Lautverschiebungen lateinischer Erbwörter im Rumänischen

Lautverschiebungen lateinischer Erbwörter im Rumänischen

Im Folgenden werden die Lautverschiebungen lateinischer Erbwörter im Rumänischen dargestellt, wobei immer zu beachten ist, dass alle heutigen Romanischen Sprachen aus dem im Alltag gesprochenen Vulgärlatein entstanden, während des klassische Latein eine Hochsprache war, die zu offiziellen Anlässen Verwendung fand.

Inhaltsverzeichnis

Vulgärlateinische Periode

Jotazisation

Im Vulgärlatein verschoben sich das kurze /e/ und /i/ zu /j/, wenn ein weiterer Selbstlaut folgte. Später palatalisierte /j/ den vorhergehenden Mitlaut. Das führte zu folgenden Resultaten im heutigen Rumänisch:

  • Lat. puteum > *putju > Rum. puț ('Schacht, Brunnen'), jedoch:
  • Lat. rōgātiōnem > *rogatjone > *rogačone > Rum. rugăciune ('Gebet')
  • Lat. hordeum > *ordju > *ordzu > Rum. orz ('Weizen'), aber:
  • Lat. deorsum > *djosu > *džosu > Rum. jos ('niedrig, tief')
  • Lat. socium > *sokju > Rum. soț ('Ehemann')
  • Lat. cāseum > *kasju > Rum. caș ('Käseart')
  • Lat. vīnea > *vinja > *viɲe > Rum. vie /vije/ ('Weinberg')
  • Lat. mulierem > *muljere > *muʎere > Rum. muiere /mujere/ ('Frau')

Vor "o" werden t und d zu Affrikaten und Alveolaren: Diese Verschiebung ist in der heutigen rumänischen Sprache noch produktiv: credință ('Vertrauen') - credincios ('treu'), oglindă ('Spiegel') - oglinjoară ('Spiegelein').

Ein Metathese genannter Wechsel fand hier statt:

  • Lat. rubeum > *robju > Rum. roib

Selbstlaute

Die lateinischen Vokale a, o and u blieben in den meisten Fällen erhalten:

  • Lat. mare > Rum. mare ('Meer')
  • Lat. pālum > *paru > Rum. par ('Pfahl')
  • Lat. focum > *focu > Rum. foc ('Feuer')
  • Lat. pōmum > *pomu > Rum. pom ('Obstbaum')
  • Lat. multum > *multu > Rum. mult ('viel')
  • Lat. > Rum. tu ('du')

Kurzes u im Lateinischen wurde zuo, wenn betont und - in manchen Wörtern - vor m or b:

  • Lat. *autumna (from autumnus) > *tomna > Rum. toamnă ('Herbst')
  • Lat. *rubeum > *robju > Rum. roib ('rot')

Außerdem verschob sich lateinisches ō mitunter zu u:

  • Lat. cohortem > *cōrtem > Rum. curte ('kurz')

Die Selbstlaute e und i machten folgende Wechsel mit:

  • kurzes, betontes e wurde *ɛ
  • kurzes, unbetontes e, langes ē und kurzes i wurden *e
  • langes ī blieb i

Ein paar Beispiele:

  • Lat. pellem > *pɛlle > Rum. piele /pjele/ ('Haut')
  • Lat. signum > *semnu > Rum. semn ('Zeichen')
  • Lat. vīnum > *vinu > Rum. vin ('Wein')

Es wird angenommen, dass ae ebenfalls zu *ɛ wurde, wenn es im Latein betont ausgesprochen wurde. Mit der Zeit entstand aus *ɛ der Zwielaut */je/.

Mitlaute

Einzelne Konsonanten erfuhren keine größeren Veränderungen. labialisierte velare Plosiv veränderte sich zu einem Labial vor a und zu einem glatten Velar vor anderen Selbstlauten; in Fragewörtern verschob sich anlautendes qu- nie zu p-.

  • Lat. quattuor > *quattro > Rum. patru ('vier')
  • Lat. equa > *ɛpa > *jepa > Rum. iapă ('Stute')
  • Lat. lingua > *lemba > Rum. limbă ('Zunge/Sprache')
  • Lat. quid > *ke > Rum. ce ('was')
  • Lat. quandō > *kando > *kându > Rum. când ('wann')
  • Lat. sanguis > *sange > Rum. sânge ('Blut')

Lateinisches "ct" wurde zu "pt", "gn" zu "mn" und "x" zu "ps", wobei letzteres oft zu "s" vereinfacht wurde:

  • Lat. factum > *faptu > Rum. fapt ('Tatsache')
  • Lat. signum > *semnu > Rum. semn ('Zeichen')
  • Lat. coxa > *copsa > Rum. coapsă ('Hüfte'), aber:
  • Lat. laxō > *lapso > *lasu > Rum. las (ich lasse)

Endkonsonanten

Hin zum Proto-Rumänischen

Rhotazismus des 'l'

Intervokalisches "l" wechselte zu "r", lateinisches "ll" war davon nicht betroffen.

  • Lat. gelu > Rum. ger ('Frost')
  • Lat. salīre > Rum. a sări (sărire) ('springen')

Palatalisation

Die Mitlaute t, d and s wurden abermals palatalisiert vori or j (je < ɛ < betontes e):

  • Lat. testa > *tɛsta > *tjesta > *țesta > Rum. țeastă ('Schädel')
  • Lat. decem > *dɛke > *djeke > *dzeče > Rum. zece ('zehn')
  • Lat. servum > *sɛrbu > *sjerbu > Rum. șerb ('Leibeigener')
  • Lat. dīcō > *dziku > Rum. zic ('ich sage')

Erweichung unbetonter Vokale

Unbetontes a wurde ă (außer zu Beginn eines Wortes), unbetontes o ist heute u. Später wurde ă zu e, stand es nach palatalen Lauten. Betontes o wurde in manchen Wörtern behalten.

  • Lat. capra > Rum. capră ('Ziege')
  • Lat. vīnea > *vinja > *viɲă > *viɲe > Rum. vie /vije/ ('Weingarten')
  • Lat. formōsus > Rum. frumos ('schön')

Veränderung des e

Lateinisches e wurde ă, wenn ein labialer Mitlaut voranging und ein dunkler Vokal in der nachfolgenden Silbe war. Demnach blieb e unverändert, folgte ein e oder ein i.

  • Lat. mēnsam > *mesa > *măsă > Rum. masă ('Tisch'), aber
  • Lat. mēnsae > *mese > Rum. mese ('Tische')
  • Lat. vēndō > *vendu > *văndu > *vându > Rum. vând ('ich verkaufe'), aber
  • Lat. vēndis > *vendi > *vendzi > *vindzi > Rum. vinzi ('du verkaufst')

Veränderungen in der Neuzeit

Manche dieser Verschiebungen fanden nicht in allen ostromanischen Sprachen und Mundarten statt; manche sind in der rumänischen Standardsprache unbekannt.

In südlichen Dialekten wurde "dz" in allen Umgebungen zu "z":

  • dzic > zic ('ich sage)
  • lucredzi > lucrezi ('du arbeitest')

dsch wurde zu stimmhaftem sch, wenn ein dunkler Vokal folgte:

  • gioc /dʒok/ > joc ('Spiel'), aber:
  • deget /dedʒet/ ('Finger') änderte sich nicht.

Einschiebung eines Gleithalbvokales

Dies ist nur bei manchen Wörtern zu finden:

  • pâne > pâine ('Brot')
  • câne > câine ('Hund')

Das erklärt auch den Plural von mână - mâini ('Hand' - 'Hände') in südlichen Mundarten sowie der Schriftsprache; in anderen Regionen ist câne gebräuchlich.

Erhärtung des 'ș', 'ț' und 'dz'

Diese Erhärtung ist typisch für die nördlichen Mundarten des Rumänischen. Hier können "sch", "z" und "ds" nur von dunklen Selbstlauten gefolgt werden; die Konsequenz ist die Verwandlung aller hellen zu dunklen Vokalen:

  • și > șî ('und')
  • ține > țânʲe ((er/sie/es)'hält')
  • dzic > dzâc ('Ich sage')

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