Krabat (Sage)

Krabat (Sage)

Krabat (abgeleitet von Hrvat, „Kroate“) ist eine Sagengestalt der Sorben. Die Krabat-Sage ist eine Sage aus der Lausitz, die in den Dörfern rund um Hoyerswerda spielt.

Krabat-Statue in Groß Särchen

Inhaltsverzeichnis

Inhalt der Sage

Der Inhalt der Sage wandelte sich im Laufe der Zeit. In den ältesten Versionen, etwa bei Joachim Leopold Haupt (1837), ist Krabat noch „der gar böse Herr von Groß-Särchen“. Bei dem Versuch, einen Bach umzupflügen, gingen ihm die polnischen Ochsen durch, so dass der Bach nunmehr ganz krumm wurde. Das erinnert an die Sage von der Entstehung des Spreewaldes, der entstanden sein soll, als dem Teufel die roten Ochsen durchgingen. Die vielen Furchen füllten sich mit Wasser und bildeten das Sumpfgebiet.

Von Krabat wird bis ins 20. Jahrhundert berichtet, dass er Soldaten aus schwarzen Haferkörnen zaubern konnte, und vor allem dass er mit seiner Kutsche durch die Luft nach Dresden fuhr. Bei einem dieser „Flüge“ wurde der Kirchturm von Kamenz beschädigt, der bis auf den heutigen Tag krumm ist. In späteren Versionen wird berichtet, wie Krabat zu seinen Zauberkünsten kommt: Entweder hat er sie auf der „Schwarzen Schule“ in Leipzig erlernt oder in der Mühle von Schwarzkollm.

Im Verlaufe der Sagenaufzeichnung wird Krabat allmählich zu einem guten Herrn, der seine Künste zum Nutzen der Menschen oder zum Schabernack einsetzt. Christliche Erlösungsmotive nach dem Tod Krabats sind ebenfalls eine Entwicklung späterer Niederschriften, wobei es in älteren Versionen Krabats Mutter ist, die ihn vom Bann des Zauberlehrers befreit.

In der bekanntesten Fassung, die um die Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert spielt, verirrt sich Krabat, ein sorbischer Betteljunge, im Wald und stößt dabei auf die Schwarze Mühle bei Schwarzkollm. Er wird dort vom Meister der Mühle als Lehrling aufgenommen, muss jedoch erkennen, dass sein Meister ein Zauberer ist, der im Bund mit dem Teufel steht. Indem er heimlich im Buch des Meisters liest, wird er dem Meister überlegen. Jedoch verraten ihn die anderen Lehrlinge. Vor der Rache des Meisters kann ihn nur die Liebe der Mutter zu Krabat retten, indem sie ihn unter den in Raben verwandelten Lehrlingen erkennt. Deshalb flüchtet er nach Hause und vereinbart mit ihr ein Zeichen, an dem sie ihn erkennen kann. Durch diese List wird Krabat befreit. Als der Meister von dem Betrug erfährt, stellt er Krabat in einem Duell, das Krabat gewinnt.

Später nutzt Krabat seine Zauberkraft, als er beispielsweise Kurfürst Friedrich August I. (August den Starken) vor den Türken rettet, indem er einen Giftmord an ihm verhindert. Der Landbevölkerung half er, indem er mit Hilfe seiner magischen Kräfte karge Böden fruchtbar machte und Sumpflandschaften trocken legte. Nach seinem Tod verwandelte sich Krabat in einen weißen Schwan und erhob sich in den Himmel. Noch heute gilt Krabat in der Lausitz als Schutzpatron der Landbevölkerung.

Entstehung

Gedenktafel für Johann Schadowitz, Vorbild für die Sagengestalt Krabat, in der katholischen Kirche in Wittichenau (sorbisch Kulow)
Die Pfarrkirche von Wittichenau, letzte Ruhestätte des „historischen Krabat“
Im Bau befindlicher Laubengang und Gesindehaus des Erlebnishofs „Krabat-Mühle“ im Koselbruch bei Schwarzkollm.

Geschichtlicher Hintergrund aller Sagen und Legenden um Krabat ist die Tatsache, dass Kurfürst Johann Georg III. bei seiner Rückkehr von einem Feldzug gegen die Türken im Jahr 1691 einen Reiterobristen namens Johannes Schadowitz (* 1624) in seinem Gefolge mitbrachte und diesem wegen seiner Verdienste – er soll den Kurfürsten vor der Gefangennahme durch die Türken bewahrt haben – das Gut Groß Särchen vor den Toren der Stadt Hoyerswerda schenkte. Der aus dem fernen Kroatien stammende Oberst, der hochbetagt am 29. Mai 1704 in Groß Särchen starb und in Wittichenau seine letzte Ruhestätte fand, wurde im Volksmund sicher wegen seiner fremden Herkunft, seines Aussehens und seiner Eigenarten als Zauberer angesehen und als „Krabat“ bezeichnet.

Der Begriff krabat spiegelt sich in verschiedenen Formen in vielen Sprachen wider. Im Altkirchenslawischen wurde krabat als Ausdruck für die zwischen „den Flüssen Save und Drave lebenden Menschen“ (die Kroaten) benutzt. Auch im Deutschen wurde Krabat bzw. krabatisch im 17./18. Jahrhundert benutzt, um die Kroaten zu bezeichnen.

Moderne Fassungen

Die ersten Aufzeichnungen stammen aus dem 19. Jahrhundert. Die älteste Niederschrift stammt von Joachim Leopold Haupt aus dem Jahr 1837. In Von einem bösen Herrn in Groß-Särchen wird die Legende noch ohne Figurenentwicklung dargestellt.[1] Sechzig Jahre später werden im wendischen Faust von Jurij Pilk die Erzählungen über den Hexenmeister und Gaukler mit dem Märchenstoff vom Zauberlehrling zur Lebensgeschichte Krabats verdichtet.[2]

Měrćin Nowak-Njechorński

Mit Mišter Krabat (deutscher Titel: Meister Krabat der gute sorbische Zauberer) veröffentlichte Měrćin Nowak-Njechorński 1954 die erste moderne Version des Krabat-Stoffes zunächst in sorbischer Sprache, ein Jahr später erschien eine deutschsprachige Übersetzung von Jurij Brězan. Měrćin Nowak-Njechorński setzte den Stoff in einem sozialistischen Geist um.

Jurij Brězan

Krabat ist eine Hauptfigur dreier Romane des bedeutenden sorbischen Schriftstellers Jurij Brězan: Die schwarze Mühle (1968), Krabat oder Die Verwandlung der Welt (1976) und Krabat oder Die Bewahrung der Welt (1993).

Otfried Preußler

Einer größeren Öffentlichkeit außerhalb der DDR wurde die Sagenfigur vor allem durch das Jugendbuch Krabat von Otfried Preußler bekannt, das 1971 erschien und bis heute eine beliebte Schullektüre ist. Zur ursprünglichen Sage gibt es im Buch einige Unterschiede: So verirrt sich Krabat nicht wie zu Beginn der Sage im Wald und stößt dabei auf die Mühle, sondern wird in drei Träumen von der Stimme des Meisters zur Mühle gerufen. Während die Lehrlinge ihn in der Sage an ihren Meister verraten, sind sie im Buch mit ihm verbündet oder verhalten sich passiv. Auch ist es nicht die Liebe seiner Mutter, die ihn rettet, sondern die Kantorka (Kantorin), ein Mädchen, das ihn liebt. Das Buch endet mit der Befreiung aus der Mühle.

Martin Beyer

Unter dem Titel „Hinter den Türen“ erschien 2002 eine „dunklere“ Bearbeitung des Stoffes. Im „Roman nach Motiven der Krabat-Sage“ (Untertitel) nennt Beyer seine Hauptfigur „Vander“. „Das Werk steckt voller Bezüge, z. B. zur Romantik (etwa E.T.A. Hoffmann), zur existenzialistischen Philosophie und zu aktuellen Fragestellungen“ (Pressetext).

Künstlerische Adaptionen

Bühnenbearbeitungen

Die Kinderoper Krabat (1982) von Cesar Bresgen nach Preußlers Buch wurde 1983 uraufgeführt.

Ebenfalls 1983 wurde im Düsseldorfer Marionettentheater das Stück Krabat nach dem Buch von Preußler uraufgeführt und zählt seitdem zu den festen Inszenierungen.

1994 wurde das Theaterstück Krabat von Nina Achminow im Prinzregententheater München uraufgeführt (Inszenierung Alexander Schulin, Bühnenbild Cornelia Brunn, Musik Estampie).

2003 führte der Heimatverein Groß Särchen e. V. das Theaterstück Nitscho rund um die Sagengestalt Krabat in Hoyerswerda auf.

Im Mai 2007 erlebte Fredrik Zellers Oper „Krabat“, eine Vertonung des Romans von Preußler, am Nationaltheater Mannheim im Rahmen des Programms „Junge Oper“ ihre Uraufführung.

Auch in der Ballettoper Krabat oder Die Erschaffung der Welt von Enjott Schneider wurde der Stoff für die Bühne bearbeitet.

Filme

1975 drehte Regisseur Celino Bleiweiß für das Fernsehen der DDR den Film Die schwarze Mühle nach Jurij Brězans gleichnamiger Krabat-Erzählung.

1977 entstand der tschechisch-deutsche Zeichentrickfilm Krabat des Regisseurs Karel Zeman, der eine Bearbeitung des Buches von Preußler zu Grunde legt, die auch für kleine Kinder geeignet ist (FSK ab 6).

Am 9. Oktober 2008 kam Krabat, die aufwendige Realverfilmung des Romanes von Preußler, in die deutschen Kinos (und in Österreich am 28. November). Regie bei diesem mehr als 8 Millionen Euro teuren Projekt führte Marco Kreuzpaintner, während David Kross (als Krabat), Daniel Brühl (als Tonda), Robert Stadlober (als Lyschko) und Paula Kalenberg (als Kantorka) die Hauptrollen bekleiden.

Musik

1999 wurden drei Ballettsuiten „Die Krabat-Sage – Ein Ballett nach überlieferten Texten aus der Lausitz“ für großes Orchester von Martin Hauber veröffentlicht.

2001 hat die Band Stillste Stund die Sage von Krabat in ihrem Lied „Mühle mahlt“, von dem Album „Ursprung Paradoxon“, aufgegriffen.

2006 begann die Musikformation ASP mit der Umsetzung der Sage in Form eines fünfzehnteiligen Krabat-Liederzyklus, der am 29. August 2008 als Konzeptalbum veröffentlicht wurde.

Hörspiele

Im August 2008 entstand aus einem studentischen Projekt das 15-minütige Kurzhörspiel „Krabat und die schwarze Pumpe“ (von Daniel Ebert und Sebastian Tschöpel), das zu den Nominierten des „Premiere-im-Netz-2008“-Wettbewerbes im Rahmen der ARD-Hörspieltage gehörte.[3] Dabei handelt es sich um eine Neuinterpretation mit Bezug zur aktuellen Tagebausituation in der Lausitz.

Die alte Krabat-Sage wird in dem Hörbuch „Krabat – Der Zauberer“ erzählt. (Oktober 2008, Sprecher: Heinz Drewniok, edition Sächsische Zeitung) Die Hörfassung beruht auf der Version aus dem Sagenbuch des Königreichs Sachsen.[4]

Krabatfest

Krabatsäule in Wittichenau

Alljährlich findet in der Region um Hoyerswerda und Wittichenau ein Krabatfest statt.

Sonstiges

  • Aufgrund der Thematik der Verführung durch den Teufel wird Krabat auch der sorbische Faust genannt.
  • Krabat und der schwarze Müller sind offizielle Botschafter der Oberlausitz.
  • In Wittichenau steht eine Sandsteinsäule, die „Krabatsäule“, die Motive der Sage wiedergibt.
  • Die deutsche Rockband Krabat (gegründet 1992) lehnt ihren Namen an die Volkssage an.
  • 2001 wurde mit „Krabat“ das erste Computerspiel (PC CD-ROM) in ober- und niedersorbischer Sprache veröffentlicht. Entwickelt wurde es von der Projektgruppe RAPAKI (sorb. Die Raben) im Auftrag der Stiftung für das sorbische Volk. [5]

Literatur

  • Marie-Luise Ehrhardt: Die Krabat-Sage. Quellenkundliche Untersuchung zu Überlieferung und Wirkung eines literarischen Stoffes aus der Lausitz, (= Kultur- und geistesgeschichtliche Ostmitteleuropa-Studien; Band 1), Marburg 1982
  • Krabat - Aspekte einer sorbischen Sage, Zentrum für Lehrerbildung der Universität Potsdam, Herausgeber Martin Neumann; Das Dokument enthält die Inhalte verschiedener Krabat-Sagen und historische Bezüge. (PDF; 10,6MB)

Quellenangaben

  1. Von einem bösen Herrn in Groß-Särchen, veröffentlicht in: 1) Joachim Leopold Haupt: Neues Lausitzisches Magazin. Nr. 14, NF 2, Görlitz 1837, S. 203–204 Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche 2) Karl Haupt: Sagenbuch der Lausitz, Bd. 1: Das Geisterreich. Wilhelm Engelmann: Leipzig 1862, S. 184–185 Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche 3) Separat-Abdruck in: Neues Lausitzisches Magazin, Bd. 40, Görlitz 1863, S. 180–181 Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche
  2. Jurij Pilk, Adolf Anders: 1) Der wendische Faust, 1896, in: Sächsischer Erzähler. Illustrierte Beilage, Nr. 14 2) sorbisch: Serbki Faust, 1896, in: Lužica, Jg. 15, H. 5, S. 26–29; S. 33–37 (übersetzt von Miklawš Andricki) 3) Die wendische Faust-Sage, 1900, in: Bunte Bilder aus dem Sachsenlande. Bd. 3, Leipzig, S. 191–201
  3. Wettbewerbsseite der ARD
  4. Krabatsage.de
  5. Projektseite des PC-Spiels Krabat

Weblinks

 Wikisource: Krabat – Quellen und Volltexte
 Commons: Krabat – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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