Kuno von Westarp

Kuno von Westarp
Graf von Westarp (2. v. li.) bei der Bannerweihe der Ortsgruppe Neukölln neben Oskar Prinz von Preußen (li.) und Eitel Friedrich Prinz von Preußen (re.) (Dezember 1924)

Kuno Friedrich Viktor Graf von Westarp (* 12. August 1864 in Ludom, Provinz Posen; † 30. Juli 1945 in Berlin) war ein deutscher Jurist, Verwaltungsbeamter und Politiker (DkP, DNVP, KVP).

Inhaltsverzeichnis

Leben und Beruf

Kuno Graf von Westarp wurde am 12. August 1864 in Ludom bei Posen als Sohn des Königlich Preußischen Oberförsters Viktor Graf von Westarp (1826–1868) und seiner Frau Emma von Oven (1831–1910) geboren. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Potsdam studierte er seit 1882 Rechtswissenschaft an den Universitäten Tübingen, Breslau, Leipzig und Berlin. Er schloss sich in Tübingen zunächst der Studentenverbindung A.V. Igel Tübingen an, wechselte dann aber in Breslau zum Verein Deutscher Studenten über. 1885 beendete er sein Studium mit dem ersten juristischen Staatsexamen. 1886 leistete er Militärdienst als Einjährig-Freiwilliger in Breslau. Weitere Übungen als Unter- und Reserveoffizier erfolgten beim 1. Garde-Regiment zu Fuß in Potsdam. Anfang des 20. Jahrhunderts ließ er sich in die Landwehr überführen. Zuletzt hatte er dort den Rang eines Leutnants der Garde-Landwehr-Infanterie inne.

Westarp trat 1887 in den preußischen Verwaltungsdienst ein, nahm eine Tätigkeit als Referendar in der Inneren Verwaltung auf und arbeitete als solcher im Kreis Oberbarnim unter Landrat Theobald von Bethmann Hollweg, dem späteren Reichskanzler des Kaiserreiches. Nach dem zweiten juristischen Staatsexamen im März 1891 übernahm er als Regierungsassessor die Vertretung des Landrates des Kreises Gostyn. Er wurde im Oktober 1891 Hilfsarbeiter beim Landrat des Kreises Bomst, leitete den Kreis seit Anfang 1893 zunächst kommissarisch und erhielt im Oktober 1893 die endgültige Ernennung zum dortigen Landrat. Von 1900 bis 1904 amtierte er als Landrat des Kreises Randow. Gleichzeitig war er seit 1902 als kommissarischer Hilfsarbeiter im Preußischen Innenministerium tätig. Westarp wurde 1903 zum Polizeidirektor ernannt und wirkte von 1904 bis 1908 als Polizeipräsident in Schöneberg und Wilmersdorf. Seit dem 1. April 1908 übte er eine Tätigkeit als Oberverwaltungsgerichtsrat am Preußischen Oberverwaltungsgericht aus. Während des Ersten Weltkrieges leitete er von 1914 bis 1918 die Freiwillige Krankenpflege des Verwundetentransportes des militärischen Eisenbahndienstes der Berliner Bahnen.

Westarp war seit Januar 1919 erneut als Oberverwaltungsgerichtsrat in Berlin tätig, bis er im April 1920 in den Ruhestand trat. Im Dezember 1919 wurde er Redakteur der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung, deren Aktienmehrheit er 1925 erlangte. Während der Zeit des Nationalsozialismus war Westarp Mitglied der Reichsschrifttumskammer. Als solches widmete er sich zeitgeschichtlichen Studien und seinen Erinnerungen. Nach dem Attentat vom 20. Juli 1944 wurde seine Wohnung durchsucht. Im Juni 1945 wurde er von sowjetischen Soldaten festgenommen, kurz darauf aber wieder entlassen. Kuno Graf von Westarp starb am 30. Juli 1945 in Berlin.

Kuno Graf von Westarp war seit dem 1. Juni 1893 mit Ada Gräfin von Pfeil und Klein-Ellguth (1867–1943) verheiratet. Aus dieser Ehe gingen zwei Töchter hervor: Gertraude (1894–1975) und Adelgunde (1895–1960).

Politik

Westarp schloss sich in den 1890er Jahren dem Bund der Landwirte an und galt als Befürworter des „Volkstumskampfes“. Er vertrat konservative wie nationale Interessen und trat in die Deutschkonservative Partei (DkP) ein. Am 12. Dezember 1908 wurde er als Abgeordneter in den Reichstag nachgewählt, dem er bis November 1918 angehörte. Im Parlament war er seit 1912 zunächst stellvertretender Vorsitzender und vom 26. November 1913 bis 1918 dann Fraktionsvorsitzender der Deutschkonservativen Partei. Während des Ersten Weltkrieges bekämpfte er entschieden sämtliche Bestrebungen nach einem Verständigungsfrieden und setzte sich stattdessen für die Aufnahme des uneingeschränkten U-Boot-Krieges ein. Eine Reform des preußischen Dreiklassenwahlrechts lehnte er grundsätzlich ab.

Graf von Westarp (m.) nach seinem Verzicht auf den Parteivorsitz der DNVP (Juli 1928)

Nach der Novemberrevolution beteiligte sich Westarp an der Gründung der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP). Bei der Reichstagswahl 1920 wurde er in den Deutschen Reichstag gewählt. Im Parlament vertrat er den Wahlkreis 3 (Potsdam II). Westarp zählte zunächst zum alldeutsch-völkischen Flügel der DNVP und war Verbindungsmann der Partei beim Kapp-Lüttwitz-Putsch. Mitte der 1920er Jahre mäßigte er seine politische Haltung, woraufhin er nun auch für eine deutschnationale Regierungsbeteiligung eintrat. Von Februar 1925 bis Dezember 1929 war er Vorsitzender der DNVP-Reichstagsfraktion und von 1924 bis 1928 Parteivorsitzender der DNVP. Während seiner Zeit als Partei- und Fraktionsvorsitzender beschäftigte er sich vornehmlich mit christlichen Themen. Zeitweise war Westarp Mitglied des Vorstands des rechtskonservativen Berliner Nationalklubs von 1919.

Weil die DNVP seine Pläne, die Kandidatur Heinrich Brünings zu unterstützen, ablehnte, und sein Nachfolger Alfred Hugenberg mit seiner scharf antirepublikanischen Politik immer mehr sein Missfallen erregte, trat Westarp im Juli 1930 aus der Partei aus. Im gleichen Jahr beteiligte er sich gemeinsam mit Gottfried Reinhold Treviranus an der Gründung der Konservativen Volkspartei (KVP), deren Beirat er angehörte und für die er noch bis Juli 1932 im Reichstag saß.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten zog sich Westarp aus dem politischen Leben zurück. Obwohl er die nationalsozialistische Diktatur in weiten Teilen ablehnte, stimmte er den machtpolitischen Erfolgen und Zielen noch bis zur Kriegswende 1941/42 zu.

Schriften

  • Kuno Graf von Westarp: Konservative Politik im Übergang vom Kaiserreich zur Weimarer Republik. Bearb. von Friedrich Freiherr Hiller von Gaertringen unter Mitwirkung von Karl J. Mayer und Reinhold Weber. In: Quellen zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, Dritte Reihe, Bd. 10. Droste Verlag, Düsseldorf 2001. 647 Seiten. ISBN 3-7700-5239-0.

Literatur

  • Zirlewagen, Marc: Kuno Graf v. Westarp, in: Zirlewagen, Marc (Hg.): 1881–2006 – 125 Jahre Vereine Deutscher Studenten, Bd. 1: Ein historischer Rückblick, Pressburg 2006, S. 248–250

Weblinks


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