Konfessionskunde

Konfessionskunde

Konfessionskunde ist ein Teilgebiet der Theologie in ihren historischen, systematischen und praktischen Dimensionen, bei der Grundlagen, Wesenmerkmale und religiöse Praxis der einzelnen christlichen Denominationen in Geschichte und Gegenwart untersucht werden.

Inhaltsverzeichnis

Begrifflichkeit

Der Begriff wurde im evangelischen Bereich (durch Ferdinand Kattenbusch 1890) geprägt, um den Begriff der Bekenntnisschriften (confessio) in die theologische Debatte einzubringen. Ursprünglich unterschied man nicht Konfessionen, sondern Kirchenparteien bzw. christliche Religionen. Besonders im Luthertum hatten aber die Bekenntnisschriften eine normierende Funktion. Im wörtlichen Sinn ist daher nur die lutherische Kirche eine Konfessionskirche.

Der ursprüngliche katholische Begriff der Symbolik (nach Johann Adam Möhler, 1832) changiert in der aktuellen theologischen Literatur zwischen "Konfessionskunde" und "Ökumenik" (Ökumenische Theologie).

Entwicklung als Fachgebiet

Die Konfessionskunde setzt die Konfessionalisierung des abendländischen Christentums im 16. und 17. Jh. voraus. Das typisch lutherische Wesensmerkmal (eine Bekenntnisschrift als Basis) wurde auf andere Gruppen angewendet. Die Lehrtradition wurde zur Hauptaufgabe der Konfessionskunde. Die komparative Symbolik wurde zur Unterscheidungslehre. Hierbei handelte es sich um eine Verschmelzung aus Isagogik und Polemik.

Die maßgeblichen wissenschaftlichen Institute im deutschsprachigen Raum sind das römisch-katholische Johann-Adam-Möhler-Institut für Ökumenik in Paderborn und das Konfessionskundliche Institut des Evangelischen Bundes in Bensheim.

Ziele und Methoden

Horst Stephan und Ernst Wolf reflektierten diesen Begriff als "einen ganzen Mikrokosmos der Theologie" Zu diesem Thema äußerten sich auch u.a. Willem Hendrik van der Pol und Heinrich Bornkamm. 1934 war dieses Thema auch Gegenstand der Vorlesungen von Konrad Algermissen.

Peter Meinhold bestimmte 1962 die Aufgabe der Konfessionskunde folgendermaßen: „Rechnet mit der vorgegebenen Einheit des Leibes Christi und sucht theologische Voraussetzungen zu klären für das fortdauernde Gespräch der Kirchen untereinander.“

Friedrich Heyer beschreibt einen hermeneutischen Zirkel zwischen Konfessionskunde und Konfessionspraxis. Die Methodik der Konfessionskunde ist kirchenhistorisch. Mit der Geschichtlichkeit des Glaubens hängt auch der hohe Stellenwert zusammen, den eine historisch-kritische Betrachtungsweise des Christentums heute hat. Aussagen die kirchentrennenden Charakter haben relativieren sich, wenn man versteht, wie sie entstanden sind. Das setzt eine Form der Distanznahme voraus.

Erwin Fahlbusch schlug vor, das Ziel müsse die Phänomenologie christlicher Glaubens- und Handlungssysteme sein. Bis dahin sollte man sich mit einer bescheidenen deskriptiven Darstellung der Kirchenkunde zufriedengeben. Das konfessionelle Problem kann nicht durch die ökumenische Idee einer Einheit gelöst werden. Normative Fragen, die sich zwangsläufig stellen, müssen behutsam reflektiert werden.

Eine neue Methode des konfessionellen Gesprächs haben lutherische und römisch-katholische Theologen aus Tübingen, Heidelberg und Rom in einem Prozess von 2001 bis 2006 gestaltet. Das Projekt "Grund und Gegenstand des Glaubens nach römisch-katholischer und evangelisch-lutherischer Lehre"[1] geht dabei vom dialogischen Prinzip der Aneignung der jeweils anderen Konstruktionsprinzipien der Lehrtraditionen aus.[2]

Quellen

  1. Eilert Herms/Lubomir Zak (Hg.): Grund und Gegenstand des Glaubens nach römisch-katholischer und evangelisch-lutherischer Lehre. Theologische Studien, Tübingen (Mohr Siebeck) 2008, gleichzeitig auf italienisch bei Lateran University Press
  2. Projektvorstellung in Tübingen (7. April 2008) und Rom (9. April 2008) dokumentiert in MdKI 4/2008, 81-116

Literatur

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Konfessionskunde — Konfessionskunde,   wissenschaftliche Disziplin der evangelischen und katholischen Theologie. In vergleichender Darstellung befasst sie sich nicht nur mit den Bekenntnisschriften, sondern auch mit dem gesamten Lebensbereich der einzelnen… …   Universal-Lexikon

  • Konfessionskunde —    eine seit Ende des 19. Jh. ausgebildete theol. Wissenschaft, die sich um ”objektive“ u. vergleichende Darstellung der von einander unterschiedenen Kirchen u. kirchlichen Gemeinschaften unter allen denkbaren Aspekten bemüht, heute oft ein… …   Neues Theologisches Wörterbuch

  • Konfessionskundliches Institut — Das Konfessionskundliche Institut des Evangelischen Bundes in Bensheim ist das Kompetenzzentrum für Konfessionskunde und Ökumene der Evangelischen Kirche in Deutschland. Träger ist der Evangelische Bund, ein konfessionskundliches und ökumenisches …   Deutsch Wikipedia

  • Geldbach — Erich Geldbach (* 1. Februar 1939 in Marburg) ist ein baptistischer Theologe und emeritierter Professor für Ökumene und Konfessionskunde. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Schwerpunkte 3 Veröffentlichungen (Auswahl) …   Deutsch Wikipedia

  • Friedrich Heyer — Prof. Friedrich Heyer an seinem 95. Geburtstag Friedrich Heyer (* 24. Januar 1908 in Darmstadt; † 10. April 2005 in Schleswig) war evangelischer Professor für Kirchengeschichte in Heidelberg …   Deutsch Wikipedia

  • Johann-Adam-Möhler-Institut — für Ökumenik gegründet am 19. Januar 1957 vom Paderborner Erzbischof Lorenz Jaeger. Gegründet wurde es als Institut für Konfessions und Diasporakunde. Das Institut wurde nach Johann Adam Möhler benannt, einem Tübinger Theologen. Er gilt auf… …   Deutsch Wikipedia

  • Erich Geldbach — (* 1. Februar 1939 in Marburg) ist ein baptistischer Theologe und emeritierter Professor für Ökumene und Konfessionskunde. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Schwerpunkte 3 Veröffentlichungen (Auswahl) …   Deutsch Wikipedia

  • Ferdinand Kattenbusch — Ferdinand Friedrich Wilhelm Kattenbusch (* 3. Oktober 1851 in Kettwig/Ruhr; † 28. Dezember 1935 in Halle/Saale) war ein deutscher evangelischer Theologe. Prof. Dr. Ferdinand Kattenbusch Kattenbusch studierte 1869 in Bonn und Berl …   Deutsch Wikipedia

  • Johann-Adam-Möhler-Institut für Ökumenik — gegründet am 19. Januar 1957 vom Paderborner Erzbischof Lorenz Jaeger. Gegründet wurde es als Institut für Konfessions und Diasporakunde. Das Institut wurde nach Johann Adam Möhler benannt, einem Tübinger Theologen. Er gilt auf katholischer Seite …   Deutsch Wikipedia

  • Symbōlik — (griech.), Wissenschaft und Lehre von den Symbolen (Sinnbildern), insbes. den religiösen. Die S. lehrt uns, den hinter einem Zeichen oder Sinnbild verborgenen tiefern Sinn erkennen, dem etwas Geistiges, Unsichtbares oder Undarstellbares zugrunde… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”