Landgrafschaft Thurgau

Landgrafschaft Thurgau
Das Herzogtum Schwaben (orange) und das Königreich Hochburgund (grün) um das Jahr 1000
Das Wappen der Landgrafschaft Thurgau 1417–1798. Das sog. zweite Kyburger Wappen geht auf Rudolf von Habsburg zurück, der das Kyburger Wappen farblich anpasste.
Das Wappen des Kantons Thurgau bestimmte die provisorische Regierungskommission am 13. April 1803. Blasonierung (Auszug aus dem Dekret): Das Kantons-Wappen bestehet aus einem schräg getheilten Schild, wovon der obere Theil weiß, und der untere hellgrün ist; in beyden Feldern befinden sich zwey springende Löwen, (...).
Da das heutige Wappen den strengen Regeln der Heraldik nicht entspricht (Gold auf Silber), kam es immer wieder zu Änderungsversuchen. Der Regierungsrat des Kantons Thurgau schlug dem Grossen Rat in seiner Botschaft vom 23. März 1948 diesen Entwurf vor, doch der Grosse Rat lehnte die Änderung ab und wollte die goldenen Löwen behalten.

Der frühmittelalterliche Thurgau gehörte zum Herzogtum Schwaben und reichte vom Rhein bis zur Schöllenen und vom Bodensee bis an die Aare, deshalb hiess das erste Dorf nach der Grenze Turgi, weil es im Thurgau lag. Im 9. Jahrhundert wurde der Zürichgau inklusive die zentralschweizerischen Gebiete vom Thurgau getrennt. Später sonderte sich das Toggenburg, die alt-sanktgallischen Lande sowie das Appenzell vom Thurgau ab. Im frühen 10 Jahrhundert, als das Herzogtum Schwaben durch erbitterte Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Adelsgeschlechtern zerrissen war, versuchte König Rudolf II. von Hochburgund seine Herrschaft bis in den Thurgau auszudehnen. Dabei kollidierte er nach 917 mit den Ansprüchen des neuen Herzogs Burchard II. von Schwaben. Im Jahre 919 kam es zur Schlacht bei Winterthur, in der Herzog Burchard siegreich blieb und sich damit den Thur- und den Zürichgau sichern konnte.

Inhaltsverzeichnis

Hoch- und Spätmittelalter

Im Hochmittelalter wurde die Landgrafschaft Thurgau von den Herzogen von Zähringen verwaltet, danach von den Grafen von Kyburg. 1264 bis 1460 stand der Thurgau unter der Herrschaft der Grafen von Habsburg, doch lag das Interesse der Habsburger bereits Ende des 13. Jahrhunderts bei den neuen Besitzungen in Österreich. Sie liessen das Landgericht von freiherrlichen Landrichtern verwalten, ebenso traten österreichische Landvögte auf. Neben dem Landgericht und der Landvogtei besassen die Grafen von Habsburg in der Gegend von Frauenfeld und Diessenhofen zahlreiche Güter und Zinsrechte, die im Habsburger Urbar verzeichnet sind. Der thurgauische Adel nahm an den meisten kriegerischen Auseinandersetzungen der Herzöge von Österreich in der Schweiz an deren Seite teil. So fielen in der Schlacht am Morgarten neben vielen Edelleuten und Knappen drei Ritter von Bichelsee, drei von Weinfelden, vier von Landenberg und einer von «Luterberg». An der Schlacht am Stoss 1405 fielen zahlreiche thurgauische Edelleute. Daraufhin verheerten die Appenzeller fast den ganzen Thurgau und brachen etliche Burgen oder nötigten sie zur Übergabe. Allein Altenklingen, Bürglen und Frauenfeld trotzen ihrer Belagerung. Während der Reichsacht 1415 Herzogs Friedrich von Österreich durch Kaiser Sigismund besetzte Burggraf Friedrich von Nürnberg den Thurgau als erledigtes Reichslehen. Die beiden festen Städte Diessenhofen und Frauenfeld ergaben sich nach einigem Zögern. Damit wurde der Thurgau kurze Zeit reichsunmittelbar, und die die Stadt Diessenhofen konnte sich sogar die Rechte einer freien Reichsstadt erwerben (bis 1442). Kaiser Sigismund aber verpfändete 1415 die Vogtei Frauenfeld und 1417 das Landgericht der Stadt Konstanz. Nach der eidgenössischen Eroberung des Aargaus bei derselben Reichsacht strebten die Eidgenossen Rhein und Bodensee als natürliche Grenze an. Sie bewarben sich zwar 1417 umsonst für das Landgericht, doch mit eigener Kraft gelang der Kauf der Grafschaften Kyburg (1424) und Andelfingen (1434) durch Zürich. 1460 wurde die Landgrafschaft Thurgau von den sieben eidgenössischen Orten Zürich, Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden, Zug und Glarus erobert – das Landgericht Thurgau verblieb aber bis 1499 der Stadt Konstanz.

Reformation

Die Reformation setzte sich im Thurgau 1529 beinahe vollständig durch, aber während der Gegenreformation im 16./17. Jahrhundert wurden zahlreiche thurgauische Ortschaften rekatholisiert.

Frühe Neuzeit

Von 1460 bis 1798 war der Thurgau eine gemeine Herrschaft der sieben, bzw. ab 1712 mit Bern, acht regierenden Orten der Alten Eidgenossenschaft. Ausserdem waren neben den erwähnten acht Orten noch Freiburg und Solothurn an den Einnahmen des Landgerichts (Malefiz[1]) beteiligt.

Kantonsgründung

Am 2. März 1798 erlangte der Thurgau die Freiheit, doch bereits im April wurde der Thurgau eine Verwaltungseinheit der Helvetischen Republik, 1803 ein selbständiger und gleichberechtigter Kanton der Schweizerischen Eidgenossenschaft.

1830 bis heute

Nach der Julirevolution von 1830 machte der Thurgau unter der Führung des Pfarrers Thomas Bornhauser den Anfang mit der Demokratisierung der schweizerischen Kantone durch seine neue, am 26. April 1831 angenommene Verfassung. Seitdem gehörte der Thurgau beständig zu den liberalen Kantonen, nahm teil an den Badener Konferenzbeschlüssen, hob 1848 seine Klöster bis auf eines auf und erklärte sich für Annahme der neuen Bundesverfassung wie auch für die Revisionen derselben 1872 und 1874. Nachdem schon 1837 und 1849 das Grundgesetz revidiert worden war, begann 1868 eine neue Revisionsbewegung, welche die Einführung des Referendums und der Initiative, der direkten Volkswahl der Regierung usw. anstrebte und in der Verfassung vom 28. Februar 1869 ihren Abschluss fand.

1920 wurde der Grosse Rat erstmals nach dem Proporzwahlrecht bestellt, 1988 schaffte eine Verfassungsrevision den typisch thurgauischen Dualismus von Ortsgemeinden und Munizipalgemeinden (siehe Frühere Gemeindeorganisation des Kantons Thurgau) ab zugunsten von einheitlichen politischen Gemeinden, und 1990 trat die neue Kantonsverfassung von 1987 in Kraft.

Anmerkung

  1. Kapitalverbrechen, ein einzelner schwerer Rechtsbruch wie auch die Gesamtheit der unter die Hochgerichtsbarkeit fallenden Verbrechen.

Siehe auch

Weblinks


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