Kunsthandel

Kunsthandel

Der Begriff Kunsthandel bezeichnet das gewerbsmäßige Handeln mit Kunstwerken. Auch der Galerist ist ein Kunsthändler, der aber in enger persönlicher Beziehung und Förderung von Künstlern deren Werke erstmals in seiner Galerie ausstellt und zum Verkauf anbietet (Primärmarkt), während der Kunsthändler in der Regel mit Kunstwerken handelt, die bereits die Galerien verlassen haben und auf dem Kunstmarkt zum Kauf und Verkauf angeboten und nachgefragt werden (Sekundärmarkt).

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Künstler hatten in den aufstrebenden Städten des Mittelalters den sozialen Status von Handwerkern inne. Sie waren in Zünften oder Gilden organisiert und stellten auftragsgemäß für hochstehende und wohlhabende Persönlichkeiten, für Freie Städte, Fürsten- und Königshöfe sowie kirchliche Einrichtungen Kunstwerke her und wurden dafür wie Handwerker nach Aufwand und Materialverbrauch entlohnt.[1] Im ausgehenden Mittelalter ging das Handwerk teilweise von der Kunden- zur Warenproduktion über, womit die Künstler mehr und mehr darauf angewiesen waren, mit den Erzeugnissen ihrer Werkstatt auf der Straße oder dem Markt Handel zu treiben. Sie reisten von Stadt zu Stadt, um ihre Werke anzubieten. So betrieb auch Albrecht Dürer auf seinen Reisen nach Italien und in den Niederlanden einen „ausgedehnten Handel mit eigenen und fremden Stichen“.[2] Zur Zeit der Renaissance waren die maßgebenden Künstler Hofkünstler oder privilegierte Hoflieferanten, die durch persönliches Mäzenatentum an Hof und Herrscher gebunden waren.[3] Von einem Kunsthandel im modernen Sinne kann erst nach der Renaissance gesprochen werden. Mit der Lockerung des Kunstpatronats waren bereits im Rom des frühen 17. Jahrhunderts professionelle Kunsthändler aufgetreten, die aber zunächst nur für junge und unerfahrene Künstler eine wichtige Rolle spielten. Sobald ein Künstler einen Ruf erlangt hatte, „arbeitete er nur noch in höchster Not für einen Händler“, der bei „den Malern wie in der Öffentlichkeit schlecht angeschrieben“ war.[4] Ein Kunstmarkt, der diesen Namen verdient, entstand erstmals im 17. Jahrhundert in den Niederlanden.[5] Für Rembrandt, der mit Auftraggebern schlecht zurecht kam, bot er die willkommene Gelegenheit, um die Abhängigkeiten des Patronage- und Auftragssystems abzuschütteln.[6]

Kunsthandel und Kunstmarkt

Dem Kunsthändler kommt eine Schlüsselstellung zwischen dem Künstler einerseits und dem Publikum andererseits zu. Er muss in der Lage sein, zahlungskräftige Liebhaber, vor allem Sammler, Museumsleute oder andere Händler für den Kauf seiner "Ware" zu gewinnen. Zudem darf der Kunsthändler die Fühlung mit dem Künstler nicht verlieren und hat vielfach großen Anteil an der Durchsetzung neuer Kunstrichtungen. Paul Durand-Ruel zum Beispiel hatte mit seinem Kunstverständnis die Impressionisten und ihre Kunst entscheidend gefördert, indem er unter anderem in der Rue Lafitte in Paris Ausstellungen veranstaltete.[7] Ambroise Vollard, Daniel Henry Kahnweiler sowie Paul Rosenberg und Georges Wildenstein förderten Pablo Picasso.[8]

Der moderne Kunsthandel wird hauptsächlich von folgenden Akteuren und Institutionen getätigt: Galerien, Kunsthandlungen, Kunstmessen (z. B. die Art Basel oder Art Cologne) und Auktionshäuser, aber auch auf Märkten für Antiquitäten oder durch Internet-Auktionen. Seit der Mitte des 18. Jahrhunderts gewann die Kunstauktion in England und Frankreich Bedeutung. 1766 wurde in London das Auktionshaus Christie’s gegründet und eine ähnliche Rolle spielte später das Hôtel Drouot in Paris. In Deutschland entwickelte sich das Kunstauktionswesen erst seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, so vor allem in Berlin, München und Köln.[9]

Verhinderung des Handels mit gestohlenen Kunstwerken und Stücken aus Raubgräberei

Um zu verhindern, dass Diebe, Hehler und Raubgräber ihre kriminell erworbenen Stücke im Kunsthandel absetzen können, haben Staaten und Kunsthändler verschiedene Maßnahmen getroffen und Einrichtungen ins Leben gerufen.

  • Das Lost Art Register der Lost Art Koordinierungstelle Magdeburg dokumentiert NS-Raubkunst und Beutekunst. Es sind etwa 110.000 Kulturgüter detailliert und mehrere Millionen summarisch beschrieben.[10]
  • The Art Loss Register ist eine große Internationale Datenbank, in der gestohlene und geraubte Kunstwerke registriert und über das Internet leicht auffindbar gemacht werden. Ursprung des Registers war die Internationale Stiftung für Kunstforschung (IFAR), eine gemeinnützige Organisation mit Hauptsitz in New York, die mit dem Ziel, den internationalen Kunstdiebstahl einzudämmen, 1976 ein Kunstdiebstahlarchiv gründete, und begann, den „Gestohlene Kunst-Alarm“ zu veröffentlichen. Die schließlich etwa 20.000 handschriftlichen Einträge im Register waren aber kaum noch praktisch zu nutzen. Der Beschluss, dieses Register per Computer verwaltbar zu machen, führte 1991 zu Schaffung des The Art Loss Register durch Unternehmen der Versicherungsbranche und der Kunstbranche in London. Die intensive Nutzung des Registers führte zur Wiederauffindung von Kunstwerken (bis 2008) im Wert von 230 Millionen Euro, darunter Paul Cezanne, Stillleben mit Wasserkrug, Gestohlen 1978, Aufgefunden 1999, Edouard Manet, Stillleben mit Pfirsichen, Gestohlen 1977, Aufgefunden 1997, Pablo Picasso, Frau in Weiß, ein Buch lesend, Gestohlen 1940, Aufgefunden 2005. [11]

Namhafte Kunsthändler und Galeristen (=G)

Quellen

  1. Alessandro Conti: Der Weg des Künstlers. Vom Handwerker zum Virtuosen. Berlin 1998.
  2. Martin Hürlimann (Vorw.): Das Atlantisbuch der Kunst. Eine Enzyklopädie der bildenden Künste. Atlantis-Verlag, Zürich 1952, S. 737 f.
  3. Martin Warnke: Der Hofkünstler. Zur Vorgeschichte des modernen Künstlers. 2. Aufl. Köln 1996.
  4. Francis Haskell: Maler und Auftraggeber. Kunst und Gesellschaft im italienischen Barock. DuMont, Köln 1996, S. 177.
  5. Michael North: Kunst und Kommerz im Goldenen Zeitalter. Zur Sozialgeschichte der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts. Köln 1992.
  6. Svetlana Alpers: Rembrandt als Unternehmer. Sein Atelier und der Markt. DuMont, Köln 1989, S. 198ff.
  7. Martin Hürlimann (Vorw.): Das Atlantisbuch der Kunst. Eine Enzyklopädie der bildenden Künste, Zürich 1952, S. 739
  8. fineartsberlin.com: Die Kunst, der Mythos und der Künstler, abgerufen am 8. Oktober 2010,
  9. Martin Hürlimann (Vorw.): Das Atlantisbuch der Kunst. Eine Enzyklopädie der bildenden Künste, Zürich 1952, S. 740
  10. http://www.lostart.de/Content/02_Aktuelles/DE/Meldungen/09-06-09-PM-Koordinierungsstelle.html?nn=6044
  11. http://www.artloss.com/content/die-geschichte-und-politik-unseres-unternehmens

Siehe auch

Literatur

  • Dirk Boll: Kunst ist käuflich – Freie Sicht auf den Kunstmarkt. 2. Auflage. Cantz, Ostfildern 2011, ISBN 978-3-7757-2814-0.
  • Francis Haskell: Maler und Auftraggeber. Kunst und Gesellschaft im italienischen Barock. DuMont, Köln 1996, ISBN 3-7701-3757-4.
  • Michael North: Das Goldene Zeitalter. Kunst und Kommerz in der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts. 2. Auflage. Böhlau, Köln 2001, ISBN 3-412-13700-6.
  • Hans-Peter Thurn: Der Kunsthändler. Wandlungen eines Berufes. Hirmer, München 1994, ISBN 3-7774-6360-4.
  • Antje-Katrin Uhl: Der Handel mit Kunsthandwerken im europäischen Binnenmarkt. Freier Warenverkehr versus nationaler Kulturgutschutz. Duncker & Humblot, Berlin 1993, ISBN 3-428-07921-3.
  • Wolfram Völcker (Hrsg.): Was kostet Kunst?, Ein Handbuch für Sammler, Galeristen, Händler und Künstler, Hatje Cantz, Ostfildern 2011, ISBN 978-3-7757-2792-1

Weblinks

Archive, Verbände

Integrität des Kunsthandels


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