Liber Sextus

Liber Sextus

Der Liber Sextus von 1298 war der dritte Teil des Corpus Iuris Canonici, einer mittelalterliche Sammlung römisch-katholischen Kirchenrechts. Die Rechtssammlung ist mit Erlass des inzwischen selbst nicht mehr gültigen Codex Iuris Canonici von 1917 außer Kraft getreten.

Inhaltsverzeichnis

Entstehungsgeschichte

Die Universität Bologna ersuchte den Papst, eine neue authentische Dekretalensammlung zu erlassen. Man war sich nicht mehr sicher über die Gültigkeit von kanonischen Bestimmungen.

Die Kommission wurde beauftragt die seit der Promulgation des Liber Extra (1234) erflossenen Normen zu sichten, Unklarheiten und Zwiespältigkeiten aus verschiedenen Dekretalen zu entfernen sowie den Stoff durch Entfernung überflüssiger Stellen, Lösung von Widersprüchen, Kürzungen und Veränderungen zu reinigen und für den Gebrauch zu verbessern. Die für überflüssig gehaltenen oder widersprüchliche Dekretalen schieden aus und die aufgenommenen wurden entsprechend ihren Zielen umgeformt. Die rechtlichen Bestimmungen wurden ins Allgemeine und Abstrakt erhoben. Es handelt sich also zum Teil um eine neue Redaktion.

Der Liber Sextus wurde auf Veranlassung des Papstes Bonifatius VIII. (1294–1303) von einer Dreierkommission verfasst, durch Wilhelm de Mandagoto (Tod 1321), Erzbischof Berengar Fredoli (1250–1323) und Richard Petronius von Siena (Tod 1314). Ihre Arbeit vollzog sich in den Jahren 1296 bis 1298. Der Liber Sextus wurde mit der Bulle Sacrosanctae am 3. März 1298 durch die Versendung an die Universität Bologna von Bonifatius VIII. promulgiert (alle Teile gleichzeitig).

Den Namen erhielt der Liber Sextus von Bonifatius VIII., der die neue Sammlung als das 6. Buch in der Fortsetzung der Gregorianischen Sammlung (5 Bücher) auffasste (sie sollte nur einen vollendenden Anhang zum Liber Extra bilden). Die Zahl „6“ ist zudem symbolisch der Begriff der Vollkommenheit (perfectio) und das wollte Bonifatius VIII. mit dem Titel zudem symbolisieren.

Inhalt

Die von Penaforte stammenden Einteilungsgrundsätze wurden beibehalten. Die Sammlung enthält 108 Dekretalen der Pontifikate von Gregor IX. bis Nikolaus III. (1227–1280) und die Kanons des 1. Konzil von Lyon (1254) und 2. Konzil von Lyon (1274) sowie 251 Kapitel aus dem Gesetzgebungswerk von Bonifatius VIII. (Zwei Drittel der Dekretalen stammen von ihm).

Angeschlossen ist eine Kollektion von 88 Rechtsregeln (Regulae Iuris) von Bonifatius VIII. an Anlehnung an das römische Zivilrecht zusammenstellte.

Er besteht aus 5 Büchern der Liber Sextus ist besser gearbeitet als die Gregorianische Dekretensammlung.

Rechtsverbindlichkeit

Es ist ein offizielles Gesetzbuch, dessen Normen in gleicher Weise wie die des Liber Extra in der Form des darin enthaltenen Textes allgemeine Rechtskraft erhielten, unbeschadet ihrer früheren Form und Verbindlichkeit. Es ist eine authentische Sammlung, was bedeutet, dass durch die Aufnahme eines Textes, es ein päpstliches Gesetz geworden ist. Somit ist sie eine offizielle, authentische, einheitliche, universale und ausschließliche Sammlung mit allen Konsequenzen hieraus. Durch den Liber Sextus wurden alle Sammlungen, die seit dem Liber Extra erschienen waren, obsolet. Die Normen des Liber Extra verloren ihre Gültigkeit nur dann, wenn sie im Gegensatz zu Rechtssätzen des Liber Sextus standen. Das gleiche galt für das Decretum Gratiani.

Die Dekretalen der Vorgänger des Papstes Bonifatius VIII.: wurden aufgehoben, sofern sie nicht im Liber Sextus enthalten waren oder darin ausdrücklich als fernerhin verbindlich reserviert wurden.

Der Liber Sextus war jedoch nicht exklusiv hinsichtlich der Dekretalen Bonifatius VIII. selbst. Diese blieben rechtsverbindlich, auch wenn sie nicht im Liber Sextus angeführt waren. Die 88 regulae iuris sind nach der überwiegenden Meinung der Kanonisten ebenfalls mit Rechtskraft ausgestattet.

Zitierweise

Die Zitierungsweise schließt sich dem Liber Extra an. Durch Einschalten von „in Sexto“ (in Sext.) oder „in VI (hoch o) beziehungsweise „VI“ wird die Quelle kenntlich gemacht. c. 1. VI, U, 7 (capitula 1 in libro Sexto, liber I titulus 7)

Quellen

  • Geschichte des Kirchenrechts (neueste Auflage): Willibald Plöchl
  • Theologisches Realenzyklopädie: Kirchenrechtsquellen I: Georg May
  • Kirchenrecht, 5. Auflage, 1983: Adalbert Erler
  • Lehrbuch des Kirchenrechts, I. Band, 6. Aufl., 1951: Eichmann/ Mörsdorf
  • Grundzüge des Katholischen Kirchenrechts, 1. Teil, 1924: Johann B. Haring
  • Lehrbuch des katholischen Kirchenrechts, I. Band, 1914: Johannes Sägmüller
  • Grundriss des Katholischen Kirchenrechts, 1950: Godehard Ebers
  • Kirchliche Rechtsgeschichte, 4. Auflage, 1964: Hans Erich Feine

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