Kreis Weißwasser

Kreis Weißwasser
Landkreisdaten von 1990 bis 1994
Bundesland: Sachsen
Regierungsbezirk: Dresden
Verwaltungssitz: Weißwasser
Fläche: 524,8 km²
Einwohner: 58.760 (3. Oktober 1990)
Bevölkerungsdichte: 112 Einwohner je km²
Kfz-Kennzeichen: WSW
Kreisschlüssel: 14 0 53
Kreisgliederung: 23 Gemeinden, 2 Städte
Landrat: Erich Schulze (CDU)
Lage des Kreises Weißwasser im Bezirk Cottbus

Der Kreis Weißwasser, sorbisch Wokrjes Běła Woda, war von 1952 bis 1990 eine Verwaltungseinheit im Bezirk Cottbus in der DDR. Der im sorbischen Siedlungsgebiet gelegene Kreis bestand nach der deutschen Wiedervereinigung als Landkreis Weißwasser im Land Sachsen bis zur Kreisreform 1994 weiter. Kreissitz war die namensgebende Stadt Weißwasser.

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Der Kreis Weißwasser lag im südöstlichen Teil der DDR an der deutsch-polnischen Grenze. Prägend für das gesamte Kreisgebiet sind weitläufige Wälder, die erst seit der Mitte des 19. Jahrhunderts durch Landwirtschaft, Industrialisierung, Tagebaue und den Truppenübungsplatz Oberlausitz in größerem Maße gelichtet werden.

Im Nordosten des 425 Quadratkilometer großen Kreisgebiets liegt der Muskauer Faltenbogen, dessen höchste Erhebung der 163 Meter hohe Drachenberg ist. Durch Abhaldung des Aufschlussabraums des Tagebaus Nochten entstand im Nordwesten bis 1974 die 420 Hektar große Außenhalde Mulkwitz, die sich bis zu 34 Meter über das umgebende Gelände erhebt. Die höchste Erhebung jedoch liegt im Süden des Kreisgebietes. Durch Verkippung des Aufschlussabraums des Tagebaus Reichwalde entstand von 1985 bis 1987 die Außenhalde Reichwalde, die sich bis zu 40 Meter über dem umliegenden Gelände erhebt.

Durch das mittlere Kreisgebiet verläuft in Ost-West-Richtung eines der größten Binnendünengebiete Mitteleuropas. Die bis zu 25 Meter hohen und teilweise mehrere Kilometer langen Dünen wurden durch tagebauliche Inanspruchnahme teilweise zerstört.

Über das Kreisgebiet sind eine Vielzahl von natürlichen aber auch künstlich entstandenen Teichen und Seen verteilt. Zu den größten gehören im Norden der Halbendorfer See, der Jahnteich und Braunsteich. Das südliche Kreisgebiet ist Teil der Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft.

Die Lausitzer Neiße begrenzte den Kreis im Osten, die Westgrenze wurde teilweise durch die Spree und den Schwarzen Schöps gebildet. Zwischen Spree und Neiße verläuft die mitteleuropäische Wasserscheide unter anderem durch die Kreisstadt. Landschaftsbestimmende Nebenflüsse der Spree sind die Struga im Norden, sowie im südlichen Kreisgebiet der Schwarze Schöps und dessen Nebenfluss, der Weiße Schöps.

Geschichte

Durch Befehl der Sowjetischen Militäradministration wurde der westlich der Lausitzer Neiße gelegene Teil des Landkreises Rothenburg (Ob. Laus.) am 9. Juli 1945 in das Land Sachsen umgegliedert und in Landkreis Weißwasser umbenannt. Am 16. Januar 1947 wurde der Landkreis mit dem benachbarten Landkreis Görlitz zu einem neuen Landkreis Weißwasser-Görlitz mit Sitz in Weißwasser zusammengeschlossen, der wiederum am 12. Januar 1948 in Landkreis Niesky umbenannt wurde.[1]

Bei der Verwaltungsreform von 1952 wurde der Kreis Weißwasser am 23. Juli aus dem nördlichen Teil des Landkreises Niesky gebildet. Kromlau war die einzige Gemeinde, die vorher zum Landkreis Sorau (Lausitz) gehörte. Das Kreisgebiet ist nahezu deckungsgleich mit dem westlich der Neiße gelegenen, größeren Teil der Standesherrschaft Muskau, der bereits seit Jahrhunderten bis auf Kromlau, Pechern und Wunscha alle Orte nördlich der beiden Schöpsflüsse angehörten.

In der Wendezeit wurde der Kreis Weißwasser nach deutschem Kommunalrecht ein Landkreis. Durch Bürgerentscheide wurden aus dem Bezirk Cottbus die Kreise Weißwasser und Hoyerswerda nicht nach Brandenburg sondern zum Land Sachsen überführt.

Im Zuge der sächsischen Kreisreform wurde der Landkreis Weißwasser am 1. August 1994 mit dem Landkreis Niesky und Teilen des Landkreises Görlitz zum Niederschlesischen Oberlausitzkreis zusammengeschlossen. Erich Schulze, bereits seit 1990 Landrat des Landkreises Weißwasser, war zum Landrat des neuen Kreises gewählt worden. Durch eine erneute Kreisgebietsreform wurde am 1. August 2008 der Niederschlesische Oberlausitzkreis mit dem Landkreis Löbau-Zittau und der zuvor kreisfreien Stadt Görlitz als neuem Kreissitz zum neuen Landkreis Görlitz zusammengeschlossen.

Kodierungen

  • Kfz-Kennzeichen auf dem Gebiet des Kreises
    • ca. 1910 bis 1945: I gefolgt von einer bis zu fünfstelligen Nummer
    • ab 1945 bis 1948: SF (Sachsen Freistatt) oder SP (Sachsen Provinz)
    • ab 1948 bis 1953/56: SL (Sowjetische Besatzungszone Leipzig Sachsen)
    • bis 1990: Z* und Z**

Es wurden folgende Nummerngruppen im Kreis Weißwasser vergeben: ZA 25-51 bis ZA 30-00, ZA 56-01 bis ZA 61-00, ZC 10-01 bis ZC 20-00, ZC 30-01 bis ZC 45-00, ZF 35-01 bis ZF 50-00, ZJ 50-01 bis ZJ 70-00, ZK 73-81 bis ZK 86-00, ZK 75-01 bis ZK 85-00, ZL 40-01 bis ZL 60-00, ZO 10-16 bis ZO 17-50, ZO 80-01 bis ZO 85-00, ZR 10-46 bis ZR 17-30, ZS 45-16 bis ZS 50-00, ZU 20-01 bis ZU 30-00, ZV 60-01 bis ZV 80-00, ZW 09-01 bis ZW 18-15 und ZX 50-01 bis ZX 99-99, sowie für die Kennzeichen mit drei Buchstaben die Serie von ZSA 0-01 bis ZSZ 9-99. Bei den dreibuchstabigen Nummern wurde als dritter Buchstabe kein „I“ und kein „Q“ vergeben.

Wappen

Wappen des Landkreises

Am 25. Oktober 1990 beschloss der Kreistag die Einführung eines Wappens. Es basiert, typisch für Landkreise der Oberlausitz, auf dem Wappen der Stadt Bautzen. Die weißen Wellen auf blauem Grund sind eine doppelte Andeutung des Namens, zum einen in ihrer W-Form, zum anderen durch ihre Farbe. Die Genehmigung des Wappens durch das Regierungspräsidium Dresden erfolgte am 22. März 1991.[2]

Blasonierung

Im Blau über goldener Mauer mit drei Zinnen zwei silberne Wellenbalken in Form eines stilisierten Buchstaben W.

Gemeinden

Am 3. Oktober 1990 bestand der Landkreis Weißwasser aus 25 Gemeinden, davon zwei Städte:

Städte
Gemeinden

Durch Eingemeindungen reduzierte sich die Zahl der Gemeinden bis zur Auflösung des Kreises von 25 auf 17. Im Niederschlesischen Oberlausitzkreis hat sich die Zahl der eigenständigen Gemeinden auf dem Territorium des ehemaligen Landkreises Weißwasser durch weitere Zusammenschlüsse bis 1999 auf zehn reduziert.

Wüstungen

Alle Ortschaften, die auf dem Kreisgebiet während des Bestehens des Kreises wüst wurden, waren direkt oder indirekt vom Braunkohleabbau oder die Vergrößerung des Truppenübungsplatzes betroffen. Gewüstet wurden:

  • Brand, sorbisch Spalene
  • Tränke, Napojka
  • Tzschelln, Čelno
  • Gemeinde Viereichen teilweise
  • Gemeinde Wunscha gänzlich
    • Publick, Publik
    • Reichwalder Schäferei Mosty
    • Schadendorf, Pakosnica
    • Wunscha, Wunšow

Für den Bau des Kraftwerks Boxberg und die Erschließung des Tagebaus Nochten wurde es notwendig, den militärischen Übungsbetrieb an diesen Stellen einzustellen. Infolge dessen wurde der Truppenübungsplatz Nochten in den östlichen Teil der Muskauer Heide verlagert. Der Ort Haide, der sich in diesem Gebiet nahe der Bundesstraße 115 befindet, blieb erhalten. Die weiter östlich gelegene Siedlung Brand sowie die südöstlich gelegene Siedlung Tränke wurden für den Übungsbetrieb gewüstet.

Dem Tagebau Nochten musste mit Tzschelln ein Ort gänzlich weichen. Mühlrose und Nochten wurden für diesen Tagebau teildevastiert. Der wesentlich kleinere Tagebau Reichwalde wurde in den achtziger Jahren in einer dichter besiedelten Region aufgeschlossen. Durch ihn erfolgten 1984 bis 1986 die Ortsabbrüche der Gemeinde Wunscha. Anfang der neunziger Jahre erfolgten Ortsabbrüche in der Gemeinde Viereichen.

Wirtschaft

Landwirtschaft

Ein großer Teil der landwirtschaftlichen Nutzflächen sind sandige Heideböden mit geringer Ertragsleistung. Anfang der achtziger Jahre wurden 90,7 % der Fläche von den zwei Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG Pflanzenproduktion) des Kreises bearbeitet. Die LPG (P) Halbendorf bewirtschaftete 6769 ha (67,69 km²) im nördlichen und östlichen Kreisgebiet zwischen Mulkwitz und Pechern, während die LPG (P) Rietschen 3543 ha im südlichen Kreisgebiet bewirtschaftete.[3] Stützpunkte der beiden Genossenschaften waren über das gesamte Kreisgebiet verteilt.

In den sieben LPG Tierproduktion wurde der Großteil des Nutzviehs gehalten. Im Jahr 1983 waren das 98,1 % der Milchkühe, 92,4 % der Mastrinder, 92,5 % der Schweine und 83,3 % Schafe. Standorte befanden sich in den Gemeinden Daubitz, Halbendorf, Kringelsdorf, Schleife, Trebendorf, Viereichen und Weißkeißel.[3]

Industrie

In der Wirtschaft der DDR hatte der Kreis Weißwasser große Anteile in der Glasproduktion sowie Kohleförderung und -verstromung. Bedeutende Rohstoffe neben der Braunkohle sind Raseneisenerz, Alaun sowie hochwertige Tonminerale.

In Weißwasser wurde seit 1872 Glas produziert. Zur Jahrhundertwende hatte sich der Glasmacherort zum europäischen Zentrum der Glasproduktion entwickelt, die in den letzten beiden Jahren des zweiten Weltkrieges jedoch zusammenbrach. Nach dem Krieg wurde die Produktion wieder aufgenommen und so ausgebaut, dass zeitweise 20.000 Menschen in der Glasproduktion beschäftigt waren. Im Zusammenhang mit der politischen Wende in Ostmitteleuropa und Osteuropa sowie dem damit verbundenen Wegfall eines großen Exportmarktes kam es zum zweiten Zusammenbruch der Glasproduktion im Kreis, so dass nur noch einige hundert Arbeiter in der Glasproduktion tätig waren.

Durch die Inbetriebnahme der Blöcke 13 und 14 (1978 und 1980) hatte das Kraftwerk Boxberg eine installierte Leistung von 3520 MW erreicht und war damit zeitweise das größte Kraftwerk der DDR. Von ihm gingen etwa 20 % der Energieproduktion der DDR aus. Diese Energie wurde hauptsächlich durch Kohle aus dem Tagebau Nochten bezogen. 1982 wurden 23,4 Millionen Tonnen Rohbraunkohle im Kreis Weißwasser gefördert, das sind etwa neun Prozent der Gesamtförderleistung desselben Jahres in der DDR.[3] In den achtziger Jahren wurde mit dem Tagebau Reichwalde ein weiterer großflächiger Braunkohletagebau aufgeschlossen.

Der Krauschwitzer Ortsteil Keula ist Standort der Keulahütte, des größten metallverarbeitenden Betriebs des Landkreises.

Einzelnachweise

  1. Andreas Oettel: Zur Verwaltungsgliederung Sachsens im 19. und 20. Jahrhundert. Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen, abgerufen am 5. Juli 2009.
  2. Eckhart Leisering: Die Wappen der Kreisfreien Städte und Landkreise im Freistaat Sachsen. mdv, Mitteldeutscher Verlag, Halle/Saale 2000, ISBN 3-89812-069-4.
  3. a b c Sekretariat der Kreisleitung der SED und Rat des Kreises Weißwasser (Hrsg.): Unsere erfolgreiche Bilanz. 1983.

Literatur

  • Reihe Heimatkundliche Beiträge für den
    • Kreis Weißwasser
      • Heft 1, 1962: Die Lage der bäuerlichen Bevölkerung in der Standesherrschaft Muskau im Spiegel ausgewählter Urkunden
      • Heft 2, 1962: Die Entwicklung der Arbeiter-Turn- und Sportbewegung in der Glasmacherstadt Weißwasser von 1797–1933
      • Heft 3, 1963: Zehn heimatgeschichtliche und naturkundliche Beiträge
      • Heft 4, 1964: Die Entwicklung des Eishockeysports in der Glasmacherstadt Weißwasser
      • Heft 5, 1985: Zeittafel zur Geschichte des Kreises Weißwasser. Teil 1: 6. Jahrhundert bis 1871
      • Heft 6, 1988: Orte des Kreises Weißwasser auf historischen Landkarten bis 1815
    • Kreis Weißwasser/Oberlausitz
      • Heft 7, 1991: Zur wirtschaftlichen Entwicklung des Kreises Weißwasser/Oberlausitz in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts
      • Heft 8, 1992: Naturschutz im Landkreis Weißwasser – Naturschutzgebiete und Naturschutzstrategie
    • Landkreis Weißwasser/Oberlausitz
      • Heft 9, 1993: „… da sah ich sie liegen schön, unsere Dörfer“ – Sorbem im Landkreis Weißwasser/Oberlausitz
      • Heft 10, 1994: „Denn Wissen schadet nichts, aber Unwissenheit schadet erstaunlich“ – Schulen im Landkreis Weißwasser/Oberlausitz
      • Heft 11, 1994: Naturschutz im Landkreis Weißwasser – Landschaften, Lebensräume, Geschützte Arten
    • Niederschlesischen Oberlausitzkreis
      • Heft 12, 1995: Persönlichkeiten des Oberlausitzer Lebens. Teil 1: Muskauer Heide
  • Markus, Johannes & Andreas Vette: Wer Weißwasser kennt, … – Zur Geschichte von Verfassung, Landesplanung, Wirtschaft und Kultur einer Oberlausitzer Region. Eugenia-Verlag, 2005, ISBN 978-3-938853-00-9.

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