Kritische Universität

Die sogenannte Kritische Universität wurde in der Hochphase der Außerparlamentarischen Opposition (APO) 1967/68 von linksgerichteten Studierenden als Gegenmodell zum als reaktionär empfundenen Lehrbetrieb an den westdeutschen und westberliner Hochschulen gefordert.

Ein Großteil des Lehrkörpers der Universitäten rekrutierte sich noch aus ehemaligen Mitläufern der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) und blieb auch in den Lehrinhalten dem Revanchismus in der Phase des Kalten Krieges verhaftet.

In zahlreichen wissenschaftlichen Disziplinen wurden Lehrstoffe vermittelt, die in der nahezu ungebrochenen Tradition des Dritten Reiches standen. Zwar wagte kaum ein Hochschullehrer sich offen zu dieser Tradition zu bekennen. Weitgehend tabuisiert aber waren Lehrangebote, die sich kritisch mit der westdeutschen Nachkriegsgeschichte oder dem Imperialismus befassten. Vor allem die geisteswissenschaftlichen Lehrpläne vermieden jegliche Nähe zu sozialistischem Gedankengut. So waren beispielsweise die Werke von Bertolt Brecht, der nach dem Krieg in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) wirkte, als Lehrstoff verboten.

Der Slogan "Unter den Talaren – Muff von 1000 Jahren", Banner des studentischen Protestes gegen die Ordinarienuniversität anlässlich der Rektoratsfeier der Universität Hamburg im September 1967, erlangte weltweite Beachtung.

Diesem studentischen Protest folgte die Initiative, in besetzten Hörsälen und Seminarräumen eine alternative "emanzipatorische" Wissenschaft zu etablieren. Kritische Studenten, aber auch wissenschaftliche Assistenten, unterrichteten ihre Kommilitonen vor allem in geisteswissenschaftlichen Disziplinen und vermittelten vor allem dialektisch-materialistische Lehr- und Forschungsmethoden. Darüber hinaus forderten sie eine Demokratisierung des wissenschaftlichen Betriebes, vor allem stärkere studentische Mitbestimmungsrechte.

Mit der Zersplitterung der studentischen Linken und der gegenseitigen Denunziation des Renegaten- oder Sektierertums Anfang der siebziger Jahre erlahmten auch die Aktivitäten im Rahmen der Kritischen Universität.

In den 70er Jahren entstanden als Fortsetzung der Kritischen Universitäten die Gegen-Unis und ab Mitte der 80er Jahre die Volks-Unis.