Lignin

Lignin
Strukturformel
Beispiel einer Ligninstruktur
Beispiel einer Ligninstruktur
Allgemeines
Name Lignin
CAS-Nummer 9005-53-2
Art des Polymers Biopolymer, Copolymer
Kurzbeschreibung hell- bis dunkelbraun gefärbt
Monomer
Monomer Cumarylalkohol, Coniferylalkohol, Sinapylalkohol
Summenformel C9H10O2, C10H12O3, C11H14O4
Molare Masse 150,18 g·mol−1, 180,20 g·mol−1, 210,12 g·mol−1
Eigenschaften
Aggregatzustand fest
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Lignine (lat. lignum „Holz“) bilden eine Gruppe von phenolischen Makromolekülen, die sich aus verschiedenen Monomerbausteinen zusammensetzen. Es handelt sich um feste Biopolymere, die in die pflanzliche Zellwand eingelagert werden und dadurch die Verholzung der Zelle bewirken (Lignifizierung). Etwa 20 % bis 30 % der Trockenmasse verholzter Pflanzen bestehen aus Ligninen, damit sind sie neben der Cellulose und dem Chitin die häufigsten organischen Verbindungen der Erde. Die Gesamtproduktion der Lignine wird auf etwa 20 Milliarden Tonnen pro Jahr geschätzt.[1]

Da Lignine wesentlich für die Festigkeit von pflanzlichen Geweben sind, ist die Evolution der landlebenden Pflanzen und vor allem der Bäume sehr eng mit der Bildung von Lignin verknüpft. Nur mit Lignin können Pflanzen Festigungselemente ausbilden, welche die Stabilität größerer Pflanzenkörper außerhalb des Wassers gewährleisten – im Wasser sorgt der Auftrieb für die nötige Stabilität.[2]

Inhaltsverzeichnis

Funktion

Höhenwachstum kann bei Pflanzen nur durch die Druckfestigkeit des Lignins entstehen

Lignin hat als Stützmaterial und verhärtetes Polymer eine Reihe von wichtigen Aufgaben für die Pflanze. Lignine sind wesentlich für die Festigkeit von pflanzlichen Geweben, wobei sie vor allem für die Druckfestigkeit von zentraler Bedeutung sind, während die eingelagerten Cellulosefasern die Zugfestigkeit gewährleisten. Es handelt sich also um eine Durchdringung von reißfesten, biegsamen Fasern (Cellulose) mit einem dichten und starren Polymer als Füllmaterial (Lignin).[3] Als Analogien sind auch technische Materialien wie Stahlbeton oder naturfaserverstärkter Kunststoff entsprechend aufgebaut.

Pflanzen ohne Lignin können durch die Cellulose zwar beträchtlichen Zugkräften standhalten, gegenüber Druck sind sie dagegen empfindlich. Ohne Lignin können keine Festigungselemente ausgebildet werden, die bei fehlendem Auftrieb durch das Wasser die Stabilität größerer Pflanzenkörper gewährleisten und entsprechende Tragestrukturen entgegen der Druckwirkung durch die Gravitationskraft aufbauen. Auch die Ausbildung von Verzweigungen und Astsystemen zur Schaffung großer photosynthetisch wirksamer Flächen kann nur durch eine Stabilisierung der Äste erfolgen.[4]

Außerdem dient Lignin als Kittmaterial für den Zellverbund über die Mittellamelle. Es bietet Schutz gegen Eindringen von Wasser in das Zellwandmaterial und hält dieses somit in den Leitgefäßen (Xylem und Phloem) sowie im Innern der Zellen. Weitere Schutzwirkung besteht gegenüber UV-Licht sowie mechanischer Beschädigung und dem Eindringen von Schädlingen. Schließlich kann Lignin nur schwer von Bakterien bzw. Pilzen abgebaut werden und hemmt infolgedessen das Wachstum pathogener Mikroorganismen passiv[5] sowie aktiv durch den Aufbau von Wundlignin in Bereichen mit mechanischer Beschädigung.[4] Eine ähnliche Struktur mit einem analogen Aufbau stellt das Suberin dar, das vor allem in den Zellwänden des Phellems (Kork) vorkommt.

Die Evolution der landlebenden Pflanzen und vor allem der Bäume ist sehr eng mit der Ligninbiosynthese verknüpft. Das Lignin ist entsprechend erst mit dem Auftreten dieser Pflanzen als echtes Lignin anzutreffen, während in ursprünglicheren Pflanzen wie Grünalgen nur die Bausteine oder lignin-ähnliche Polymere vorhanden sind.[6] Die aktuelle Annahme ist, dass Lignin eine Neuentwicklung und damit ein gruppenbegründendes Merkmal (Autapomorphie) der Gefäßpflanzen darstellt.[7] Wahrscheinlich konnte es sich zuerst als Abwehrstoff gegenüber Pilzinfektionen in Form von Wundlignin etablieren und nahm darauf aufbauend die zentrale Funktion als Stabilisationsmaterial ein.[4] 2009 konnte allerdings auch in Rotalgen der Art Calliarthron cheilosporioides Lignin nachgewiesen werden.[8] Dies wirft die Frage auf, ob es entweder konvergent sowohl bei den höheren Pflanzen als auch bei den Rotalgen entstanden ist, oder vielleicht bereits früh in der Entwicklung der Eukaryoten auftauchte und bei anderen Organismen wieder verschwunden ist.

Eigenschaften

Lignin ist sehr fest bis spröde und hell- bis dunkelbraun gefärbt. Es ist optisch isotrop, UV-Licht wird von dem Material fast vollständig absorbiert, sichtbares Licht zum Teil.

Lignin stellt allerdings keine einheitliche Substanz dar, sondern eine Gruppe von phenolischen Makromolekülen, die sich aus verschiedenen Monomerbausteinen zusammensetzen. Dabei wird durch die Kombination ähnlicher Grundmoleküle eine dicht vernetzte, amorphe Masse aufgebaut. Die Struktur besitzt im Vergleich zu Polysacchariden wesentlich weniger polare Gruppen, wodurch Lignine hydrophob und damit in Wasser und vielen anderen Lösungsmitteln nicht löslich sind. Aus diesem Grund sind sie biologisch wie chemisch schwerer abbaubar, als andere natürliche Stoffe.

Struktur und Zusammensetzung des Lignins

Lignine sind dreidimensionale und amorphe Netzwerke (Polymere) aus aromatischen Grundbausteinen, die in vielfältiger Form miteinander verknüpft sind. Neben aromatischen Bindungen enthalten sie viele weitere Kohlenstoff-Kohlenstoff-Einfach- und Doppelbindungen, zudem kommen viele phenolische Gruppen vor.

Es handelt sich um höhermolekulare (relative Molekülmasse etwa 5000–10000) Abkömmlinge der Phenylpropanoide, die als Substituenten des Benzolrings neben einer Propankette eine OH- bzw. Hydroxyleinheit, ein oder zwei OCH3- bzw. Methoxy- sowie diverse Restketten (Alkoxy- oder Aroxy-Gruppen) enthalten.[9] Da die Makromoleküle allerdings in alle Raumrichtungen wachsen, wobei besonders die Mittellamellen eine starke Ausdehnung ermöglichen, und auch sekundär miteinander verkettet sind, entspricht die Ligninmasse bei einem ausgewachsenen Baum zuletzt wahrscheinlich einem einzigen Lignin-Polymermolekül, dessen Masse dann mehrere Tonnen beträgt.[3]

Abhängig von der Holzart setzt es sich aus Strukturen zusammen, welche auf die Basisbausteine p-Cumarylalkohol, Coniferylalkohol und Sinapylalkohol (Monolignole) zurückzuführen sind (siehe Biosynthese). Da das Lignin in einem radikalischen Prozess entsteht, bei dem die Radikalbildung enzymatisch erfolgt, aber nicht deren Weiterreaktion, sind die Zusammensetzung und die Anteile der einzelnen Bausteine stark variabel; eine gerichtete Verknüpfung nach einem immer gleichen Schema existiert nicht.[1] Neben der Variabilität jedes einzelnen Ligninmoleküls unterscheidet sich zudem das Lignin verschiedener Holz- bzw. Pflanzenarten durch die prozentualen Anteile der Alkohole bzw. den davon abgeleitetetn Phenylresten: Nadelholz-Lignin enthält überwiegend Coniferyl-Einheiten (etwa 90 %), die einen Guajacylrest (3-Methoxy-4-hydroxy-phenylrest) besitzen und daher als G-Lignin bezeichnet wird. Laubholzlignin enthält wechselnde Anteile von Guajacylresten und Sinapyl-Elemente, die einen Syringylrest (3,5-Methoxy-4-hydroxy-phenylrest) enthalten. Der Syringylanteil kann zwischen 5 und 65 % betragen, die resultierenden Lignine werden als GS-Lignin bezeichnet. Das Lignin der teilweise verholzten Gräser und anderer Einkeimblättriger zeichnet sich durch einen hohen Anteil von etwa 15 bis 35 % Cumaryl-Elementen aus, die das para-Hydroxy-Phenylpropan bilden und gemeinsam mit einem Syringylanteil in gleicher Höhe und einem Guajacylanteil von 50 bis 70 % die HGS-Lignine bilden.[9] In geringen Mengen werden zudem Zimtsäuren und Zimtaldehyde (die Ausgangsstoffe der Basis-Alkohole) in die Matrix integriert.[10]

In der Analytik sind verschiedene Nachweisreaktionen für Lignin bekannt, die auf dem Aufbau des Stoffes beruhen. Zur Feststellung der Anwesenheit von Lignin kommt es zu einer Rotfärbung durch salzsaure Phloroglucinlösung. Diese Reaktion geht auf die in die Ligninmatrix eingebetteten Zimtaldehyde zurück.[10] Durch die unterschiedliche Zusammensetzung der Lignine in Nadelhölzern und Laubhölzern kann durch die unterschiedliche Färbung, die mit diesem Nachweis erreicht wird, zwischen den beiden Holztypen unterschieden werden. Nadelhölzer färben sich hierbei kirschrot, Laubhölzer rotviolett. Außerdem ist eine Gelbfärbung mit Anilin/Schwefelsäure und eine Violettfärbung mit Schiffschem Reagenz möglich. Zur qualitativen Analyse wird vor allem die Gaschromatographie eingesetzt. Zur Bestimmung des Lignin-Anteils kommt das Klason-Verfahren zur Anwendung, bei dem die Polysaccharide durch eine zweistufiges Säurehydrolyse abgebaut und der verbleibende Ligninrest anschließend gewogen wird (Klasen-Lignin). Bei GS-Ligninen ist anschließend eine UV-Spektroskopie der Säurelösung notwendig, da diese säurelösliche Anteile des Lignin enthält.[9]

Ligninanteile

Zusammensetzung von pflanzlicher Biomasse[11]
Angaben in Prozent
Hexosen
(Cellulose)
Pentosen
(Hemicellulosen)
Lignine
Nadelholz 57–60 07–11 27–32
Birkenholz 45–47 21–27 19–20
Buchenholz 50–54 19–24 22–23
Weizenstroh 35–39 22–24 18–25
Maisspindeln 37–44 32–35 15–19
Bagasse 42–50 29–42 [00]16–21[12]

Die nebenstehende Tabelle stellt die Anteile von Lignin, Cellulose und Hemicellulosen bei verschiedenen Biomasserohstoffen dar. Dabei handelt es sich vor allem um kommerziell relevante Hölzer und lignocellulosehaltige Reststoffe.

Lignin als Zellwandverstärkung

Pflanzliche Zellwände bestehen aus Cellulosefibrillen, die in eine Matrix aus Pektinen, Hemicellulosen, Proteinen und Lignin eingebunden sind. Dabei lagern sich die Cellulosemoleküle aus jeweils etwa 100 Einzelmolekülen parallel zu so genannten Elementarfibrillen bzw. Micellarsträngen zusammen, die durch Wasserstoffbrücken stabilisiert werden. Jeweils 20 dieser Micellarstränge bilden gemeinsam eine Mikrofibrille mit einem Durchmesser von etwa 20 bis 30 nm. Die Mikrofibrillen wiederum können sich zu Makrofibrillen mit einem Durchmesser von etwa 400 nm zusammenlegen, dabei entstehen Zwischenräume von etwa 10 nm, die als interfibrilläre Räume bestehen bleiben. Die interfibrillären Räume dienen unter anderem dem Wassertransport in der Zellwand, außerdem werden in diese Zwischenräume größere Moleküle wie Hemicellulosen, Pektine und Lignin zur Festigung der Cellulosestruktur eingelagert (Inkrustierung).[13]

Bei den meisten pflanzlichen Geweben beträgt der Ligninanteil nur etwa 1 %, bei aufgrund von Druckbelastungen verholzten Pflanzenteilen kann er über 30 % der Gesamtmasse betragen; man spricht in diesen Fällen von Lignocellulose. Neben Lignin können auch verschiedene mineralische Substanzen für die Inkrustierung zuständig sein, darunter etwa Silikate bei Gräsern, Riedgräsern und Schachtelhalmen oder Calciumcarbonat bei Kalkalgen.[3]

Bei einer Verholzung wird die ursprüngliche Zellwandmatrix durch das Ligninpolymer mit den eingelagerten Cellulosefasern ersetzt. Die Cellulosefasern sind dabei so dicht in das Polymer eingepackt, dass sie sich nicht mehr gegeneinander verschieben können und auch ihre Quellfähigkeit verlieren.[3] Eine besondere Form der Verholzung findet im sogenannten Reaktionsholz statt: Holzbereiche, die besonders starken Belastungen ausgesetzt sind, verstärken sich kontinuierlich. Diese Reaktion fällt allerdings unterschiedlich aus, bei waagerecht wachsenden Ästen der Nadelbäume kommt es beispielsweise aufgrund der Druckbelastung verstärkt zu einer Verholzung der Astunterseite durch ligninreiches Druckholz. Laubbäume hingegen verstärken bei der gleichen Beanspruchung vor allem die Astoberseite mit cellulosereichem Zugholz ohne Liginanteile.[3]

Xylemverholzung

Teilweise verholztes Leitbündel beim Gartenkürbis

Druckbeanpruchung entsteht nicht nur bei Konstruktionselementen, sondern auch in den Bereichen der Pflanze, die einem hohen Innendruck standhalten müssen. Dies ist vor allem in den Leitbahnen für den Wassertransport im Stamm und in den Wurzeln gegeben, da hier das Wasser entgegen der Schwerkraft transportiert wird und Druck auf die umliegenden Gewebe ausübt. Entsprechend bilden sich auch hier Verholzungen, die zu Zellwandröhren mit hohen Ligninanteil führen. Der wasserabweisende (hydrophobe) Charakter ist bei dieser Funktion eine wesentliche Eigenschaft, da er ein Austreten des Wassers aus den Leitbahnen in das umgebende Zellgewebe verhindert und somit den Wassertransport über weite Strecken zulässt.

Diese wasserleitenden Elemente des Xylem, die aufgrund ihrer Größe und ihres Aufbaus in Tracheen und Tracheiden unterschieden werden, können bei Landpflanzen gemeinsam mit dem xylemverstärkenden Sklerenchym zu den wichtigsten tragenden Strukturen gezählt werden.[3]

Biosynthese

Biosynthese der Ligninvorstufen

Verschiedene Lignineinheiten: Cumarylalkohol (1), Coniferylalkohol (2) und Sinapylalkohol (3)

Das Lignin ist ein Abkömmling der Phenylpropanoide, die sich selbst wiederum vom L-Phenylalanin ableiten. Durch Abspaltung von Ammoniak durch eine Phenylalanin-Ammoniak-Lyase (PAL) (EC 4.3.1.5) entsteht aus dem Phenylalanin eine Zimtsäure. Diese wird durch weitere Enzyme zu p-Coumaryl-Coenzym A umgesetzt. Diese Verbindung ist das Ausgangsprodukt für weitere Modifikationen, beispielsweise Hydroxylierungen am Aromatenring und nachfolgenden Methylierungen.[14] Im letzten Schritt werden die an Coenzym A gebundenen Zwischenprodukte durch eine zinkhaltige Cinnamalkohol-Dehydrogenase (CAD) (EC 1.1.1.195) zu den Monolignolen reduziert, wobei immer NADPH als Reduktionsmittel verwendet wird.[1] Diese zur Biosynthese von Lignin führenden Alkohole sind p-Cumarylalkohol (H-Einheit), Coniferylalkohol (G-Einheit) und Sinapylalkohol (S-Einheit).[15]

Die Zusammensetzung der Lignine hängt vor allem vom Mengenverhältnis der einzelnen Monolignole und den Reaktionsbedingungen ab.[15] In Bedecktsamigen Pflanzen ist das Lignin insbesondere aus Sinapyl- und Coniferylalkohol aufgebaut, in Nacktsamigen Pflanzen dominiert Coniferylalkohol und Gräser verwenden alle drei Monolignole. Eine Schlüsselfunktion kommt dabei der CAD zu, die durch ihre unterschiedliche Substratspezifität wahrscheinlich für die unterschiedlichen Anteile der Alkohole in den verschiedenen Pflanzengruppen verantwortlich ist: CAD aus Bedecktsamigen Pflanzen und Gräsern reduziert alle drei Zimtaldehyde während für das CAD aus Nacktsamigen Pflanzen Sinapylaldehyd nur ein schlechtes Substrat darstellt und entsprechend weniger stark umgesetzt wird.[1]

Ligninsynthese

Aufgrund der Zusammensetzung aus den einzelnen Bausteinen und den vielfältigen Polymerisierungsmöglichkeiten können Lignine unterschiedlichste Aufbauten besitzen und bilden entsprechend eine ganze Klasse von Verbindungen.[13] Sie werden erst in den interfibrillären Räumen aus den als Vorstufen dienenden Alkoholen aufgebaut. Wie aber die Monolignole aus der Zelle exportiert werden, ist noch nicht ganz geklärt. Wahrscheinlich werden diese als Glucoside – Glucocumarylalkohol, Coniferin und Syringin – nach außen transportiert.[5] Hierbei werden die Alkohole über ihre phenolische OH-Gruppe β-glycosidisch an Zucker (Glucose) gebunden und sind in dieser Form in Wasser besser löslich. So können die Moleküle durch das Plasmalemma und den Apoplast der Zelle transportiert werden und in die Cellulose-Zwischenräume infiltrieren. Schließlich werden durch β-Glycosidasen der Zellwand die Zuckermoleküle abgespalten. Solche β-Glycosidasen wurden bereits in manchen Pflanzen identifiziert.[14] Ob die Monolignole passiv durch die Zellwand diffundieren oder durch Transportsystem nach außen gelangen, ist noch Gegenstand der Forschung.

Die exportierten Monolignole werden dann über eine enzymatische Oxidations-Polymerisations-Reaktion spontan zu einer amorphen dreidimensionalen Struktur verknüpft.[16] Hierbei beginnt die Lignifikation an Ecken und der Mittellamelle von Xylemzellen. Den Polymerisationsprozess katalysieren extrazelluläre Peroxidasen aus Wasserstoffperoxid bzw. Laccasen aus Sauerstoff, dabei werden Phenoxyradikale gebildet. Woher indessen das Wasserstoffperoxid stammt, ist noch unklar.[5] Das einzelne Elektron ist über das gesamte Molekül delokalisiert und stabilisiert.[16] Dies ermöglicht verschiedene Knüpfungspunkte für die Bildung des netzartigen Lignins. Lignin enthält chirale Zentren, mit herkömmlichen Methoden kann jedoch keine optische Aktivität nachgewiesen werden.[17]

Ob die Vernetzung gesteuert werden kann, ist noch Gegenstand der Forschung. Möglicherweise können extrazelluläre Glykoproteine, die Dirigenten-Proteine[18], eine gewisse Spezifität bei der Vernetzung bewirken.[5][19][20]

Verschiedene Monolignole werden enzymatisch zu Radikalen umgesetzt. Das Radikal ist hierbei mesomeriestabilisiert und ist über das Molekül verteilt. X=Y=H: Cumarylalkohol; X=OCH3 Y=H: Coniferylalkohol; X=Y=OCH3 Sinapylalkohol
Nach Radikalbildung können Monolignoleinheiten zu einem polymeren Netz, dem Lignin, reagieren. X=Y=H: Cumarylalkohol; X=OCH3 Y=H: Coniferylalkohol; X=Y=OCH3 Sinapylalkohol

Die Lignineinlagerung verläuft in drei Phasen. In der ersten Phase lagert sich das Makromolekül in die Zellecken und die Mittellamelle, nachdem die Pektineinlagerung in die Primärwand abgeschlossen ist. Anschließend erfolgt eine fortschreitende Verholzung der S2-Schicht der Sekundärzellwand. Die Hauptlignifizierung erfolgt nach der Ausbildung der Cellulose-Mikrofibrillen in der S3-Schicht. Innerhalb der drei Phasen und damit auch in den unterschiedlichen Schichten variiert die Zusammensetzung der Lignine.[1]

Gentechnische Veränderung der Lignin-Biosynthese

Da die Entfernung des Lignins aus dem Holz für die Zellstoffproduktion und perspektivisch vor allem für die Herstellung von Biokraftstoffen (Cellulose-Ethanol)[21] zu den aufwändigsten Produktionsschritten gehört, gibt es verschiedene Bemühungen, die Ligninmenge bereits im Holz durch grüne Gentechnik zu reduzieren. Dies geschieht vor allem durch Eingriffe in die für die Synthese der Monomere notwendigen Gene, unter anderem durch „Ausschalten“ der Cinnamalkohol-Dehydrogenase (CAD) und der Kaffeesäure-O-Methyltransferase (COMT) durch Antisense-RNA.[22]

Die entsprechenden Techniken befinden sich aktuell vor allem an Pappeln und Weiden noch in der Erforschung für den Anbau in Kurzumtriebsplantagen und wurden für die technische Umsetzung noch nicht realisiert, eine effektivere Delignifizierung im Zellstoffprozess konnte jedoch bereits nachgewiesen werden.[22] Allerdings wurde auch festgestellt, dass der Effekt der Ligninreduktion nicht gleichmäßig ist, und Umwelteinflüsse wahrscheinlich einen größeren Einfluss auf die Ligninproduktion haben als die Genveränderung.[23]

Ligninabbau

Lignin kann sowohl biologisch als auch durch verschiedene chemisch-technische Verfahren abgebaut werden. Der biologische Ligninabbau stellt dabei einen Prozess der Zersetzung von Holz durch Bakterien und vor allem Pilze (Destruenten) dar. Der technische Lignin-Aufschluss ist dagegen Teil von Prozessen mit dem Ziel, Lignin und Cellulose im Holz zu trennen und unterschiedlichen Verwertungen zukommen zu lassen. Er spielt entsprechend vor allem bei der Zellstoffherstellung, der Holzverzuckerung und perspektivisch bei der Nutzung von Lignocellulose in der Bioraffinerie eine große Rolle. Die gängigen thermochemischen Methoden des technischen Ligninabbaus sind sehr energieaufwändig, belasten die Umwelt und erzeugen Toxine.

Ist verarbeitetes und unbeschichtetes Holz über einen langen Zeitraum Ultraviolettstrahlung ausgesetzt, so wird es oberflächlich geschädigt, wobei vor allem das Lignin denaturiert wird. Im Falle direkter Bewitterung wird es nachfolgend vom Regenwasser ausgewaschen. Die Oberfläche wirkt dann schmutzig grau. Unterbleibt die Einwirkung von Regenwasser, erhält das Holz infolge der UV-Wirkung eine silbrig-weiße Farbe.

Biologischer Ligninabbau

Baumpilze wie die Schmetterlingstramete sind in der Lage, Lignin enzymatisch abzubauen (Weißfäule).
Braunfäule oben verfärbt das Holz braun, da sie das Lignin nicht angreift, während Weißfäule durch den Abbau des Lignins eine weiße Verfärbung bedingt.

Lignin ist durch seine komplexe Vernetzung ein persistenter Naturstoff und kann von Destruenten nur sehr langsam zersetzt werden. Die Humusbildung des Bodens wird dabei größtenteils durch den Ligninabbau gefördert.[24] Der Holzabbau erfolgt dabei in zwei teilweise parallel ablaufenden Fraktionen: Der Abbau der Cellulose erfolgt in Form der Braunfäule, bei der sich das Holz infolge des zurückbleibenden Lignins braun verfärbt, während der Abbau des Lignin in Form der Weißfäule stattfindet, bei der sich das Holz entsprechend hell verfärbt.

Beim biologischen Ligninabbau unterscheidet man zwischen dem Verwerten bereits gelöster Ligninfragmente und dem eigentlichen Abbau des Naturstoffes. Erstere können bereits von vielen Bakterien verwertet werden, insbesondere Actinomyceten und Streptomyceten. Weißfäulepilze wie etwa der Zunderschwamm (Fomes fomentarius), der Graue Feuerschwamm (Phellinus igniarius), die Schmetterlingstramete (Trametes versicolor) und Phanerochaete chrysosporium[25] zerstören hingegen enzymatisch den Ligninanteil des Holzes, um ihr eigentliches Substrat, Cellulose bzw. Hemicellulosen, zu verwerten. Entsprechend verfärbt sich bei der Weißfäule das Holz weiß und wird faserig. Die meisten dieser Pilze bauen gleichzeitig das Lignin und die Kohlenhydrate ab (Simultanfäule), die Abbauraten sind ebenfalls ähnlich hoch. Andere Pilze bauen den Ligninanteil anfänglich schneller ab, und es kommt zu einer Celluloseanreicherung (Sukzessive Weißfäule). Dies findet man beispielsweise beim Mosaik-Schichtpilz (Xylobolus frustulatus) oder beim Wurzelschwamm (Heterobasidion annosum), der die Rotfäule bei Fichten bedingt.[26]

Der Ligninabbau findet dabei immer unter aeroben Bedingungen statt und ist sehr energieintensiv. Er kann entsprechend nicht als alleinige Kohlenstoff- und Energiequelle dienen.[27] Daher handelt es sich bei Weißfäulepilzen immer um einen Cometabolismus in Verbindung mit anderen Kohlenstoffquellen. Für den Abbau bilden die Pilze fadenförmige Hyphen aus, die das Lignin durchdringen. Für den Ligninabbau werden verschiedene Enzyme eingesetzt, die vom Pilz durch Exozytose in das Medium abgegeben werden und in das Lignin diffundieren.[24] Der Abbau des Lignins ist de facto eine Depolymerisierung und erfordert Peroxidasen und Laccasen, die sich in ihrer Wirkung synergetisch verhalten. Darüber hinaus werden Sauerstoff, Coenzyme, Metalle und Komplexbildner benötigt.[28]

Die Pilze setzen zunächst Glyoxal frei, das durch Sauerstoff durch eine Glyoxaloxidase zu Oxalsäure und Wasserstoffperoxid (H2O2) oxidiert wird. H2O2 wird dann von einer Mangan-Peroxidase (MnP) (EC 1.11.1.13) zu Wasser reduziert, während Mangan(II) (Mn2+) zu Mn3+ oxidiert wird. Mn3+ wird chelatisiert und dringt als kleines aktives Oxidans leicht in das Lignin ein. Mn3+ kann dort den phenolischen Bestandteilen des Lignins einzelne Elektronen entreißen, so dass ein Radikalkation gebildet wird. Dieses wird in mehrere Bruchstücke gespalten[27], häufig in Benzaldehydderivate.[29]

Das Radikal-Kation kann auch durch eine Lignin-Peroxidase (LiP) (EC 1.11.1.14) gebildet werden. LiPs sind Häm-enthaltende Enzyme, die substituierte Aromaten, den Hauptbestandteil im Lignin, direkt oxidieren können. Nicht alle Weißfäulepilze kodieren jedoch für LiPs.[29] Die Peroxidase verbraucht Wasserstoffperoxid als Oxidationsmittel.

Mittlerweile hat man auch sogenannte Hybridenzyme in Pleurotus, Bjerkandera und anderen Pilzen entdeckt, die man als „versatile peroxidases“ (VP) (EC 1.11.1.16) bezeichnet.[29] Diese verfügen sowohl über eine Mangan-Peroxidase- als auch über eine Lignin-Peroxidase-Aktivität.

Laccasen (EC 1.10.3.2) schließlich oxidieren hauptsächlich niedermolekulare Bruchstücke des Lignins.[27] Sie können zwar generell phenolische Komponenten des Lignins enzymatisch angreifen. Da aber jene Komponenten nur 10 % des Lignins ausmachen, wird das Makromolekül primär von den oben genannten Peroxidasen verwertet.[30]

Beim Ligninabbau sind darüber hinaus noch viele weitere Enzyme (Oxidoreduktasen, Dehydrogenasen) beteiligt.[30]

Technischer Ligninabbau

Papierherstellung im Sulfat- und Sulfitprozess

Hauptartikel: Sulfatverfahren, Sulfitverfahren

Der technische Ligninabbau spielt vor allem bei der Papier- und Zellstoffherstellung eine wichtige Rolle. Zur Produktion von Papier und Zellstoff muss das Lignin aus der Lignocellulose gelöst und aus dem Prozess entfernt werden. Dabei existieren unterschiedliche Verfahren für den Celluloseaufschluss sowie für die nachfolgende Papierbleiche.

Sulfatverfahren: Kettenreaktion durch die Depolarisierung von Lignin durch Hydroxyionen (OH) und Sulfidionen (HS)

In etwa 80 Prozent aller Zellstoffanlagen erfolgt der Aufschluss über das so genannte Sulfatverfahren, auch bekannt als Kraft-Prozess. Dabei erfolgt der Ligninabbau durch Hydrogensulfidionen (HS) in basischem Milieu bei etwa pH 13 durch den Einsatz von Natriumsulfid (Na2S) und Natriumhydroxid (NaOH) bzw. Natronlauge. Der Prozess dauert etwa zwei Stunden bei Temperaturen von etwa 170 °C, allerdings greifen die Ionen auch die Cellulose und die Hemicellulosen an, wodurch nur ein Teilaufschluss möglich ist. Die Ablauge dieses Verfahrens enthält in ihrer Festsubstanz bei der Verwendung von Nadelhölzern etwa 45 % und bei Laubhölzern etwa 38 % des so genannten Kraft-Lignins.

Eine Alternative stellt der Celluloseaufschluss im Sulfitverfahren dar, bei dem der Ligninabbau durch eine Sulfonierung erfolgt. Als chemisch nicht exakt definiertes Umsetzungsprodukt des Lignins mit Schwefliger Säure entsteht Ligninsulfonate, die Salze der Ligninsulfonsäure. Calciumsalze der Ligninsulfonsäure entstehen beim Aufschluss des Holzes mit Calciumhydrogensulfit-Lösungen. Hier enthält die Ablauge in ihrer Festsubstanz bei der Verwendung von Nadelhölzern etwa 55 % und bei Laubhölzern etwa 42 % in Form von Ligninsulfonat.

Lignin ist auch für das Vergilben von Papier verantwortlich, das daher auch mit ligninabbauenden Enzymen wie der Laccase gebleicht werden kann. Die Bleiche erfolgt technisch allerdings vor allem über eine Chlorbleiche bzw. heutzutage meistens „chlorfrei“ mit einer Bleiche mit Chlordioxid, oder, seltener, Wasserstoffperoxid oder Ozon. In beiden Fällen werden das Restlignin sowie vorhandene Farbstoffe im Zellstoff oxidativ abgebaut. Dies ist vor allem bei so genanntem „holzhaltigem“ Papier relevant, weniger bei „holzfreiem“ Papier. Die Begriffe holzhaltig und holzfrei sind zwar im Handel und umgangssprachlich üblich, technisch jedoch unsinnig, da Papier aus dem Rohstoff Holz in jedem Fall Holzbestandteile enthält. Bei holzfreiem Papier sind dies eben nur die Cellulose und die Hemicellulosen, bei holzhaltigem Papier der ligninhaltige Holzstoff. Korrekt wären daher die Begriffe ligninhaltig und ligninfrei.

Holzverzuckerung

Zur Transformation von Holz zu verwertbaren Zuckern (Holzverzuckerung) werden eine Reihe von unterschiedlichen Prozessen angewandt, die das Lignin aus dem Holz entfernen und dadurch die Cellulose verfügbar machen. Dabei handelt es sich um eine Reihe von chemischen, hydrothermischen und enzymatischen Prozessen.

Historisch bedeutsam sind vor allem technische Anwendungen unter Einsatz von Säuren, vor allem von Salzsäure (HCl) oder verdünnter Schwefelsäure (H2SO4), in denen das zerfaserte Holz gekocht wird. Bei dem Prozess lagern sich Wassermoleküle an die Cellulose und bilden Oligosaccharide, vor allem Di- oder Trisaccharide, unter anderem mit Glucoseanteil. Aufgrund der im Holz neben der Cellulose vorhandenen Hemicellulose und des Lignins entstehen Nebenprodukte bzw. Verunreinigungen, die das Ergebnis fast ausschließlich zur Vergärung zu Alkohol oder als Nährsubstrat für die Fermentation von Hefe verwendbar machen. Zeitweise wurde so der Holzbranntwein erzeugt. Für die Verwendung in der Chemischen Industrie muss die Lösung aufwendig gereinigt und entsalzt werden.

Ligninlösung für die Bioraffinerie

Im Kontext der Diskussion um die Entwicklung der Bioraffinerie soll die Verzuckerung über spezielle Enzyme, die Cellulasen, auf biotechnologischem Weg stattfinden. Als Ergebnis erhofft man sich möglichst reine Fraktionen der Cellulose zur weiteren Verzuckerung, der Hemicellulosen und des Lignins, um alle drei Bestandteile des Holzes einer weiteren Verwertung zuführen zu können.

Um die einzelnen Fraktionen möglichst rein und unbeschadet aus dem Holz zu bekommen, bedarf es einer speziellen Vorbehandlung. Diese erfolgt je nach technischem Weg unterschiedlich und kann beispielsweise auf der Behandlung mit Lösemitteln wie Ethanol (Organosolv-Verfahren) oder Ionischen Flüssigkeiten, der Nutzung von Enzymen oder der Dampfbehandlung (Aquasolv-Verfahren) basieren.

Verwendung

Probe der Schwarzlauge im Erlenmeyerkolben

Lignin wird – sieht man von der Verwendung in Form von Holz ab – vor allem als Nebenprodukt der Papier- und Zellstoffindustrie genutzt. Weltweit werden jährlich aktuell etwa 50 Millionen Tonnen Lignin auf diese Weise produziert.[31] Die anfallenden Mengen an Kraft-Lignin und Ligninsulfonaten liegen dabei in gelöster Form in den jeweiligen Ablaugen vor und können aus diesen extrahiert werden. Die Hauptverwendung für beide Lignintypen besteht derzeit aus der energetischen Nutzung, weitere Verwendungen liegen vor allem für Lignosulfonate aus dem Sulfitverfahren vor.

Grundsätzlich unterscheiden sich die verschiedenen technischen Lignine in mehreren Eigenschaften, die ihre Nutzung beeinflussen können. Der wesentliche Unterschied liegt in der Molekülgröße: Kraft-Lignin hat eine molare Masse von 2000 bis 3000 g/mol, während Lignosulfonate molare Massen von 20.000 bis 50.000 g/mol erreichen. Organosolv-Lignin liegt bei 1000 bis 2000 g/mol. Lignosulfonate enthalten zudem einen Schwefelanteil von 4 % bis 8 % und wenige phenolische Hydroxygruppen (–OH) gegenüber 1 % bis 1,5 % Schwefelanteil und vielen phenolischen Hydroxygruppen beim Kraft-Lignin und vielen phenolischen Hydroxidionen (OH-) ohne Schwefelanteil beim Organosolv-Lignin.[32]

Intensiv werden die Eigenschaften des durch oxidative Ammonolyse modifizierten Lignins als Humusersatzstoff untersucht.[33] Die stickstoffhaltigen Lignine ähneln in ihrer Struktur den Huminstoffen und eignen sich als Depotdünger. Die N-Lignine eignen sich auch für die Rekultivierung von Bergbaufolgelandschaften.[34]

Die direkte Verwendung von technischen Ligninen als Rohprodukte ist sehr eingeschränkt, da es eine Reihe von Nachteilen gibt, die dieser entgegenstehen. So ist Lignin aufgrund seiner sehr komplexen Struktur und der damit verbundenen Inhomogenität nur sehr begrenzt für Anwendungen einsetzbar, da in der Regel genauer definiertere Eigenschaften des Rohmaterials erforderlich sind. Hinzu kommt der hohe Grad an Verunreinigungen in den Ablaugen sowie der hohe Schwefelanteil in den Lignintypen, die komplexe Reinigungsschritte erforderlich machen. Die dadurch sehr aufwändige Gewinnung aus den Ablaugen führt dazu, dass ungereinigtes technisches Lignin bis jetzt im Wesentlichen nur für geringerwertige Anwendungen wie die energetische Nutzung oder als unspezifische Klebstoffkomponente und Dispergiermittel verwendet wird. Stoffliche Verwendungen, die darüber hinausgehen, liegen entweder in der direkten Verwendung von Ligninsulfonaten oder in der chemischen Modifikation durch die Anwendung von Pyrolyse, Hydrolyse oder Hydrogenolyse zur Herstellung verschiedener Chemikalien. Diese Wege sind ebenfalls aufwändig und kommen entsprechend nur vergleichsweise selten zum Einsatz.[32]

Lignin in der energetischen Nutzung

Das bei der Papierherstellung vor allem im Sulfatverfahren in großen Mengen als Reststoff anfallende Lignin wird als Schwarzlauge vor allem als Brennstoff direkt in den Zellstofffabriken genutzt. Es hat einen Heizwert von 23,4 MJ/kg und dient neben der Energiegewinnung für die Fabriken selbst mit einer Deckung von 80 % bis 100 % des Energiebedarfs[31] auch zur Gewinnoptimierung durch den Verkauf von Wärme und Elektrizität.

In der Herstellung von Holzpellets als Energieträger bildet das holzeigene Lignin das Bindemittel. Fein gemahlenes Holz wird beim Pressvorgang erhitzt, das Lignin verflüssigt sich und bindet die Holzpartikel beim Abkühlen zusammen. Frische Pellets riechen deshalb noch stark nach Lignin.

Einsatz von Ligninsulfonaten

Hauptartikel: Ligninsulfonat

Große Mengen an Ligninsulfonaten werden in einem breiten Spektrum von Anwendungen eingesetzt, in denen man vor allem ihre Eigenschaften als Polyelektrolyt, ihre Adsorptionswirkung, die geringe Viskosität und die dunkle Farbe nutzt. Sie sind physiologisch und für die Umwelt relativ unbedenklich, wodurch sie auch in sensiblen Bereichen Verwendung finden. Der Hauptanteil der Produktion von etwa 1.000.000 Tonnen pro Jahr (jato)[35] findet Verwendung als Dispergiermittel in Beton und Zement (ca. 100.000 jato), als Zusatz zu Bohrflüssigkeiten (ca. 100.000 jato) sowie als Bindemittel in Pellets für Tiernahrung, in Düngemitteln und anderen Agrochemikalien, Spanplatten, Briketts sowie in Drucktinte und Gießsandkernen. Außerdem werden Lignosulfonate als Papieradditiv, als Dispergier- und Emulgiermittel in Lacken und Farben sowie als Zuschlagstoff in Gips und Gerbstoffen eingesetzt.[32]

Neuere Entwicklungen in der Lignosulfonat-Chemie nutzen die polyelektrolytischen Eigenschaften des Lignins und zielen auf einen Einsatz in der Medizin, der Feinchemie und der Verbesserung der Bodenwasserspeicherung.

Lignin als Biowerkstoff

Formteil aus Arboform (für Präsentations- und Werbezwecke)

Lignin stellt als Naturstoff ein hochkomplexes Makromolekül (Polymer) dar, eine Nutzung dieser Struktur als Biowerkstoff bietet sich entsprechend an. Das Kraft-Lignin aus dem Sulfatprozess der Papierherstellung muss aber zunächst gereinigt werden, daher gibt es bis heute erst wenige Ansätze, auf Lignin basierende Polymere herzustellen.

Im Jahr 1998 wurde von der Firma Tecnaro ein natürlicher Biowerkstoff entwickelt, der den Namen Arboform erhielt und allgemein als „Flüssigholz“ bezeichnet wird. Er basiert auf Lignin, dem Naturfasern wie Flachs oder Hanf beigemischt werden, und kann mit etablierten Kunststoffverarbeitungsformen verarbeitet werden, insbesondere im Spritzguss, der Extrusion, in Pressverfahren sowie durch Tiefziehen und Blasformen.[36][37]

Sowohl das Lignin als auch verschiedene Ligninderivate können als Bausteine in Duroplasten oder in Kunststoffen als Füllstoffe eingesetzt werden. Sie wirken hierbei als Phenolharzkomponente. Durch die Reaktion mit Epichlorhydrin können Epoxidharze hergestellt werden, die bei einer Kondensierung mit Alkalilignin in Polyalkoholen resultieren. Mit Isocyanaten lassen sich diese zu Polyurethanen umsetzen. Bei der Reaktion des Lignins mit Formaldehyd entstehen Phenoplaste, und bei der Vernetzung mit Copolymeren wie Harnstoff, Melamin und Furanen über Formaldehyd entstehen verschiedene Harze (Harnstoff-Formaldehyd-Harze, Melaminharze, und Furanharze bzw. Syntactics). Insbesondere ligninbasierte Phenoplaste stellen eine potenzielle Alternative zu gesundheitlich bedenklichen Phenolen und Formaldehyd als Bindemittel in Spanplatten und anderen Holzwerkstoffen dar; durch ihre hochmolekulare Struktur sind sie weniger flüchtig und löslich, zudem werden sie als physiologisch unbedenklich eingestuft.[32]

Lignin in der chemischen Industrie und Bioraffinerie

Obwohl Lignin heute keine große Rolle zur Herstellung von Chemikalien spielt, wird dem Rohstoff für die Zukunft ein großes Potenzial prognostiziert. Insbesondere in den letzten Jahren konzentrierte sich die Forschung auf Nutzungspotenziale des Lignins der Zellstoffindustrie und der (noch hypothetischen) Bioraffinerie. Ziel der Forschung ist es, möglichst hochwertige Produkte aus dem Lignin zu gewinnen.[31][38]

Bereits jetzt wird Lignin zur Herstellung von Vanillin verwendet, das als naturidentischer Geschmacksstoff für Vanille eingesetzt wird. Es entsteht bei der Oxidation von Ligninsulfonaten, die wiederum durch die saure Hydrolyse aus Lignin gewonnen wird. Über eine Alkalischmelze lassen sich aus Lignin verschiedene Phenole, Carbonsäuren, Teer und Dimethylsulfid (DMS) herstellen. Die Herstellung von DMS ist zudem über eine alkalische Demethylierung möglich und kann weiteroxidiert werden zu Dimethylsulfoxid (DMSO), einem wichtigen Lösungsmittel. Durch Hydrogenolyse wiederum können ebenfalls Phenole, Teer, Benzol und Öle hergestellt werden.[31]

Eine wichtige Option zur zukünftigen Nutzung des Lignins stellt zudem die Pyrolyse dar, ein Verfahren zur thermischen Spaltung organischer Verbindungen bei hohen Temperaturen. So lassen sich durch Pyrolyse bei Temperaturen von 400 bis 500 °C Phenole, Methan, Kohlenmonoxid und Aktivkohle gewinnen. Bei Temperaturen von 700 bis 1.000 °C lässt sich Lignin zu Syngas, Ethen und Benzol spalten, und bei einer Lichtbogen-Pyrolyse entsteht Acetylen.[31]

Belege

Zitierte Belege

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Literatur

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