Konstantin Jirecek

Konstantin Jirecek
Konstantin Jireček

Konstantin Jireček (auch Konstantin Josef Jireček) (* 24. Juni 1854 in Wien; † 10. Januar 1918 ebenda) war tschechischer Politiker, Diplomat, Historiker, Slawist, Begründer der böhmischen Balkanologie und Byzantinistik, sowie von 1907 bis 1918 erster Vorstand des Instituts für Osteuropäische Geschichte der Universität Wien.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Der Sohn des Historikers Josef Jireček und der Tochter von Pavel Jozef Šafárik setzte zum Teil das Werk seines Großvaters fort.[1] Seine Jugend verbrachte er in Wien, wo er das theresianische Gymnasium (1864-1872) besuchte.[2] Schon als Schüler zeigte er großes Interesse an Fremdsprachen (französisch, serbokroatisch, bulgarisch, italienisch, russisch, englisch, ungarisch, türkisch, griechisch).[2] 1872 wurde er Student an der philosophischen Fakultät der Prager Universität. Dort studierte er Geschichte und moderne Philologie. Zu seinem Freundschaftskreis gehörte der französische Historiker Ernest Denis.[2] Im Jahre 1874 unternahm Jireček eine Studienreise nach Kroatien und Serbien und veröffentlichte mehrere Aufsätze über die Geschichte und die Landeskunde der slawischen Balkanländer.[2] 1876 erschien sein erstes großes Buch - "Geschichte der Bulgaren", das dem Zeitraum von der bulgarischen Staatsgründung bis zu der Unterwerfung unter die Osmanenherrschaft gewidmet war.[2] Das Buch des 22 Jahre jungen Historikers erregte großes Aufsehen.[2] Der Grund dafür war, dass sich in diesem Jahr das Interesse der europäischen Öffentlichkeit dem ausbrechenden bulgarischen Freiheitskampf zuwandte, gleichzeitig aber in Europa über das bulgarische Volk nur wenig bekannt war.[2] Für seine Dissertation über die Geschichte der Bulgaren wurde Jireček 1876 der Doktortitel in Philosophie verliehen. Im nächsten Jahr habilitierte er mit einer Arbeit über die Heerstraße zwischen Konstantinopel und Belgrad.[3]

Nach der Beendigung des Russisch-Türkischen Krieges auf dem Balkan half er beim Aufbau der Verwaltung, des Schulwesens und der Wirtschaft im neu gegründeten Staat Bulgarien.

1879 wurde er dort in die Regierung berufen und war von 1881 bis 1882 als Wissenschaftsminister tätig. 1884 erfolgt die Ernennung zum Direktor der Nationalbibliothek in Sofia. Während seines Aufenthaltes widmete er sich neben Regierungsgeschäften Forschungsarbeiten in Balkanologie und Byzantinistik. Die Ergebnisse veröffentlichte er in zahlreichen Studien und Monographien.

1884 bis 1893 lehrte er als ordentlicher Professor an der Karls-Universität in Prag,[4] Danach war er bis zu seinem Tod 1918 als Professor für slawische Philologie an der Universität Wien.

Nach ihm ist die Jireček-Linie benannt sowie die Konstantin-Jirecek-Medaille, die als Anerkennung für Leistungen der Südosteuropa-Forschung bzw. für die kulturellen Beziehungen zu Südosteuropa verliehen wird.

Werke

Die meisten seiner Werke erschienen in deutscher Sprache. Seine Publikationen beschäftigten sich größtenteils mit der Geschichte der Völker auf dem Balkan.

Fachliteratur (Auswahl)

  • Dějiny bulharského národa, 1876.
  • Geschichte der Bulgaren. Nachdr. d. Ausg. Prag 1876. Hildesheim [u.a.]: Olms, 1977. ISBN 3-487-06408-1.
  • Die altböhmischen Gedichte der Grünberger und Königinhofer: Handschrift im Urtexte und in deutscher Uebersetzung. Prag: Rivnac, 1879.
  • Die Handelsstrassen und Bergwerke von Serbien und Bosnien während des Mittelalters: historisch-geographische Studien. Prag: Verl. der Kön. Böhmischen Ges. der Wiss., 1879
  • Einige Bemerkungen über die Überreste der Petschenegen und Kumanen sowie über die Völkerschaften der sogenannten Gagauzi und Surguči im heutigen Bulgarien. Prag: Verl. d. Königl. Böhm. Ges. d. Wiss., 1889.
  • Die Heerstrasse von Belgrad nach Constantinopel und die Balkanpässe. Prag: Tempsky, 1877.
  • Das Fürstentum Bulgarien, seine Bodengestaltung, Natur, Bevölkerung, wirthschaftliche Zustände, geistige Cultur; mit 42 Abbildungen und einer Karte. Prag [u.a.]: Tempsky [ u.a.], 1891; Leipzig: Freytag, 1891.
  • Poselství republiky Dubrovnické k císařovně Kateřině v roce 1771. Prag, 1893.
  • Das christliche Element in der topographischen Nomenclatur der Balkanländer. Wien: Gerold, 1897
  • Staat und Gesellschaft im mittelalterlichen Serbien: Studien zur Kulturgeschichte des 13. - 15. Jahrhunderts. Fotomechanischer Nachdruck der Orig.-Ausg. Wien 1912. Leipzig: Zentralantiquariat der DDR, 1974
  • Geschichte der Serben, 1911-18, unvollendet. Bd. 1 Bis 1371; Bd. 2 1371-1537. Gotha: Perthes, o. J. Nachdruck Amsterdam: Hakkert, 1967.

Literatur

  • Georg Stadtmüller: Geschichte Südosteuropas, R. Oldenbourg Verlag, München, 1976, ISBN 3-486-46342-X

Weblinks

Einzelnachweise und Bemerkungen

  1. Auch andere Mitglieder der Jireček-Familie waren in der Geschichtsforschung tätig. Seine Brüder Josef und Hermenegild veröffentlichten Arbeiten mit ihrem Bruder zusammen. Sein Onkel Hermenegild Jireček war ein bekannter slawischer Rechtshistoriker.
  2. a b c d e f g Stadtmüller, 1976, S. 409-410
  3. Das ist damals Teil des Fachgebietes Geschichte des Orients gewesen.
  4. Dort las unter er anderem die Vorlesungen: "Geschichte des Orients", "Über den vierten Kreuzzug und das lateinische Kaisertum in Konstantinopel" und "Über die Geographie der Balkanhalbinsel".

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Konstantin Jireček — (auch Konstantin Josef Jireček) (* 24. Juni 1854 in Wien; † 10. Januar 1918 ebenda) war tschechischer Politiker, Diplomat, Historiker, Slawist, Begründer der böhmischen Balkanologie und Byzantinistik, sowie von 1907 bis 1918 erster Vorstand des… …   Deutsch Wikipedia

  • Konstantin Jirecek — Konstantin Jireček Konstantin Josef Jireček (24 juillet 1854 10 janvier 1918), fils de Josef Jiřeček, fut un historien tchèque qui travailla sur l histoire de Prague. Devenu fonctionnaire bulgare en 1879, il devint en 1881 ministre de l éducation …   Wikipédia en Français

  • Konstantin Josef Jireček — Konstantin Jireček Konstantin Jireček (auch Konstantin Josef Jireček) (* 24. Juni 1854 in Wien; † 10. Januar 1918 ebenda) war tschechischer Politiker, Diplomat, Historiker, Slawist, Begründer der böhmischen Balkanologie und Byzantinistik, sowie… …   Deutsch Wikipedia

  • Jireček — Jirecek oder Jireček ist der Name von Hermenegild Jireček (1827−1909), österreichischer Jurist und Autor Josef Jireček (1825−1888), tschechischer Literaturhistoriker, Sprachforscher und Politiker Konstantin Jireček (1854−1918), tschechischer… …   Deutsch Wikipedia

  • Jireček-Linie — Die Jireček Linie ist eine gedachte Linie, die durch die Balkanhalbinsel verläuft und sprachlich das lateinische Einflussgebiet im Norden von dem griechischen im Süden für die Zeitspanne seit der Eroberung Griechenlands durch das Römische Reich… …   Deutsch Wikipedia

  • Jirecek — oder Jireček ist der Name von Hermenegild Jireček (1827−1909), österreichischer Jurist und Autor Josef Jireček (1825−1888), tschechischer Literaturhistoriker, Sprachforscher und Politiker Konstantin Jireček (1854−1918), tschechischer Politiker,… …   Deutsch Wikipedia

  • Konstantin Jovanovič — Konstantin Atanasov Jovanovič (bulgarisch Константин Атанасов Йованивич, * 1. Januarjul./ 13. Januar 1849greg. in Wien oder Belgrad; † 23. November 1923 in Zürich) war ein bulgarisch schweizerischer Architekt, der auch in… …   Deutsch Wikipedia

  • Jireček Line — The Jireček Line is an imaginary line through the ancient Balkans that divided the influences of the Latin (in the north) and Greek (in the south) languages until the 4th century. It goes from near the city of Laçi in modern Albania to Serdica… …   Wikipedia

  • Konstantin Josef Jireček — (July 24, 1854 in Vienna January 10, 1918 in Vienna), son of Josef Jireček, was a Czech historian, diplomat and slavist.He entered the Bulgarian service in 1879, and in 1881 became minister of education at Sofia. In 1884 he became professor of… …   Wikipedia

  • Konstantin Josef Jireček — Konstantin Josef Jireček. Konstantin Josef Jireček (24 de julio de 1854, en Viena 10 de enero de 1918, en Viena), hijo de Josef Jireček, fue un historiador checo, diplomático y eslavista. Él entró en el servicio de Bulgaria en 1879, y en 1881 se… …   Wikipedia Español

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”