Kroatien im Mittelalter

Kroatien im Mittelalter

Die Geschichte Kroatiens im Mittelalter wird eingeleitet mit der Landnahme südslawischer Stämme im 7. Jahrhundert und endet mit der Schlacht von Mohács 1526. Ein bedeutender Abschnitt ist das unabhängige Kroatische Königreich (925–1102).

Inhaltsverzeichnis

Kroatisches Königreich (925–1102)

Ab dem 7. Jahrhundert war das heutige Kroatien von südslawischen Stämmen (Kroaten) besiedelt worden. Trpimir (845–864) war ein kroatischer Fürst, der Teile Slawoniens und dalmatinische Städte unterwarf. Sein Enkel, Tomislav, wurde im Jahr 925 in Tomislavgrad vom Legat Johannes X. zum ersten König von Kroatien (Regierungszeit 910–928) gekrönt. Die Landnahme der Magyaren im pannonischen Becken während seiner Regierungszeit führte zur Teilung der Slawen in Nord- und Ostslawen einerseits sowie Südslawen andererseits, was für die weitere Entwicklung der europäischen Geschichte eine bedeutende Rolle spielte.

König Tomislav konnte sein Land – bestehend aus Zentralkroatien, Slawonien und Teilen Dalmatiens sowie Bosniens – erfolgreich gegen die Ungarn verteidigen. Er hatte aber noch weitgehendere Ziele. Er baute eine Armee auf, die laut Konstantin VII. 100.000 Mann Fußvolk, 60.000 Reiter und 180 Kriegsschiffe umfasste. Die Byzantiner brauchten die Kroaten als Bundesgenossen gegen die Bulgaren. Die Bulgaren ihrerseits hatten die noch nicht in einem Fürstentum geeinten Serben unterworfen, was zur ersten serbischen Massenflucht (wie später vor den Türken) nach Kroatien führte. Durch das Bündnis mit Byzanz bekam Kroatien auch die Adriainseln und die Städte Spalato/Split, Traù/Trogir und Zara/Zadar zugesprochen, welche bis dahin formell unter byzantinischer Herrschaft gestanden hatten. Dieser Staat umfasste somit bis auf Istrien alle heutigen kroatischen Gebiete. Ursprünglich hieß dieses Land "Chorbatia".[1]

Krönung von König Tomislav
Tod von König Petar Svačić 1097

Die Kroaten als Teil der heiligen Römischen Kirche

Die Christianisierung der Kroaten erfolgte schon im 7. Jahrhundert. Das bestätigt ein Brief von Papst Johannes X. aus dem Jahre 925 an Tomislav, König der Kroaten („Rex Croatorum“). Der Papst sagt darin, dass die dalmatinischen Slawen aufgrund ihrer langen Zugehörigkeit zu der heiligen Römischen Kirche ihre „specialissimi filii“ seien[2]. Er ruft daher die echten Söhne Roms auf, die Messe nicht in der slawischen, sondern in der lateinischen Sprache zu feiern. König Tomislav erfüllte zwar den zentralen Wunsch des Papstes und ermöglichte die Wiederherstellung des dalmatinischen Bistums mit dem Sitz in Split (unter der Leitung Roms), die Verwendung des kroatisch-kirchenslavischen in der Messe konnte/wollte er aber nicht unterbinden. (Im 13. Jahrhundert wurde die glagolitisch-kroatische Liturgie durch päpstliche Beschlüsse wieder anerkannt.)

Die sprachverwandten Serben dagegen, die Teil des Bulgarischen Reiches waren, wandten sich kurz darauf dem orthodoxen Christentum zu. Eine endgültige Trennung zwischen Ost- und Westkirche fand jedoch erst im 11. Jahrhundert statt.

Neben der von Rom gesteuerten Slawenmission von Aquileia und der Beeinflussung durch die alteingesessenen Christen der Küstenstädte leisteten auch die Slawenapostel Kyrill und Method einen wichtigen Beitrag zur Christianisierung der Kroaten. Von ihnen stammt auch die Glagoliza, eine spezielle slawische Schrift, welche an der nördlichen Adria regional bis ins 19. Jahrhundert überdauerte.

Die Zeit nach Tomislav

928 verschwand König Tomislav spurlos. Unter seinen Nachfolgern wurde Kroatiens Machtstellung geschwächt. Durch innere Streitigkeiten begünstigt, machten sich die in der Völkerwanderungszeit romanisch gebliebenen Küstenstädte selbstständig und suchten Kontakt zu Venedig, welches dadurch seine Oberhoheit in der Adria erreichte. Einzig Ragusa (Dubrovnik) blieb unabhängig und konnte durch geschicktes Tarieren mit den Großmächten Venedig, später Österreich und dem osmanischen Reich bis in die napoleonische Zeit als Stadtrepublik bestehenbleiben.

Unter König Stefan Držislav (Dirzislaiv) (969–997) sprach Byzanz Kroatien nach einem neuerlichen Bündnis jedoch wieder die Hoheit über Dalmatien zu. Držislav erkannte 994 den griechischen Kaiser als seinen Oberherren an. Zu dieser Zeit erschien zum ersten Mal das noch heute gebräuchliche kroatische Staatswappen: ein rot-weißes Schachbrettmuster, die šahovnica. In der heutigen Version wird es mit einer Krone aus fünf regionalen Wappen geschmückt.

In der folgenden Zeit geriet Kroatien durch Venedig im Westen und Ungarn im Osten immer mehr in Bedrängnis. Die byzantinische Politik verlegte sich mehr auf die Beziehungen mit Venedig, und das durch Thronstreitigkeiten geschwächte Kroatien wurde sich selbst überlassen. Der byzantinische Kaiser Basileios II. übertrug die Verwaltung Dalmatiens, eines ehemaligen oströmischen Themas, an Venedig. Im Mai 1000 besiegte eine venezianische Kriegsflotte Kroatien; Zadar, Trogir und Split wurden unter venezianische Verwaltung gestellt, und mit Dubrovnik ein Vertrag geschlossen. König Krešimir III. hob die ohnehin nur noch formell bestehende Tributpflicht Venedigs auf, erkannte den venezianischen Dogen Peter Orseolo als Fürsten von Dalmatien an und musste auch noch seinen Sohn als Geisel ausliefern.

Petar Krešimir, einer der größten kroatischen Nationalhelden, vergrößerte sein Reich zu Wasser und zu Land und nannte sich auch „König von Dalmatien“ (1050), was auch sein Nachfolger Dmitar Zvonimir (1075-1089) tat.

Relief mit der Figur des kroatischen Königs (identifiziert als Petar Krešimir IV.)

Doch der Kampf um Dalmatien war damit nicht vorbei. Dmitar Zvonimir, dem letzten König kroatischer Abstammung, gelang ein Vordringen an die Küste, und die Hauptstadt wurde nach Biograd na moru verlegt. Nachdem Zvonimir, der mit einer ungarischen Prinzessin verheiratet war, kinderlos starb, stellte Ungarn Erbansprüche auf Kroatien. Mit Stephan (Držislav) II., dem Neffen Krešimirs II., der 1089 für kurze Zeit zum Thron gelangte, erlosch der Zweig der alten kroatischen Könige.

Personalunion mit Ungarn

→ Hauptartikel Kroatien in Personalunion mit Ungarn

Nach Stephans Tod 1091 marschierte Ungarns König Ladislaus, Bruder dessen Witwe, ohne größeren Widerstand bis nach Biograd na moru, der Königsresidenz an der dalmatinischen Küste. Wegen eines Kumanen-Einfalls in Ungarn musste er aber schnell heimkehren. Auf dem Rückweg gründete er das Bistum Zagreb, das der ungarischen Kirchenprovinz Kalocsa unterstellt wurde. Er ernannte seinen Neffen Álmos zum kroatischen König, der sich aber nicht durchsetzen konnte. 1093 wurde Petar Svačić zum König gewählt. Petar starb 1097 in der Schlacht am Gvozd, als er einer Truppe des ungarischen Königs Koloman den Durchzug nach Biograd verwehren wollte. König Ladislaus I. und sein Nachfolger Koloman besiegten anti-ungarische Bündnisse des heimischen Adels. Koloman beschränkte sich aber in der Pacta conventa anstelle einer Eingliederung auf eine Personalunion. Die Verwaltung übernahm ein einheimischer Vertreter, der „Ban“. Die ungarischen Könige nahmen den Titel „König von Ungarn, Kroatien und Dalmatien“ an, wobei aber Dalmatien spätestens ab dem Jahr 1202 fast vollständig venezianisch kontrolliert war. Nach Koloman folgte dessen Sohn Stephan II, der wiederum folgt Béla II. als König von Ungarn (als Béla I. in Kroatien). Er heiratete Helena die Tochter des serbischen Fürsten Urosch I.

Erst im 13. Jahrhundert hatte Kroatien wieder eigene Fürsten, die jedoch Prinzen des ungarischen Königshauses waren. Seit Ende des 15. Jahrhunderts kam es immer wieder zu Türkeneinfällen. Mit der Schlacht auf dem Krbava-Feld 1493 und der Niederlage der Kroaten und Ungarn in der Schlacht von Mohács 1526 wurde das nordwestliche Kroatien um Agram habsburgisch, das übrige Kroatien mit Ungarn ein Sandschak des Osmanischen Reiches.

Siehe auch: Liste der kroatischen Könige

Literatur

Quellen

  • Der Standard: Das frühe Königreich der Kroaten
  • Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage von 1888–1890.
  • Stanko Guldescu: History of medieval Croatia. The Hague 1964.
  • Claus Heinrich Gattermann: Kroatien - Zweitausend Jahre Geschichte an der Adria. Georg Olms Verlag, Hildesheim/Zürich/New York 2011, ISBN 978-3-487-14706-2.

Einzelnachweise

  1. Gerhard Herm: Der Balkan. Das Pulverfaß Europas. Econ Verlag GmbH, Düsseldorf / Wien / New York / Moskau, 1993, S. 283, ISBN 978-3-430-14445-2
  2. Katičić, Literarum Studia, Zagreb, 1998, 402–403

Weblinks


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