Leistungs-MOSFET

Leistungs-MOSFET
Zwei Leistungs-MOSFETs im SMD-Gehäuse D2PAK. Diese FETs können einen Strom von 30 A schalten.

Ein Leistungs-MOSFET (englisch power MOSFET) ist eine spezialisierte Version eines Metall-Oxid-Halbleiter-Feldeffekttransistors (MOSFET), der für das Leiten und Sperren von großen elektrischen Strömen und Spannungen optimiert ist (bis mehrere hundert Ampere und bis ca. 1000 Volt, bei einem Bauteilvolumen von etwa einem Kubikzentimeter).

Leistungs-MOSFETs unterscheiden sich von bipolaren Leistungstransistoren sowohl in der Funktionsweise als auch in der Effizienz. Einige Vorteile von Leistungs-MOSFETs sind die schnelle Schaltzeit, kein zweiter Durchbruch und stabile Verstärkungs- und Antwortzeiten. Ab einer Strombelastbarkeit von etwa 1 A wird ein MOSFET den Leistungs-MOSFETs zugeordnet.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Ein Antrieb zur Entwicklung der Power-MOSFETs waren die Schwächen der bis dahin dominierenden bipolaren Leistungstransistoren (engl. bipolar power junction transistor, BJT). Bipolartransistoren benötigen z. B. hohe Steuerströme bis ca. 1/5 des Laststromes, während Leistungs-MOSFETs im ein- bzw. ausgeschalteten Zustand prinzipiell keinen Steuerstrom benötigen.

Physikalische Funktionsweise

Leistungs-MOSFETs arbeiten nach dem gleichen physikalischen Prinzip wie die in integrierten Schaltkreisen verwendeten MOSFETs, sie unterscheiden sich jedoch durch andere geometrische Formen und Dimensionen. Die hohe Leistungsdichte wird durch eine raster- oder wabenartige Halbleiterstruktur erreicht, die einer Parallelschaltung von tausenden einzelnen MOSFETs entspricht.

Auch der Aufbau des Leistungs-MOSFET entspricht dem des MOSFET – allerdings ergeben sich zahlreiche Besonderheiten. Im Gegensatz zum Signaltransistor der Nachrichtentechnik ist die Anordnung von Source und Drain vertikal. In der Halbleiterstruktur von Gate, Drain und Source entstehen in einem MOSFET zahlreiche parasitäre Elemente, wie z. B. Widerstände, Kapazitäten und Dioden. In der Leistungselektronik muss diesen parasitären Elementen besondere Beachtung geschenkt werden. Die Kapazitäten müssen bei jedem Schaltvorgang umgeladen werden, was besonders bei hohen Schaltfrequenzen zu erheblichen Schaltverlusten führt. Die prinzipbedingt immer enthaltene Diode, die im Normalbetrieb in Sperrrichtung geschaltet ist, kann wie eine zu Drain und Source parallelgeschaltete Diode schaltungstechnisch ausgenutzt werden. Je nach Anforderung müssen noch weitere Effekte berücksichtigt werden.

Es gibt hauptsächlich zwei Typen von Leistungs-MOSFETs – die DMOS- und die VMOS-Struktur. Beide besitzen eine große Drain-Drift-Region, welche das Bauteil gegen Durchbruch bei hohen Sperrspannungen schützt.

DMOS-Feldeffektransistor

Schematischer Aufbau (Querschnitt) von zwei parallel geschalteten Elementen eines n-Kanal-DMOSFETs
Quadratische Struktur einer DMOS-Zelle

MOSFETs dieses Strukturaufbaus werden durch Doppelimplantation der Kanalstruktur hergestellt und als DMOSFET (engl. double-diffused metal-oxide semiconductor field effect transistor) bezeichnet.[1][2] Beim NMOS-Typ befindet sich der Kanal im schmalen p-Gebiet unterhalb der Gate-Elektrode, siehe Bild.

Für Leistungs-MOSFETs sind Transistoren mit großem Verstärkungsfaktor und kleinem Durchlasswiderstand erforderlich. Mit DMOS lässt sich das durch eine große Kanalweite und Parallelschaltung erreichen und zwar in kompakter Weise auf Chip-Ebene. Es existieren primär quadratische (z. B. SIPMOS) und hexagonale (z. B. HEXFET) Strukturen. Die Source-Elektrode befindet zu oberst als großflächige Schicht, darunter vergraben die Gate-Elektrode.

Eine Besonderheit des DMOSFET ist u. a., dass er im Rückwärtsbetrieb (VDS < 0) keine Sperrfähigkeit aufweist. Die Inversdiode des p-n-Übergangs zwischen Basis und Kollektor des parasitären npn-Bipolartransistors befindet sich dann in Flusspolung. Das wird beim Schalten induktiver Lasten ausgenutzt, hier kann die Inversdiode als Freilaufdiode wirken und so durch Kurzschluss die beim Abschalten der induktiven Last entstehende hohe Spannung kurzschliessen. Jedoch muss beachtet werden, dass die Inversdioden bei MOSFETs für höhere Sperrspannungen deutlich höhere Sperrverzugsladungen und Schaltverluste aufweisen als herkömmliche schnelle Dioden. Auch wenn besondere Techniken (z. B. FREDFET) verwendet werden, um das Verhalten der Inversdiode zu verbessern, sind diese Dioden immer noch um einen Faktor von ca. 3 schlechter als separate schnelle Dioden. Die Verwendung der Inversdiode bei MOSFETs mit Sperrspannungen größer 200 V in Anwendungen zum Schalten induktiver Last mit hoher Frequenz ist daher oft nicht möglich.


Anwendungen

Leistungs-MOSFETs werden häufig in Verstärkerschaltungen, als stromlos steuerbarer Schalter und als schneller Schalter für Pulsweitenmodulation eingesetzt, z. B. in Wechselrichtern, Schaltnetzteilen, DC/DC-Wandlern oder Motorsteuerungen.

Bei Schaltanwendungen ist die schnelle Strom-Anstiegszeit von MOSFETs von Vorteil. Damit lassen sich die Umschaltverluste senken.

Induktive Lasten erzeugen beim Schaltvorgang große Spannungsspitzen, gegen die der Leistungs-MOSFET, wie auch andere Halbleiterschalter, geschützt sein muss. Dieser Schutz kann jedoch bei MOSFETs im Bauteil selbst erreicht werden, indem der Avalancheeffekt beim Durchbruch kontrolliert abläuft, ohne die Bauelementstrukturen partiell zu überhitzen. Oft ist jedoch dennoch eine zusätzliche externe Beschaltung (Snubber) notwendig.

Leistungs-MOSFETs müssen, wie auch andere Leistungshalbleiter, bei hohen Leistungen gekühlt werden. Da der Kanalwiderstand mit steigender Temperatur ansteigt, erhöht sich bei unzureichender Kühlung die Verlustleistung zusätzlich, dadurch kann es zu einem sog. thermal runaway (thermisches Durchgehen) kommen. Überdies vertragen MOSFET-Strukturen nur geringere maximale Temperaturen als bipolare Strukturen (ca. 125 bis 150 °C gegenüber 150…180 °C). Der mit steigender Temperatur ansteigende Bahnwiderstand erweist sich bei der Parallelschaltung mehrerer MOSFETs als Vorteil; er sorgt für eine gleichmäßige, selbststeuernde Stromaufteilung auf alle Bauteile. Emitterwiderstände zur Stromaufteilung, wie sie bei Bipolartransistoren erforderlich sind, können entfallen.

Kenngrößen

Wie bei bipolaren Leistungstransistoren ist der sichere Arbeitsbereich (engl. safe operating area, SOA) bei Leistungs-MOSFETs durch drei Kenngrößen bestimmt:

  • Maximaler Drain-Strom ID,max
  • Durchbruchspannung UBr (auch BVDSS) und die dadurch vorgegebene maximale Sperrspannung
  • Maximale Verlustleistung P_\mathrm{T} = U_\mathrm{DS} \cdot I_\mathrm{D}

Weitere wichtige Kenngrößen:

  • Minimaler Durchgangswiderstand RDS(on)
  • Maximal zulässige Energie beim Avalanche-Durchbruch
  • Ladungsmenge Qg, die für das Ein- und Ausschalten notwendig ist (Ansteuerverluste)
  • max. Spannungsänderungsgeschwindigkeit dV / dt

Anders als Bipolartransistoren vertragen MOSFETs sehr hohe Werte für die Spannungsänderungsgeschwindigkeit, sie müssen nicht durch Snubber-Glieder dagegen geschützt werden. Auch der sogenannte zweite Durchbruch (Zerstörung durch kleine Ströme bei Spannungen unterhalb der Sperrspannung) tritt bei MOSFETs nicht auf, sofern die Verlustleistung nicht überschritten wird.

Weiterentwicklung

In den meisten Fällen wird der Drain-Source-Durchlasswiderstand RDS(on) (englisch on-state resistance) bei einer vorgegebenen Durchbruchspannung UBr als wesentliches Merkmal von Leistungs-MOSFETs betrachtet. Grundsätzlich gilt bei gegebener Chipfläche: je größer die maximale Sperrspannung des MOSFET, desto größer ist sein Durchlasswiderstand. Bei herkömmlichem Schichtaufbau kommt es bei einer Verdopplung der Spannungsfestigkeit zu einer Verfünffachung des RDS(on). Ebenso wächst die Chipfläche mit einem Exponent von 2,4 bis 2,6. Dieser Zusammenhang wird im Englischen als Silicon-Limit bezeichnet.[3]

Bei der Reduzierung des Durchlasswiderstands bei hohen Spannungen, dies sind Spannungen ab rund 200 V aufwärts, erzielten die Halbleiterhersteller in den späten 1990er Jahren Fortschritte, welche zur breiten Anwendung von Leistungs-MOSFETs führten. Dabei werden in die wegen der höheren Spannungsfestigkeit normalerweise dicker gestalteten n-Epitaxieschicht zusätzliche p-Zonen eingebracht, welche im Sperrzustand den Verlauf der elektrischen Feldstärke modulieren und lokale Durchbrüche im Silicium verhindern. Damit kann die n-Epitaxieschicht dünner im Aufbau gestaltet werden, was auch bei hohen Spannungen einen geringeren Bahnwiderstand zur Folge hat.

Der spezifische Einschaltwiderstand R_\mathrm{DS(on)} \cdot A variiert mit der Durchbruchspannung:

R_\mathrm{DS(on)} \cdot A \sim {U_\mathrm{Br}}^{2,5}

Ein üblicher Wert ist im Jahr 2004 ein RDS(on) von 150 mΩ bei einer Sperrspannung von 250 V im Gehäuse TO-247. Bei maximalen Sperrspannungen um 50 V sind Werte um einige wenige Milliohm (mΩ) üblich.

Neben der allgemeinen Verbesserung der Robustheit gegen hohe Strom- und Spannungsspitzen und der Verringerung des Durchlasswiderstands werden zunehmend weitere Funktionen in das Bauteil integriert. Diese Bauteile werden häufig als „Smart Power Devices“ bezeichnet und enthalten neben Schutzschaltungen (Eingangsschutz, Schutz gegen thermische Überlastung, Strombegrenzung, Fehlersignalgenerierung) z. B. level shifting (Schalten der positiven Lastleitung mit einem massebezogenen Signal, sog. high side switches) oder sogar vollständige PWM-Controller.

Bauformen

Übliche Gehäusebauformen von Leistungs-MOSFETs sind für durchkontaktierte Platinen beispielsweise TO-264, TO-247 und TO-220, bei oberflächenmontierbaren (SMD) Bauelementen DPak, D²Pak und SO-8. Darüber hinaus gibt es noch Gehäuse mit Schraubanschlüssen für Leitungen oder Stromschienen. Dazu zählen das SOT-227 „Isotop“ mit vier Schraubanschlüssen. Der Source-Anschluss wird dabei doppelt herausgeführt, um ein genaueres Referenzpotential zur Gate-Ansteuerung zur Verfügung zu haben.

Literatur

  • Ulrich Nicolai, Tobias Reimann, Jürgen Petzoldt, Josef Lutz: Applikationshandbuch IGBT- und MOSFET-Leistungsmodule. 1. Auflage. ISLE Verlag, 1998, ISBN 978-3-9326-3324-9 (PDF-Version).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Patent US5055895: Double-Diffused Metal-Oxide Semiconductor Field Effect Transistor Device. Veröffentlicht am 8. Oktober 1991, Anmelder: Matsushuta Electric Works LTD, Erfinder: Sigeo Akiyama, Masahiko Suzumura, Takeshi Nobe.
  2. Thomas Tille: Mikroelektronik : Halbleiterbauelemente und deren Anwendung in elektronischen Schaltungen. Springer, Berlin 2005, ISBN 978-3-540-20422-0.
  3. Joachim Specovius: Grundkurs Leistungselektronik. 4. Auflage. Vieweg + Teubner, 2010, ISBN 978-3-8348-1307-7.

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