Lawr Georgijewitsch Kornilow

Lawr Georgijewitsch Kornilow
Lawr Georgijewitsch Kornilow

Lawr Georgijewitsch Kornilow (russisch Лавр Георгиевич Корнилов, wiss. Transliteration Lavr Georgievič Kornilov; * 18. Augustjul./ 30. August 1870greg. in Ust-Kamenogorsk, Generalgouvernement Turkestan, Russisches Reich, heute Öskemen, Kasachstan; † 31. Märzjul./ 13. April 1918greg. bei Jekaterinodar) war ein General der russischen Armee, der vor allem durch seinen angeblichen [1] Putschversuch gegen die provisorische Regierung unter Kerenski im Jahre 1917 bekannt wurde.

Leben

Kornilow wurde in einer kosakischen Offiziersfamilie geboren und verbrachte seine Kindheit in Kasachstan. Mit 13 Jahren trat er ins Omsker Kadettenkorps ein. Von 1889 bis 1892 besuchte er die Artillerieschule in Sankt Petersburg, diente zeitweilig in Turkestan und besuchte von 1895 bis 1897 die Akademie des Generalstabs, die er mit Auszeichnung abschloss. Dem Stab des Turkestanischen Militärbezirks zugeteilt, leitete er in den Jahren 1899 bis 1904 mehrere Expeditionen nach Ostturkestan, Afghanistan, Persien, Indien und in die Mongolei. Im Russisch-Japanischen Krieg 1904/05 diente er im Stab einer Schützenbrigade und wurde zum Oberst befördert. Von 1907 bis 1911 war er Militärattaché im Kaiserreich China.

Als Generalmajor befehligte er zu Beginn des Ersten Weltkriegs eine Infanteriedivision in der 8. Armee General Brussilows und wurde im April 1915 von den Österreichern gefangengenommen, konnte aus der Kriegsgefangenschaft aber im Juli 1916 hinter die eigenen Linien entkommen.

Nach der Februarrevolution erhielt er das Kommando über den Petrograder Militärbezirk und stellte in dieser Eigenschaft am 8.jul./ 21. März 1917greg. die Zarenfamilie in Zarskoje Selo unter Arrest. Als im April in der Hauptstadt Unruhen ausbrachen, forderte er vergeblich von der Regierung die Erlaubnis zum Einsatz des Militärs. Daraufhin gab er seinen Posten ab und kehrte an die Front zurück. Im Juli 1917 wurde er von Kriegsminister Kerenski zunächst zum Befehlshaber der Südwestfront und nach dessen Übernahme der Regierungsgeschäfte als Nachfolger Brussilows zum Obersten Befehlshaber der russischen Truppen ernannt.

Als Oberbefehlshaber war Kornilow mit der Kriegsmüdigkeit in der Armee und in der russischen Bevölkerung konfrontiert. Die Armee und der Staat insgesamt drohten unter der Last des Krieges zusammenzubrechen. Kornilow war jedoch entschlossen, den Krieg fortzusetzen. Bei seiner Ernennung hatte er Kerenski zwei Bedingungen gestellt: keine Einmischung der politischen Führung in militärische Angelegenheiten und volle Wiederherstellung der militärischen Disziplin.

Infolge des Juliaufstandes linker Gruppen wurde Kornilow von Kerenski damit beauftragt, zuverlässige Truppen in die Nähe der Hauptstadt zu entsenden. Kornilow, der in der Linken und in den Arbeiter- und Soldatenräten die entscheidende Gefahr für Russland sah, war bereit, offensiv gegen die Bolschewiki vorzugehen und forderte, nachdem er von dem früheren Minister Wladimir Lwow dahingehend beeinflusst worden war, Ende August/Anfang September von Kerenski diktatorische Vollmachten. Ob Kornilow auch gegen die Provisorische Regierung vorgehen wollte und eine Militärdiktatur errichten wollte, ist umstritten.

Kerenski jedenfalls setzte Kornilow am 27. Augustjul./ 9. September 1917greg. ab. Kornilow weigerte sich, seine Befehlsgewalt abzugeben und appellierte an die Bevölkerung von Petersburg, ihm gegen die Räte und die Provisorische Regierung zu folgen. Der Putschversuch Kornilows hatte jedoch keinen Erfolg, weil ihn die Mehrheit der Bevölkerung – und die linken Gruppen – nicht unterstützten. Kornilow selbst wurde verhaftet.

Nach der Machtergreifung der Bolschewiki in der Oktoberrevolution von 1917 wurde Kornilow auf Befehl Duchonins freigelassen und floh nach Nowotscherkassk im Dongebiet, wo er mit dem ehemaligen Oberbefehlshaber General Alexejew am Aufbau der Freiwilligenarmee mitwirkte, deren Oberbefehl er übernahm. Kornilow sprach sich öffentlich für Terror als Mittel der Kriegsführung der Weißen im Russischen Bürgerkrieg aus : "Selbst wenn wir halb Rußland niederbrennen und das Blut von drei Vierteln der Bevölkerung vergießen müssen, wir werden es tun, wenn es zu Rußlands Rettung notwendig sein sollte."[2] Während der Belagerung Jekaterinodars im April 1918 wurde er beim Einschlag einer Granate in seinem Hauptquartier tödlich verwundet.

Sein Leichnam wurde von den Bolschewiki nach der Schlacht exhumiert, in Jekaterinodar zur Schau gestellt und dann auf dem Marktplatz der Stadt öffentlich verbrannt.

Einzelnachweise

  1. Pipes, Richard: Die Russische Revolution, München, Bd2. S.180ff.
  2. Zitat Kornilows aus Orlando Figes: "Die Tragödie eines Volkes", Berlin, 1998 S. 593

Literatur


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