Krameramtsstuben

Krameramtsstuben
Krameramtsstuben vom Turm des Michel aus
Hofgang mit Kramerwitwenwohnungen
Erläuterungstafel "Krameramtswohnungen"

Die Krameramtsstuben in Hamburg liegen am Krayenkamp in der Neustadt unterhalb des „Michels“. Ehemals als Wohnungen für Witwen vom Krameramt genutzt, bilden die 1620 bis 1700 errichteten Fachwerkhäuser heute die letzte geschlossene Hofbebauung des 17. Jahrhunderts in Hamburg.

Heute von kleinen Läden, Galerien, Restaurants und einer als Museum erhaltenen Wohnung genutzt, veranschaulicht das Ensemble aus den beiden Vorderhäusern, mit den beidseitig entlang eines schmalen Ganges errichteten Häusern der Hofbebauung, am besten das Aussehen der bis ins 20. Jahrhundert weite Teile der Hamburger Alt- und Neustadt prägenden Gängeviertel.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte und Architektur

Die ältesten Häuser der Anlage (Krayenkamp 10/11 - Haus a, n und m) sind zugleich die ältesten erhaltenen Wohngebäude der aus Alt- und Neustadt bestehenden Hamburger Innenstadt. Mit ihren vorkragenden Geschossen und den ornamental geschnittenen Knaggen, entstanden sie um 1620 (Hintere Häuser 1615-20; Vorderhaus 1625[1]) als Landhaus und Gartenhaus auf einem sonst als Zier- und Lustgarten gestalteten Grundstück. Zur gleichen Zeit wurde auch dieser Teil der Neustadt in die Stadtbefestigung der ausgebauten Hamburger Wallanlagen mit einbezogen. Die heute bei den Hofhäusern wieder freigelegte Deckenbemalung, lässt auf einen großbürgerlichen Nutzer dieser Häuser schließen.

1676 ließ das wohlhabende löbliche Kramer-Amt, auf dem von ihm erworbenen Gelände mit den bestehenden Häusern, Freiwohnungen für 20 Witwen von verstorbenen Mitgliedern erbauen. Das Krameramt war eine zunftartige Vereinigung von Kleinhändlern (Kramer, Krämer später auch Kolonialwarenhändler), die ihren Laden oder Stand in Hamburg besaßen. 1375 hatte sich diese (wohl noch ältere) Vereinigung, in der unter anderem Gewürz-, Seiden- und Eisenhändler vertreten waren, eine Satzung gegeben.

Der Bau der beiden Reihe der jeweils gleich zugeschnittenen Witwenwohnungen erfolgte nicht nur aus sozialen Aspekten. Zugleich lag es auch im Interesse des Krameramtes, Witwen oder auch arbeitsunfähige Amtsbrüder aus den Läden umzusiedeln, um wieder neue Händler zuzulassen, da Frauen allein diese Geschäft nicht führen durften. Neben den mietfreien Wohnungen erhielten die Witwen auch Brennmaterial und eine kleine Rente.

In den fünf Häusern jeder Reihe, die auf Grund der damaligen vorkragenden Bauweise nach oben mehr Raum gewannen, bestanden zunächst zwei Wohnungen in Erd- und Dachgeschoss mit Kammer, Diele und Kochstelle. Diese wurden später zu einer einzigen Wohnung zusammengezogen. Auffällig sind auch die gedreht gemauerten Schornsteine und die für die Gänge und Höfe typischen Holzgestelle für die Wäschetrocknung vor den Fenstern.

Um 1700 entstand als letztes das Haus, durch das heute der Torweg auf den Hof führt. Es gehörte nicht zu den eigentlichen Kramerwitwenwohnungen und wurde als Wohnhaus vermietet.

Am 1. Februar 1865 trat das hamburgische Gesetz vom 7. November 1864 über die Gewerbefreiheit in Kraft. Die über 40 noch bestehenden Ämter in Hamburg werden aufgelöst und 1866 übernahm die Freie und Hansestadt die Krameramtswohnungen. Fortan wurden dort von der Stadt ältere alleinstehende Damen untergebracht. Kurz vor 1900 erhalten die Wohnungen einen Wasseranschluss, nachdem zuvor ein Brunnen im Hof der Wasserversorgung diente. Bereits 1933 wird das gesamte Ensemble unter Denkmalschutz gestellt.

Die Bombenangriffe des Zweiten Weltkrieges überstanden die mittlerweile von Etagenhäusern der Jahrhundertwende umgebenen Krameramtswohnungen ohne große Schäden, ein neben dem Vorderhaus liegendes Wohnhaus wurde jedoch schwer getroffen (Krayenkamp 9 ist noch ein älteres Haus erhalten).

Trotz verschiedentlicher Renovierungen machten die mangelnde sanitäre Hygiene und der bauliche Zustand eine Nutzung als Altenwohnungen allmählich unmöglich. In einem Gutachten wurde 1968 eine gründliche Renovierung für notwendig erachtet. Die Stadt erarbeitete bis 1971 ein Nutzungskonzept der ab 1970 leerstehenden Häuser. Ab 1972 erfolgte aufgrund statischer Versetzung der Gebäude, die durch bauliche Veränderung in der Umgebung verursacht wurde, eine durchgreifende Sanierung für 1,6 Million Mark. Im Juni 1974 konnte die Einweihung der verpachteten Häuser als Kulturzentrum und Beispiel einer gelungen Altstadt-Sanierung vollzogen werden.[2]

Kramerwitwenwohnung - Museum

Eine der über drei Geschossen führenden alten Wohnungen ist in ihrem ursprünglichen Zustand als Museum Kramerwitwenwohnung, einer Außenstelle vom Museum für Hamburgische Geschichte (hamburgmuseum) erhalten. Sie ist mit einer vollständigen Einrichtung aus der Zeit um 1850/60 ausgestattet worden, die teilweise aus den Wohnungen selbst oder anderen Krämerhaushalten stammt, und kann besichtigt werden.

Sie verdeutlicht die Wohnverhältnisse in den Witwenwohnungen und zugleich, da diese Wohnungen keineswegs von armen Bevölkerungsschichten bewohnt wurden, die selten gezeigten Wohnverhältnisse der Mittelschicht in einer Großstadt zur Mitte des 19. Jahrhunderts.

Eine Balkenwaage und eine Elle aus der Zeit um 1800, wichtigste Messinstrumente der Kramer und als Zunftzeichen auch auf einer Tafel an den Häusern zu sehen, sind dort ebenfalls zu sehen.

Literatur

  • Reinhold Pabel (1915-2008; Antiquariat Pabel in den Krameramtsstuben): Im Schatten des Michel Das Kramer-Amt in Hamburg und seine Witwen-Wohnungen am Krayenkamp, Christians-Verlag, 1978 (1. Auflage)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ralf Lange: Architekturführer Hamburg Ed. Menges, 1995
  2. Ernst Christian Schütt:Die Chronik Hamburgs, Chronik-Verl. 1991
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