Kurt Giese

Kurt Giese

Kurt Giese (* 25. November 1905 in Brohse (Westpreußen); † 12. September 1979 in Wennigsen (Deister)) war im nationalsozialistischen Deutschen Reich Leiter des Hauptamtes III der Kanzlei des Führers, Beisitzer am Volksgerichtshof und an der Selektion von Strafgefangenen für die Aktion „Vernichtung durch Arbeit“ beteiligt.

Leben

Kurt Giese wurde am 25. November 1905 im westpreußischen Brohse geboren. Bereits 1923 trat er einer Jugendgruppe der NSDAP sowie der SA bei. 1928 wurde er Mitglied der NSDAP. Ab November 1935 war Giese in der Kanzlei des Führers tätig, der er bis Kriegsende angehörte. 1941 übernahm er als Reichshauptamtsleiter mit der Führung des Hauptamtes III das Gnadenamt für Parteiangelegenheiten.

Vom September 1940 bis 1944 gehörte er mit mehrfachen Unterbrechungen als Beisitzer dem 2. Senat des Volksgerichtshofes an.

Als Justizminister Otto Thierack im Oktober 1942 die Leiter der Strafanstalten über die mit dem Reichsführer-SS Heinrich Himmler ausgehandelte „Abgabe asozialer Gefangener an die Polizei“ unterrichtete, gehörte auch Giese zu der Kommission, die im November 1942 die Haftanstalten bereiste, um die „Asozialen“ zu selektieren. Diese wurden mit dem Ziel an die Polizei bzw. in die Konzentrationslager (KZ) der SS abgegeben, die Gefängnisse zu entlasten und durch die beschlossene Aktion „Vernichtung durch Arbeit“ in den KZ „den deutschen Volkskörper von Polen, Russen, Juden und Zigeunern“ zu „befreien“. Aus der Sicht des Justizministers war es außerdem nur logisch, auch die „Asozialen“ aus den Strafanstalten in die KZ zu überstellen, wenn sich dort bereits die nicht straffälligen dieser unerwünschten Gesellschaftsgruppe befanden. Die selektierten Strafgefangenen und Sicherungsverwahrten kamen zu zwei Drittel in das KZ Mauthausen bzw. in dessen Außenlager Gusen. Im April 1943 meldete der Chef des SS-Wirtschaftsverwaltungshauptamtes Oswald Pohl dem Justizminister, dass von 12.658 in die KZ überstellten Häftlingen bereits 5.935 gestorben seien. Giese, der 1944 die KZ Mauthausen und Auschwitz (dieses am 28. Juni 1944) besichtigte, konnte sich nach Kriegsende nicht erinnern, dass dort Häftlinge massenhaft zu Tode geschunden und ermordet worden seien.

In dem Verfahren gegen die Ministerialdirigenten im Reichsjustizministerium Rudolf Marx, Albert Hupperswiller u. a. war auch Giese angeklagt worden. Sämtliche Angeklagten wurden mit Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 24. März 1952 freigesprochen, da „die Beweisaufnahme (…) nicht einmal einen Anhaltspunkt dafür ergeben“ hatte, „daß die Angeklagten gewußt hätten, die Staatsführung wolle Körperverletzungen der KZ-Insassen.“[1]

Giese war nach dem Krieg als Rechtsanwalt in Hannover tätig; unter anderem hat er den T4-Gutachter Hans Heinze verteidigt.

Anmerkungen

  1. Urt. LG Wiesbaden vom 24. März 1952 2 Ks 2/51, zit. nach Klee „Personenlexikon“.

Literatur

  • Ernst Klee: „Euthanasie“ im NS-Staat. 11. Auflage, Fischer-Taschenbuch, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-596-24326-2.
  • Ernst Klee: Was sie taten – Was sie wurden. Ärzte, Juristen und andere Beteiligte am Kranken- oder Judenmord. 12.Auflage, Fischer-Taschenbuch, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-596-24364-5.
  • Ernst Klee: „Kurt Giese“ Eintrag in ders.: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Aktualisierte Ausgabe, Fischer-Taschenbuch, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-596-16048-0, S. 12.

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