Landtag (historisch)

Landtag (historisch)

Landtag (lat. dietas) wurden die Zusammenkünfte der politisch berechtigten Stände eines Landes – eben der Landstände – im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit genannt.

Inhaltsverzeichnis

Bezeichnung

Da man ursprünglich nur einen Tag lang beisammen war und binnen dieses einen Tages alle gemeinsamen Angelegenheiten der Landleute zu verhandeln hatte, hießen die Versammlungen eben Land-Tag. Die lateinische Bezeichnung ist in gleicher Weise von dies – der Tag – abgeleitet.

Aufgaben

Die Landtage haben sich häufig aus den Gerichtsversammlungen der Landesgemeinde entwickelt. Ihre wichtigste Funktion war die Bewilligung von Steuern, die der Landesfürst nicht ohne Zustimmung der Stände anordnen durfte.

Teilnehmer

In den ständischen Landtagen waren je nach Zeit und Region unterschiedliche Stände, die so genannten Landstände vertreten. Dies konnten sein: die Prälaten (Bischöfe, Kapitel, Klöster), der Adel (oft unterteilt in Herren und Ritter), die landesherrlichen Städte. Im Erzherzogtum Österreich waren auch die landesfürstlichen Märkte, in Tirol die bäuerlichen Gemeinden vertreten. Im Landtag selbst wurden die Angehörigen desselben Standes in Kurien oder Bänken zusammengefasst. Der Adel bildete die sogenannte Ritterschaft auf den Landtagen. Es wurden in der Regel drei Kurien unterschieden: Prälaten, Ritterschaft und Städte. Den ersten Stand – und damit die erste Kurie des Landtags – bildeten entweder die Prälaten oder die Herren. Die Gesamtheit der Landstände in einem bestimmten Herrschaftsgebiet wurde auch Landschaft genannt.

Die Angehörigen der Landtage wurde nicht durch Wahlen bestimmt. Vielmehr war die Teilnahme ein persönliches Vorrecht der persönlich freien Inhaber eines Landguts (oft von einer bestimmten Mindestgröße) oder war an ein Amt gebunden (z. B. für die Äbte der landtagsfähigen Stifte). Die Abgesandten der Städte wurden meist von deren Rat bestimmt, also auch nicht gewählt. Dieser Zusammensetzung des Landtags entsprach es, dass die früheren Landstände, zunächst auch nur die Rechte ihres eigenen Standes vertraten und nur mittelbar auch zugleich als eine Vertretung des ganzen Landes gelten konnten.

Abstimmungsverfahren

Die Abstimmungen in den Landtagen erfolgten nicht nach dem heute üblichen Mehrheitsprinzip. In der Regel wurde nach Kurien abgestimmt. Das heißt, man einigte sich zunächst innerhalb der einzelnen Kurien (dabei konnte durchaus das Mehrheitsprinzip angewendet werden) und verglich dann die Beschlüsse der Kurien untereinander. In manchen Ländern musste dann ein Konsens hergestellt werden, damit es zu einem Landtagsbeschluss kam. In anderen Territorien reichte es, wenn die Mehrheit der Kurien zustimmte, wobei aber die Zustimmung des jeweils führenden Stands (zumeist der hohe Adel) unbedingt notwendig war. In manchen Ländern führten besonders mächtige Mitglieder der Stände auch eine eigene Personalstimme und waren an keine Kurie gebunden.

Siehe auch

Literatur

  • Gerhard Buchda: Reichsstände und Landstände in Deutschland im 16. und 17. Jahrhundert. In: Heinz Rausch: Die geschichtlichen Grundlagen der modernen Volksvertretung. Die Entwicklung von den mittelalterlichen Korporationen zu den modernen Parlamenten. Band 2: Reichsstände und Landstände. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1974, ISBN 3-534-06911-0, (Wege der Forschung 469), S. 211–241.
  • Dietrich Gerhard (Hrsg.): Ständische Vertretungen in Europa im 17. und 18. Jahrhundert. 2. unveränderte Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1974, ISBN 3-525-35332-4, (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 27), (Studies presented to the International Commission for the History of Representative and Parliamentary Institutions 37).

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Landtag — steht für: heutige Parlamente: Landesparlament der deutschen Flächenländer Landtag (Österreich), das Parlament eines österreichischen Bundeslandes Liechtensteinischer Landtag, das Parlament des Fürstentums Liechtenstein Südtiroler Landtag, das… …   Deutsch Wikipedia

  • Landtag Lippe — Landtag des Freistaates Lippe Landesflagge Landeswappen Basisdaten …   Deutsch Wikipedia

  • Landtag der Stadt Triest — Der Landtag der Stadt Triest war 1849–1851 und 1861–1918 das Landesparlament der reichsunmittelbaren Stadt Triest und ihres Umlandes im Kaisertum Österreich bzw. in Cisleithanien sowie gleichzeitig Stadtrat (später: Gemeinderat) der Stadt Triest …   Deutsch Wikipedia

  • Landtag (Kaisertum Österreich) — In den Kronländern des Kaisertums Österreich bestanden spätestens von 1861 an Landtage, seit 1910 auch im von Österreich und Ungarn gemeinsam verwalteten Land Bosnien und Herzegowina. 1918 wurden sie zugunsten neuer Parlamente der… …   Deutsch Wikipedia

  • Landschaft (historisch) — Landschaft bedeutet im historischen und ursprünglichen Zusammenhang die Gesamtheit der Landstände in einem mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Staat im Sinne der Ständeordnung. Inhaltsverzeichnis 1 Beschreibung und Entwicklung 2… …   Deutsch Wikipedia

  • Arnsberger Landtag — Der Landtag des Herzogtums Westfalen, auch westfälische Landständeversammlung oder nach dem Tagungsort auch Arnsberger Landtag genannt, war seit dem Spätmittelalter und während der frühen Neuzeit bis zur Aufhebung 1806 die ständische… …   Deutsch Wikipedia

  • Land (historisch) — Land ist die Bezeichnung für ein Gebiet und eine historische Form von Gemeinwesen, wie sie im Mittelalter vor allem in West und Mitteleuropa typisch war. Seine privilegierten Bewohner (meistens der Adel) bilden eine Rechtsgemeinschaft und haben… …   Deutsch Wikipedia

  • Landtagswahl — Landtag steht für heutige Parlamente, für: das Landesparlament eines deutschen Flächenlandes Landtag (Österreich), das Parlament eines österreichischen Bundeslandes Landtag (Südtirol), das Parlament des Landes Südtirol Liechtensteinischer Landtag …   Deutsch Wikipedia

  • Landtagswahlen — Landtag steht für heutige Parlamente, für: das Landesparlament eines deutschen Flächenlandes Landtag (Österreich), das Parlament eines österreichischen Bundeslandes Landtag (Südtirol), das Parlament des Landes Südtirol Liechtensteinischer Landtag …   Deutsch Wikipedia

  • Bürgerschaftswahl — Größte Fraktion in den Landesparlamenten. Punkte in Ostdeutschland: Zweitgrößte Fraktion. Schwarz: CDU/CSU. Rot: SPD. Violett: Linke. Stand: 25. Februar 2008. Landesparlament ist der Sammelbegriff für die Parlamente der Länder der Bundesrepublik… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”