische Rhythmik, bei der (im Inneren) zwei unbetonte und eine Betonte Silbe einander abwechseln. Die Regel „Reim dich oder ich fress dich!“ gehört für einige (vor allem deutsche) Dichter zum Spaß und sie verwenden auch Abweichungen vom Versmaß. Die meisten guten Limericks halten sowohl Reim als auch Versmaß ein, wobei das Versmaß Variationen in den jeweils ersten und letzten unbetonten Silben jeder Zeile zulässt. Dem ersten Fuß der letzten Zeile wird oft eine leichte Silbe vorangestellt, so dass der Vers scheinbar wie ein Anapäst beginnt. Der Schluss kann „männlich“ oder „weiblich“ sein.

Einige Beispiele

Rhythmus- und (Reim)-Schema

(da)dadida dadida dadida(da) (a)
(da)dadida dadida dadida(da) (a)
    (da)dadida dadida(da) (b)
    (da)dadida dadida(da) (b)
(da)dadida dadida dadida(da) (a)

  oder

(da)dadida dadida dadida(da) (a)
(da)dadida dadida dadida(da) (a)
    (da)dadi dadadi (b)
    (da)dadi dadadi (b)
(da)dadida dadida dadida(da) (a)

  seltener

dadi dadi dadadida(da) (a)
dadi dadi dadadida(da) (a)
    dadi dadi [oder di dadadi] (b)
    dadi dadadi (b)
dadi dadadi dadadida(da) (a)


Inhalt

Gewöhnlich enthält die erste Zeile eine handelnde Person und endet mit einem Orts- oder Landschaftsnamen. Der Ortsname ist reimgestaltend und der Reim für die zweite und fünfte Zeile ist durch ihn festgelegt. Die zweite Zeile, ebenfalls länger, beschreibt eine Eigenschaft oder Handlungsweise der benannten Person. Die folgenden beiden Zeilen drei und vier sind kurz und führen die zweite Zeile mit eigenem Reim fort. In der letzten Zeile folgt möglichst eine überraschende, komische Pointe, deren Reim zur ersten und zweiten gehört.

Ein Kettenraucher aus Nizza,
der im Tank seines Wagens nach Sprit sah,
    der flog mit ’nem Krach
    durchs Garagenvordach
einem staunenden Gast in die Pizza.[4]

Die meisten Limericks haben keinen Titel; einige Limericks mit eigenständigem Titel sind bekannt. Ob Titel zulässig seien oder nicht, darüber stritten zum Beispiel Isaac Asimov und John Ciardi in ihrem gemeinsamen Buch: Limericks: Too Gross/or Two Dozen Dirty Dozen Stanzas. Zu einigen Limericks gibt es auch Illustrationen.

Ein bekanntes Beispiel ist ein Cosmo Monkhouse zugeschriebenes Gedicht. Der vermutliche Verfasser war ein britischer Dichter (1840–1901).

There was a young lady from Riga,
Who smiled as she rode on a tiger.
    They returned from the ride
    With the lady inside
And the smile on the face of the tiger.

In einer lateinischen Version

Puella Rigensis ridebat
Quam tigris in tergo vehebat.
    Externa profecta
    Interna revecta
Sed risus cum tigre manebat.

Ortsname

Handwerklich bestimmt vor allem die Reimvorgabe den Ortsnamen. Der erkennbare Bezug zu regionalen Besonderheiten oder Stereotypen ist ein recht seltenes Qualitätsmerkmal.

In verschiedenen Sprachen unterscheiden sich auf Grund der Sprachstrukturen die Möglichkeiten, in Limerick-Form zu dichten. Angesichts problematischer Reime für Städtenamen entstehen in der deutschen Sprache für Limericks Schwierigkeiten, wie ein Gedicht von Curt Peiser demonstriert:

Ein Knabe aus Tehuantepec
der lief auf der Bahn seiner Tante weg;
    sie lief hinterher,
    denn sie liebte ihn sehr,
und außerdem trug er ihr Handgepäck.

Oftmals greift der Dichter auf einfachere Städtenamen zurück, da meist kein lokaler Bezug beabsichtigt ist. Dazu das Beispiel von Kersten Hanke.

Ein Limerickdichter aus Aachen,
nicht ahnend, was Limericks versprachen,
    der trieb es zu bunt,
    und das war der Grund,
dass die Freunde zuletzt mit ihm brachen.

Themenvielfalt

Oft enthalten Limericks sinntiefe Überlegungen. Es gibt „saubere“ und „schmutzige“ (also anzügliche, derbe) Limericks.

“On the beach”, said John sadly, “there’s such
A thing as revealing too much.”
    So he closed both his eyes
    At the ranks of bare thighs,
And felt his way through them by touch.[5]

There was a young lady of Wright
Who travelled much faster than light
    She departed one day
    In a relative way
And returned in the previous night.[6]

Berühmt und berüchtigt sind die Limericks (Nursery Rhymes) aus The Pearl, einer Sammlung viktorianischer Erotika, 1879 und 1880 herausgegeben in London:

There was a young man from Peru
Who had nothing whatever to do
    So he took out his carrot
    And buggered his parrot[7]
And sent the result to the zoo.

There was a young nun from Siberia
Who grew every day wearier and wearier
    One night after prayers
    She bolted upstairs
And buggered the mother superior.

Zu den ernsthafteren Themen gehört ein selbstironischer, politischer Limerick von Robert Matthees.

Den alten Herrn Bismarck – der Gute –
den lobt’ ich und ehrte sein Blute,
    (… nur leider in Frankreich,
    wo Bismarck war siegreich, …)
da spürte ich aber die Rute![8]

Schweizer

Mit Versionen in Deutsch-Schweizer Sprache verfasste der Schweizer Kabarettist César Keiser (1925-2007) seine sogenannten „Keisericks“, mit Schweizer Mundart durchwebt.

Da gab's den Herrn Stöckli aus Stocken,
der wusch sich die Füsse samt Socken.
    Der Siegrist von Meggen,
    tat darob erschrecken,
und läutete sämtliche Glocken.

Oft werden Limericks im alphabetischen Inhaltsverzeichnis nach dem wesentlichen Ort oder Namen, also dem letzten Wort des ersten Verses, sortiert.

Abgrenzung

Limericks unterscheiden sich von den verwandten, ähnlich klingenden „Klapphornversen“. Diese sind kurze, amüsante Gedichte, die aber im Gegensatz zu den Limericks 4 Zeilen haben müssen. Knittelverse, Zoten oder Unsinnsgedichte sind nicht mit der Gedichtform der Limericks verwandt.

Literatur

  • Georg Bungter, Günter Frorath: Limerick teutsch. Piper, München 1969, ISBN 3-492-01738-X.
  • Jürgen Dahl: Limericks, Limericks. Fischer Taschenbuchverlag 1973, ISBN 3-436-00800-1.
  • Wiard Raveling (Hrsg.): Limericks. Reclam, Stuttgart 1999, ISBN 3-15-009060-1.
  • Anonymous: The Pearl. Ballantine Books, 1996, ISBN 0-345-41004-1.
  • Das Große César-Keiser- und Margrit-Läubli-Cabaret-Buch. Huber, Frauenfeld 2005, ISBN 3-7193-1400-6.
  • Ole Haldrup: Buch der Limericks. Mit Zeichnungen von Horst Dubiel. 3.Auflage, 136 Seiten. Nereus Verlag, Marburg 2003. ISBN 3-9809295-0-7.
  • Ole Haldrup: Lirum, larum, Limerick: Das zweite Buch der Fünfzeiler. Mit Zeichnungen von Christine Happle. 140 Seiten. Nereus Verlag, Marburg 2004. ISBN 3-9809295-1-5.
  • Jürgen Dahl (Hrsg.): Limericks & Clerihews. Eine Einführung in den Limerick und 222 Limericks, eine Einführung in seinen kleinen Bruder, den (vierzeiligen) Clerihew - sprich klerri.juh - und 77 Clerihews, sowie formlose Übersetzungen zur Überbrückung allfälliger Vokabelnöte. Langewiesche-Brandt, Ebenhausen bei München 1981, ISBN 3-7846-0503-6. (illustriert von Paul Flora)
  • Richard O'Toole: More of the World's Best Dirty Limericks. With cartoons by Graham Morris, Harper Collins Publishers, London 1994. ISBN 0006383742

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Thomas von Aquin, vgl. la:Limericus
  2. Edward Lear, Book of Nonsense
  3. Übertragung durch Hans Magnus Enzensberger
  4. Ole Haldrup: Buch der Limericks, Nereus Verlag, Marburg
  5. Limerick von Isaac Asimov. In: Isaac Asimov und John Ciardi: Limericks: Too Gross/or Two Dozen Dirty Dozen Stanzas
  6. Ein Limerick aus dem Buch Eine kurze Geschichte der Zeit von Stephen Hawking zum Thema Relativität / Relativitätstheorie.
  7. "to bugger" = Sodomie betreiben ; "parrot" = Papagei
  8. nach eigenen Angaben über die Deutsch-Französische Freundschaft verfasst

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