Leitschiff

Leitschiff

Das Typschiff – auch bekannt als Klassenschiff oder Leitschiff – (englisch: Lead ship, Leading ship, Class leader) ist generell das erste einer Serie bzw. Klasse von Schiffen, welche allesamt nach den gleichen Entwurfskriterien gebaut worden sind bzw. gebaut werden. In seltenen Fällen besteht die Klasse nur aus einem einzigen Schiff, dann ist das sogenannte Einzelschiff – im Normalfall und wenn nicht anders ausgewiesen – ebenfalls das Typschiff seiner Klasse.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Allgemeines zum Typschiff

Ein Typ- oder Klassenschiff ist stets das erstgebaute Schiff einer Serie aus einem oder mehreren weiteren Schiffen, die diesem technisch – und meistens auch optisch – entsprechen, mit ihm also baugleich sind. Allerdings sind vor allem große Schiffe im inneren Bereich sehr komplex aufgebaut und benötigen daher mehrere Jahre bis zu ihrer Fertigstellung, sodass es selten vorkommt, dass zwei Exemplare der Klasse technisch völlig identisch ausfallen. Das zweite und die weiteren müssen oft in Bau gegeben werden, bevor das erste überhaupt erst vom Stapel gelaufen ist und damit zum ersten Mal zu Wasser gelassen wurde. Da es in jedem Fall billiger ist, Kopien statt einzelner Prototypen zu bauen, hat der Bau des Typschiffs daher technisch gesehen gewissermaßen eine Art Leitfunktion für den Bau der nachfolgenden Einheiten, wobei es durchaus gängige Praxis ist, Verbesserungen in die Serie mit einfließen zu lassen. In vielen Fällen weisen die später gebauten Schwesterschiffe zahlreiche Verbesserungen auf, sodass diese im Falle von Kriegsschiffen neben diversen verbesserten Eigenschaften eine wesentlich größere Kampfkraft besitzen können.

Letzterer Fall trifft exemplarisch im besonderem Maße auf die italienischen Schlachtschiffe der Littorio-Klasse aus dem Zweiten Weltkrieg zu, dessen letztes gebautes Schiff RN Roma (aus der 2. Serie, die vier Jahre später in Bau gegeben wurde) bewusst in Richtung gesteigerter Standkraft als auch Schlagkraft verbessert bzw. weiterentwickelt war.

Ein weiteres Beispiel, bei dem sich die laufende Weiterentwicklung der Schiffe einer Klasse auch optisch sehr gut nachvollziehen lässt, sind die drei deutschen Panzerschiffe aus den 1930er Jahre der Deutschland-Klasse mit den Namen Deutschland (später in Lützow umbenannt), Admiral Scheer und Admiral Graf Spee. Die Admiral Scheer unterschied sich von den Aufbauten her deutlich von ihrem Typschiff und die Admiral Graf Spee besaß zahlreiche interne Verbesserungen u. a. bei der Panzerung sowie den Feuerleitanlagen und war mit ihrer Admiralsbrücke auch zur Verwendung als Flaggschiff eingerichtet.

Klassenname nach dem ersten Schiff

Seit dem 20. Jahrhundert ist es praktisch in allen Staaten, die Schifffahrt betreiben, üblich, dass das Typschiff der gesamten Klasse den Namen gibt, und das sowohl bei militärischen als auch – wie in vielen Fällen – bei zivilen Schiffen. In der Geschichte gab es von dieser normalerweise internationalen Praxis jedoch auch zahlreiche Ausnahmen und Sonderfälle.

Es gab unterschiedliche Regelungen, die bestimmten, welches Schiff als das erste seiner Klasse galt. Im Ausland und in der Zivilschifffahrt war es allgemein üblich, daß die Reihenfolge der Auftragsvergabe bzw. des Baubeginns dies festlegte. Die deutschen Marinen folgten jedoch bis 1945 der Tradition, dass jenes Schiff zum Namensgeber seiner Klasse wurde, welches zuerst vom Stapel lief.

Namen als auch Zahlen

Manchmal werden zusätzlich zu Namen auch Rumpf-Nummern als Klassenbezeichnung verwendet. Dies erfolgte z.B. in der United States Navy bei U-Booten wie der Los-Angeles-Klasse, die nach dem ersten Boot USS Los Angeles (SSN-688) benannt wurde, jedoch inoffiziell bzw. intern auch als 688-class (Klasse 688) bezeichnet wird.

Zahlen als Klassenbezeichnung

Im Ersten und Zweiten Weltkrieg wurden die Klassen bzw. Typen deutscher U-Boote praktisch immer mit römischen Zahlen bezeichnet, so z.B. unter vielen anderen die Klassen VII, XXI und XXIII, die in der deutschen Kriegsmarine aber stets als Typ VII, Typ XXI, Typ XXIII usw. bezeichnet wurden, obwohl es sich tatsächlich um Klassen handelte. Die Klassen deutscher Kriegsschiffe erhielten ansonsten stets den Namen des ersten vom Stapel gelaufenen Schiffes. Aus der Zivilschifffahrt kann man als Beispiel den in 211 Einheiten gebauten SD 14 Frachter nennen, bei dem sich die Buchstaben/Zahlen-Kombination aus "Shelterdecker 14000 tons", also Zwischendecker mit 14000 Tonnen Tragfähigkeit herleitet.

Die Bundesmarine führte bei ihrer Gründung ein System von Nummern als Klassenbezeichnungen ein, das bis in die Gegenwart beibehalten wurde und sogar Schiffe und Boote erfasste, die aus ausländischen Beständen erworben wurden. So wurden die sechs von den USA ausgeliehenen Zerstörer der Fletcher-Klasse bei der Bundesmarine offiziell als Klasse 119 geführt. In jüngerer Zeit setzte es sich durch, auch den traditionellen Klassennamen nach dem ersten Schiff oder Boot wieder aufleben zu lassen. So ist die Klasse 143 A auch als Gepard-Klasse bekannt.

Jahreszahlen

In der deutschen Marine wurden bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs Zerstörer und Minensuchboote nach dem Jahr benannt, in dem das erste Boot der Serie in Dienst kam. So gab es die Klassen Zerstörer 1934 und Zerstörer 1936, während die Minensucher-Klassen M 35, M 40 und M 43 genannt wurden, wobei es wiederum drei Boote gab, die diese Bezeichnungen als Bootsnummer führten.

Thematische Namen

In manchen anderen Marinen kann die Klasse entweder nach dem ersten Schiff oder auch nach einem thematischen Namen bezeichnet sein. Bei der britischen Royal Navy wurden z.B. die Schlachtschiffe der King-George-V-Klasse wie gewohnt nach dem erstgebauten Schiff HMS King George V bezeichnet, während in jüngerer Zeit die sieben Fregatten der Tribal-Klasse alle die Namen diverser Volksstämme tragen. Ebenfalls einen thematischen Klassennamen hatte auch der Pioneer Standard-Frachtschiffstyp, welcher von der Werft Blohm & Voss als Ersatz für die damals alternde Flotte der Liberty-Frachter und Victory-Schiffe entwickelt wurde. Die Bezeichnung "Pioneer" dieses 19 mal gebauten Typs steht dabei für die damals völlig neuartige Konstruktionsweise.

Suggestivnamen

Eine andere Kuriosität stellten die italienischen U-Boote der Klasse 600-Serie Adua im Zweiten Weltkrieg dar. Diese waren neben der eigentlichen Klassen-Nummer wie der Name suggeriert allesamt nach afrikanischen Städten hauptsächlich aus im damaligen kolonialen Italienisch-Ostafrika benannt (Adua selbst war eine Stadt in Äthiopien). In Konsequenz dazu hießen die Boote dieser Klasse daher teils halboffiziell auch Africani (= Die Afrikaner). Neben den 5 Serien der Klasse 600 hatten die anderen Klassen italienischer U-Boote wie sonst üblich einen dem erstgebauten Schiff entlehnten Klassennamen.

Klassennamen und Einzelschiffe

Allerdings gab es auch in der Geschichte einige Fälle, in denen eine Schiffsklasse nur aus einem einzigen Schiff bestand und dieses Einzelschiff daher Typ- und Serienschiff zugleich war. Beispiele hierfür sind der niederländische Leichte Kreuzer Hr. Ms. De Ruyter der Ruyter-Klasse von 1936, das letzte fertiggestellte britische Schlachtschiff HMS Vanguard der Vanguard-Klasse von 1946 oder der erste Atomkreuzer USS Long Beach (CGN-9) von 1961, welcher die einzige Einheit der Long-Beach-Klasse ist.

Ein weiteres berühmtes Einzelschiff war der britische Schlachtkreuzer HMS Hood von 1920, der am Ende als einziges Schiff der Admiral-Klasse gebaut wurde, während seine drei Schwesterschiffe HMS Rodney, HMS Anson und HMS Howe unvollendet blieben. Damit zählte die Hood zu den ganz wenigen Ausnahmen, bei denen das Einzelschiff nicht einer nach dem eigenen Namen benannten Klasse angehörte.

Siehe auch


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