Kugelfischer-Einspritzung

Kugelfischer-Einspritzung

Die seit den 1960er Jahren eingesetzte Kugelfischer-Einspritzung (auch „System Kugelfischer“ oder „Schäfer-Pumpe“ genannt) ist eine über Zahnriemen oder Kette vom Motor angetriebene mechanische Benzineinspritzung für Ottomotoren, bei dem der Kraftstoff in das Saugrohr eingespritzt wird. Die Kraftstoffdosierung erfolgt dabei im Gegensatz zu anderen Systemen durch Veränderung des relevanten Kolbenhubes und ist nicht direkt abhängig von der angesaugten Luftmenge.

Inhaltsverzeichnis

Funktionsweise

Kugelfischer Pumpe PL 04 aus einem BMW 2002 tii
Geöffnete Kugelfischer PL 04 mit Raumnocken, aufgeklappter Schwinge und Kolben

Die Kraftstoffversorgung der Einspritzpumpe übernimmt eine separate Kraftstoffpumpe in der Nähe des Tanks. Diese fördert den Kraftstoff zur Einspritzpumpe, nicht benötigtes Benzin kühlt die Pumpe (Verhinderung von Dampfblasenbildung) und fließt über eine Leitung zurück in den Tank.

Die Einspritzpumpe sitzt in einem separaten Gehäuse am Motor, besitzt pro Zylinder einen Kolben, wird durch Zahnriemen, Zahnrad oder Kette vom Motor angetrieben und ist in der Regel an den Ölkreislauf des Motors angeschlossen. Der von der Kraftstoffpumpe zur Einspritzpumpe geförderte Kraftstoff gelangt in den Pumpenzylinder oberhalb des Pumpenkolbens und wird von diesem zu einem definierten Zeitpunkt beim Kolbenhub zu dem im Saugrohr angebrachten Einspritz-Ventil gefördert. Das Einspritz-Ventil ist federbelastet und öffnet bei entsprechendem Druck, die Einspritzung des Kraftstoffes erfolgt. Um einen Rückfluss des Kraftstoffs zu verhindern, befinden sich in der Pumpe Saug- und Rückschlagventile.

Da der Motor je nach Betriebszustand unterschiedliche Fördermengen des Kraftstoffes benötigt, ist eine Steuerung erforderlich. Bei der Kugelfischer-Einspritzung ist der Kolbenhub konstant, darüber kann also nicht gesteuert werden. Die Steuerung erfolgt über den „wirksamen Kolbenhub“, indem der untere Totpunkt und damit das Kraftstoffvolumen im Pumpenzylinder gesteuert wird. Der Pumpenkolben liegt dafür unten auf einer einseitig gelagerten Schwinge, deren Lage die Einspritzmenge definiert. Liegt diese tiefer, ist der wirksame Kolbenhub größer, liegt sie höher, ist der Kolbenhub kleiner. Die andere Seite dieser Schwinge liegt mittels eines Taststiftes auf dem Kernstück der Pumpe, dem „Raumnocken“, der die entsprechende Höhe definiert. Dieser Raumnocken ist ein länglicher Kegel, der rundherum für die verschiedenen Betriebszustände Erhöhungen oder Vertiefungen aufweist und somit (wie heute die Elektronik) das Kennfeld des Motors abbildet und die Einspritzmenge steuert oder z.B. die Schubabschaltung definiert. Mit Veränderung der Drosselklappenstellung bewegt sich der Raumnocken entlang der Kegel-Steigung, bei steigender Drehzahl dreht sich der Kegel um seine eigene Achse. Ergänzt wird dieses System durch eine Kaltstartanreicherung.

Da die Kugelfischer-Pumpe unabhängig vom Luftstrom im Ansaugtrakt arbeitet, ist eine genaue Synchronisation mit dem Gasgestänge bzw. der Drosselklappenstellung Grundvoraussetzung für einen guten Motorlauf. Der Raumnocken muss dabei speziell für den jeweiligen Motortyp entwickelt werden. Aus diesem Grund sind ohne Veränderung des Raumnockens auch keine wesentlichen Veränderungen am Ansaugtrakt oder z.B. bei den Steuerzeiten der Nockenwelle möglich, da dann das optimale Kraftstoff-Luft-Verhältnis auf Grund der feststehenden Einspritzmenge nicht mehr erreicht werden kann.

Diese Funktionsweise der Pumpen ist für 4- und 6-Zylinder identisch.

Einsatz

Die ersten Einsätze des Systems-Kugelfischer liegen im Motorsport. Hier wurde bei Tourenwagen-, Formel- oder Rundstreckenrennen sowie Rallyes entsprechende Einspritzsysteme verwendet. Vorteile wie Drehzahlfestigkeit, Präzision der Einspritzmenge und Gemischdurchsatz machten das System insbesondere für Höchstleistungsmotoren interessant. Die deutlichen Verbrauchsvorteile waren zu dieser Zeit und in diesem Zusammenhang noch nachrangig. Meist wurde hier das System zusammen mit Einzeldrossel- oder Flachschieberanlagen verwendet. Sehr verbreitet waren diese Anlagen auf Basis des BMW M10-Vierzylinder-Motors, von der Formel 2 bis hin zum 1.350 PS starken BMW Formel 1-Triebwerk mit Turboaufladung (M12/13) in den 1980er Jahren. Bis heute sind einige dieser Anlagen noch im Motorsport im Einsatz.

Auch in Serienfahrzeugen kam das System bei leistungsstärkeren Motoren zum Einsatz. Beispiele sind Peugeot 404 (1963), Lancia Flavia 1800 inezione (1965), BMW 2000 tii (1969), BMW 2002 tii / turbo (1971/1973), BMW M1 (1978) und Ford Capri RS 2600 (1970). Auch das 1973 erste serienmäßig hergestellte Motorrad mit Benzineinspritzung (Münch Mammut TTS-E) hatte eine Kugelfischer-Einspritzung.

Einige im Rennsport aktive Tuner entwickelten auf diesen Motoren aufbauende straßentaugliche Systeme. So baute z.B. Alpina eine auf dem Motor des BMW 2002 tii (130 PS) basierende Version, die eine Einspritzanlage mit selbstentwickelten Einzeldrosselklappen (Alpina A4) hatte, was je nach weiteren Maßnahmen zu einer Leistungssteigerung auf ca. 155 - 190 PS führte. Auch für den BMW 3.0 CSL gab es von Alpina eine ähnliche Anlage (250 statt 180 PS), allerdings in Einzelfertigung, wie auch von anderen Herstellern für den NSU TT oder den Ford Capri.

Herstellung und Ersatzteilversorgung

Ursprünglich entwickelt von der Firma FAG Kugelfischer, wurde der Bereich Kugelfischer-Einspritzsysteme 1979 von Bosch übernommen. Die Fertigung wurde auf Grund der immer billiger herzustellenden elektronischen Einspritzanlagen zunehmend unattraktiv. Bis 1989 lieferte Bosch die Ersatzteile für die Anlagen, danach übernahm der Bosch-Dienst Koller + Schwemmer in Nürnberg alle Unterlagen, Maschinen sowie Ersatzteile und stellt seitdem die Teileversorgung sicher.


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