Libration

Libration
Libration: Die animierte Simulation zeigt den Anblick des Mondes über den Zeitraum von 27 Tagen, was einem täglichen Foto des Erdtrabanten in allen Mondphasen von Neu- über Vollmond bis Neumond entspricht. Daneben ist auch seine Winkel- und Größenschwankung zwischen Erdnähe und -ferne zu sehen.

In der Astronomie bezeichnet Libration eine echte oder scheinbare Taumelbewegung eines Mondes gesehen von seinem Zentralkörper.

Fast alle Monde des Sonnensystems befinden sich in einer gebundenen Rotation um ihren Zentralplaneten, das heißt, sie drehen sich während eines Umlaufs um den Planeten auch einmal um die eigene Achse. Deshalb wenden diese Monde ihrem Planeten im Prinzip immer dieselbe Seite zu. Da die Monde allerdings nicht auf exakten Kreisbahnen mit konstanter Winkelgeschwindigkeit ihre Planeten umkreisen, während die Eigenrotation eine konstante Winkelgeschwindigkeit aufweist, und da sich ein Beobachter auf dem Planeten nicht exakt auf der Verbindungslinie der Massenzentren befinden muss, sieht der Beobachter im Laufe eines „Monats“ nicht immer exakt dieselbe Seite des Mondes. Durch die verschiedenen Effekte, die zu dieser Taumelbewegung führen, sind von der Erdoberfläche aus im Laufe der Zeit insgesamt 59 Prozent der Mondoberfläche zu sehen.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Man unterscheidet dabei verschiedene Arten der Libration, die exemplarisch am Beispiel des Erdmondes vorgestellt werden:

  • Optische Libration
    • Die Libration in Länge zeigt sich als seitliche Drehung von maximal 7,9 Grad und entsteht vor allem durch die leicht elliptische Umlaufbahn des Mondes. Wäre die Mondbahn kreisförmig, so wäre seine Winkelgeschwindigkeit ("Grad pro Sekunde") immer gleich. Wegen der elliptischen Bahn ändert sich die Entfernung zwischen Erde und Mond (Perizentrumsdistanz) während eines Umlaufs und damit auch die Winkelgeschwindigkeit. Sie ist umso größer, je kleiner die Entfernung - also am größten in Erdnähe. Die Rotationsgeschwindigkeit des Mondes um seine eigene Achse bleibt jedoch konstant. Deswegen rotiert der Mond in Erdnähe scheinbar zu langsam und, wenn er weiter entfernt ist, schneller als seine Bahnbewegung. Weitere kleine Librationseffekte entstehen durch die Veränderung der Mondumlaufbahn wegen der Anziehungskräfte von Sonne und Planeten.
    • Für die Libration in Breite ist der Winkel der Rotationsachse des Mondes gegenüber dem Lot zur Mondbahnebene (nicht gegenüber dem Lot der Erdbahnebene!) verantwortlich. Er beträgt 6,7 Grad und bewirkt ein scheinbares vertikales Kippen des Mondes, so dass man abwechselnd über seinen Nord- und Südpol hinweg sehen kann.
    • Die parallaktische oder tägliche Libration entsteht durch die Erdrotation und macht etwa 1 Grad aus. Von Mondaufgang bis Monduntergang dreht sich die Erde um 180 Grad. Dabei bewegt sich jeder Punkt der Erdoberfläche, je nach geografischer Breite, um bis zu 12.756 km (ein Erddurchmesser). Ein Beobachter sieht den Mond bei Mondaufgang also von einer etwas anderen Position aus und damit unter einem anderen Betrachtungswinkel als 12 Stunden später, wenn der Mond untergeht.
  • Bei der physischen Libration bewirkt die Gravitation der Erde durch Gezeitenkräfte eine tatsächliche leichte Bewegung des Mondes. Sie beträgt aber nur maximal 0,04 Grad.

Berechnung

Die optische Libration lässt sich in guter Näherung aus den himmelmechanischen Eigenschaften des Erde-Sonne-Mond-Systems berechnen. Vernachlässigt man als erste Näherung den Einfluss der Sonne, so erhält man aus der Lösung des Zweikörperproblems Erde-Mond folgende Werte:

  • Für die Libration in Länge ist die „Große Ungleichheit“ relevant. Dies ist die Differenz zwischen wahrer Anomalie T, d.h. dem Winkel zwischen Perigäum und Mond von der Erde gesehen, und mittlerer Anomalie M, d.h. dem Winkel zwischen Perigäum und „mittlerem“ Mond. Der mittlere Mond bewegt sich dabei mit der konstanten Winkelgeschwindigkeit \omega_m=\frac{2 \pi}{P_a}, wobei Pa für den anomalistischen Monat steht. Die Große Ungleichheit genügt dann näherungsweise für kleine Exzentrizitäten der Formel G=T-M=2 \epsilon \sin (\omega_m t) in Bogenmaß, wobei \epsilon die numerische Exzentrizität der Mondbahn ist. In Grad ergibt sich numerisch
G=6{,}29^\circ \sin (\omega_m t).
  • Für die Libration in Breite ist die Achsneigung des Mondes gegenüber seiner Bahn verantwortlich und daher ist B = − ηsin(γ), wobei η die Achsneigung ist und γ den Winkel zwischen Mond und dem aufsteigenden Knoten der Mondbahn bezeichnet. Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass die Achsneigung des Mondes und die Bahnneigung die Knoten miteinander teilen, sodass immer \eta =5{,}145^\circ +1{,}543^\circ =6{,}688^\circ , d.h. Bahnneigung (5,145°) und Neigung der Mondachse gegen die Ekliptik (1,543°) addieren sich zur Achsneigung (siehe Cassinische Gesetze). Daher ist
B=-6{,}688^\circ \sin (\gamma).
Die Periode dieser Libration ist der drakonitische Monat.

Die großen Störungen des Erde-Mond-Systems vornehmlich durch die Sonne bewirken zusätzliche Abweichungen, deren wichtigste die folgenden sind:

  • Die Libration in Länge wird durch die bereits Ptolemäus bekannte Evektion um maximal 1,27° gestört. Ursache ist die unterschiedliche Stellung der Apsidenlinie zur Sonne. Die Periode dieser Störung ist 31,8 Tage. Etwas kleiner ist die Variation mit maximal 0,66°. Die Periode dieser Störung ist ein halber synodische Monat, und die Variation verschwindet zu den Hauptphasen des Mondes. Als Formel ergibt sich
L=6{,}29^\circ \sin (\omega_m t)+1{,}27^\circ \sin(( 2 \omega_s-\omega_m)t)+0{,}66^\circ \sin(2 \omega_s),
wobei \omega_s=\frac{2 \pi}{P_s} mit Ps als synodischem Monat.
Maximale Libration in Länge von etwa 7,72° kann nur vorkommen, wenn die Apsidenlinie in einem bestimmten Winkel zur Achse Erde-Sonne steht.
  • Die Libration in Länge unterliegt Schwankungen, da sich die Bahnneigung des Mondes mit einer Periode von 173 Tagen zwischen 4,6° und 5,3° ändert. Die Periode von 173 Tagen ist dabei die Zeit, in der sich die Knotenlinie in Bezug auf die Sonne um 180° dreht (ein halbes Finsternisjahr).

Literatur

Weblinks


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  • Libration — Li*bra tion (l[ i]*br[=a] sh[u^]n), n. [L. libratio: cf. F. libration.] 1. The act or state of librating. Jer. Taylor. [1913 Webster] 2. (Astron.) A real or apparent libratory motion, like that of a balance before coming to rest. [1913 Webster]… …   The Collaborative International Dictionary of English

  • Libration — (vom lat.), das Schwanken, namentlich das Schwanken des Mondes, s.d …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Libration — (lat.), das scheinbare Schwanken des Mondes, wird erzeugt durch dessen ungleichförmige Bewegung in seiner elliptischen Bahn und durch deren Neigung zur Erdbahn; sie bewirkt, daß man statt der Hälfte nahezu 4/7 der Mondoberfläche beobachten kann …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Libration — Libration, s. Mond …   Herders Conversations-Lexikon

  • libration — [lī brā′shən] n. [L libratio] 1. the act of librating 2. Astron. a slight rocking motion of the moon which allows 59% of the moon s surface to be visible from the earth libratory [lī′brə tôr΄ē] adj …   English World dictionary

  • Libration — This article is about astronomical observations. For molecular motion, see Libration (molecule). Not to be confused with Liberation, Libation, or Vibration. Simulated views of the Moon over one month, demo …   Wikipedia

  • Libration — Cette animation montre un ensemble de vues simulées de la Lune sur une période d un mois, comme si une photographie avait été prise chaque jour à la même heure. Elle permet de mettre en évidence le phénomène de libration lunaire. En astronomie,… …   Wikipédia en Français

  • Libration — Li|bra|ti|on auch: Lib|ra|ti|on 〈f. 20〉 Schwankung des Mondkörpers um die mittlere Lage [<lat. libratio „das Abwägen, Schwingen“; zu librare „wägen, schwingen“] * * * Li|b|ra|ti|on, die; , en [lat. libratio = das Wägen, zu: librare = wägen]… …   Universal-Lexikon

  • libration — librational, adj. /luy bray sheuhn/, n. Astron. a real or apparent oscillatory motion, esp. of the moon. [1595 1605; < L libration (s. of libratio) a balancing. See LIBRATE, ION] * * * ▪ astronomy       in astronomy, an oscillation, apparent or… …   Universalium

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