Angorakatze

Angorakatze
Angorakatze von Jean-Jacques Bachelier

Die Angorakatze ist die historische langhaarige Katzenrasse, Felis maniculata angorensis, aus der früheren Region Angora , Kleinasien, in der sie als Hauskatze gehalten wurde, genetische Urmutter der heutigen Langhaar - u. Semilanghaarkatzen, bevor um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jh. Vereine zur Rassekatzenzucht gegründet wurden. Diese, insbesondere die englische Organisation GCCF, formulierte Anfang des 20. Jh. erstmalig Zuchtstandards - u. Namen für Rassekatzen. Die aus der Angorakatze seit ihrem Import nach Europa im 17. Jh. hervorgegangenen langhaarigen Variationen wurden nun alle als Perserkatze geführt, deren Standard später häufig geändert wurde und die traditionelle Angorakatze seitdem ignoriert. Erst in den 1970er Jahren wurde diese Katze mit im Zoo von Ankara noch gehaltenen ähnlichen Tieren identifiziert und als Türkisch Angora anerkannt.

In der Rassekatzenzucht kommt der historische Begriff "Angorakatze" seitdem nicht mehr vor, wohl aber im internationalen allgemeinen Sprachgebrauch.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Frances Simpson mit einer weißen Angorakatze im Crystal-Palast London (Anfang 20.Jh.)

Als Angorakatze wurden seit ihrer Einfuhr in deutsche Lande bis zur 3. Katzenausstellung in Berlin 1929[1] alle langhaarigen Katzen bezeichnet. Das Hauptaugenmerk bei der Zucht der langhaarigen Katzen galt damals nicht dem Typ, sondern der Fellfarbe. Ein Jahr vorher (16.-18. November 1928) fand auch die erste "Reichsausstellung für Edelpelztiere" in Berlin statt, auf der sogenannte Pelzkatzen als "geschätzte Pelztiere...das Interesse wirtschaftlich eingestellter Pelztierzüchter gefunden haben " (Auszug aus Vorrede aus selbigem Katalog von Dr. P. Schöps, Leipzig) Die damalige Hochburg für Langhaarkatzen England hatte Anfang des 20. Jh. den Begriff "Angorakatze" bereits zu Gunsten des der "Perserkatze" ignoriert und führte sie nicht mehr namentlich als eigenständige Rassekatze. Bis dahin gab es zwei Kategorien : 1. Kurzhaarkatzen mit mehreren Rassen sowie 2. Langhaarkatzen, der zuvor die Angorakatze, danach die Perserkatze zugeordnet war. Die Theorie, auf die sich die angebliche Herkunft des "Perser's" stützt, indem sie aus dem Khorassan importiert sein sollte, kann sich lt. Enzyklopädia Iranica [2] nicht halten. Pietro de la Valle, auf den sich die These stüzt, war nie im Khorassan (östlich gelegene Region Persiens), aus dem er angeblich langhaarige Tiere von seiner Reise mitgebracht haben soll. Er beschrieb Jahre nach seiner Reise nach Isfahan und Täbris lt. Georges-Louis Leclerc de Buffon lediglich eine Katze dem Hörensagen nach, die der Angorakatze bis auf jedes Detail ähnelte [3]. Die geografische Nachbarschaft des Osmanischen Reiches (Türkei) und z.B. Täbris in Persien (Iran) legt daher nahe, dass es sich um ein und dieselbe Spezies gehandelt haben muss. Es scheint, als sei die Angorakatze aus Gewinnabsichten in Perserkatze umbenannt worden, zumal kaum, außer in der Fellfarbe, Unterschiede zwischen den bis zur Umbenennung unter Langhaarkatzen geführten Angorakatzen bestanden. Dies scheint auch der Tatsache geschuldet, dass es im Zeitraum zwischen der Einfuhr aus Kleinasien nach Europa ab Ausgang des 17.Jh. bis zur Gründung von Katzenvereinen Anfang 20.Jh. Einkreuzungen von üblichen Hauskatzen gab. "Katzen für Genuss und Gewinn" hieß eines der Bücher von Mary Frances Simpson[4], in denen sie um Verzeihung bittet, dass sie zu Gunsten der "Perserkatze" nun die "Angorakatze" ignoriere. Dies hatte wohl auch mit Ende des 1. Weltkrieges und dem Untergang des Osmanischen Reiches (1923 Türkei mit Hauptstadt Ankara, früher Angora ) und der Beziehung Englands mit dem bis dahin Persischen Reich, später Iran, zu tun. Der deutsche Biologe Prof. Dr. Friedrich Schwangart ordnete daher 1929 die Tiere nach ihrem Typ entweder der von ihm neu benannten Deutsch Langhaar oder Deutsches Langhaar statt Angorakatze, oder der , auch neuen Perserkatze zu .[5] In Anlehnung an den aufkeimenden Nationalsozialismus verfasste Schwangart u.a. heute fragwürdige Literatur "Zur Rassebildung und Züchtung der Hauskatze"(1932). Die 3. Katzenausstellung in Berlin 1929 war die erste Ausstellung in der die Katzen erstmals nach dem neuen Standard bewertet wurden.[6] Es wurden jedoch die Begriffe "Angora" neben den "Persern" , auch in Klammersetzung, in der Literatur auch noch später verwendet .[7] Aus Literatur zwischen 1939–1945 findet man in "Unsere Katzen" von Otto Fehringer, 1942, Überschriften wie: "Langhaarrassen oder Angora"(S.156), auf Abbildungen jedoch stets die Unterschrift "Deutsch-Langhaar". In der Fachwelt setzten sich die neuen Begriffe "Perser" und "Deutsch Langhaar" offensichtlich auch nicht durch. So ist z.B. bei Fachtierarzt Dr.von Knebel[8] in "Hund und Katze" ebenso wie bei Otto Fehringer in seinem "Neuen Katzenbuch für alle", [9], ausschließlich von Angorakatzen die Rede. Es ist anzunehmen, dass der Begriff "Angora" sich daher nur als Rassebezeichnung wegen der Streichung und des Ersatzes durch die "Deutsch Langhaar" nicht halten konnte. Dadurch konnte sich die Perserkatze etablieren, insbesondere seit den 70er Jahren. Im Sprachgebrauch jedoch konnte "Angorakatze" Jahrzehnte noch überleben. Die "Deutsch Langhaar" dagegen verblasste so schnell, wie sie auftauchte, womöglich der Zeit geschuldet, in der sie "erschaffen" wurde. England und Frankreich stellten Anfang des 20.Jh. (vor 1928) alle langhaarigen Katzen unter den Standard der Perserkatze, weswegen es in der Rassekatzenzucht keine Angorakatze mehr gab. Nach dem Zweiten Weltkrieg verschwand die Deutsch Langhaar aus den aktiven Katzenzuchtprogrammen und wurde erst 1968 durch Familie Aschemeier angeblich wieder gezielt gezüchtet.[10] Ab 1950 interessierten sich Katzenzüchter wieder vermehrt für die Zucht langhaariger Katzen. Aus im Zoo von Ankara noch gehaltenen, als Angorakatzen bekannte Tiere alter Abstammung, wurden nun zur Rasse Türkisch Angora, welche 1970 offiziell anerkannt wurde. Aus einem Rückzuchtprojekt in Großbritannien entstand die Rasse Britisch Angora, die im Jahr 2002 in Orientalisch Langhaar umbenannt wurde. Seit 2009 ist die British Longhair (Britisch Langhaar) anerkannt (FIFe,TICA).

Beispiel aus dem Projekt "Arche Angorakatze"

[11] Familie Aschemeier wird seit 2005 durch eine Züchtergruppe in ihrem Bestreben unterstützt, die Deutsche Langhaarkatze , oder "Deutsch Langhaar"? wieder zu etablieren. Hierzu überreichte sie im April 2009 fünf ihrer Zuchttiere dieser Züchtergruppe.[12]

Mit einem ähnlichen Katzentypus beschäftigt sich die Rassekatzenneuzüchtung German Angora. Einige der Foundationtiere entsprechen dem Grundtypen nach der Europäisch Kurzhaar. Aus diesen Tieren wurde eine Rasse kreiert, die gesund, robust, pflegeleicht und menschenbezogen sein soll.[13] Für die Zucht dieser halblanghaarigen Katzen wurde ein spezieller Verein gegründet[13], der das Zuchtbuch zentral führt und so eine kontrollierte Zucht möglich macht. Die Rasse ist nicht anerkannt. Das Projekt Arche Angorakatze dagegen ist bestrebt, den traditionellen klassischen Typ der Angorakatze, wie er vor Entstehung der Rassekatzenzuchtverbände (vor 1900) bestand, zu erhalten, angelehnt an The Angora Cat (1898).

Herkunft des Namens

Alte Zeichnung einer Angorakatze 1903

Der Name „Angora“ kann auf die frühere Region Angora (heute Türkei) zurückzuführen sein. Da auch die Angoraziege und das Angorakaninchen aus dieser Region der heutigen Türkei stammen, ist eine Übertragung des Namens wegen des ebenso langen und seidigen Fell's auf die Angorakatze wahrscheinlich. "Angora - ..." war früher als allgemeine Bezeichnung für langhaarige Tiere ( auch Katzen) gebräuchlich und ist es heute auch noch , z.B. für das Angorakaninchen. So erscheint dieser Begriff im ausgehenden 19. Jh. in Lexika ebenso wie später in Brehms Tierleben 1915 [14] oder 1927 in einer Ausgabe über " Die Angorakatze " vom 1. Deutschen Angora-Katzen Zucht - u. Schutzverein [15]. Nicolas Claude Fabri de Peiresc ließ sich die ersten "Angorakatzen" aus der Angora-Region nach Frankreich bringen, er sammelte seltene Pflanzen und Tiere. Von dort gelangten sie bald an den Hof Ludwig XIII. und dann nach England.

Noch heute wird international im Internet als Suchwort in Suchmaschinen neben "Perser" auch der Begriff "Angora" oder "Angorakatze" für langhaarige Katzen verwendet.

Das Langhaargen

In der Katzenzucht werden heute neben den Kurzhaarkatzen Langhaarkatzen (Perser) und Halblanghaarkatzen unterschieden. Genetisch sind beide Katzentypen durch das gleiche rezessive Gen l für Langhaarigkeit ausgezeichnet. Der Unterschied zwischen Langhaar und Halblanghaar wurde durch gezielte Züchtung auf die Haarlänge erreicht. Allerdings gibt es (Stand Juli 2009) 4 unterschiedliche Varianten[16] der rezessiven Mutation, von denen bislang nicht bekannt ist, inwieweit sie sich unterschiedlich auf die Haarlänge auswirken.

Die langhaarigen Katzenrassen haben wohl die türkischen Katzen (Türkisch Angora und Türkisch Van) als Vorfahren. Spekulationen, wonach das Langhaargen von der Pallaskatze stammt, sind bis heute weder bestätigt noch widerlegt.

Weil das Langhaargen rezessiv ist, kann es in kurzhaarigen Katzen über viele Generationen hinweg unerkannt schlummern, um dann wieder zum Vorschein zu kommen. In praktisch allen kurzhaarigen Katzenrassen ist das Langhaargen auf diese Weise vorhanden. Nehmen sich Züchter des langhaarigen Katzennachwuchses an, können neue langhaarige Katzenrassen entstehen. Auf diese Weise entstanden z. B. die Somali-Katze und die Balinesenkatze.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Tier-Börse, Der Katzenfreund, 1929, Seite 166
  2. http://www.angora-perser-norwegischewald-katze.de/herkunft-geschichte.html
  3. Georges Louis Leclerc Buffon: Natural history, general and particular,1749-88, Band 8, S.317
  4. http://chestofbooks.com/food/household/Woman-Encyclopaedia-1/White-Amd-Black-Persian-Cats.html
  5. "Unsere Katze" v.Pr.Dr.Fehringer 1942
  6. Tier-Börse, Der Katzenfreund, 1929, Seite 178
  7. vgl.Das Katzenbuch v. Reinhardt u. Vaeth,1931
  8. "Hund und Katze" , Verlag der grünen Post Berlin, S.81, 1937
  9. "Unsere Katze", Dietrich-Reimer-Verlag Berlin, S.150-152,1959
  10. Dagmar Thies; Rassekatzen züchten; 1979
  11. Breeds recognized and admitted in the WCF
  12. Deutsch-Langhaar Infoportal
  13. a b German Angora - woher - wohin?
  14. Brehms Tierleben 1915
  15. Die Angorakatze
  16. CatGenes.org

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