Kondensstreifen

Kondensstreifen
Die Kondensstreifen entstehen (wie bei dieser DC-8-72) erst ein Stück hinter den Triebwerken, wenn sich die Abgase abgekühlt haben.
Himmel während des Flugverbots beim Ausbruch des Eyjafjallajökull 2010 und an einem normalen Tag
Kondensstreifen einer vierstrahligen Lockheed C-141
„Straßenkreuzung am Himmel“ mit mammatusähnlichen Ausstülpungen
Kondensstreifen-Perlenkette
großflächige Bedeckung des Himmels mit Kondensstreifen über Neuschottland
Kondensstreifen über Rheda-Wiedenbrück, Deutschland
Kondensstreifen von P-47-Jägern im Zweiten Weltkrieg

Kondensstreifen sind anthropogene Wolken aus Eiskristallen oberhalb von etwa 8 km. Sie entstehen, wenn sich heiße Triebwerksabgase von Luftfahrzeugen mit kalter Luft vermischen. Gelegentlich ist die Wolkenbildung auch an den Flügel- oder Propellerspitzen von Flugzeugen zu erkennen. Diese können außerdem in Bodennähe auftreten und bestehen dann aus Wassertröpfchen.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

Bei der Verbrennung von Treibstoff in Flugzeugtriebwerken entstehen im Wesentlichen Kohlendioxid, Wasserdampf, Stickoxide und vor allem bei kerosinbetriebenen Triebwerken auch Ruß. Während der Durchmischung der heißen Abgase mit kalter Umgebungsluft entstehen innerhalb kürzester Zeit Eiskristalle, welche hinter dem Flugzeug sichtbar werden. Der Wasserdampf kondensiert hierbei an den Rußteilchen zu winzigen Tröpfchen. Bei ausreichend kalter Luft gefrieren diese sofort zu Eiskristallen. Durch Anlagerung weiterer Wasserteilchen erreichen die Kristalle eine Größe, bei der sie Licht unabhängig von dessen Wellenlänge streuen und so als weiße Wolkenstreifen sichtbar werden. Da der Kristallisierungsprozess eine gewisse Zeit erfordert, ist zwischen Triebwerk und Kondensstreifen immer eine charakteristische Lücke zu beobachten.

Kondensstreifen entstehen unterhalb von -40 Grad Celsius; der genaue Temperaturwert hängt von zahlreichen Faktoren ab, wie der Art des Treibstoffs, der Effizienz des Flugzeugs, des Luftdrucks und der Luftfeuchte. Diese Temperaturen herrschen, von den Polargebieten abgesehen, meist oberhalb 8 km Höhe in der oberen Troposphäre und unteren Stratosphäre. Die Eiskristalle haben oft einen Rußkern, welcher als Kondensationskern die Bildung/Nukleation der Eiskristalle erleichtert. Im weiteren Verlauf wird die Entwicklung des Kondensstreifens von der nach unten sinkenden Wirbelschleppe geprägt. Diese zerfällt nach wenigen Minuten und die vertikale Erstreckung beträgt dann je nach Flugzeugtyp 300 bis 500 m. Ebenso rufen die dynamischen Vorgänge in besonderen Fällen auch mammatusähnliche Ausstülpungen an der Unterseite hervor.

Kondensstreifen können in ansonsten wolkenfreien Gebieten ent- und fortbestehen, in denen die Voraussetzungen für eine natürliche Wolkenbildung nicht erfüllt sind. Sie zählen zur Gruppe der Cirrus und stellen auch eine wichtige Klasse anthropogener Wolken dar. Ihre Erscheinung variiert je nach vorherrschenden Wind-, Temperatur- und Feuchtigkeitsverhältnissen.

Auch bei der Verbrennung von Raketentreibstoffen entstehen im Wesentlichen – je nach Art des Treibstoffs – Wasserdampf und gegebenenfalls auch feste Bestandteile wie Ruß. Die Booster von Feststoffraketen beinhalten vorwiegend Ammoniumperchlorat und Aluminium, woraus dann in allen Höhen sehr dichte Aerosolstreifen aus Salzsäure und Aluminiumoxid entstehen. Kondensstreifen von Raketen zeigen wegen des meist senkrechten Flugverlaufs und der Wirkung des Windes eine starke Abhängigkeit von Windrichtung und Windstärke. Daraus resultiert oft ein zickzackförmiger Verlauf, der jedoch nicht mehr der eigentlichen Flugbahn entspricht.

Persistenz und Wandel

Die Persistenz der Kondensstreifen, also ihre Langlebigkeit, wird stark durch die Gegebenheiten der Atmosphäre und insbesondere dem Wasserdampfgehalt, welcher durch die relative Feuchte beschrieben wird, beeinflusst. In den kalten Atmosphärenschichten treten relative Feuchten von 0 bis über 200 % auf. In ca. 70 % der Fälle ist die Luft untersättigt, die relative Feuchte liegt also unter 100%, und die Kondensstreifen lösen sich innerhalb weniger Minuten auf. In übersättigter Luft nehmen Eiskristalle Wasserdampf aus der Luft auf und wachsen an (Depositionswachstum). Die Menge des aus der Atmosphäre aufgenommenen Wasserdampfs übersteigt den Triebwerksausstoß um einige Größenordnungen. Die Lebenszeit kann mehrere Stunden betragen, in einem Fall war ein einzelner Kondensstreifen über 17 Stunden auf einem Satellitenbild zu erkennen.[1] Je nach anliegender Windscherung kann die Breite der Kondensstreifen auf über 20 km anwachsen.

Im Laufe der Zeit verlieren Kondensstreifen ihre Linienförmigkeit und sie sind nur noch schwer von natürlich gebildeten Cirren zu unterscheiden. In der Fachwelt wird dann von Kondensstreifen-Cirren gesprochen, was die äußerliche Ähnlichkeit beider Wolkenklassen widerspiegeln soll. Sie können über mehrere Tage am Himmel verbleiben.[2] Kondensstreifen können durch Verbreiterung so durchsichtig werden, dass sie vom menschlichen Auge nicht mehr zu erkennen sind. Die Kondensstreifen lösen sich auf, wenn die relative Feuchte aufgrund von Wettervorgängen abnimmt oder die Eiskristalle durch Sedimentation in trockenere Luftschichten fallen.

Auswirkungen auf das Klima

Der Luftverkehr beeinflusst das Klima hauptsächlich über drei Arten: Emission von Kohlendioxid und Stickoxiden sowie Bildung von Kondensstreifen. Die anthropogenen Kondensstreifen bedecken einen kleinen Teil des Himmels und reduzieren damit durch Reflexion an ihrer Oberseite tagsüber die Sonneneinstrahlung (kühlender Effekt) und erhöhen so die planetare Albedo (vgl. Wolke). Andererseits absorbieren Eiskristalle die vom Erdboden kommende Strahlung und re-emittieren weniger energiereiche Strahlung (Treibhauseffekt), was eine Erwärmung nach sich zieht. Es wird daher vermutet, dass das Klima durch die Kondensstreifen des Flugverkehrs beeinflusst wird. Die Stärke dieses Effekts und seine Rolle in Bezug auf die globale Verdunkelung bzw. auch globale Erwärmung sind bisher nur mit großen Unsicherheiten bekannt, es wird jedoch lokal ein Einfluss auf die Globalstrahlung von bis zu 2 W/m2 geschätzt. Linienförmige Kondensstreifen bedecken dabei im Mittel etwa 0,5 % des Himmels über Zentraleuropa, am Tag mit 0,7 % etwas mehr als mit rund 0,25 % in der Nacht. Dabei sind die schwer messbaren Kondensstreifen-Zirren nicht berücksichtigt und es gibt Anzeichen, dass der Bedeckungsgrad aller Kondensstreifen weitaus höher liegt. Eine DLR-Studie fand heraus, dass die Kondensstreifen-Zirren über Zentraleuropa zeitweilig bis zu zehn Prozent des Himmels bedecken können.

Die Aufwärmung der Erdatmosphäre durch Kondensstreifen-Zirren ist mit 31 m W/m2 etwas größer als der Effekt durch das ausgestoßene CO₂. Der Strahlungsantrieb von Kondensstreifen alleine wird durch Kondensstreifen-induzierte Bewölkung sogar um das Neunfache übertroffen. Durch dieses Wissen könnten durch einfache Maßnahmen der Einfluss auf den Klimawandel verringert werden – beispielsweise indem besonders feuchte Gebiete umflogen (wobei der dadurch verbundene Mehrausstoß berücksichtigt werden muss) oder Modifikationen an Treibstoff oder Triebwerk vorgenommen werden, damit der Ausstoß von Ruß und Wasserdampf reduziert werden kann.[2]

Auch können die sonstigen Aerosolpartikel der Flugzeugabgase noch über Tage und vergleichsweise großräumig die natürliche Wolkenbildung verändern.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. P. Minnis, et al.: Transformation of contrails into cirrus during SUCCESS. In: Geophysical Research Letters. 25, Nr. 8, 1998, S. 1157-1160. doi:10.1029/97GL03314.
  2. a b Klimafaktor Kondensstreifen: Effekt größer als der CO2-Ausstoß des Flugzeugs, Forschung aktuell im Deutschlandfunk am 31. März 2011
    Klimaerwärmung durch Kondensstreifen-Zirren, DLR 30. März 2011
    Klimaeffekt von Kondensstreifen-Zirruswolken abgeschätzt, DLR im April 2011

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