Konzernbetriebsrat

Konzernbetriebsrat

Der Betriebsrat ist das (auf Grundlage des Betriebsverfassungsgesetzes) gewählte Organ der Vertretung der Arbeitnehmerinteressen und zur Wahrung der betrieblichen Mitwirkung und Mitbestimmung gegenüber dem Arbeitgeber in Betrieben des privaten Rechts. Die betriebliche Mitbestimmung durch den Betriebsrat ist abzugrenzen von der Unternehmensmitbestimmung durch Arbeitnehmervertreter in Aufsichtsräten der Kapitalgesellschaften. In öffentlichen Betrieben und Verwaltungen kann ein Personalrat gewählt werden. Betriebe der Religionsgemeinschaften und ihrer karitativen oder erzieherischen Einrichtungen sind ebenfalls vom Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes ausgenommen. Zur Mitwirkung der Arbeitnehmer ist hier aufgrund eigener Kirchengesetzgebung eine so genannte Mitarbeitervertretung berufen.

Inhaltsverzeichnis

Rechtliche Grundlagen

Deutschland

Das Betriebsverfassungsgesetz von 1972 (BetrVG) regelt die Rechte des Betriebsrats. Eine Wahlordnung bestimmt die Einzelheiten der Betriebsratswahlen. Aus dem Kündigungsschutzgesetz (Rechte des Betriebsrats bei Entlassungen) oder dem Arbeitsgerichtsgesetz (Parteifähigkeit des Betriebsrates im Arbeitsgerichtsprozess) ergeben sich weitere Rechte des Betriebsrats.

Im Bereich des öffentlichen Dienstes gilt das Betriebsverfassungsgesetz nicht. Die Rechte des dort anstelle des Betriebsrates gewählten Personalrates regeln die Personalvertretungsgesetze des Bundes und der Länder.

Österreich

Das österreichische Arbeitsverfassungsgesetz vom 14. Dezember 1973 trat am 16. Januar 1974 in Kraft. Es regelt die Befugnisse des Betriebsrats. Letzte Änderungen erfolgten im Jahr 2002.

Schweiz

In der Schweiz gibt es keine klassischen Betriebsräte (wie in Deutschland oder Österreich), sondern sogenannte Arbeitnehmervertretungen mit deutlich weniger Kompetenzen.

Geschichte

Vorläufer des Betriebsrats war der von sozialliberalen Unternehmern freiwillig eingeführte Arbeiterausschuss[1]. Gesetzliche Arbeiterausschüsse wurden in Deutschland erstmals in Betrieben des Bergbaus 1900 in Bayern und 1905 in Preußen eingeführt. Das während des Ersten Weltkriegs verabschiedete Vaterländische Hilfsdienstgesetz von 1916 sah die Einführung von ständigen Arbeiterausschüssen in allen für die Kriegswirtschaft wichtigen Betrieben mit mindestens 50 Beschäftigten vor. Diese hatten nur Beratungs- und Anhörungsrechte, konnten jedoch bei Nichtbeachtung ihrer Vorschläge einen paritätischen, mit einem neutralen Vorsitzenden besetzten Schlichtungsausschuss anrufen, dessen Spruch sich der Unternehmer unterwerfen musste. In der Revolution von 1919/1920 bildete sich eine Rätebewegung, als deren Folge die im Artikel 165 der Weimarer Verfassung kodifizierte dreistufige Rätesystem anzusehen ist, das 1. Betriebsarbeiterräte, 2. nach Wirtschaftsgebieten gegliederte Bezirksarbeiterräte und 3. einen Reichsarbeiterrat vorsah. Eine praktische Relevanz erhielt jedoch allein der mit dem am 4. Februar erlassenen Betriebsrätegesetz für alle Betriebe mit mindestens 20 Beschäftigten vorgeschriebene Betriebsrat.

Im Nationalsozialismus wurden durch das Arbeitsordnungsgesetz von 1934 alle betriebsrätlichen Aktivitäten verboten. Die Betriebsräte wurden durch so genannte Vertrauensräte abgelöst.

Mit dem Kontrollratsgesetz Nr. 22 der Alliierten vom 10. April 1946 wurden die Betriebsräte in Deutschland wieder gestattet. Das erste Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG 1952) wurde am 11. Oktober 1952 erlassen. Es stand in der Tradition des Betriebsrätegesetzes von 1920, dessen Grundgedanken weitgehend übernommen wurden. 1972 erfolgte nach einer kontrovers geführten gesellschaftlichen Diskussion eine grundlegend Novellierung des Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG 1972). Am 28. Juli 2001 ist das reformierte Betriebsverfassungsgesetz in Kraft getreten. Hierbei wurden unter anderem die Arbeits- und Organisationsgrundlagen der Betriebsräte verbessert. Des Weiteren haben Verbesserungen stattgefunden zur Einführung des vereinfachten Wahlverfahrens, der "Gleichstellungsquote" (Mindestsitze für das Geschlecht in der Minderheit, siehe Wahlordnung Betriebsverfassungsgesetz § 15), die Aufhebung der Trennung zwischen Arbeiter und Angestellten, die Absenkung der Freistellungsschwellen und den erheblichen Ausbau der Möglichkeiten des Betriebsrats, Arbeitsgruppen mit Arbeitnehmern zu bilden und Berater bei Betriebsänderungen einzuschalten.

Allgemeine Vorschriften

Ein Betriebsrat kann in Betrieben mit mindestens fünf ständigen wahlberechtigten Arbeitnehmern gegründet werden, von denen drei wählbar sein müssen. Dies gilt auch für gemeinsame Betriebe mehrerer Unternehmen.[2] Arbeitnehmer im betriebsverfassungsrechtlichen Sinn sind Arbeiter und Angestellte, die in dem Betrieb, im Außendienst, mit Telearbeit oder in Heimarbeit (sofern diese hauptsächlich für den Betrieb erfolgt) beschäftigt sind. Leitende Angestellte zählen jedoch nicht dazu.

Bestehen in einem Unternehmen mehrere Betriebsräte, ist ein Gesamtbetriebsrat zu errichten. In Konzernen können darüber hinaus Konzernbetriebsräte errichtet werden[3], die für die Behandlung von Angelegenheiten, die den Konzern oder mehrere Konzernunternehmen betreffen und nicht durch die einzelnen Gesamtbetriebsräte innerhalb ihrer Unternehmung geregelt werden können, zuständig sind.[4]

Arbeitgeber und Betriebsrat arbeiten zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebes unter Beachtung der geltenden Tarifverträge und in Zusammenarbeit mit den vertretenen Gewerkschaften und Arbeitnehmervereinigungen zusammen.

Wahlberechtigt sind alle Arbeitnehmer des Betriebes, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, ohne dass erst eine Wartezeit zurückgelegt werden müsste. Auch volljährige Auszubildende haben bei der Betriebsratswahl das (aktive und passive) Wahlrecht, weil sie insoweit auch als Arbeitnehmer gelten.[5] Die Wahrnehmung des passiven Wahlrechts ist an eine mindestens sechsmonatige Tätigkeit im jeweiligen Betrieb geknüpft. Leiharbeiter haben das aktive Wahlrecht, wenn sie länger als drei Monate im Betrieb eingesetzt werden. Leitende Angestellte besitzen weder das aktive noch das passive Wahlrecht, es gibt für diese Gruppe eine eigene Vertretung, den Sprecherausschuss.

Wählbar sind alle Wahlberechtigten, die dem Betrieb sechs Monate angehören, oder über diesen Zeitraum in Heimarbeit hauptsächlich für den Betrieb tätig waren und das 18. Lebensjahr vollendet haben.

Die Amtszeit des Betriebsrats beträgt vier Jahre. Zuletzt haben die regelmäßigen Betriebsratswahlen in der Zeit vom 1. März bis 31. Mai 2006 stattgefunden. In Betrieben, die noch ohne Betriebsrat sind, kann jederzeit ein Betriebsrat gewählt werden.

Nach zwei Jahren ist ein neuer Betriebsrat zu wählen, wenn die Zahl der regelmäßig Beschäftigten um 50 % (mindestens aber um 50) zu- oder abgenommen hat.

Aufgaben und Rechte

Der Betriebsrat hat unterschiedliche Aufgaben und Rechte.

Allgemeine Aufgaben

Der Betriebsrat soll sich der Belange der Arbeitnehmer annehmen und Maßnahmen im Sinne der Arbeitnehmer beantragen und deren Anregungen aufgreifen. Er soll die Beschäftigung im Betrieb fördern und sichern.

Er hat darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Normen durchgeführt werden, er hat Maßnahmen des Arbeitsschutzes und des betrieblichen Umweltschutzes zu fördern.

Besonders hat sich der Betriebsrat um benachteiligte Arbeitnehmer zu kümmern und die Eingliederung schwerbehinderter, ausländischer und älterer Arbeitnehmer zu fördern sowie die Gleichberechtigung der Geschlechter und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf voranzutreiben.

Zu den allgemeinen Aufgaben gehört schließlich, die Wahl einer Jugend- und Auszubildendenvertretung vorzubereiten und durchzuführen.

Informationsanspruch

siehe auch Hauptartikel: Informationsrechte des Betriebsrats
Der Betriebsrat hat generell den Anspruch, durch den Arbeitgeber über sämtliche Umstände informiert zu werden, deren Kenntnis für die Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben zweckmäßig oder erforderlich ist.

Insbesondere ist er über die Personalplanung insgesamt, technische und organisatorische Veränderungen sowie über personelle Einzelmaßnahmen - wie Einstellung, Umgruppierung, Versetzung - und Kündigung rechtzeitig und umfassend zu unterrichten.

Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die vom Arbeitgeber ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet worden sind, sowie persönliche Daten der Arbeitnehmer haben der Betriebsrat und seine Mitglieder geheim zu halten. Von dieser Ausnahme abgesehen, kann der Betriebsrat seine Information an die Belegschaft weitergeben und öffentlich darüber diskutieren.

Beratungsanspruch

Hierbei muss der Arbeitgeber den Betriebsrat nicht nur informieren, sondern sich mit ihm auch beraten – wie beim Bau technischer Einrichtungen, Änderung von Arbeitsabläufen, Förderung der Berufsausbildung, etc. Maßnahmen des Arbeitgebers in beratungspflichtigen Angelegenheiten werden nicht dadurch unwirksam, dass der Arbeitgeber das Beratungsrecht überhaupt beachtet hat oder nicht dem Rat des Betriebsrats gefolgt ist.

Anhörung

Vor jeder Kündigung ist der Betriebsrat anzuhören. Er kann der Kündigung aus bestimmten Gründen widersprechen, was den Arbeitgeber jedoch nicht daran hindert, die Kündigung dennoch auszusprechen. Bei einem berechtigten Widerspruch muss der Arbeitgeber den gekündigten und klagenden Arbeitnehmer jedoch bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses einstweilen weiterbeschäftigen.

In Österreich ist die Situation bei Kündigungen aufgrund des Arbeitsverfassungsgesetzes ein wenig anders: Der Betriebsrat ist vor einer beabsichtigten Kündigung zu informieren und auf Verlangen mit ihm Beratungen durchzuführen. Danach hat der Betriebsrat 5 Tage lang Zeit, eine Stellungnahme abzugeben (vor dem Ablauf dieser Frist kann die Kündigung nicht rechtswirksam ausgesprochen werden). Diese Stellungnahme kann lauten "ausdrückliche Zustimmung", "keine Stellungnahme" oder "Widerspruch gegen die Kündigung". Widerspricht der Betriebsrat der Kündigung, so kann der Betriebsrat den Arbeitgeber auf Anfechtung der trotzdem ausgesprochenen Kündigung klagen (tut er das nicht und in allen anderen Fällen kann der gekündigte Arbeitnehmer selbst diese Anfechtung vornehmen). Allerdings wirkt erst das Gerichtsurteil erster Instanz "rechtsgestaltend": Bis zu dieser Entscheidung (die mitunter sehr lange auf sich warten lassen kann) hängt der gekündigte Arbeitnehmer mit der Frage in der Luft, ob er nun als "weiterbeschäftigt" oder als "gekündigt" gilt.

Mitwirkung

Der Betriebsrat kann seine Zustimmung zu personellen Einzelmaßnahmen (Umgruppierung, Einstellung, Eingruppierung oder Versetzung von Mitarbeitern) verweigern und der Maßnahme widersprechen, wobei ihm jedoch nur ein bestimmter Katalog von Verweigerungsgründen zur Verfügung steht. Der Arbeitgeber darf dann die Maßnahme nicht durchführen, er kann beim Arbeitsgericht die fehlende Zustimmung des Betriebsrates ersetzen lassen; in dringenden Fällen sind bis zur Entscheidung des Gerichtes einseitige vorläufige Maßnahmen des Arbeitgebers zulässig. Führt der Arbeitgeber eine Maßnahme ohne Zustimmung des Betriebsrats durch, so kann der Betriebsrat dagegen vor dem Arbeitsgericht vorgehen. Das Arbeitsgericht auferlegt dem Arbeitgeber die Aufhebung der Maßnahme, wenn der Betriebsrat zu Recht widersprochen hatte.

Mitbestimmung

Echte Mitbestimmung

Maßnahmen werden erst durch die Zustimmung des Betriebsrates wirksam. Ein echtes Mitbestimmungsrecht hat der Betriebsrat in den nachfolgenden sozialen Angelegenheiten, sofern nicht bereits eine vorrangige, gesetzliche oder tarifvertragliche Regelung besteht.[6]

  • Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage
  • bei Mehrarbeit
  • bei Fragen der Betriebsordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb
  • Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, mit denen eine Leistungs- und Verhaltenskontrolle möglich ist[7][8]
  • Ausgestaltung des Arbeitsschutzes
  • bei Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsgrundsätzen
  • Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird
  • Sozialeinrichtungen wie Kantinen etc.
  • Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen
  • Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze
  • Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen
  • Gruppenarbeitsgrundsätze

Darüber hinaus besteht in wenigen weiteren Angelegenheiten ein echtes Mitbestimmungsrecht.

  • Betriebliche Weiterbildung[9][10][11]
  • Zielvereinbarungen: Ohne Bezug zum Entgelt ist eine Zielvereinbarung ein mitbestimmungspflichtiger „allgemeiner Beurteilungsgrundsatz“ nach § 94 Absatz 2 BetrVG, bei Kontrolle durch Datenverarbeitungssystem gilt zusätzlich eine Mitbestimmung der Leistungs- und Verhaltenskontrolle nach § 87 Absatz 1 Nr. 6 BetrVG. Bei Bezug zum Entgelt finden § 87 Absatz 1 Nr. 10-12 BetrVG Anwendung.[12]

Die Mitbestimmung beginnt häufig mit einer Verhandlung zwischen Betriebsrat und Betriebsleitung. Das Ziel ist dann, eine Betriebsvereinbarung abzuschließen. Können sich Arbeitgeber und Betriebsrat jedoch nicht einigen, entscheidet auf Antrag einer Seite die Einigungsstelle.

Mitbestimmung bei Betriebsänderungen

Bei gravierenden Betriebsänderungen besteht ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht (§§ 111 ff. BetrVG).

Das Gesetz nennt

  • Einschränkung oder Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen
  • Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen
  • Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben
  • Grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen
  • Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

Von besonderer Bedeutung sind dabei Einschränkungen oder Stilllegungen, aber auch Zusammenlegungen, die mit einem Personalabbau bis hin zur Massenentlassung einher gehen. In diesen Fällen kann der Betriebsrat einen Sozialplan notfalls durch Spruch der Einigungsstelle erzwingen und einen Interessenausgleich gleichfalls vor der Einigungsstelle verhandeln lassen, der aber, anders als der Sozialplan, nicht spruchfähig ist.

Weicht der Arbeitgeber von einem Interessenausgleich ohne zwingenen Grund ab oder unterlässt er sogar den Versuch der Herbeiführung einer Einigung, so sind Nachteilsausgleichsansprüche der Arbeitnehmer die Folge. Der Betriebsrat kann auch einen eigenen Unterlassungsanspruch gegen den Arbeitgeber gegen die Durchführung der Betriebsänderung haben (str.).

Mitbestimmungsmöglichkeiten

Die Aufgaben und Rechte der betrieblichen Mitbestimmung sind überwiegend dem gesamten Betriebsrat gegeben, nicht dem einzelnen Betriebsratsmitglied. Ob diese Aufgaben und Rechte proaktiv ausgeführt und durchgesetzt werden oder ob aus Gründen der Harmonie auf die Wahrnehmung der Rechte weitgehend verzichtet wird, ergibt sich daher aus den Mehrheitsverhältnissen im Betriebsrat. Zuwendungen von Arbeitgebern an Betriebsratslisten, die von Arbeitgebern bevorzugt werden, sind deswegen strafbewehrt verboten. Peter Blomberg von Transparency International Deutschland zufolge wäre die Zahlung solcher Zuwendungen „noch fundamentaler“, als die VW-Korruptionsaffäre. In der Sendung „die tagesschau“[13] vom 13. März 2007 wies er im Zusammenhang mit Zahlungen der Siemens AG an den über viele Jahre mehrfach wiedergewählten Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger Betriebsangehöriger darauf hin, dass zwischen dem Versuch, einerseits bei VW einen Betriebsrat wohlwollend zu stimmen und andererseits gleich „eine Gegenmacht zur Gewerkschaft“ finanzieren, ein Unterschied besteht. Hätte Siemens einer bevorzugten Arbeitnehmerorganisation Zuwendungen gegeben, dann führe das „geltendes Recht ad absurdum, weil es das System der Mitbestimmung aus den Angeln“ hebe. Beispielsweise 1997 wurde Siemens im Aufsichtsrat in Anwesenheit des Vorstandsvorsitzenden v. Pierer nachweislich vorgeworfen, die AUB zu unterstützen. Trotzdem ging das Unternehmen der Verwendung seiner Zahlungen an den AUB-Vorsitzenden Vorwurf nicht nach.

Arten der Mitbestimmung (Mitbestimmungsebenen)

Es wird unterschieden zwischen folgenden Formen der Mitbestimmung:

  1. Mitbestimmung am Arbeitsplatz,
  2. Betriebliche Mitbestimmung,
  3. Unternehmensmitbestimmung,
  4. Mitbestimmung in der Wirtschaft (Kammern).

Position von Personalvorständen zu Betriebsräten

Für die Mitglieder von Betriebsräten ist von großer Bedeutung, wie sie von Personalvorständen und Personalbereichsleitern gesehen werden. Das Spektrum reicht von freundlicher Kooperation bis zur erklärten Gegnerschaft. Ein Beispiel für die Ziele von Personalvorständen und Personalbereichsleitern im Umgang mit Betriebsratsmitgliedern gibt der Goinger Kreis in seinen Thesen und Forderungen[14] unter dem Stichpunkt „Die Chancen der betrieblichen Mitbestimmung nutzen“: „Nutzen der Betriebsräte als Korrektiv und Sparringspartner. Begleitung des Generationswechsels: Förderung einer neuen Generation von Arbeitnehmervertretern. Keine karriereschädliche Brandmarkung von Betriebsratstätigkeit.“

Hinzuziehung eines Sachverständigen

Der Betriebsrat kann nach näherer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber Sachverständige hinzu ziehen.[15] Sachverständige sollen den Betriebsrat in Fragen beraten, in denen dem Betriebsrat die notwendige Sachkenntnis fehlt und ihm bei der Erstellung von Betriebsvereinbarungen helfen. Anspruch auf Hinzuziehung eines Sachverständigen kann z.B. bei folgenden Themen bestehen: EDV, schwierige Arbeitszeitmodelle, Beurteilungswesen, Leistungsentlohnung, Interessenausgleich / Sozialplan, Einstellungstests, Bilanzanalyse und weiteren Bereichen.

Weitere Mitwirkungsgremien

  • Jugend- und Auszubildendenvertretung: Interessenvertretung der Jugendlichen unter 18 Jahren und Auszubildenden unter 25 Jahren. Zu wählen in allen Betrieben und Dienststellen, die mindestens 5 Jugendliche und Auszubildende beschäftigen.
  • Schwerbehindertenvertretung: Interessenvertretung der Schwerbehinderten. Zu wählen in allen Betrieben und Dienststellen, in denen mindestens 5 schwerbehinderte Arbeitnehmer beschäftigt sind.
  • Wirtschaftsausschuss: Organ zur gegenseitigen Unterrichtung von Betriebsführung und Betriebsrat in wirtschaftlichen Angelegenheiten. Einzusetzen in Unternehmen mit mehr als 100 Arbeitnehmern. Mitglieder werden durch den Betriebsrat bestimmt.
  • Sprecherausschuss: Interessenvertretung der leitenden Angestellten. Wählbar in allen Betrieben mit mindestens 10 leitenden Angestellten. Die leitenden Angestellten werden nicht durch den Betriebsrat vertreten.

Siehe auch

Anmerkungen

  1. Hans Jürgen Teuteberg: Geschichte der industriellen Mitbestimmung. J.B.C. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen 1961, Zweiter Teil.
  2. § 9 BetrVG
  3. § 54 BetrVG
  4. § 58 BetrVG
  5. § 5 Abs. 1 Satz 1 BetrVG
  6. § 87 BetrVG
  7. Die technische Einrichtung braucht nicht zur Überwachung bestimmt zu sein. Ausreichend ist, wenn sie dafür geeignet ist. Der Arbeitgeber braucht eine Überwachung der Arbeitnehmer nicht zu beabsichtigen. Kontrolleinrichtungen. Abgerufen am 10. Januar 2009.
  8. Der Betriebsrat hat beispielsweise die Pflicht, im Betrieb geplante oder eingesetzte Anwendungsprogramme unabhängig von der Meinung der Betriebsleitung auf die Möglichkeit zur Leistungs- und Verhaltenskontrolle zu überprüfen. Auch bei Änderungen der Programme (Daten, Auswertung usw.) ist der Betriebsrat zur Mitbestimmung nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet.
  9. § 96
  10. § 97
  11. § 98
  12. IG-Metall: Zielvereinbarungen
  13. http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,,OID6510574_,00.html, 13. März 2007
  14. Goinger Kreis
  15. § 80 Abs. 3 BetrVG

Literatur

  • Akademie für Arbeit und Politik der Universität Bremen (Hrsg) (2006): Wenn die Rolle ins Rollen kommt - Interessenvertretung im Wandel der betrieblichen Arbeitsbeziehungen Mitteilungsblatt 31/32 [1]ISSN 09481958
  • Hälker, Juri (2004): Betriebsräte in Rollenkonflikten. Betriebspolitisches Denken zwischen Co-Management und Gegenmacht, Rainer Hampp Verlag. ISBN 3-87988-800-0.
  • Heise, Dietmar; Stegen, Klaus-Peter (2006): Strategien im Umgang mit dem Betriebsrat, ISBN 3-448-06600-1
  • Marschollek, Günther (2006): Kollektives Arbeitsrecht, ISBN 3-89476-841-X
  • Müller, Matthias (2005): Die Institution Betriebsrat aus personalwirtschaftlicher Sicht, Rainer Hampp Verlag, ISBN 3-87988-938-4
  • Skupnik, Peter; Betriebsratsmanagement, Die wirksame Organisation verantwortungsvoller Mitarbeiterinteressenvertretung, ISBN 3-8169-2147-7
  • Tietel, Erhard (2006): Konfrontation - Kooperation - Solidarität. Betriebsräte in der sozialen und emotionalen Zwickmühle, edition sigma, ISBN 3-8360-8679-4
  • Der Betriebsrat - Fachzeitschrift, Verlag der betriebsrat KG, ISSN 1614-7693
  • Betriebsrat kompakt, Fachzeitschrift, i.b.m. Institut für Betriebliche Mitbestimmung, ISSN 1861-7425
  • Urteils-Ticker Betriebsrat, Fachzeitschrift, i.b.m. Institut für Betriebliche Mitbestimmung
  • Betriebsrat intern, Fachzeitschrift, i.b.m. Institut für Betriebliche Mitbestimmung, ISSN 1863-2327

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