Kurt Wolff Verlag

Kurt Wolff Verlag

Kurt Wolff (* 3. März 1887 in Bonn; † 21. Oktober 1963 in Ludwigsburg) war ein deutscher Verleger. Er gründete den zu seiner Zeit wichtigsten Verlag für expressionistische Literatur in Deutschland. Der Kurt Wolff Verlag existierte von 1913 bis 1940.

Inhaltsverzeichnis

Leben und verlegerische Tätigkeit

Kurt Wolff wurde 1887 als Sohn des Professors für Musikgeschichte Leonhard Wolff in Bonn geboren. 1907 heiratete Wolff die siebzehnjährige Elisabeth Merck. Im darauf folgenden Jahr lernte er Ernst Rowohlt in Leipzig kennen, der 1908 seinen Verlag gründete und dessen stiller Teilhaber Wolff wurde. Am 1. November 1912 stieg Rowohlt auf Grund persönlicher Differenzen aus dem gemeinsamen Unternehmen aus, das Wolff übernahm und in Kurt Wolff Verlag umbenannte. Bald versammelte das Haus bedeutende zeitgenössische Autoren, u. a. Walter Hasenclever, Franz Kafka und Georg Trakl. Einige Schriftsteller wie Franz Werfel und Kurt Pinthus arbeiteten sogar als Lektoren aktiv im Unternehmen mit. Dabei kam der hochwertigen und schönen Ausstattung der Bücher von Beginn an eine wichtige Rolle zu. Schon 1910 entstand die bibliophile Reihe der Drugulin-Drucke, wobei der Typographie und dem Druck besondere Aufmerksamkeit geschenkt wurden. Die Werke konnten jedoch nicht nur von Liebhabern erworben werden, sondern waren durch ihre moderaten Preise auch für finanziell weniger gutbetuchte Käufer erschwinglich. Die Drugulin-Druckerei, in deren Haus der Verlag gezogen war, erlangte schon damals weltweite Anerkennung für ihre Arbeiten. 1918 erwarb der Verleger die Firma, die später jedoch in andere Hände überging.

Bereits im Jahr der Verlagsgründung erschien die Buchreihe Der jüngste Tag, in der Autoren wie Fritz von Unruh, Carl Sternheim, Kasimir Edschmid, Arnold Zweig, René Schickele oder Heinrich Mann vertreten waren. Von Mann wurde 1916 eine Gesamtausgabe veröffentlicht und 1918 das Buch Der Untertan, welches sechs Wochen nach der Herausgabe eine Auflage von 100.000 Exemplaren erzielte.

Weitere Buchreihen des Hauses waren Der neue Roman, die an ihren gelben Schutzumschlägen erkennbar war, Der europäische Roman und die Sammlung Die Schwarzen Bücher, die Originalgraphiken von zeitgenössischen Künstlern enthielt.

Da Kurt Wolff in den Krieg ziehen musste, beauftragte er 1914 Georg Heinrich Meyer als Stellvertreter für die Firma, die durch diesen einen Aufschwung erfuhr.

Wolff war Inhaber vieler Imprintverlage (u. a. Verlag der Weissen Bücher, seit 1918, Hyperion-Verlag Hans von Weber, seit 1917) und gründete 1917 mit Peter Reinhold und Curt Theising in Leipzig den Verlag Der Neue Geist. 1918 ging das Unternehmen ganz an Peter Reinhold über und verschmolz 1933 mit dem Kurt Wolff Verlag.

1919 zog die inzwischen auf 60 Mitarbeiter angewachsene Firma von Leipzig nach München um. Im gleichen Jahr erschien Genius. Zeitschrift für alte und werdende Kunst, die 1921 allerdings wieder eingestellt werden musste. Das Verlagsprogramm umfasste zu diesem Zeitpunkt Weltliteratur ebenso wie Lyrik und Dramatik. Seit den Zwanzigern konzentrierte sich der Verleger verstärkt auf die internationale Literatur und Kunstpublikationen.

Kurt Wolff; Ausstellungsplakat 2007

1924 gründete Wolff in Florenz den Verlag Pantheon Casa Editrice S.A., in dem aufwändig hergestellte kunstwissenschaftliche Monumentalausgaben in vielen europäischen Ausgaben erschienen. Zu Beginn der dreißiger Jahre geriet das Münchener Haus in eine immer tiefere Finanzkrise, und Wolff begann nach und nach seine Bestände aufzulösen. Er ließ sich von seiner Frau scheiden und emigrierte schließlich in ein Dorf bei Florenz. Mit seiner zweiten Frau Helen betrieb er dort eine Art Pension, floh aber 1938 mit ihr und ihrem gemeinsamen Kind nach Frankreich. Zwei Jahre später - Wolff war zwischenzeitlich auch interniert gewesen - gelang ihnen von dort in letzter Minute die Flucht in die USA/New York, wo Wolff mit seiner Frau 1942 den Verlag Pantheon Books, Inc. gründete, der schon bald sehr erfolgreich war. Mitunter wurden hier englische Übersetzungen von deutschen Dichtern herausgegeben. 1960 trennte er sich von Pantheon Books und kehrte wieder nach Europa zurück. Bei einem Besuch in Deutschland im Jahr 1963, auf dem Weg zum Deutschen Literaturarchiv in Marbach, wurde Wolff von einem Lastwagen erfasst und erlag kurz darauf seinen Verletzungen. Er wurde in Marbach bestattet.

1933 erwarb Peter Reinhold die Aktienmehrheit des Geschäftes, bis der Name Kurt Wolff-Verlag 1940 schließlich ganz erlosch und in Genius Verlag umbenannt wurde. Nach dem Tod des Besitzers wurde die Firma 1956 aufgelöst.

Zitat

„Man verlegt entweder Bücher, von denen man meint, die Leute sollen sie lesen, oder Bücher, von denen man meint, die Leute wollen sie lesen. Verleger der zweiten Kategorie zählen für uns nicht – nicht wahr?“

Literatur

  • Autoren, Bücher, Abenteuer. Betrachtungen und Erinnerungen eines Verlegers, 1965
  • Kurt Wolff. Briefwechsel eines Verlegers, 1911-1963, 1966
  • Wolfram Göbel: Der Kurt-Wolff-Verlag 1913-1930. Expressionismus als verlegerische Aufgabe. Mit einer Bibliographie des Kurt-Wolff-Verlages und der ihm angeschlossenen Unternehmen 1910–1930 Univ. Diss. München 1977; Sonderdruck: Buchhändler-Vereinigung, Frankfurt 1977 ISBN 3-7657-0574-8
  • Friedrich Pfäfflin (Bearb.): Kurt Wolff – Ernst Rowohlt: Ausstellung von Juni-Dezember 1987 im Schiller-Nationalmuseum Marbach am Neckar Deutsche Schillergesellschaft, Marbach 1987
  • Helmut Frielinghaus u.a.: Kurt Wolff zum Hundertsten Kellner, Hamburg 1987 ISBN 3-922035-39-6
  • Klaus Schuhmann: Walter Hasenclever, Kurt Pinthus und Franz Werfel im Leipziger Kurt-Wolff-Verlag (1913–1919): ein verlags- und literaturgeschichtlicher Exkurs ins expressionistische Jahrzehnt Lpz. Universitäts-Verlag, Leipzig 2000 ISBN 3-934565-83-2
  • Kurt Wolff: Autoren – Bücher – Abenteuer. Betrachtungen und Erinnerungen eines Verlegers Klaus Wagenbach, Berlin 2004 ISBN 3-8031-2488-3
  • Josef Niesen: Bonner Personenlexikon Bouvier, Bonn 2007 ISBN 978-3-416-03159-2
  • Barbara Weidle (Hg.): Kurt Wolff. Ein Literat und Gentleman Weidle, Bonn 2007 ISBN 978-3-938803-01-1 Begleitbuch zur Ausstellung 2007 (siehe Weblinks: K-W-Stiftung)

Weblinks

Siehe auch


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