Liebfrauenkirche (Koblenz)

Liebfrauenkirche (Koblenz)
Die Liebfrauenkirche in Koblenz
Koblenzer Altstadt: Florinskirche (links), Liebfrauenkirche (rechts) und im Hintergrund die Basilika St. Kastor
Innenraum der Liebfrauenkirche
spätgotische Sterngewölbe
Chor mit Buntglasfenstern

Die Liebfrauenkirche ist eine von drei romanischen Kirchen, die das Erscheinungsbild der Koblenzer Altstadt prägen.

Die anderen beiden romanischen Kirchen sind die ehemalige Stiftskirche St. Kastor am Deutschen Eck und die ehemalige Stiftskirche St. Florin. Liebfrauen war immer die Stadtpfarrkirche von Koblenz. Ihre Anfänge reichen ins 5. Jahrhundert zurück. In den Mauern eines römischen Gebäudes richteten die damals nach Koblenz gekommenen Franken ein christliches Gotteshaus ein. Unter Verwendung der Fundamente erfuhr diese Kirche mehrere Um- und Ausbauten.

Seit 2002 ist die Liebfrauenkirche Teil des UNESCO-Welterbes Oberes Mittelrheintal, des Weiteren ist sie ein geschütztes Kulturgut nach der Haager Konvention.

Inhaltsverzeichnis

Umgebung der Kirche

Rings um die Liebfrauenkirche befand sich der Kirchhof von Liebfrauen. Er wurde 1777 aufgelassen, nachdem Kurfürst Clemens Wenzeslaus von Sachsen die Bestattungen in Städten und Kirchen verboten hatte.

Zum Kirchhof von Liebfrauen gehörten zwei Beinhäuser, die Andreas- und die 1321 erstmals erwähnte Michaelskapelle. Letztere ist noch erhalten. Sie ruht auf dem Stumpf eines römischen Stadtmauerturms. Das jetzt umgebaute Erdgeschoss diente als Beinhaus, das obere Geschoss birgt eine Kapelle. Deren Apsis wurde im frühen 14. Jahrhundert erbaut und weist noch spitzbogige Fenster und ein gotisches Rippengewölbe auf. 1660 wurde die Kapelle grundlegend renoviert. Seit 1752 befindet sich über dem Eingang eine Statue des Erzengels Michael, der den Teufel besiegt. Das Deckengemälde im Inneren vom Ende des 18. Jahrhunderts wurde nicht, wie lange Zeit angenommen, von Januarius Zick gemalt. Es zeigt Michael und den Sturz der verdammten Seelen.

Geschichte

Ein Vorgängerbau der Liebfrauenkirche aus dem 5. Jahrhundert ging auf eine spätantike Halle aus der Zeit des Kaisers Valentinian I. (364-375) zurück. Um 1180 begann zur Zeit des Pfarrers Saulinus der Bau der spätromanischen Liebfrauenkirche, der um das Jahr 1205 vollendet war.

In der Gotik erfuhr die Liebfrauenkirche größere Veränderungen. Von 1404 bis 1430 wurde an der Stelle der romanischen Apsis der weite und hohe spätgotische Chor angeschlossen. Im Laufe des 15. Jahrhunderts wurden die meisten romanischen Rundbogenfenster durch Maßwerkfenster ersetzt. 1486 bis 1487 erhielt das Schiff sein reiches Sterngewölbe.

Nachdem bei der Bombardierung von Koblenz durch die Truppen Ludwig XIV. von Frankreich im Pfälzischen Erbfolgekrieg im Jahr 1688 die gotischen Turmhelme abgebrannt waren, erhielt die Kirche 1694 ihre charakteristischen welschen Hauben.

1808 wurden Aufgabe und Abriss der renovierungsbedürftigen Kirche abgewandt, indem man das Dach erneuerte. Allerdings waren die Dächer von Schiff und Chor nun gleich hoch; der Dachreiter des Chors war verschwunden. In den Jahren 1851 bis 1852 restaurierte der Kölner Domwerkmeister Vincenz Statz die Kirche im Stil der Neoromanik.

Beim Brandbombenangriff auf Koblenz am 6. November 1944 brannten Turmhelme und Dächer der Kirche ab. Die Gewölbe und Mauern blieben allerdings intakt. Kurz nach Kriegsende erhielt die Liebfrauenkirche Notdächer, so dass sie trocken blieb. Im Kirchenschiff wurde für einige Jahre eine Notkirche eingerichtet, die von den Pfarrkindern liebevoll Klein St. Marien genannt wurde. Als 1955 die welschen Hauben und die Dächer, nun wieder mit der Erhöhung des Chordaches und dem Dachreiter, errichtet waren, hatte die Koblenzer Altstadt auch optisch wieder einen wichtigen Mittelpunkt zurückgewonnen.

Bei der Außenrenovierung in den 1970er Jahren erhielten Chor und Schiff wieder eine Farbfassung nach mittelalterlichem Vorbild. Bei den Türmen konnte man sich dazu nicht durchringen. Das Innere, in dem man in den 1950er Jahren den romanischen Teil romanisch und den gotischen gotisch gefasst hatte, erhielt im Jahre 2000 eine einheitliche Farbfassung nach Farbbefunden des 15. Jahrhunderts. Von 2005 bis November 2007 wurde der Chor restauriert, auf dessen Außenseite der gotische Zierrat und das Mauerwerk größere Schäden gezeigt hatten; Teile der Bauplastik mussten ausgetauscht werden. Von März bis September 2007 wurde die Orgel der Kirche überholt und umgebaut.

Das Innere ist geprägt von den neuen Chorfenstern von 1992, die Hans Gottfried von Stockhausen schuf. Die gut in den Raum eingepassten Fenster haben das Thema Frauen in der Heilsgeschichte.

Der Bau

Der Südturm der Liebfrauenkirche in Koblenz, am Chor entlang gesehen

Die um 1205 vollendete spätromanische Liebfrauenkirche ist eine dreischiffige Emporenbasilika ohne Querhaus. An diesen alten Kern ist der spätgotische Chor (1404 bis 1430 bzw. bis 1456) angesetzt.

Die Doppelturmfassade im Westen korrespondiert in ihrer repräsentativen Wirkung mit den Westfassaden der ehemaligen Koblenzer Stiftskirchen St. Kastor und St. Florin. Die Wandflächen sind mit Blendbögen und Lisenen sowie mit heute vermauerten Bogenöffnungen in den oberen Stockwerken des romanischen Teils aufgelockert. Ende des 15. Jahrhunderts wurde der bis dahin von einem kreisförmigen Fenster geprägte Mittelbau zwischen den Türmen erhöht, damit das große Maßwerkfenster eingebaut werden konnte. Das Barock brachte deutliche Veränderungen der Westfassade. Die 1688 zerstörten spitzen gotischen Turmhelme wurden 1694 durch ein zusätzliches Geschoss und die charakteristischen welschen Hauben des kurtrierischen Hofbaumeisters Johann Christoph Sebastiani ersetzt. 1702 setzte man die Statue der Muttergottes nach Verkürzung des Maßwerkfensters in die Fassade. Sie stellt Maria, die Patronin der Kirche und der Stadt Koblenz, als Himmelskönigin dar. Die Umschrift des 1765 eingebauten neuen Hauptportals empfiehlt die Stadt Koblenz der Fürsprache Mariens bei Gott.

Nikolaus Lauxen entwarf die 1776 an den gotischen Chor angeschlossene, im frühen 20. Jahrhundert um einen Anbau erweiterte Sakristei, die bis heute mitsamt den Sakristeischränken weitgehend ihre spätbarocke Gestalt besitzt.

Orgel

Langhaus nach West mit der Orgel

Die Orgel der Liebfrauenkirche wurde 2007 durch die Orgelbaufirma Friedrich Merten (Remagen) umfassend restauriert und umgebaut, wobei u.a. auch das Spektrum der Koppeln erweitert wurde, und das Istrument mit einer Midi-Schnittstelle ausgestattet wurde. Die Orgel hat heute 38 Register auf drei Manualen und Pedal, sowie 4 Transmissionen aus dem Hauptwerk in das Pedal. Die Trakturen und Koppeln sind - mit Ausnahme der Pedal-Normalkoppeln, elektrisch.[1]

I Rückwerk C–g3

1. Bourdon 8'
2. Praestant 4'
3. Blockflöte 4'
4. Flachflöte 2'
5. Quinte 11/3'
6. Sesquialter II 22/3'
7. Zimbel III
8. Krummhorn 8'
Tremulant
II Hauptwerk C–g3
9. Prinzipal 8'
10. Harmonieflöte 8'
11. Gedackt 8'
12. Octave 4'
13. Rohrflöte 4'
14. Quinte 22/3'
15. Superoctave 2'
16. Terz 13/5'
17. Mixtur IV
18. Bombarde 16'
19. Trompete 8'
III Schwellwerk C–g3
20. Flöte 8'
21. Gemshorn 8'
22. Schwebung 8'
23. Prinzipal 4'
24. Flöte 4'
25. Nasard 22/3'
26. Octave 2'
27. Terz 13/5'
28. Sifflöte 1'
29. Scharf IV
30. Hautbois 8'
31. Trompete 8'
32. Trompette harm. 4'
Tremulant
Pedal C–f1
33. Prinzipalbass 16'
34. Subbaß 16'
35. Quinte 102/3'
36. Octavbaß 8'
37. Gedacktbaß (Nr. 11) 8'
38. Choralbaß (Nr. 12) 4'
39. Hintersatz IV
40. Posaune 16'
41. Bombarde (Nr. 18) 16'
42. Trompete (Nr. 19) 8'
  • Koppeln:
    • Normalkoppeln: I/II, III/I, III/II, P/II, I/P, II/P, III/P.
    • Superoktavkoppeln: I/II, II/II, III/II, III/III, P/P
    • Suboktavkoppeln: I/II, II/II, III/II, III/III
  • Spielhilfen: elektronische Setzeranlage mit über 50.000 Kombinationen,

Die Glocken

Im Nordturm der Kirche hängen in einem stählernen Glockenstuhl vier Glocken übereinander, unten die größte, oben die kleinste. Größte Glocke ist die Marienglocke, die Edmund Fabri 1701 goss. Darüber hängen die Dreifaltigkeitsglocke und die Barbaraglocke, beide 1962 von Mabilon in Saarburg gegossen. Oberste Glocke ist die Annenglocke, 1705 von von Fabri gegossen. In Erinnerung an die Schließung der Stadttore und den Zapfenstreich hat sich das Läuten der Lumpenglocke erhalten. Jeden Tag wird die Barbaraglocke um 22 Uhr als Lumpenglocke geläutet. Danach schweigen Geläut und Stundenschlag bis zum frühen Morgen.

Die Dreifaltigkeitsglocke wird zu den Werktagsgottesdiensten und an Festen zusammen mit der Barbaraglocke geläutet. Sonntags und an Feiertagen läuten Dreifaltigkeits-, Barbara- und Annenglocke, an Hochfesten mit der Marienglocke. Die Barbaraglocke läutet auch zum Angelus um 12 Uhr. Die schwere Marienglocke mit ihrem getragenen tiefen Ton wird alleine nur zu Sterbeämtern und Beerdigungen geläutet. Laut ihrer Inschrift war die Marienglocke dazu bestimmt, die Tore zu schließen – sie war also früher die Lumpenglocke –, Tote zu beklagen, das Volk zu rufen, zu Festen zu erschallen und das Salve zu läuten.

Literatur

  • Hermann Manderscheid: Die Chorfenster in der Koblenzer Liebfrauenkirche. Herausgeber: Katholische Kirchengemeinde Unserer Lieben Frauen Koblenz, Koblenz o. J. [1992].
  • Michael Christian Müller: Die Koblenzer Liebfrauenkirche als Spiegel kultureller Identität. Mittelalterlicher Kirchenbau zwischen Geschichtsbewußtsein und Gestaltungsanspruch. Wernersche Verlagsgesellschaft, Worms 2001, ISBN 3-88462-958-1 (=Manuskripte zur Kunstwissenschaft, Bd. 59)
  • Manfred Böckling unter Mitarbeit von Hermann Manderscheid: Die Liebfrauenkirche in Koblenz. Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, Köln 2004, ISBN 3-88094-924-7 (=Rheinische Kunststätten, Heft 327)
  • Pfarrbrief 199 der Gemeinde Liebfrauen Koblenz. September 2007: Die erneuerte Orgel. Hrsg. von der Kath. Pfarrgemeinde U. L. Frauen, Koblenz 2007.

Weblinks

 Commons: Liebfrauenkirche (Koblenz) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Informationen und Bilder der Liebfrauenorgel auf der [http(:)//www(.)liebfrauen-koblenz(.)de/ Website der Gemeinde.]
50.3607757.5959944444444

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