Konzilsgebäude

Konzilsgebäude
Konzilgebäude um 1900

Das Konzilgebäude ist eine Sehenswürdigkeit in Konstanz. Das 1388 errichtete Waren- und Kaufhaus diente über Jahrhunderte als Warenumschlagplatz am Ufer des Bodensees. Im 19. Jh. bürgerte sich der Name „Conciliumsgebäude“, heute lokal auch einfach „Konzil“ ein, da während des Konstanzer Konzils (1414-1418) das Konklave zur Wahl von Papst Martin V. in diesem Bauwerk stattfand. Es gilt als größtes erhaltenes mittelalterliches Profanbauwerk in Süddeutschland und wird seit 1912 als Restaurant, Festsaal und Kongresszentrum genutzt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Das bewachte Kaufhaus während des Konklaves
Verkündung des neu gewählten Papstes

Das Kaufhaus wurde von der Freien Reichsstadt Konstanz errichtet, um den schwunghaften Handel vor allem mit den italienischen Städten zu befördern. Über Konstanz lief zu dieser Zeit ein großer Teil der Handelsgüter zwischen Norditalien und dem Oberrhein. Ein Beschluss des Rates von 1387 setzte fest, dass „man ein hus machen sol, darinne man den Walhen von Mailan und anderen frömbden lüten ir gut inne besorge und behalt, und sol das nit abgan“. Der Bau begann im März 1388; stockwerksweise wurde das Haus seiner Bestimmung als Warenlager übergeben. Auf Hunderten Eichenpfählen in den feuchten Seeboden errichtet, stand es direkt am Seeufer und war Teil der östlichen Stadtbefestigung (Stadtmauer). Es war direkt mit den Marktplätzen der Marktstätte und des Fischmarkts verbunden. Vor dem Bauwerk war in den See hinein eine flache Schiffslände aufgeschüttet. In den Erkern waren Kräne angebracht, mit denen man Waren direkt von den Schiffen oder der flachen Schiffslände in die oberen Stockwerke hievte.

Im Jahr 1417, während des Konstanzer Konzils, fand hier die Wahl des neuen Papstes statt, die das Große Abendländische Schisma beenden sollte. Das Kaufhaus war das größte Profangebäude der Stadt und konnte zudem „spionagesicher“ umgebaut werden. Die Angst war unter den Konzilsteilnehmern sehr groß, dass die Wahl in irgend einer Weise angefochten werden und nicht gültig sein könnte. Daher wurden die Fenster bis auf einen schmalen Schlitz geschlossen; man zog einen Zaun um das Gebäude, zahlreiche Wachsoldaten machten es zum militärischen Sicherheitsbereich. Das Innere wurde in 56 Einzelzellen abgeteilt, wo alle Kardinäle sowie je sechs Vertreter der fünf teilnehmenden Nationen unterkamen. Das Konklave dauerte vom 8.-11. November 1417 und endete mit der Verkündung des Habemus papam: Oddo di Colonna war zum neuen und einzigen Papst Martin V. gewählt worden. Die Papstkrönung erfolgte auf einer Tribüne vor dem Konstanzer Münster.

Die Papstwahl war allerdings das einzige wichtige sakrale Ereignis in der Geschichte des Gebäudes. Es diente bis ins 19. Jahrhundert als Handelshaus; auch Handelsmessen wurden hier abgehalten.

Weil der Stadt das Geld zur Erhaltung fehlte, zog 1836 der Zoll in das Gebäude ein und ergänzte es durch einen niedrigen Anbau, die sogenannte „Patronentasche“. Von 1839-42 wurden die heutigen Hafenanlagen errichtet, wodurch das Seeufer vom Kaufhaus wegrückte. In den 1860ern wurde das Gebäude an die Eisenbahn angeschlossen und Schienen durch das Erdgeschoss verlegt. (Diese sind jedoch mittlerweile wieder entfernt.) Das letzte Drittel des 19. Jahrhunderts war von Diskussionen um das zukünftige Schicksal des Gebäudes bestimmt. Mehrere neoklassizistische und neugotische Umgestaltungsentwürfe wurden geliefert, doch aus finanziellen Gründen nicht ausgeführt.


Schließlich wurde 1910 der Umbau zum Restaurantbetrieb und Festsaal genehmigt. Der Umbau dauerte von 1910-1911. Es entstand ein Restaurant, ein Konzertsaal für rund 600 Personen, eine Gartenterrasse sowie ein großer Kongress- und Festsaal mit modernen technischen Einrichtungen. Dabei wurde unter anderem die „Patronentasche“ abgerissen und neu erbaut sowie die Ostseite des Gebäudes um 22 cm aufgerichtet, da sie im Lauf der Jahrhunderte gegenüber der Westseite um gut einen halben Meter abgesackt war. Am 14. Mai 1912 fand die feierliche Einweihung statt.

Eine erneute Renovierung folgte von 1967-1970. Dabei wurde die historische Bausubstanz gesichert, der gastronomische Bereich erneuert und technisch modernisiert, die elektrischen und sanitären Anlagen und Feuerschutzeinrichtungen erneuert und das Dach mit alten Ziegeln, aber neuen Latten neu eingedeckt. Am 15. März 1970 wurde das renovierte Gebäude feierlich wiedereröffnet. Das „Konzil“ wird heute neben dem Restaurantbetrieb für Kongresse, Konzerte und Fasnachtsveranstaltungen genutzt.

Architektur

Das Kaufhaus oder Konzilgebäude steht auf einem aufgeschütteten Gelände am Bodenseeufer direkt am Hafen der Stadt Konstanz. Seine Grundfläche ist ein Rechteck von 23 x 50 Metern. Die zwei Geschosse haben zusammen etwa 11 m Höhe. Darüber ruht das mächtige Walmdach mit einer Firsthöhe von 28 m. Während der Dachtrauf auf der Stadtseite bis zum zweiten Stock heruntergezogen ist, ist das Gebäude zur Seeseite hin dreigeschossig und mit zwei an den Ecken auskragenden Erkeranbauten versehen. Ein ehemals dritter Mittelerker auf der Seeseite fehlt heute. Zur Seeseite hin befindet sich seit 1836 ein flacher Anbau, vom Volksmund „Patronentasche“ getauft.

Die unteren zwei Geschosse sind in dreischiffige Hallen von je acht Achsen aufgeteilt. Je 14 mächtige hölzerne Pfeiler tragen die Deckenkonstruktion. Oberer und Unterer Saal sind mit historistischen Fresken geschmückt. Die Fresken im Oberen Saal stammen von dem in München ansässigen Konstanzer Historienmaler Friedrich Pecht und seinem Kollegen Fritz Schwörer und entstanden zwischen 1869 und 1876. Dargestellt sind Szenen aus der Stadtgeschichte. Für den Unteren Saal stiftete der Kommerzienrat Prym 1913 zwei Kolossalgemälde, die der Karlsruher Maler Prof. Groh nach Art des Jugendstils ausführte. Das zur Seeseite hin befindliche Bild zeigt ein Lastschiff des Mittelalters, auf der Stadtseite ist eine mittelalterliche Tanzszene mit Musikanten dargestellt. Im Konzilrestaurant schuf der Konstanzer Sepp Biehler 1937 eine Reihe von Fresken, die die Geschichte der Bodenseeschifffahrt darstellen.

Literatur

  • Stadt Konstanz (Hrsg.): Festschrift zur Wiedereröffnung des Konzilgebäudes 15. März 1970. Konstanz 1970

Weblinks

47.660959.178187Koordinaten: 47° 39′ 39″ N, 9° 10′ 41″ O


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