Kommutator (Mathematik)

Kommutator (Mathematik)

In der Mathematik misst der Kommutator (lat. commutare vertauschen), wie sehr zwei Elemente einer Gruppe oder einer assoziativen Algebra das Kommutativgesetz verletzen.

Inhaltsverzeichnis

Kommutatoren in Gruppen

Der Kommutator [g,h] zweier Elemente g und h einer Gruppe ist das Element

[g,h] = g − 1h − 1gh

Manchmal wird der Kommutator auch als das Element

[g,h] = ghg − 1h − 1

definiert.

Genau dann, wenn gh = hg gilt, ist der Kommutator [g,h] das neutrale Element der Gruppe. Die von allen Kommutatoren erzeugte Untergruppe wird Kommutatorgruppe genannt. Kommutatoren werden beispielsweise bei der Definition von nilpotenten und auflösbaren Gruppen verwendet.

Kommutatoren in Algebren

Kommutatoren werden auch für Ringe und assoziative Algebren definiert. Hier ist der Kommutator [a,b] zweier Elemente a und b definiert als

[a,b] = abba.

Er ist genau dann gleich 0, wenn a und b „kommutieren“ (vertauschen), also wenn ab = ba gilt.


Seien a, b und c Elemente einer assoziativen Algebra und λ ein Skalar (Element des Grundkörpers).

  1. Der Kommutator ist alternierend (antisymmetrisch):
    [a,b] = − [b,a].
  2. Der Kommutator ist linear:
    a + μb,c] = λ[a,c] + μ[b,c].
  3. Der Kommutator genügt der Jacobi-Identität:
    [a,[b,c]] + [b,[c,a]] + [c,[a,b]] = 0.
  4. Der Kommutator genügt der Produktregel:
    [a,bc] = [a,b]c + b[a,c].

Aufgrund der Eigenschaften 1, 2 und 3 wird jede assoziative Algebra A mit dem Kommutator als Lie-Klammer zu einer Lie-Algebra.

Weil der Kommutator linear ist und der Produktregel genügt, ist die zu jedem Element a adjungierte Selbstabbildung der Algebra

a_{\text{adjungiert}}:\,b\mapsto [a,b]

eine Ableitung oder Derivation.

Anwendung in der Physik

In der Quantenmechanik gehört zu jedem Messapparat ein hermitescher Operator. Seine Eigenwerte sind die möglichen Messwerte, seine Eigenvektoren entsprechen denjenigen physikalischen Zuständen des zu vermessenden Systems, bei denen der zugehörige Messwert mit Sicherheit auftritt.

Kommutieren zwei dieser Operatoren, so gibt es einen vollständigen Satz von gemeinsamen Eigenvektoren, genauer zwei miteinander kommutierende, spektrale Zerlegungen. Physikalisch bedeutet dies, dass man beide Messungen gemeinsam vornehmen kann und dass man Zustände präparieren kann, bei denen beide Messungen sichere Ergebnisse haben. Man spricht dann von kommutierenden, kompatiblen oder verträglichen Observablen.

Gemäß der Heisenbergschen Unschärferelation gibt der Erwartungswert des Kommutators zweier Operatoren eine untere Schranke an das Produkt der Unschärfen der entsprechenden Observablen.

Bei kanonischer Quantisierung eines physikalischen Systems treten an die Stelle der Phasenraumkoordinaten, dem Ort und dem Impuls, die den Zustand des klassischen Systems charakterisieren, Operatoren mit kanonischen Vertauschungsrelationen. Zwischen Ortsoperator x und Impulsoperator p besteht die sogenannte fundamentale Kommutatorrelation  [x_i,p_j] = i\hslash\delta_{i,j} , wobei i bzw. j die entsprechenden Komponenten der jeweiligen Vektor-Operatoren bezeichnen.

In den Heisenbergschen Bewegungsgleichungen ersetzt der Kommutator die Poisson-Klammer im Formelbild der entsprechenden, klassischen Bewegungsgleichung der hamiltonschen Mechanik (siehe dazu Anwendungen der Poisson-Klammer).

Mit dem Kommutator werden die algebraischen Eigenschaften derjenigen Operatoren angegeben, die in quantenmechanischen Mehrteilchenzuständen Bosonen erzeugen oder vernichten. Da die Erzeugungsoperatoren untereinander kommutieren, sind in Mehrteilchenzuständen die einzelnen Teilchen ununterscheidbar in dem Sinn, dass eine Vertauschung zweier Teilchen keinen anderen, sondern denselben Zustand ergibt.

Antikommutator

Der Antikommutator {a,b} oder [a,b] + zweier Elemente a und b ist die Summe ihrer Produkte in beiden Reihenfolgen,

{a,b} = ab + ba.

Es folgt der Zusammenhang mit dem Kommutator:

[a,bc] = {a,b}cb{a,c}

Die definierenden Relationen einer Clifford-Algebra oder Dirac-Algebra betreffen Antikommutatoren.

Mit dem Antikommutator werden in der Quantenmechanik die algebraischen Eigenschaften derjenigen Operatoren angegeben, die in Mehrteilchenzuständen Fermionen erzeugen oder vernichten. Da die Erzeugungsoperatoren untereinander antikommutieren, sind in Mehrteilchenzuständen die einzelnen Teilchen ununterscheidbar in dem Sinn, dass eine Vertauschung zweier Teilchen keinen anderen, sondern denselben Zustand mit entgegengesetzter Phase ergibt.

Literatur

Bosch: Algebra. 5. Auflage. Springer, Berlin 2003, ISBN 3540403884, S. 255f. (doi:10.1007/978-3-540-92812-6).


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