LMS-Farbraum

LMS-Farbraum

Der LMS-Farbraum ist der für jeden Betrachter von Farblichtern oder gefärbten Flächen wirksame Farbraum. Er ist eine physikalisch-mathematische Darstellung des zugrunde liegenden biologisch-psychologischen Prozesses. Der LMS-Farbraum ist der eigentliche Zapfenfarbraum.

Inhaltsverzeichnis

Theorie

Jegliche Farben lassen sich nach dem ersten Grassmannschen Gesetz durch drei Grundfarben darstellen. Deshalb lässt sich jeder Farbnuance in einem dreidimensionalen Vektorraum ein Farbort zuordnen. Diese Betrachtungsweise ist die abstrahierte Symbolik die für farbgebende Methoden, die Farbmetrik und technische Behandlung von Farben, wie etwa die Farbwiedergabe dieses Bildschirms notwendig wurde. Farbräume sind an unterschiedliche Aufgaben angepasst und als CIE-Normfarbraum, RGB-Farbraum, CMYK-Farbraum oder LAB-Farbraum in Benutzung.

Absorptionsspektren der Zapfen und Stäbchen von Menschen und Rhesusaffen

Eine Strahlung im sichtbaren Bereich direkt von einer Lichtquelle oder indirekt von einer Oberfläche übt einen Farbreiz aus. Dieser verursacht in den drei Zapfen des menschlichen Sehorgans eine Farbvalenz, einen Farbwert. Im nachfolgenden Vorgang im Körper wird dies als Farbton wahrgenommen. Für die „stimulierte“ Reaktion der Farbzentren ist der Begriff Tristimulus gebräuchlich, obwohl dieser Begriff für die abgewandelten Normvalenzen genutzt wird.

Zur Illustration sind die „Spektralvalenzen“ der Zapfen im Diagramm dargestellt. Die Werte sind unmittelbar an menschlichen L-, M- und S-Zapfen, sowie menschlichen Stäbchen mit einem Mikroskopspektrometer gemessen worden[1]. Zusätzlich sind die Messwerte an Rhesusaffen eingetragen, die von Bowmaker durchgeführt wurden.[2].

Die Farbrezeptoren jedes Auges haben eine individuelle spektrale Empfindlichkeit. Diese wird im Wahrnehmungsprozess zu einem bestimmten Sinneseindruck im Nervensystem geformt. Dies gilt für jedes Auge, egal ob tierisch oder menschlich und den nachfolgenden Nervenapparat. Jeder normalfarbsichtige Mensch besitzt drei Arten von „farbempfindlichen“ Zapfen. Diese werden nach der Lage des Maximums ihrer Empfindlichkeit als L-, M- und S-Zapfen bezeichnet.

In deutschsprachiger Literatur wird für S-Zapfen mitunter auch K-Zapfen gesetzt. Die L-Zapfen nehmen vorrangig den Farbreiz der Strahlung aus dem langwelligen Rotbereich wahr, die M-Zapfen den mittleren Grünbereich und die S-/K-Zapfen den kurzwelligen Blaubereich des Spektrums. Zum Empfangssystem des Sehsinns gehören auch noch die Stäbchen, englisch: rods.

Trotz individueller Unterschiede in den spektralen Absorptionseigenschaften dieser Zapfen, die etwa durch genetische Variationen entstehen, und dem spezifischen Einfluss von Linse oder Glaskörper im Auge, der durch persönliche Färbung oder etwa im Alter durch Trübung bestimmt wird, stimmen die Absorptionskurven für alle normalsichtigen Menschen gut überein.

Die Gesamtheit der wahrnehmbaren Farbreize, also der Farben, wird letztlich auf diese drei Größen L, M, S abgebildet. In der „objektiven Welt“ sind es spektrale Verteilungen, die bei jeder (sogar kontinuierlich gestuften) Wellenlänge zwischen etwa 380 nm und 780 nm Farbreize mit je einer Intensität von 0 % bis 100 % sind.

Mitunter werden diese drei ursächlichen Farbwerte nach dem Empfindungsmaximum auch mit R(ot), G(rün), B(lau) bezeichnet. Da dies zu Verwechslungen mit den Koordinaten des RGB-Farbraumes führen kann ist auch P, D, T üblich, wobei der ausgefallene Rezeptor bei Farbenfehlsichtigen, also P[rotanopie], D[ichromasie] und T[ritanopie] benutzt wird. Ein anderes System nutzt die griechischen Buchstaben ρ , γ , β. Dabei steht Rho für L- oder R-, Gamma für M- oder G- und Beta für S-Zapfen oder die Blauempfindlichen.

Es lässt sich ein dreidimensionaler Vektorraum bilden, der von den drei Achsen L, M, S aufgespannt wird.

 \vec L {,} \vec M {,} \vec S ... ersatzweise auch  \vec P {,} \vec D {,} \vec T

Der eingestrahlte, das Auge treffende Farbreiz hat die spektrale Zusammensetzung f(λ), die aufnehmenden Zapfen absorbieren mit den Spektralwerten l(λ), m(λ) und s(λ). Diese (Zapfen-)Spektralwerte sind die Farbwerte in den Farbgleichungen und ergeben die spektralen Farbvalenzen.

 \vec F {(} \lambda {)} { = }  l {(} \lambda {)} \ast \vec L +   m {(} \lambda {)} \ast \vec M +   s {(} \lambda {)} \ast \vec S

Man erhält die ans Nervensystem geleitete Farbvalenz, mit den notwendigen drei Farbwerten oder je nach Interpretation den Farbort der Farbe im Farbraum.

Eine Spektralfarbe ist in der Farbmetrik ein ausreichend schmaler Ausschnitt des Spektrums mit der Bandbreite Δλ fast 0 nm, in der Praxis kann bestenfalls diese Breite 1 nm sein.

CIE-genormte Spektralwertkurven der drei Farbrezeptoren X (rot), Y (grün) und Z (blau), dies sind die Tristimuluskurven in X,Y,Z
Verhältnis der Tristimuluswerte. Beispielsweise betragen die Tristimulus-Verhältnisse bei 480 nm angenähert: x=10 %, y=15 %, z=75 %

Geschichtliches

Die Messung der individuellen Absorptionsspektren L(λ), M(λ) und S(λ) ist eine aufwendige Messaufgabe. Die Grundsteine für die CIE-Systeme legten die Messungen und Arbeiten von Maxwell, König, Dieterici und Abney, die 1922 von der OSA (Optical Society of America) zusammengefasst und in bearbeiteter Form veröffentlicht wurden. Da zu dieser Zeit die Möglichkeiten und die Genauigkeit der Messungen unzulänglich waren, haben David Wright (1928) und John Guild (1931) unabhängig voneinander neue und genauere Mischungsversuche (color matches) und fotometrischen Vergleiche durchgeführt und eine neue Basis an grundlegenden Daten geschaffen. Die jeweiligen Daten stimmen sehr gut miteinander überein und bestätigen im Rahmen der Genauigkeit auch die alten Messungen. 1931 wurden Wrights und Guilds Daten von der CIE international als Datenbasis empfohlen. Stiles, Burch und Speranskaya lieferten später weitere Daten, die das System erweiterten und ebenfalls die Messungen von Wright und Guild bestätigten.[3] Bowmaker führte dann schließlich direkt am Objekt mit einem Mikroskop-Spektrometer Messungen zu den Absorptionseigenschaften der Zapfen durch. Die direkten Messungen zeigten, dass die bis zu diesem Zeitpunkt nur indirekt berechenbaren LMS-Empfindlichkeitswerte sehr gut mit den Messergebnissen, also den tatsächlichen Werten übereinstimmten.

Da der originäre LMS-Farbraum für technische Zwecke einige Nachteile enthält, wurden die Zapfenvalenzen L M S durch die virtuellen Normvalenzen X Y Z ersetzt und der CIE-Norm 1931 zugrundegelegt. Die Zahl der Individuen war aus diesen messtechnischen Gründen der 1930er Jahre auf insgesamt 17 ausgesuchte Personen begrenzt. Guild selbst hatte nur Messungen an 7 Personen durchgeführt. Dies wird bis heute als weiterer Nachteil und potentielle Fehlerquelle angesehen. Dennoch hat Stiles 1955 bei nachfolgenden Messungen festgestellt, dass die Daten dieser 17 Personen eine angemessene Repräsentation des 2°-Standardbeobachters darstellen und gewährleisten.[4] Da sich aber heute die CIE-Normwerte durchgesetzt haben, wird vorwiegend mit Transformationen wie dem DIN99-Farbraum unter Nutzung der Rechentechnik korrigiert.

Zur Berücksichtigung aller normalsichtigen Beobachter, die vom Standardbeobachter abweichen, gibt es ergänzende Datensätze (standard deviate observer, Standardabweichungs-Beobachter) zu den CIE-Daten, die sowohl für den 2°- als auch für den 10°-Standardbeobachter gelten.[5]

Literatur

  • Manfred Richter: Einführung in die Farbmetrik. Walter de Gruyter, Berlin 1976.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Dem Diagramm liegen die Messwerte von Bowmaker und Mollon zu Grunde, die 1983 veröffentlicht wurden
  2. Dem Diagramm liegen die Messwerte von Bowmaker aus 1983 veröffentlicht zu Grunde.
  3. David L. MacAdam: Color Measurement 2. ed.. Springer-Verlag - Kap. 1.4 „Color Specification in Terms of Equivalent Stimuli“
  4. R. W. G. Hunt: Measuring Colour. Ellis Horwood Ltd. 1987 - S.44
  5. R. W. G. Hunt: Measuring Colour, Ellis Horwood Ltd. 1987. - Tabelle 7.1 „Modifications of CIE colour-matching functions to obtain a standard deviate observer“
Farb-Check-RGB.png

Die in diesem Artikel verwendeten Farben werden auf jedem Monitor anders dargestellt und sind nicht farbverbindlich. Eine Möglichkeit, die Darstellung mit rein visuellen Mitteln näherungsweise zu kalibrieren, bietet das nebenstehende Testbild: Tritt auf einer oder mehreren der drei grauen Flächen ein Buchstabe („R“ für Rot, „G“ für Grün oder „B“ für Blau) stark hervor, sollte die Gammakorrektur des korrespondierenden Monitor-Farbkanals korrigiert werden. Das Bild ist auf einen Gammawert von 2,2 eingestellt – den gebräuchlichen Wert für IBM-kompatible Computer. Apple-Macintosh-Rechner hingegen verwenden bis einschließlich System 10.5 („Leopard“) standardmäßig einen Gammawert von 1,8, seit dem System 10.6 („Snow Leopard“) kommt Gamma 2,2 zum Einsatz.


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