Anna (Heilige)

Anna (Heilige)
Fresco der Heiligen Anna aus Farras (8. Jh. n. Chr.)

Die Heilige Anna (hebräisch: Hannah) war laut mehreren apokryphen Evangelien des 2. bis 6. Jahrhunderts die Mutter Marias bzw. die Großmutter von Jesus Christus.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Die Lebensgeschichte ist dem alttestamentlichen Vorbild von Hannah und ihrem Sohn Samuel nachgezeichnet. Nach zwanzigjähriger kinderloser Ehe mit Joachim (hebräisch: Jojakim) gebar Anna Maria.

Nach der Lehre der römisch-katholischen Kirche geschah die Empfängnis Marias als unbefleckte Empfängnis, das heißt, sie wurde zwar auf natürliche Weise von ihrem leiblichen Vater gezeugt und von Anna empfangen und geboren, aber durch einen Akt göttlicher Gnade vor dem Schaden der Erbsünde bewahrt.

Nach der Legende brachten sie Maria in Erfüllung eines Gelübdes im Alter von drei Jahren zur Erziehung in den Tempel nach Jerusalem. In Anknüpfungen an biblische und apokryphe Aussagen zur Verwandtschaft Jesu entstand im Frühmittelalter die von der Legende noch weiter ausgestaltete Vorstellung von der „Dreiheirat“ (trinubium) Annas und der daraus hervorgegangenen „Heiligen Sippe“. Danach hatte sie nach Joachims Tod noch zwei weitere Ehemänner, Kleophas und Salomas, denen sie ebenfalls jeweils eine Tochter namens Maria gebar, welche dann ihrerseits Jünger und Apostel zu Söhnen hatten.

Von Franz Ludwig Herrmann 1750 gemalte Figur der heiligen Anna am Scheinaltar der Schlosskapelle Mammern
Sühnedenkmal in Neuenkirchen, Mutter Anna mit Maria
Reliefdarstellung der heiligen Anna aus der spätgotischen Annakirche zu Düren

Verehrung

Im Jahr 550 wurde ihr zu Ehren in Konstantinopel eine Kirche errichtet. 1142 erbaute von Avda, die Witwe des Königs Balduin, neben dem Bethesda-Teich in Jerusalem die St. Anna-Kirche, weil man dort die Wohnung von Joachim und Anna vermutete. Einen schwunghaften Anstieg der Verehrung erfährt sie seit dem 13. Jahrhundert, der im 15. und 16.Jahrhundert seinen Höhepunkt erreicht. Er manifestiert sich in Legenden zu ihrer Vita, in Wundererzählungen über die nach ihrem Tod gewirkten Wunder, in Gebeten und in bildlichen Darstellungen, so auch in den besonders im deutsch-niederländischen Raum beliebten Darstellungen der Anna selbdritt (Anna, Maria und das Jesuskind) und der Heiligen Sippe (diverse Verwandtschaft Jesu). Die heilige Anna war so lange Zeit die Lieblingsheilige Martin Luthers und Kaiser Maximilians. Dieser ließ sich 1496 in die Annenbruderschaft zu Worms aufnehmen. 1481 ließ Papst Sixtus IV. den Gedenktag der Anna in den römischen Kalender aufnehmen. 1584 bestimmte Papst Gregor XIII. ihren Festtag, den Annentag, auf den 26. Juli.

Seit 1501 befindet sich eine angebliche Kopf-Reliquie der hl. Anna, das Annahaupt, in Düren. Die spätgotische St. Annakirche wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Ihr Neubau erfolgte 1956 durch den Architekten Rudolf Schwarz. Weitere Reliquien befinden sich in Wien und anderen Städten. In Schlesien ist der St. Annaberg seit Jahrhunderten ein zentraler Wallfahrtsort. In der NS-Zeit fanden dort große Demonstrationen des Glaubens statt. Nach dem Krieg wurde der Ort ein Symbol für die verlorene Heimat, aber auch ein Platz, von dem Versöhnung ausgeht. Auch die heutigen Schlesier halten ihn hoch in Ehren. Die Vertriebenen haben die Annaverehrung in die neue Heimat mitgenommen und treffen sich jährlich am Annatag z. B. auf dem Annaberg in Haltern.

Sie ist Patronin von Florenz, Innsbruck, Neapel, der Bretagne, sowie der Mütter und der Ehe, der Hausfrauen, Hausangestellten, Witwen, Armen, Arbeiterinnen, Bergleute, Weber, Schneider, Strumpfwirker, Spitzenklöppler, Knechte, Müller, Krämer, Schiffer, Seiler, Tischler, Drechsler, Goldschmiede, der Bergwerke, für eine glückliche Heirat, für Kindersegen und glückliche Geburt, für Wiederauffinden verlorener Sachen und Regen. Sie soll gegen Fieber, Kopf-, Brust- und Bauchschmerzen, Gewitter schützen (vergleiche das Gebet des jungen Luthers an Anna, ins Kloster zu gehen, wenn sie ihn in einem schweren Gewitter rettet).

Patrozinien siehe Annenkirche.

In verschiedenen Gegenden Deutschlands (z. B. in Franken und in Westfalen) wird jährlich das Annafest als Volksfest gefeiert. Die Annakirmes in Düren, heute ein Volksfest mit mehr als einer Million Besucher und einer über 500 jährigen Tradition, geht auf die Sankt-Annawallfahrt zurück. Einer der Höhepunkte der jährlichen Anna-Oktav ist die feierliche Erhebung des Annahauptes aus ihrem mittelalterlichen Schrein.

In Heilbronn befindet sich eine alte Linde auf der ehemaligen Grundfläche einer ihr geweihten Kapelle. Dieses Naturdenkmal, das an eine alte Legende erinnert, heißt Annalinde. 2001 fand man bei Ausgrabungen eine St. Anna gewidmete Feldkirche bei Bad Münder.

Der größte Pardon (Prozession) in der Bretagne führt an ihrem Namenstag zum Brunnen der Heiligen Anna in Sainte-Anne-d’Auray.[1]

Literatur

  • P. V. Charland: Madame Sainte Anne e son culte au Moyen Age. 3 Bde. Quebec 1911-1912.
  • Angelika Dörfler-Dierken: Die Verehrung der heiligen Anna in Spätmittelalter und früher Neuzeit. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1992, ISBN 3-525-55158-4
  • Angelika Dörfler-Dierken: Vorreformatorische Bruderschaften der hl. Anna. In: Abhandlungen der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse, Jg. 1992, Abh. 3. Winter, Heidelberg 1992, ISBN 3-533-04583-8.
  • Anna. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL).
  • Marlies Buchholz: Anna selbdritt. Bilder einer wirkungsmächtigen Heiligen. Langewiesche-Königstein 2005.

Weblinks

 Commons: Heilige Anna – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Marie-Louise Plessen, Daniel Spoerri: Heilrituale an bretonischen Quellen, Casti 1977, Privatdruck von Paul Gredinger, ISBN 3-85712-001-0

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Anna selbdritt (Gemälde) — Anna selbdritt Leonardo da Vinci, ca. 1501 ? Öl auf Leinwand, 168 cm × 130 cm Louvre Anna selbdritt ist der deutsche Titel eines Gemäldes des italienischen Malers Leonardo da Vinci. Der italienische Titel Anna Metterza …   Deutsch Wikipedia

  • Anna — ist ein weiblicher Vorname. Inhaltsverzeichnis 1 Herkunft und Bedeutung 2 Varianten 3 Namenstag 4 Popularität …   Deutsch Wikipedia

  • Anna (Begriffsklärung) — Anna bezeichnet: Anna, einen Vornamen Heilige Anna, siehe Anna (Heilige) Anna (Fernsehserie), die Weihnachtsfernsehserie des ZDF 1987 Anna – Der Film, die Kinoadaption der Fernsehserie Anna… Exil New York, ein Filmdrama mit Sally Kirkland Anna… …   Deutsch Wikipedia

  • Anna selbdritt — Anna selbdritt, Glasmalerei, Kölner Werkstatt, 1510–1530, Wilhelm Hack Museum …   Deutsch Wikipedia

  • Anna von Dänemark — Anna (nach der Heiligen Anna) ist der Name folgender skandinavischer Prinzessinnen: Anna von Dänemark und Norwegen (1532–1585), Kurfürstin von Sachsen Anna von Dänemark und Norwegen (1647–1717), Kurfürstin von Sachsen Anna von Dänemark und… …   Deutsch Wikipedia

  • Anna [2] — Anna, Heilige, nach der Tradition Gattin des heil. Joachim, dem sie nach 20jähriger Unfruchtbarkeit Maria, die Mutter Jesu gebar; die röm. kath. Kirche feiert den Annentag 26. Juli, die orthodoxe 25. Juli. Im 13. Jahrh. bildeten sich sog.… …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Heilige Sippe — Hans Thomann: Heilige Sippe, Memmingen um 1515 (Bode Museum, Berlin) Heilige Sippe ist in der Ikonografie ein fester Begriff für die Darstellung der Verwandten Jesu. Es handelt sich hierbei nicht um einen Stammbaum, wie fälschlicherweise oft… …   Deutsch Wikipedia

  • Heilige Anna — Fresco der Heiligen Anna aus Farras Die Heilige Anna (hebräisch: Hannah), Mutter Marias war laut mehreren apokryphen Evangelien des 2. bis 6. Jahrhunderts die Großmutter von Jesus Christus. Inhaltsver …   Deutsch Wikipedia

  • Heilige Jungfrau — Die Sixtinische Madonna von Raffael aus dem Jahr 1512/1513, eine der bekanntesten Mariendarstellungen …   Deutsch Wikipedia

  • Anna [1] — Anna (weiblicher Name, von römischen Etymologen als fem. von annus, die Dauernde, Bleibende, von biblischen als die Anmuthige, Huldreiche erklärt). Denkwürdig sind: I. Mythische Person: 1) A., Tochter des Königs Belus von Tyrus, Schwester der… …   Pierer's Universal-Lexikon

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”