Kohlenhydrat

Kohlenhydrat

Kohlenhydrate oder Saccharide, zu denen auch die Zucker gehören, bilden eine biologisch bedeutsame Stoffklasse. Als Produkt der Photosynthese machen Kohlenhydrate den größten Teil der Biomasse aus. Sie stellen zusammen mit den Fetten und Proteinen den quantitativ größten verwertbaren (u. a. Stärke) und nicht-verwertbaren (Ballaststoffe) Anteil an der Nahrung. Neben ihrer zentralen Rolle als physiologischer Energieträger spielen sie als Stützsubstanz vor allem im Pflanzenreich und in biologischen Signal- und Erkennungsprozessen (z. B. Zell-Zell-Erkennung, Blutgruppen) eine wichtige Rolle. Die Wissenschaft, die sich mit der Biologie der Kohlenhydrate beschäftigt heißt Glykobiologie.

Chemisch handelt es sich um Oxidationsprodukte mehrwertiger Alkohole, also Hydroxyaldehyde (Aldosen) oder Hydroxyketone (Ketosen) sowie davon abgeleitete Verbindungen und deren Oligo- und Polykondensate. Am verbreitetsten sind Monosaccharide mit fünf oder sechs C-Atomen, was einen Ringschluß ermöglicht. Einfachzucker können über glykosidische Bindungen durch eine Kondensationsreaktion zu Zwei- und Mehrfachzuckern verketten.

Die Monosaccharide (Einfachzucker, z. B. Traubenzucker, Fruchtzucker), Disaccharide (Zweifachzucker, z. B. Kristallzucker, Milchzucker, Malzzucker) und Oligosaccharide (Mehrfachzucker, z. B. Raffinose) sind in der Regel wasserlöslich, haben einen süßen Geschmack und werden im engeren Sinne als Zucker bezeichnet. Die Polysaccharide (Vielfachzucker, z. B. Stärke, Cellulose, Chitin) sind hingegen oftmals schlecht oder gar nicht in Wasser löslich und geschmacksneutral.

Ausschnitt aus einem Amylopektinpolymer, dem Hauptbestandteil der Stärke. Die Glucopyranose-Einheiten der Hauptkette sind α-1,4-glykosidisch miteinander verbunden. Etwa alle 25 Monomere erfolgt eine α-1,6-glykosidische Verzweigung.

Inhaltsverzeichnis

Etymologie

Da viele prominente Saccharide die Bruttoformel Cn(H2O)m aufweisen, dachte man fälschlicherweise, dass es sich um Hydrate des Kohlenstoffs handle, weshalb Carl Schmidt 1844 den Begriff Kohlehydrate prägte,[1] der bis heute als Kohlenhydrate in abgewandelter Form verwendet wird. Vertreter dieser Stoffklasse können jedoch erheblich von dieser Bruttoformel abweichen und weitere funktionelle Gruppen und auch Heteroatome wie Stickstoff oder Schwefel enthalten, während andere Verbindungen derselben Formel nicht zu den Kohlenhydraten gehören, da sie keine Hydroxyaldehyde oder Hydroxyketone sind. Allgemein liegen Kohlenhydrate vor, wenn in einem Stoff mindestens eine Aldehydgruppe bzw. Ketogruppe und mindestens zwei Hydroxylgruppen anzufinden sind. Für unverzweigte Polysaccharide, die aus Monosacchariden aufgebaut werden, gilt die Formel:

\mathrm{n\ C_6H_{12}O_6 \longrightarrow C_{6n}H_{10n+2}O_{5n+1} + \left( n-1 \right) H_2O}

Physiologische Synthese

Einfachzucker werden von Pflanzen im Calvin-Zyklus durch Photosynthese aus Kohlenstoffdioxid und Wasser aufgebaut, und enthalten Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff. Zur Speicherung oder zum Zellaufbau werden diese Einfachzucker bei praktisch allen Lebewesen dann zu Mehrfachzuckern verkettet. Pflanzen synthetisieren in den Plastiden (z. B. Chloroplasten) das Polysaccharid Stärke. Tiere bilden in der Leber aus Glucose den langkettigen Speicherzucker Glykogen.

Die Energieversorgung des Gehirns ist hochgradig von Glucose abhängig, da es Fette nicht direkt energetisch verwenden kann. In Hungersituationen ohne Kohlenhydratzufuhr oder bei verstärkter Muskelarbeit wird daher unter Energieaufwand Glucose in der Gluconeogenese aus den Stoffwechselprodukten Lactat, bestimmten Aminosäuren (u. a. Alanin) und Glycerin synthetisiert. Die Gluconeogenese verwendet zwar einige Enzyme der Glycolyse, dem Abbauweg der Glucose zur Erzeugung von energiereichem ATP und NADH+H+, ist aber keinesfalls als deren Umkehrung zu verstehen, da entscheidende Schritte von eigenen Enzymen wie gesagt unter Energieverbrauch stattfinden. Glycolyse und Gluconeogenese sind reziprok reguliert, d. h. sie schließen einander in ein und derselben Zelle nahezu aus. Unterschiedliche Organe können jedoch sehr wohl gleichzeitig den einen und den anderen Weg beschreiten. So findet bei starker Muskelaktivität im Muskel Glycolyse und damit Lactatfreisetzung und in der Leber Gluconeogenese unter Verwendung von Lactat statt. Dadurch wird ein Teil der Stoffwechsellast in die Leber verlagert.

Nahrung

Hauptartikel: Nahrung
Hauptartikel: Nährstoffe
Kohlenhydrate sind neben Fett und Eiweiß ein wesentlicher Bestandteil der menschlichen Nahrung. Wichtige Grundnahrungsmittel, die einen hohen Anteil an Kohlenhydraten aufweisen, sind die verschiedenen Getreidesorten, die zu Lebensmitteln verarbeitet werden (Reis, Weizen, Mais, Hirse, Roggen, Hafer) bzw. als Viehfutter genutzt werden (vor allem Gerste, Hafer, Mais, Triticale). Die stärkehaltigen Getreideprodukte sind u. a. Brot, Nudeln, Kuchen u.v.a.m. Auch die Wurzelknollen der Kartoffel, einem Nachtschattengewächs und die zu den Hülsenfrüchten gehörenden Erbsen, Bohnen und Linsen weisen einen hohen Kohlenhydratanteil auf.

Pflanzenarten, die vor allem zur Kohlenhydrataufnahme in der Ernährung beitragen, sind im Artikel Nutzpflanzen zusammengestellt.

Die in der Pflanzenwelt als Stützsubstanz in großen Mengen vorkommende Cellulose ist für den Menschen unverdaulich. Sie ist aber von den Wiederkäuern wie Rindern, Schafen und Ziegen verwertbar, da diese sich in ihren Vormägen (Pansen) den mikrobiellen Aufschluss zu nutze machen.

Verdauung und Verwertung

Die unmittelbare Energiewährung für biologische Prozesse ist das Adenosintriphosphat (ATP), das zum Beispiel die Muskelkontraktion antreibt, aber auch an fast allen energieverbrauchenden Prozessen beteiligt ist. Es liegt jedoch in den Zellen nur in geringer Konzentration vor und muss durch aeroben und anaeroben Abbau energiereicher Verbindungen wie Fetten, Kohlenhydraten oder Proteinen in den Zellen nachgeliefert werden.

Kohlenhydrate sind der Hauptenergielieferant für den Organismus. Sie sind im Gegensatz zu den Fetten relativ schnell verwertbar, da sie auch anaerob Energie liefern. Der wichtigste Kohlenhydratbaustein im Energiehaushalt des Körpers ist die Glucose. Jede Körperzelle kann Glucose durch die Zellmembran aufnehmen bzw. wieder abgeben. In den Zellen der verschiedenen Organe kann sie dann entweder durch Verstoffwechselung die chemische Energie für Muskelarbeit, anabole Prozesse oder Gehirnaktivität liefern oder in Form von Glucoseketten als Glycogen gespeichert werden.

Die akute Energieversorgung des Körpers wird im wesentlichen über die im Blut gelöste Glucose gewährleistet. Ihre Konzentration im Blut, der sogenannte Blutzuckerspiegel, wird in engen Grenzen gehalten. Bei der Verdauung wird die Glucose im Dünndarm als Monosaccharid aus dem Nahrungsbrei aufgenommen und in das Blut abgegeben. Nach der Nahrungsaufnahme steigt der Blutzuckerspiegel daher an. Die ins Blut aufgenommene Glucose muss also erst einmal zwischengespeichert werden. Das Signal hierzu gibt das Insulin, ein Peptidhormon. Es signalisiert dem Muskel- und Lebergewebe verstärkt Glucose aus dem Blut aufzunehmen und zu Glycogen zu verketten. Bei der Aufnahme (Resorption) der Glucose aus der Nahrung ist es nicht egal, wie schnell das geschieht. Da die Glucose in der Nahrung in mehr oder weniger oligomerisierter bzw. polymerisierter, genauer polykondensierter Form vorliegt, müssen die Glucoseketten im Verdauungstrakt aufgespalten werden, was je nach Länge der Ketten unterschiedlich schnell geht. Werden z. B. stärkehaltige Nahrungsmittel wie Brot oder Kartoffeln gegessen, so zerlegen die Verdauungsenzyme die Glucosekette der Stärke in einzelne Bruchstücke und schließlich bis zu den einzelnen Glucose-Molekülen, die nach und nach in den Blutkreislauf übergehen. Es vergeht also eine gewisse Zeit, bis die Stärke vollständig zerlegt und die Glucose-Bausteine aufgenommen werden. Der Blutzucker steigt hier daher eher langsam an.

Auch die anderen Nahrungsbestandteile spielen für die Geschwindigkeit des Blutzuckeranstiegs eine Rolle. Dies gibt dem Körper Zeit die energiereichen Moleküle einzulagern. Je schneller die Glucose im Verdauungstrakt freigesetzt wird, desto schneller steigt auch der Blutzuckerspiegel an. Wenn sie also in Form von Zucker, also direkt als Glucose oder kurzkettigen Di-, Tri- und Oligomeren, aufgenommen wird, so steigt der Blutzuckerspiegel schnell an. Das ist der Grund für die belebende Wirkung zuckerhaltiger Süßigkeiten und Getränke. Bei körperlicher oder geistiger Aktivität wird der Körper so mit schneller Energie versorgt. Wird jedoch „schwer gegessen“, also eine umfangreiche Mahlzeit eingenommen, so wird durch die intensive Durchblutung des Verdauungstraktes dem Muskelgewebe und dem Gehirn Energie entzogen, so dass man eher träge wird. Hierbei spielt auch das Insulin eine Rolle, da bereits während der Mahlzeit Insulin ausgeschüttet wird, das wie beschrieben den Blutzucker senkt. Der Blutzuckerspiegel steigt also während der Mahlzeit zunächst an, sinkt dann aufgrund der Einlagerung der Glucose in Muskeln und Leber ab und erreicht dann wieder einen normalen Wert.

Ein niedriger Blutzuckerspiegel spielt auch beim Hungergefühl eine entscheidende Rolle. Daher kann es sein, dass man ca. eine halbe bis ganze Stunde nach einer Mahlzeit wieder ein leichtes Hungergefühl hat. Es macht daher Sinn, das Dessert oder den Kaffee an die Mahlzeit anzuschließen, da ersteres durch den Zuckergehalt und letzteres durch die Blutzuckerspiegel steigernde Wirkung des Koffeins dieses Absinken ausgleicht.

Wenn die Versorgung der Gewebe mit Kohlenhydraten größer ist als ihr Verbrauch, wird der Überschuss in Fett umgewandelt und als Depotfett gespeichert. Fette haben pro Masse einen höheren Energiegehalt als Kohlenhydrate und haben keine Hydrathülle. Sie sind für die langfristige Energiespeicherung also platzsparender als Kohlenhydrate und bewirken eine bessere Wärmedämmung des Körpers.

Entgegen der landläufigen Meinung werden Fettdepots ständig energetisch verwertet und nicht erst, wenn der Glycogenspeicher im Muskel reduziert ist. Auch, dass eine Fettverbrennung erst nach ca. 30-minütiger Ausdauerübung einsetzt, ist falsch. Tatsächlich verhält es sich so, dass das Adenosintriphosphat (ATP) für intensive Muskelarbeit durch vier Energiequellen geliefert wird. Den größten Anteil hält die Verwertung von Creatinphosphat (aus dem Proteinstoffwechsel), das ein höheres Phosphatgruppenübertragungspotential hat als ATP und dieses daher schnell nachliefern kann, gefolgt von der anaeroben Zuckerverwertung, etwas geringer ist der Anteil der oxidativen Zuckerverbrennung und den geringsten Anteil hält die Fettverbrennung. Je intensiver die Anstrengung ist, desto stärker nimmt der Anteil der ersten, insbesondere anaeroben Anteile zu. Folglich nimmt der relative Anteil der Fettverbrennung bei erhöhter Pulsfrequenz ab, die absolute Menge des verwerteten Fettes nimmt aber sehr wohl zu, da der Gesamtenergieumsatz ebenfalls zunimmt. Der erhöhte Anteil anaerober Verbrennung hängt mit dem abnehmenden Sauerstoffangebot im Muskel bei starker Muskelarbeit zusammen, da die Fettverbrennung ein aerober Prozess ist.

Untrainierten Sportlern wird oft geraten, ausdauernd und leistungsschwach anzufangen („Laufen ohne zu schnaufen“). Es gibt jedoch auch die Ansicht, dass allein die Energiebilanz (Kalorienverbrauch > -aufnahme) beim Sport entscheidend ist, da z.B. nach der Anstrengung noch ein „Nachbrennen“ der Fette stattfindet. Wird also während des Trainings viel Glucose verbrannt, wird in der Erholungsphase um so mehr Fett verbrannt. Weitere Faktoren des Fettabbaus sind die Art und die Frequenz der Nahrungsaufnahme, da mit jedem Insulinausstoß auch die Fettverbrennung gehemmt wird. Mit zunehmendem Training vergrößert sich die Muskelmasse und verbessert sich die Sauerstoffaufnahme und ein erhöhter Grundumsatz der Fettverbrennung findet statt.[2][3]
Leistungssportler trainieren vor einem Wettkampf durch den geeigneten Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme die Optimierung ihres Glycogenspeichers, da dieser der wichtigste Energiespeicher für kurzfristige Leistungsspitzen ist.

Kohlenhydrate gelten nicht als essentiell, da der Körper sie in der Gluconeogenese unter Energieaufwand aus anderen Nahrungsbestandteilen wie Proteinen und Glycerin herstellen kann. Da insbesondere das Gehirn hochgradig von Glucose als Energieträger abhängig ist und keine Fette verwerten kann, muss der Blutzuckerspiegel in engen Grenzen gehalten werden. Dessen Regulation erfolgt durch das Zusammenspiel von Insulin und Glucagon. Bei Kohlenhydratmangel wird das Gehirn durch Ketonkörper versorgt, was sich z. B. bei einer Diät durch Acetongeruch bemerkbar macht. Eine völlig kohlenhydratfreie Ernährung wurde im Tierversuch bei Hühnern problemlos vertragen.[4] Eine eigenständige Erkrankung des Menschen durch das Fehlen von Kohlenhydraten ist unbekannt.[5] Der Energiegehalt von einem Gramm Kohlenhydrat beträgt rund 17,2 Kilojoule (kJ, 4,1 kcal).

Die physiologische Energieerzeugung aus Kohlenhydraten erfolgt im Normalfall in der nicht-oxidativen Glycolyse und im oxidativen Citrat-Zyklus. Die dort bereitgestellten Reduktionsäquivalente werden in der Atmungskette auf Sauerstoff übertragen. Das dabei an der Mitochondrienmembran erzeugte Membranpotential liefert mit Abstand die meiste Energie für die ATP-Synthese aus ADP.

Gärung

Hauptartikel: Gärung
Die Gärung ist ein Stoffwechselprozess, bei dem unter Sauerstoffabschluss (Anaerobie) Kohlenhydrate zum Energiegewinn abgebaut werden. Sie wird in der Natur vor allem von Mikroorganismen genutzt, jedoch können auch Pflanzen unter Sauerstoffmangel auf sie zurückgreifen. In den Muskeln wird unter Sauerstoffmangel Milchsäuregärung durchgeführt.

Gärungen werden vielfältig zur Herstellung und Veredelung von Lebensmitteln genutzt. So wird bei der Milchsäuregärung Milchzucker (Lactose) zu Milchsäure umgesetzt und zur Herstellung von Yoghurt, Quark und Buttermilch genutzt. Auch die Herstellung von Sauerteig und Silage beruhen auf der Gärung von Kohlenhydraten zu Milchsäure. Bei der Käse-Herstellung ist die Milchsäuregärung ein wichtiger Zwischenschritt.

Bei der alkoholischen Gärung werden verschiedene Zuckerarten zu Alkohol vergoren. Zu nennen wäre hier u. a. Malzzucker beim Bierbrauen und Traubenzucker beim Keltern von Wein. Stärkehaltige Nahrungsmittel wie Kartoffeln, Getreide und Reis werden z.B. zu Schnäpsen, Früchte zu Likören verarbeitet.

Im Vergleich zur Zellatmung wird bei Gärungen nur eine geringe Menge Energie gewonnen, da statt Citratzyklus und anschließender Atmungskette nur die Substratkettenphosphorylierung genutzt werden kann.

Systematik

Nach ihrer Funktion im Organismus kann man die Kohlenhydrate in Strukturkohlenhydrate und Nicht-Strukturkohlenhydrate unterteilen:

  • Nicht-Strukturkohlenhydrate sind u. a. Rohrzucker (Saccharose) sowie das Polysaccharid Stärke. Diese Zucker dienen dem Energiegewinn oder sind Reservestoffe.
  • Strukturkohlenhydrate sind am Aufbau der pflanzlichen Zellwand beteiligt und stellen einen Großteil des Fasermaterials der Pflanzen dar: Zellulose, Hemizellulose, u. a.

Strukturkohlenhydrate können von Säugern mit einhöhligem Magen nur bedingt verdaut werden, hingegen weitgehend oder vollständig von Wiederkäuern (Ruminantia), Kamelartigen (Camelidae) (diese sind ebenfalls Wiederkäuer, allerdings nicht im systematischen Sinne, da sich bei ihnen das Wiederkäuen unabhängig entwickelt hat) und Pferdeartigen (Equidae).

Die Einteilung nach chemischer Struktur ist im Absatz "Liste wichtiger Kohlenhydrate" dargestellt.

Liste wichtiger Kohlenhydrate

Siehe Hauptartikel →Monosaccharide für eine umfangreichere Liste.

  • Zweifachzucker (Disaccharide)
    • Saccharose, auch Rübenzucker oder Rohrzucker (Glucose + Fructose)
    • Lactose, auch Milchzucker (Glucose + Galactose)
    • Lactulose, ein synthetisch abgewandelter Milchzucker
    • Maltose, auch Malzzucker (Glucose + Glucose)
    • Trehalose, ein nicht-reduzierender Zucker (Glucose + Glucose)
  • Cyclodextrine: cyclische Oligosaccharide mit chiralem Hohlraum
    • α-Cyclodextrin (Ring aus sechs Glucoseeinheiten)
    • β-Cyclodextrin (sieben Glucoseeinheiten)
    • γ-Cyclodextrin (acht Glucoseeinheiten)


Strukturbeispiele

Die folgende Tabelle zeigt einige Beispiele für die Vielfalt natürlicher Kohlenhydratstrukturen. Pentosen und Hexosen können im Prinzip sowohl Fünf- als auch Sechsringe bilden, wobei jeweils ein neues Chiralitätszentrum entsteht, so dass einschließlich der offenkettigen Form bereits für ein Monosaccharid fünf Isomere existieren. Durch glykosidische Bindungen können sich Monosaccharide zu Oligo- und Polysacchariden verbinden. Dadurch potenziert sich die Anzahl möglicher Kohlenhydratstrukturen theoretisch zu einer schier unendlichen Vielfalt. Die Natur beschränkt sich allerdings auf energetisch günstige Strukturen.

Das Beispiel der α-D-Glucopyranose zeigt verschiedene gleichwertige Darstellungsformen.

Beispiele der Strukturvielfalt von Kohlenhydraten und Vergleich verschiedener Moleküldarstellungen
Strukturformeln der Fruktane verschiedene Monosaccharide

α-D-Ribofuranose

β-D-Fructofuranose

α-D-Mannopyranose

α-L-Rhamnopyranose
(6-Desoxy-α-L-mannopyranose)
α-D-Glucopyranose in (1) Fischer- bzw. Tollens- (2) Haworth- (3) Sessel- (4) stereochemischer Darstellung
Saccharose, ein Disaccharid Ausschnitt aus dem Chitin-Polymer Strukturformel für α-Cyclodextrin
Saccharose Chitin Strukturformel für α-Cyclodextrin

Chemie

Kohlenhydrate sind Hydroxyaldehyde oder Hydroxyketone sowie davon abgeleitete Verbindungen, haben in ihrer offenkettigen Form also neben mindestens zwei Hydroxylgruppen auch mindestens eine Aldehydgruppe oder Ketogruppe. Handelt es sich um ein Hydroxyaldehyd (Carbonylgruppe an einem terminalen C-Atom (Aldehyd)), so spricht man von einer Aldose, handelt es sich um ein Hydroxyketon (Carbonylgruppe an einem internen C-Atom (Ketone)), dann bezeichnet man den Zucker als Ketose. Die Carbonylfunktion ist eine hochreaktive funktionelle Gruppe: Zu nennen sind hier besonders die leichte Oxidierbarkeit zur Carbonsäure, die Reduktion zum Alkohol und der leichte nukleophile Angriff am Kohlenstoffatom der Carbonylgruppe.

Bei der Reduktion von D-Glucose und L-Gulose entsteht jeweils Sorbit, ein Alditol

Oxidation

Durch Oxidationsmittel werden Kohlenhydrate zu Aldonsäuren oxidiert. Dies gilt unter basischen Bedingungen nicht nur für die Aldosen, sondern auch für die Ketosen, die durch die Base in einer komplexen Reaktion umgelagert werden (dabei wird die im Zuge der Keto-Enol-Tautomerie auftretende Aldose-Form stabilisiert). Beim Nachweis durch das Fehling-Reagenz wird ein blauer Cu(II)-Weinsäure-Komplex zu unlöslichem, roten Cu(I)oxid reduziert.

Reduktion

Wird die Carbonylfunktion zur Hydroxygruppe reduziert, erhält man ein sogenanntes Alditol.

Cyclisierung zum Halbacetal und Mutarotation

Die Gleichgewichtseinstellung zwischen α- und β-D-Glucose läuft über die offenkettige Form.

Durch intramolekularen nukleophilen Angriff einer der Hydroxygruppen auf das Carbonylkohlenstoffatom bildet sich ein zyklisches Halbacetal, welches energetisch meist sehr günstig ist. Hierbei werden überwiegend Sechsringe (pyranose Form) gebildet, die eine sehr niedrige Ringspannung aufweisen, es entstehen aber auch in geringerem Maße Fünfringe (furanose Form). Andere Ringgrößen treten nicht auf, da sie eine zu hohe Ringspannung aufweisen. Es entsteht ferner ein neues Chiralitätszentrum. Die beiden resultierenden Diastereomere werden mit α und β bezeichnet. In wässriger Lösung bilden α- und β-pyranose und -furanose Form eine Gleichgewichtsreaktion miteinander und mit der offenkettigen Form. Eine wässrige Lösung von reiner α-Glukopyranose wird daher nach einiger Zeit zu einer Gleichgewichtsmischung aus α- und β-Glucopyranose und -furanose (38 % α-Glcp, 62 % β-Glcp, 0 % α-Glcf, 0,14 % β-Glcf, 0,002 % offenkettig). Die hierbei messbare Veränderung des Drehwertes wird als Mutarotation bezeichnet. Während aliphatische Aldehyde bereits von Luftsauerstoff allmählich zur Carbonsäure oxidiert werden, sind Kohlenhydrate durch die Acetalbildung erheblich unempfindlicher, was zweifelsohne für eine so wichtige Biomolekülklasse von enormer Bedeutung ist.

Glykosylierung

Hauptartikel: Glykosylierung
Hauptartikel: Glykosid
Von zentraler Bedeutung in der Kohlenhydratchemie und Biochemie ist ferner die glykosidische Bindung. Das hierbei gebildete zyklische Vollacetal eines Zuckers bezeichnet man als Glykosid.

Amadori-Produkt und Maillard-Reaktion

Mit Aminen (z. B. in Aminosäuren, Proteinen) reagiert der offenkettige Aldehyd des Kohlenhydrates über ein Imin reversibel zum Amadori-Produkt, welches wiederum ebenfalls mit Aminen oder Aminisäuren kondensieren kann und sich irreversibel umlagert:

\mathrm{R\mathord-NH_2 + OHC\mathord-CH(OH)\mathord-R\!\,' }\,\mathrm{\leftrightarrows R\mathord-N\mathord=CH\mathord-CH(OH)\mathord-R\!\,'\ (Imin)}
\mathrm{\leftrightarrows R\mathord-NH\mathord-CH_2\mathord-C(O)\mathord-R\!\,' (Amadoriprodukt)}\,\mathrm{\rightarrow\ Umlagerungsprodukte}

Diese nichtenzymatische Reaktion erfolgt im Organismus mit Aminosäuren und Eiweißen relativ häufig und ist einer der zentralen Vorgänge beim Altern (z. B. Altersflecken), da die Reaktionsprodukte vom Körper nicht abgebaut werden können. Ferner spielt sie eine wichtige Rolle bei der thermischen Zubereitung von Lebensmitteln, z. B. beim Braten und Kochen. Es kommt zu der typischen Bräunung, da sich konjugierte Ringsysteme bilden, die farbig sind. Diese Produkte der sogenannten Maillard-Reaktion sind auch für den Geschmack zubereiteter Lebensmittel entscheidend.

Chemiker, die bei der Erforschung der Kohlenhydrate mitgewirkt haben

Quellen

  1. Fritz Lieben: Geschichte der Physiologischen Chemie. Wien und Leipzig 1935.
  2. http://www.daserste.de/moma/beitrag_dyn~uid,l8wifh0qgm7mhiwv~cm.asp ARD-Morgenmagazin zur Fettverbrennung
  3. http://www.alemagne.de/pdf/fettverbrennungspulsmythos.pdf Dr. Kurt A. Moosburger, Facharzt für Innere Medizin und Sportarzt, Institut für Biostatistik und Dokumentation an der Universität Innsbruck
  4. R. Renner, A. M. Elcombe: Metabolic effects of feeding "carbohydrate-free" diets to chicks. In: The journal of nutrition. Band 93, 1967, S. 31–36
  5. http://www.ajcn.org/cgi/content/full/75/5/951-a

Literatur

  • Thisbe K. Lindhorst: Struktur und Funktion von Kohlenhydraten. In: Chemie in unserer Zeit. Band 34, 2000, Nr. 1, S. 38–52. ISSN 0009-2851
  • Thomas K. Ritter und Chi-Huey Wong: Kohlenhydrate in der Antibiotikaforschung - ein neuer Ansatz zur Resistenzbekämpfung. In: Angewandte Chemie. Band 113, 2001, Nr. 19, S. 3616–3641. ISSN 0044-8249
  • Jochen Lehmann: Kohlenhydrate. Chemie und Biologie. Thieme, Stuttgart und New York 1996, 2001 (2. Auflage), ISBN 3-13-532902-X
  • Structure and Catalysis. In: A. L. Lehninger, D. L. Nelson, M. M. Cox (Hrsg.): Principles of Biochemistry. Worth Publishers, New York 1993, S. 252–252.
  • G. L. Zubay, W. W. Parson und D. E. Vance: Principles of Biochemistry. Wm. C. Brown, Dubuque, IA 1995.
  • I. Macdonald: Carbohydrates. In: M. E. Shils, J. A. Olson und M. Shike (Hrsg.): Modern Nutrition in Health and Disease. Lea and Febiger, Malvern 1994, S. 36–44.
  • British Society for Allergy and Environmental Medicine, British Society for Nutritional Medicine: Effective nutritional medicine. The application of nutrition to major health problems. In: Journal of Nutritional & Environmental Medicine. Band 6, 1996, S. 191–232.
  • G. Alton, M. Hasilik, R. Niehues et al.: Direct utilization of mannose for mammalian glycoprotein biosynthesis. In: Glycobiology. Band 8, 1998, S. 285–295.
  • V. Berger, S. Perier, C. Pachiaudi, S. Normand, P. Louisot und A. Martin: Dietary specific sugars for serum protein enzymatic glycosylation in man. In: Metabolism. Band 47, 1998, S. 1499–1503.
  • A. Martin, C. Rambal, V. Berger, S. Perier, P. Louisot: Availability of specific sugars for glycoconjugate biosynthesis. A need for further investigations in man. In: Biochimie. Band 80, 1998, S. 75–86.
  • H. H. Freeze: Disorders in protein glycosylation and potential therapy. Tip of an iceberg? In: The journal of pediatrics. Band 133, 1998, S. 593–600.

Weblinks


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