Leserreporter

Leserreporter

Leserreporter sind Amateure, die den Print- oder Onlinemedien Texte und Bilder zur Veröffentlichung anbieten oder Hinweise zu Themen oder Ereignissen geben. Sie sind also keine Journalisten mit einschlägiger medienspezifischer Qualifikation.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Vor dem Entstehen des modernen Journalismus mit einem definierten System von Redaktionen und Journalisten waren in Publikationen Beiträge nicht in Amateur- und Journalistenbeiträge unterscheidbar. Ab dem 19. Jahrhundert entwickelte sich der Journalist als Beruf, der vornehmlich von Akademikern ausgeübt wurde. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde der steigende Informationsbedarf aber zunehmend durch die Anwerbung unausgebildeter Zuträger als Nachrichtenlieferanten gedeckt.[1]

Heute ist der Einsatz von Leserreportern als Informationszuträger seit langem Bestandteil der modernen Medienlandschaft und gehört auch zum Konzept des Bürgerjournalismus. Die Leserreporter dienen dabei häufig als Themen-Scouts und schneller Weg zu aktueller Information.[2] Zudem erhöht ihr Einsatz die Bindung des Lesers an das Zeitungsformat.[3] Allerdings beschreibt Jens-Christian Wagner in einer zeitgeschichtlichen Betrachtung die Nutzung von Leserreportern durch den Stürmer auch als Beispiel öffentlichen Denunziantentums.[4] Westberliner Zeitungen boten in den 1960er Jahren ein Honorar von 20 DM für Meldungen an die Redaktionen.[5]

Neue Entwicklungen

Während Leserreporter früher hauptsächlich Informationen und überarbeitbare Textbeiträge lieferten, geht der heutige Trend zum Einsatz des Leser als Fotojournalist, dessen Aufnahmen übernommen werden.

Seit Mitte 2006 rufen der Stern und die BILD gezielt und großformatig zum Einsenden von Fotos auf und honorieren veröffentlichte Fotos. BILD bietet zurzeit 50 bis 250 Euro pro Bild eines Leserreporters. „Der Leserreporter ist eine unglaubliche Erweiterung der Recherche- und Berichterstattungsmöglichkeiten und erhöht gleichzeitig ungeheuer die Leser-Blatt-Bindung“, erklärte Nicolaus Fest, Mitglied der Bild-Chefredaktion.[3] Der Stern bietet für Bildeinsendungen eine an den Tarifen der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing orientierte Vergütung, die etwa bei 140 Euro liegt. Andere Medien wie BBC oder die Saarbrücker Zeitung lehnen eine Bezahlung für sogenannten User Generated Content ab. Die Beiträge von Leserreporter werden im Boulevardbereich vielfach redaktionell überarbeitet und umgeschrieben.[6]

Außer Internet und Zeitungen verwenden auch Fernsehsender von Amateuren eingesendetes Bild- und Videomaterial, sofern keine professionellen Aufnahmen vorliegen, in großem Umfang zuerst die CNN nach dem Tsunami 2004. Die Einsender waren Touristen. Sie wurden nicht als Reporter bezeichnet. In einer Weiterführung des Konzepts setzt Andre Zalbertus Hobby-Reporter als Live-Berichterstatter im Lokalfernsehen center.tv[7] ein[8]. Ende 2009 erweiterte er das Konzept nochmals um eine Community der Hobbyreporter mit einem eigenen kostenpflichtigen Presseausweis. [9]

Einen anderen Weg geht das Portal myheimat.de[10]: Regionalzeitungsverlage können die Nachrichten, die auf der Seite von unentgeltlichen Hobbyautoren verfasst wurden, gegen eine Lizenzgebühr zur Generierung mikroregionaler Inhalte einsetzen, indem sie myheimat-Beiträge mit Autorenkennzeichnung in ihren Tageszeitungen, Stadtmagazinen oder Anzeigenblättern abdrucken. Zurzeit werden Beiträge von myheimat in 23 Tageszeitungen und Anzeigenblättern abgedruckt sowie in 31 eigenständigen Stadtmagazinen mit einer aktuellen Gesamtauflage von über 1,3 Millionen Exemplaren (Stand: April 2010).

Die seit 2008 erscheinende Gießener Zeitung bezeichnet sich als „Deutschlands erste Mitmachzeitung“.

Kritik

Fachleute sehen insbesondere die Verwendung von Bildmaterial, das durch Leserreporter beigesteuert wird, vielfach kritisch. Der Deutsche-Journalisten-Verband erklärte, die Arbeit von gut ausgebildeten und professionell arbeitenden Bildjournalisten werde durch die Verwendung des Materials von "Hobbyfotografen" entwertet.[11] Peter Stefan Herbst, Chefredakteur der Saarbrücker Zeitung sagte 2006: „Wir haben auf vernünftige verantwortungsvolle Weise den Leserreporter eingeführt, und durch 'Bild' ist der vorher positiv besetzte Begriff ins Negative verkehrt worden“.[3]

Der Medienjurist Johannes Eisenberg fürchtet Angriffe auf Persönlichkeitsrechte und Privatsphäre durch eine „flächendeckende allgegenwärtige Promi-Jagd“.[12] Die Bonner Initiative Qualität im Journalismus schrieb im Oktober 2006: „Bürgerreporter sammeln Informationen über Personen, ohne hinreichende Kenntnisse über Persönlichkeitsrechte, Datenschutz, die Bedingungen verdeckter Recherche sowie über ethische Standards journalistischer Arbeit zu haben. Bürgerreporter (...) sind selbst unkalkulierbaren Haftungs- und Strafrisiken ausgesetzt.“ [13]

Beim Transrapid-Unglück stammte das von der Bild veröffentlichte Foto von einem der Feuerwehrmänner, während eine Bild-Leserin mit einem Hobby-Piloten trotz eines dort vorübergehend verhängten Flugverbotes über der Unglücksstelle kreiste und die Rettungshubschrauber behinderte.

Der Präsident des Deutschen Feuerwehrverbandes befürchtet noch mehr Probleme mit Schaulustigen und empfahl Feuerwehrleuten, am Einsatzort keine privaten Foto- oder Filmaufnahmen zu machen.

Weblinks

Belege

  1. Michael Kunczik, Astrid Zipfel: Publizistik: ein Studienhandbuch. UTB, 2005, S. 140f
  2. Monika Estermann et al: Parallelwelten des Buches. Harrassowitz Verlag, 208, S. 167
  3. a b c Bericht in Medium. Magazin für Journalisten, Ausgabe 10/2006
  4. Jens-Christian Wagner: Hetze zum Mitmachen In: freitag.de vom 27. März 2011. Abgerufen am 12. April 2011.
  5. Rudolf Augstein. Der Spiegel, Volume 22, 1968, S. 21
  6. Karla Fohrbeck, Andreas Johannes Wiesand: Der Autorenreport. Rowohlt, 1972, S. 108
  7. center.tv Köln: Veedelsreporter
  8. DWDL: Center.TV lässt Hobby-Reporter live berichten
  9. DWDL: Bürgerreporter: Zalbertus gibt eigenen Presseausweis heraus
  10. Vgl. www.myheimat.de
  11. Hobbybilder sind keine Pressefotos. Pressemitteilung des Deutschen Journalistenverbandes, 5. Dezember 2006
  12. Aufsatz von Johannes Eisenberg [1]
  13. initiative-qualitaet.de [2]

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