Lebensalter

Lebensalter
Drei Lebensalter (Relief aus Oberhausen)

Im Bereich des deutschen Rechts wird das Lebensalter gemäß § 187 Abs. 2 Satz 2 BGB (und § 188 Abs. 2 Alt. 2 BGB) berechnet. Lebensalter ist zu unterscheiden von den Lebensphasen eines Organismus.

Diese Vorschrift besagt, dass man ab 0:00 an seinem Geburtstag ein Jahr älter ist und nicht erst zu der eigentlichen Geburtsstunde. Diese Berechnung dürfte auch der Auffassung der Bevölkerung entsprechen. Der Gesetzgeber musste jedoch eine eigene Regelung schaffen, da nach der üblichen Berechnung von Fristen, bei denen es auf ein Ereignis ankommt, das in den Lauf eines Tages fällt (Geburt), der erste Tag nicht mitgezählt wird.

Inhaltsverzeichnis

Berechnung des Lebensalters

Bei der Berechnung des Lebensalters wird der Tag der Geburt mitgerechnet (§ 187 Abs. 2 BGB). Wer am 10. Oktober 1993 um 17:02 Uhr geboren ist, hat am 9. Oktober 2011 um 24:00 Uhr rechtlich das 18. Lebensjahr vollendet. Die Person ist damit von Beginn des 10. Oktobers 2011 an nicht mehr minderjährig, sondern volljährig.

Besonderheiten bei der Berechnung des Lebensalters

Bei der Berechnung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld nach dem SGB 3 gilt folgende Besonderheit: Ist ein Arbeitsloser am 29. Februar geboren, so gilt in anderen als Schaltjahren der 1. März als sein Geburtstag.

Überprüfung des Lebensalters

Zur Überprüfung des Lebensalters, wird in der Regel der Personalausweis/Reisepass überprüft. Als Grundlage für das darin enthaltene Geburtsdatum wird die Geburtsurkunde herangezogen. In technischen Lösungen zur Altersverifikation im Besonderen für Internetangebote wird neben Personalausweis und Reisepass auch auf Verfahren mit Zentralen Datenbanken und Einschreiben, das PostIdent-Verfahren oder Geldkarten mit Jugendschutzmerkmal zurückgegriffen.

Haben Behörden Zweifel an der Richtigkeit einer Altersangabe erfolgt eine „Altersfeststellung“ durch „Inaugenscheinnahme“ äußerer Geschlechtsorgane oder des Gebisses. Dies hat im Besonderen Relevanz für Flüchtlinge, die entgegen ihren Angaben auf über 16 Jahre[1] oder über 18 Jahre[2] eingestuft werden. „Rechtsgrundlage für die Inaugenscheinnahme ist […] das VwVfG von 1976 (Jockenhövel-Schiecke, H. 1998: 166)“.[3] Nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz gilt der Augenschein als ein „taugliches Beweismittel“.[3]

In Zweifelsfällen wird auf die medizinisch-röntgenologische Handwurzelknochenuntersuchung zur Altersbestimmung zurückgegriffen, deren Aussagekraft laut einem von Pro Asyl und dem Verein Demokratischer Ärzte und Ärztinnen in Auftrag gegebenen Gutachtens bei „außereuropäischen Jugendlichen völlig ungeeignet“ sein soll und „einen unzulässigen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 II 1 GG. (Göbel-Zimmermann, R. 1999: 143)“ darstellen soll.[3] Diese Methode wird auch von der FIFA bei Nachwuchsweltmeisterschaften angewandt, um den unerlaubten Einsatz älterer Spieler aufzudecken.

Altersangaben in historischen Quellen

Die von den Kirchen geführten Sterbebücher enthalten sehr oft (in Sachsen nach 1750 für Erwachsene regelmäßig) Altersangaben. Manchmal wird schon aus der Formulierung „ungefähr 60 Jahre“ oder „etliche 70 Jahre“ klar, dass die Angabe nicht genau ist. Oft werden aber genaue Angaben in Jahren, Monaten, Wochen und Tagen gemacht (wobei ein Monat mit vier Wochen zu rechnen ist), findet man dann aber die Person im Taufbuch, so stellt sich nicht selten zwischen zurückgerechnetem und nachgewiesenem Geburtstag eine Differenz heraus, manchmal sogar um ein Jahr oder mehr. Man muss davon ausgehen, dass die Eintragung im Kirchenbuch auf der mündlichen Auskunft der Überlebenden beruhte. Deren Vorliebe für runde Zahlen (80 Jahre) ist unverkennbar. Der Pfarrer hat sich nur in Ausnahmen die Mühe gemacht, diese Angaben mit dem Taufbuch zu vergleichen. In katholischen Gegenden ist in Traubüchern häufig das Alter von Braut und Bräutigam angegeben.

Bei genealogischen Forschungen sollten aber derartige Differenzen stets als ein Achtungszeichen verstanden werden, die Sache noch einmal zu überprüfen (siehe Toter Punkt) und andere Quellen mit heranzuziehen, insbesondere Gerichtshandelsbücher, um Irrtümer auszuschließen.

Ostasien

In Ostasien (China, Japan, Korea, Mongolei, Vietnam) wurde traditionell eine andere Zählung des Lebensjahres (chinesisch  /  suì, jap. sai, kor. sal) verwendet. Bei dieser traditionellen Zählweise (chin. 虛歲 / 虚岁 xūsuì ‚falsches Lebensjahr‘; jap. 数え年, kazoedoshi, dt. „gezählte Jahre“) ist ein Kind bei der Geburt 1 Jahr alt und wird bei jedem (chinesischen) Neujahr ein Jahr älter. Beim Extremfall in dem ein Kind am Tag vor Neujahr mit einem Jahr geboren wird, ist es bereits am nächsten Tag 2 Jahre alt. Die moderne Zählweise (chin. 實歲 / 实岁 shísùi ‚wahres Lebensjahr‘; jap. 満年齢, mannenrei, dt. „Alter mit vollen Jahren“) folgt der westlichen.[4]

In Japan wurde das traditionelle System 1902 durch das moderne ersetzt, aber weithin bis in die 1950er Jahre verwendet, bis ein weiteres Gesetz die Bevölkerung ermutigte, das moderne System zu verwenden. Heutzutage wird die traditionelle Zählung noch von älteren Menschen oder bei traditionellen Zeremonien verwendet.

Zitate

„Je älter man wird, desto ähnlicher wird man sich selbst.“

Maurice Chevalier (1888–1972)[5]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. DGB, PRO ASYL, Flüchtlingsrat Berlin, GRIPS Theater: Alle Kinder haben Rechte! Gemeinsame Presseerklärung vom 17. November 2005. Flüchtlingsrat Berlin, 17. November 2005, abgerufen am 29. Juli 2010.
  2. Nicolas Büchse: Flüchtlinge: Die Vorhut des Glücks. In: Der Spiegel. Nr. 16/2009 (Spiegel Online).
  3. a b c Peter Kühne; Wirtschafts- und sozialpolitischen Forschungs- und Beratungszentrum der Friedrich-Ebert-Stiftung, Abteilung Arbeit und Sozialpolitik (Hrsg.): Zur Lage der Flüchtlinge in Deutschland. Forschungs- und Beratungszentrum der Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn 2001, ISBN 3-86077-972-9, S. 28 (http://library.fes.de/fulltext/asfo/01153003.htm#E10E3).
  4. Chih-p’ing Chou, Perry Link, Xuedong Wang: Oh, China! Elementary Reader of Modern Chinese for Advanced Beginners. Princeton University Press, Princeton 1997, ISBN 0-691-05878-4, S. 468 (Google Books).
  5. Markus M. Ronner: Die besten Pointen des 20. Jahrhunderts: humoristisch-satirische Geistesblitze, nach Stichwörtern alphabetisch geordnet. Gondrom, Bindlach 1990, Stichwort: ähnlich.
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