Kurt Kretschmann

Kurt Kretschmann
Kurt Kretschmann mit Kindergruppe (1979)
Naturschutz-Eule

Kurt Kretschmann (* 2. März 1914 in Berlin; † 20. Januar 2007 in Bad Freienwalde) war ein deutscher Naturschützer.

Er gilt als „Nestor des Naturschutzes in Ostdeutschland“ und hat das inzwischen bundesweit gültige Naturschutzschild erfunden, das auf gelbem Hintergrund eine schwarze Waldohreule zeigt.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Kretschmann wurde am 2. März 1914 in Berlin geboren, besuchte die Volksschule und arbeitete nach einer Schneiderlehre als Zuschneider in einer Berliner Firma. Als diese 1933 ihre Produktion auf Uniformen umstellte, kündigte der überzeugte Pazifist und zog mit einem Freund in eine Laube in Rüdnitz bei Bernau.

Durch intensives Fasten gelang es ihm, sich 1935 der Einberufung zum Wehrdienst zu entziehen. Er wurde dann 1936 doch eingezogen, aber nach fünf Monaten entlassen, da er als „gefährlich für den Geist der Truppe“ galt. Hierauf begab er sich auf eine Wanderschaft über 12.000 km, die ihn durch Deutschland, die Schweiz und Oberitalien führte.

1941 wurde er zur Zwangsarbeit eingezogen und nach Verhören durch die Gestapo 1942 als Sanitäter in der Wehrmacht an die Front in die Sowjetunion geschickt.

1944 wurde er zum Tode verurteilt. Eine Verwundung verhinderte die Vollstreckung des Urteils, und während eines Heimaturlaubs desertierte er 1945. Mehrere Monate versteckte er sich in einer Gartenlaube.

Seine Erlebnisse in der Laube in Rüdnitz und auf der Wanderschaft hatten sein Interesse am Naturschutz geweckt. So war er ab 1946 über 40 Jahre als Wanderleiter im Oberbarnim unterwegs. Schon 1949 wurde er Kreisbeauftragter für Naturschutz im Landkreis Oberbarnim und 1951 Landesbeauftragter für Naturschutz im Land Brandenburg. Von 1952 bis 1954 war er Referent für Naturschutz an der Akademie der Landwirtschaftswissenschaften in Berlin.

Im Jahr 1950 gestaltete er das Naturschutzschild, das in der DDR weit verbreitet und allgemein bekannt war. Es wurde im Rahmen der Wiedervereinigung überraschend als gesamtdeutsches Symbol übernommen.

Kretschmann war Gründer und Leiter der Lehrstätte für Naturschutz „Müritzhof“ (1954–1960) und initiierte den „Arbeitskreis zum Schutz vom Aussterben bedrohter Tierarten“. Er gründete 1976 die Arbeitsgruppe „Weißstorch“. In Rathsdorf rettete er einen 200 Jahre alten Brennofen, den Storchenturm Altgaul, auf dessen Spitze seit Menschengedenken Storchenpaare nisteten und richtete hier 1978 eine Weißstorchausstellung ein.

Das Haus der Naturpflege 1987

Im Jahr 1942 hatte er Erna Scherff (* 12. November 1912 in Bollinken bei Stettin; † 6. Januar 2001 in Bad Freienwalde) geheiratet und einen Sohn bekommen, der 1945 starb. Für die Familie baute er 1945/1946 ein Blockhaus in Bad Freienwalde. Dieses baute er ab 1960 zum „Haus der Naturpflege“ aus, das für alle geöffnet war, die an Naturschutz, natürlichem Gartenbau und vegetarischer Lebensweise interessiert waren. 1984 wurde es der öffentlichen Hand übergeben und steht auch heute als Museum und Heuhotel zur Verfügung.

Der Umstand, dass Kurt Kretschmann ein Pazifist, Kriegsdienstgegner und Deserteur war, wurde ihm zu DDR-Zeiten nicht sonderlich hoch angerechnet. Heute besteht in der Friedensinitiative/Antikriegsmuseum Anklam ein größeres Interesse an dieser Seite seiner Persönlichkeit.

Kretschmann war seit 1991 Ehrenpräsident des Naturschutzbundes Deutschland. Im Jahr 1993 erhielt er gemeinsam mit seiner Frau den Europäischen Umweltpreis. Am 2. März 1999, seinem 85. Geburtstag, wurde er Ehrenbürger seiner Heimatstadt Bad Freienwalde und lebte dort bis zu seinem Tod am 20. Januar 2007.

Seit dem 2. März 2009 führt die Oberschule in Bad Freienwalde den Namen Erna und Kurt Kretschmann-Schule.[1]

Werke

  • Landschaftsschutzgebiet Gamengrund-Seenrinne. VEB Bibliographisches Institut, 1957
  • Werbellinsee. VEB Bibliographisches Institut, 1960
  • mit Kurt Steinbring: Der Scharmützelsee und Bad Saarow-Pieskow. VEB Brockhaus, 1964
  • Lüge und Wahrheit – Kriegserlebnisse eines deutschen Soldaten. VWF, 1993 ISBN 3-89700-400-3
  • Und da leben sie noch? Berlin, Friedensbibliothek/Antikriegsmuseum, 1999
  • mit Helene Walter: Entstehung der Lehrstätte für Naturschutz „Müritzhof“. Verlag Lenover, Neustrelitz 1995 ISBN 3-930164-11-6
  • mit Rudolf Behm: Mulch total. OLV Organischer Landbau Verlag, 2001 ISBN 3-922201-18-0
  • mit David Stile und Jeanie Stiles: Lauben und Hütten. Ökobuch, 2002 ISBN 3-922964-84-2

Literatur

  • Diethart Kerbs: Lebenslinien. Deutsche Biographien aus dem 20.Jahrhundert. Mit einem Nachwort von Arno Klönne. Klartext-Verlag, Essen 2007, ISBN 978-3-89861-799-4.
  • Marion Schulz: Ein Leben in Harmonie. Kurt und Erna Kretschmann – für den Schutz und die Bewahrung der Natur. Findling, Buch- und Zeitschriften-Verlag, Neuenhagen 1999, ISBN 3-93360-302-1.
  • Michael Succow: Kurt Kretschmann – Naturschützer, Naturgärtner, Pazifist. In: Nationalpark. Nr. 121, 2003, S. 33-35.

Weblinks

 Commons: Kurt Kretschmann – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Märkische Oderzeitung: Oberschule ehrt Naturschützer vom 2. März 2009.

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