Kriegsanleihe

Kriegsanleihe

Eine Kriegsanleihe (oder Kriegskredit) ist ein verzinsliches oder unverzinsliches Wertpapier, das der Finanzierung eines Krieges dient. Emittent ist in der Regel eine Regierung. Das Ankaufen der Anleihe kommt der Gewährung eines Kredits an die Regierung gleich.

Ring für Zeichner der österreichischen Kriegsanleihe; Aufschrift "Pro Patria 1914" (lat. "für das Vaterland")

Inhaltsverzeichnis

Vertrieb von Kriegsanleihen

Kriegsanleihen werden meist von umfangreicher Propaganda begleitet, um auf diese Weise die Heimatfront direkt zur Unterstützung des Krieges zu gewinnen. Um möglichst viele Anleger zu finden, wird meist an deren Patriotismus mit dem Argument appelliert, dass der Absatz der Anleihe eine kriegsentscheidende Bedeutung habe. Kapitalgeber spekulieren auch auf die Zinsen, die der Staat bei einem Sieg durch Reparationszahlungen finanzieren will. Im Falle eines verlorenen Krieges besteht die Gefahr, dass die Anleihe nicht zurückgezahlt wird. Das angelegte Kapital geht dadurch verloren. Die Geschichte kennt viele Beispiele für solche Verluste.

Neben der Werbung für Kriegsanleihen erfolgen vielfach administrative Maßnahmen, um den Verkauf von Kriegsanleihen zu fördern:

So wurde im Ersten Weltkrieg am 1. August 1914 in Deutschland und vielen anderen Ländern die Börsen geschlossen. Während Aktien bereits in den Folgejahren wieder gehandelt wurden, wurde der Handel mit Reichsanleihen erst am 1. September 1919 wieder aufgenommen. Dies hatte zum einen die Wirkung, dass Anleger auf dem Sekundärmarkt keine Anleihen kaufen konnten und so auf den Primärmarkt angewiesen waren und dass keine fallenden Kurse für die Staatsanleihen publik werden konnten. Ab Frühjahr 1917 wurden Neuemmissionen von Aktien und Anleihen von der Zustimmung der Reichsbank abhängig gemacht. Hierdurch wurden die Anlagemöglichkeiten in andere Anlagen als Kriegsanleihen weiter reduziert.[1]

Geschichte

3. Österreichische Kriegsanleihe 1915

Kriegsanleihen gibt es, wenn auch früher unter anderem Namen, seit dem Mittelalter.

Liberty Bond Poster in den USA von Winsor McCay, 1. Weltkrieg

In der Schweiz wurden diese 1848 herausgegeben. 1936 gab die Schweiz eine Wehranleihe aus, die den Zweck hatte, in einem erwarteten Krieg möglichst gut gerüstet zu sein.

Erster Weltkrieg

Den Ersten Weltkrieg finanzierten vor allem Deutschland, Österreich-Ungarn und Russland über Kriegsanleihen. Während die USA ihre Mittel über den Haushalt (13 Mrd US$) bereitstellten sowie über vier Liberty Bonds (17 Mrd. US$) bei der Bevölkerung lieh, erhöhte England die Steuern, gab aber ebenfalls Anleihen heraus, die das Parliamentary War Savings Committee bewarb. Sowohl England als auch Frankreich erhielten zudem Kredite aus den USA.

In Deutschland wurden zwischen 1914 und 1918 insgesamt neun Kriegsanleihen ausgegeben, die 98 Milliarden Reichsmark einbrachten und etwa 60% der deutschen Kriegskosten deckten.

Als „die“ Kriegsanleihe wird in der deutschen Geschichte im allgemeinen jener Beschluss der SPD im Jahr 1914 bezeichnet, der die Finanzierung des Ersten Weltkriegs ermöglichte. In Folge der Burgfriedenspolitik kam es außerdem zur Spaltung der deutschen Arbeiterbewegung.

Deutsche Kriegsanleihen und Schatzanweisungen im Ersten Weltkrieg (in Millionen Mark)[2]
Kriegsanleihe Nennbetrag der Zeichnung Ausstehende Schatzanweisungen Saldo
I. September 1914 4.460 2.632 +1.832
II. März 1915 9.060 7.209 +1.851
III. September 1915 12.101 9.691 +2.410
IV. März 1916 10.712 10.388 +324
V. September 1916 10.652 12.766 -2.114
VI. März 1917 13.122 14.855 -1.733
VII. September 1917 12.626 27.204 -14.578
VIII. März 1918 15.001 38.971 -23.970
IX. September 1918 10.443 49.414 -38.971

Zweiter Weltkrieg

In der Zeit des Nationalsozialismus sah das Regime davon ab nationale Kriegsanleihen aufzulegen, die bei der Bevölkerung ungute Erinnerungen geweckt hätten. Vielmehr wurden kurzfristig fällige Sparguthaben ohne Wissen und Einverständnis der Sparer mit Hilfe der Kreditinstitute beliehen, die zu Kreditsammelstellen des Staates wurden und die Gelder langfristig bei ihm anlegten. Dieser Kapitalkreislauf beruhte darauf, dass „die Einkommensempfänger die legal nicht verwendbaren Einkommensbeträge zur Bank tragen und die Kreditinstitute dieses Geld gegen die Hereinnahme von Schatzwechseln an den Finanzminister weiterreichen.“[3] Die „geräuschlose“ Umwandlung von Sparguthaben und Rentenversicherungsrücklagen in langfristige Schuldpapiere wurde ergänzt durch das „Eiserne Sparen“ und flankiert von Lohn- und Preiskontrollen (siehe auch geräuschlose Kriegsfinanzierung).

1945 war der Staat bei den deutschen Banken mit 110 Milliarden Reichsmark verschuldet; bei den Sparkassen standen 54 Milliarden und den Versicherungen 25 Milliarden zu Buche.[4]

Die deutsche Kriegsfinanzierung wurde auch durch horrende Besatzungskosten unterstützt, die die besetzten Länder zu entrichten hatten. Tschechische Geldinstitute hatten zum Schluss mehr als 70 Prozent ihrer Einlagen in deutsche Kriegsanleihen angelegt.[5]

Im Gegensatz zu Deutschland legte Großbritannien langfristige Kriegsanleihen auf. Ende 1941 waren 4,6 Milliarden Pfund (umgerechnet 61 Milliarden Reichsmark) gezeichnet worden, von denen 1,7 Milliarden von Kleinsparern aufgebracht worden waren. Steuern und Abgaben stiegen im Zweiten Weltkrieg dort um 336%.[6]

Kriegsanleihen wurden auch in den Vereinigten Staaten mit pathetischer Propaganda verkauft. Das United States Office of War Information tourte ab 1943 durch die USA und sammelte mit vier Gemälden von Norman Rockwell, die dieser nach einer Kongress-Rede des Präsidenten Franklin D. Roosevelt über die Die vier Freiheiten geschaffen hatte, 130 Mio $ für Kriegsanleihen ein. Diese deckten nur einen Bruchteil der Ausgaben. Allein das Leih- und Pachtgesetz verpflichtete die USA bereits vor Kriegseintritt zu 50 Mrd. $ Militärhilfe an die Alliierten.

Einzelnachweise

  1. Hartmut Kiehling: Der Funktionsverlust der deutschen Finanzmärkte in Weltkrieg und Inflation 1914 bis 1923, Seite 18-20 Online
  2. Entnommen aus: Konrad Roessler: Die Finanzpolitik des Deutschen Reiches im Ersten Weltkrieg. Berlin 1967, S. 79, Tabelle 5.
  3. Zitat Otto Donner, finanzpolitischer Sprecher Görings 1944, nach Götz Aly: Hitlers Volksstaat. Frankfurt/M. 2005. ISBN 3-10-000420-5, S. 329.
  4. Götz Aly: Hitlers Volksstaat. S. 330.
  5. Götz Aly: Hitlers Volksstaat. S. 329.
  6. Götz Aly: Hitlers Volksstaat. S. 321.

Weblinks


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