Kohanim

Kohanim
Grab des Kohen und Ober-Rabbiners Meschullam Kohn (1739-1819) in Fürth. Die Hände zeigen den Segen der Kohanim beim Sprechen des Aaronitischen Segens, die Krone symbolisiert v. a. den "guten Namen" und die Kohenwürde des Bestatteten.

Die Kohanim ([kohaˈnɪm] hebräisch כהנים, Plural von Kohen ([koˈhɛn], hebräisch כהן) sind eine Untergruppe der Leviten, des tempeldienstlichen Stammes unter den Zwölf Stämmen Israels. Sie gelten als direkte Nachfahren Aarons, der ein Bruder des Mose war.

Die Kohanim übten im Tempel den Dienst am Altar aus. Der Kohen Gadol (wörtlich „Großer Kohen“) war die höchste religiöse Autorität des Judentums. Jedoch waren die Unterschiede zwischen den Kohanim und den übrigen Leviten bezüglich ihrer Aufgaben und Befugnisse seit der Zerstörung des zweiten Tempels in Jerusalem durch die Römer im Jahre 70 n. Chr. teilweise aufgehoben. Für Kohanim gelten einige besondere Regeln bzw. Reinheitsgebote. Beispielsweise dürfen männliche Kohanim nur „jungfräuliche“, also keine geschiedenen oder verwitweten Frauen heiraten und sollen keine Friedhöfe betreten oder Tote berühren. Von ihnen wird zu bestimmten Anlässen (Jom tow[1] bzw. nur am Jom Kippur) auch der Aaronitische Segen gesprochen, bei dem unter anderem eine bestimmte Haltung der Hände und Finger[2] vorgeschrieben ist (die dann zu einer Art Kohen-Symbol wurde, das man dann besonders auf ihren Grabsteinen findet).

Inhaltsverzeichnis

Tempelamt in der Bibel

Die Anfänge des Tempelamts finden in den biblischen Erzählungen in unterschiedlicher Form Ausdruck. Tempeldienstliche Funktionen wie Altarbau und Opfer werden zunächst von den Familienvätern wie Noah und Abraham wahrgenommen. Eine Institutionalisierung findet nach dem Buch Exodus während des Aufenthaltes der Israeliten am Sinai statt. Demnach weihte Mose seinen älteren Bruder Aaron aufgrund des Gebotes Gottes (vgl. Exodus 28,3) zum ersten Kohen Gadol (wörtlich „Großer Kohen“. Von diesem stammen der Überlieferung nach alle späteren jüdischen Kohanim ab. Die Nachkommen Moses selbst gehören nicht zu den Kohanim. Die übrigen Nachfahren des Jakobsohnes Levi gelten als Leviten, was insbesondere nach der Vorstellung des Buches Numeri ein niederes Tempelamt bezeichnet. Bei der Einwanderung nach Kanaan wurde dem Stamm Levi kein Stammesgebiet zugesprochen, sondern spezielle Levitenstädte. Die materielle Versorgung der Kohanim und Leviten war der Fürsorge des Volkes anvertraut. Personen, die nichtlevitischer Herkunft waren, galten als illegitime Kohanim, so wie die götzendienerischen Baals-Priester des Nordreiches. Speziell die Bücher der Chronik schließen alle Tempelbediensteten, so auch die Sänger und Schwellenhüter, in levitische Genealogien ein. Welche möglichen historischen Vorgänge hinter den Auseinandersetzungen, die sich in den biblischen Texten spiegeln, stehen, bleibt weitgehend Spekulation.

Nach der Chronik teilte David die Kohanim in 24 Familien ein, die ihren Dienst nach einem Rotationsprinzip versahen. Dies dürfte jedoch eher die zeitgeschichtlichen Verhältnisse im Juda der hellenistischen Zeit spiegeln. Belegt sind die Namen der 24 Klassen auch aus Fragmenten synagogaler Inschriften aus byzantinischer Zeit aus dem Lande Israel aber auch aus dem Jemen. Die Texte aus Qumran kennen abweichend davon ein System von 26 Klassen, welches den Bedürfnissen des Kalenders der Qumrangemeinschaft angepasst ist.

Im Jahre 70 wurde Jerusalem durch die Römer unter Kaiser Titus nach langer Belagerung erobert. Dabei wurde der letzte Tempelbau, der prächtige Tempel des Herodes des Großen gemäß römischer Kriegsphilosophie vollständig zerstört (solo adaequare = dem Erdboden gleichmachen). Danach hatte das Tempelamt vermutlich kaum noch eine praktische Funktion. Die Beachtung der Kohanim und anderen Leviten besteht jedoch fort. Nachnamen wie „Kohn“ oder „Cohan“ deuten oft auf Angehörige der Kohanim hin.

Die Kohanim sprechen in der Synagoge den Aaronitischen Segen, sie werden vor den anderen Juden zur öffentlichen Verlesung der Tora aufgerufen, und es gelten für sie bis heute einige bestimmte Gebote der Tora; beispielsweise dürfen sie im Normalfall keine Witwen, Konvertitinnen oder geschiedene Frauen und Nichtjüdinnen heiraten. Ebenso dürfen sie keinen Friedhof betreten oder Tote berühren, auch nicht beim Tod eines direkten Verwandten.

Weihe und Investitur

Trachten und Kultgeräte

Der Kohen musste an seiner Person das volle Leben zeigen und alles fernhalten, was an den Tod, an körperliche oder sittliche Schwäche erinnerte. So konnte einer, der ein körperliches Gebrechen hatte, das Amt des Kohen nicht ausüben (Lev 21,17 LUT) Jederzeit musste der Kohen in reinem Zustand vor die Gottheit treten können, sonst zog er Todesschuld auf sich (Lev 22,3 LUT). Er hatte sich vor der heiligen Handlung zu baden und zu waschen (Ex 30,19 LUT) und sich während der Dienstzeit des Weins und Rauschtranks zu enthalten (Lev 10,9 LUT).

Eine feierliche Weihe stand am Anfang des Eintritts eines Angehöriger der Familie der Kohanim in den aktiven Dienst (Ex 29 LUT; Lev 8 LUT). Nachdem der Kohen mit Wasser gewaschen und dadurch von allem Unreinen und Weltlichen befreit war, wurde er investiert, mit dem Kohenkleid versehen und dann mit Öl gesalbt. Durch die Salbung mit dem heiligen Öl, dessen Zubereitung in der Tora genau vorgeschrieben war und das von niemand nachgeahmt werden durfte (Ex 30,22 LUT), wurde der Kohen für den Dienst heilig gemacht und ausgerüstet. Danach folgte ein dreifacher Opferakt, das Sühnopfer eines Rindes (Farren), das Brandopfer eines Widders und das Einsetzungsopfer eines Widders. Mit dem Blut des Widders wurden Ohr, Hand und Fuß der rechten Seite und die Kleider des Kohen bestrichen. Die Blutbestreichung hatte einen ähnlichen Zweck wie die Salbung; sie wollte den Kohanim mit göttlichem Leben ausstatten. Das Blut steht für die Kraft des Lebens. Zuletzt wurden dem Kohen bestimmte Stücke des Einsetzungswidders auf die Hände gelegt und ihm so die Hände gefüllt (1 Kön 13,33 LUT). Das hatte eine zweifache Symbolik. Einerseits wurde so dargelegt, dass der Kohen die Opfergaben des Volkes in die Hände nahm und Gott darbrachte, andererseits wurde damit erklärt, dass JHWH ihm die Opferstücke zuweist und er so seinen Unterhalt hat. [3]

Das eigentliche Kohanimamt

Rauchopfer

Das Hauptamt der Kohanim war der Dienst am Altar und im Inneren des Heiligtums hinter dem Vorhang (Num 18,7 LUT) das tägliche Rauchopfer darzubringen (Num 17,5 LUT, Ex 30,7f. LUT, Lk 1,8ff. LUT), die Leuchter zuzurichten (Ex 27,21 LUT) und allwöchentlich die Schaubrote aufzulegen (Lev 24,8 LUT). Am Brandopferaltar besorgten sie das Sprengen des Bluts (Lev 1,5–8 LUT), die Verbrennung des Opfers (Lev 1,9 LUT), das Ausgießen der Trankspenden (Num 6,17 LUT), das Weben der Opferstücke (Lev 14,24 LUT). Nach dem Gottesdienst sprach der diensttuende Kohen den Segen (Num 6,23 LUT, Lev 9,22 LUT). An den Festtagen leiteten Kohanim durch Trompetensignale den Gang der Feier (Num 10,10 LUT). Einige Kohanim mischten kostbare Salben (1 Chr 9 LUT).

Aufsicht über den Tempel- und Tempelplatz

Der Tempel war auch eine Schatzkammer. Große Summen baren Geldes, Weihgeschenke, kostbare Geräte und Gewänder, Speicher von Opfervorräten waren in seinen Zellen und heiligen Räumen verwahrt. Die Aufsicht über den Tempel und Tempelplatz wurde von Kohanim unter Beihilfe von Leviten besorgt. Drei angesehene Schwellenhüter (2 Kön 25,18 LUT) hatten dafür zu sorgen, dass kein Unbefugter in den Tempelplatz eindrang und im heiligen Hof nichts Ungebührliches geschah. Der Aufseher konnte die Ruhestörer in Block und Halseisen legen (Jer 29,26 LUT). Wenn einer vom Gottesdienst ausgeschlossen gewesen war, etwa durch die Unreinheit des Aussatzes, so musste er sich dem Kohen stellen, um wieder in den Tempelraum zugelassen werden zu können (Lev 13 LUT, Mt 8,4 LUT). So wurden die Kohanim zugleich eine Art medizinischer Sachverständiger, wie überall in alter Zeit Heilkunde und Tempelamt miteinander zusammenhingen.

Außerhalb des Heiligtums

Auch außerhalb des Heiligtums, im öffentlichen und privaten Leben, hatten die Kohanim ihre Aufgaben. Sie lehrten das Volk die gottesdienstlichen Bräuche, schieden zwischen Heiligem und Unheiligem, Reinem und Unreinem (Hes 22,26 LUT; 44,23 LUT) und sonstige verwickelte kultische Fragen (Hag 2,11 LUT, Sach 7,3 LUT). Sie hatten die Obhut über die heiligen Schriften (Dtn 17,18 LUT) und waren gewichtige Rechtsinstanzen in öffentlichen Streitigkeiten und in privaten Gewissensnöten (Hes 44,21 LUT). Die Strafen, die sie dabei auflegten waren vorwiegend kultischer Art in der Form von Opfergaben oder Geldbußen für den Tempel.

Amtstracht

Der Kohen betrat ohne Fußbekleidung, aber nicht barhäuptig das Heiligtum. Für die Amtsbekleidung des Kohen wurde in Israel wie in Ägypten und Babylonien nur Leinen verwendet. Wolle war wegen der Schweißentwicklung verboten und verpönt (Hes 44,17 LUT).

Das Kohenkleid durchlief im Lauf der Jahrhunderte eine Wandlung. In alter Zeit trägt der am Heiligtum angestellte Kohen nichts als einen leinenen Schurz (1 Sam 2,18 LUT; 22,18 LUT). König David ist beim Einholen der Bundeslade nur mit dem Efod (Leinenschurz) bekleidet und sonst nackt (2 Sam 6,14–20 LUT). Außerhalb des Dienstes tragen die heiligen Personen noch ein Obergewand über dem Efod (1 Sam 21,9 LUT).

Das Amtskleid der späteren Zeit war mannigfaltiger. Es bestand aus zwei Stücken, dem kurzen Unterbeinkleid, das auf dem bloßen Leib getragen wurde und dem langen, bis auf die Füße reichenden ungenähten Ärmelrock (Kuttonet) aus feinstem Byssus gewoben (Ex 28,40 LUT; 39,27 LUT). Die hohe, kegelförmige Mütze aus Byssus; die im Dienst nicht abgenommen wurde und ein buntgewirkter Gürtel aus den vier heiligen Stoffen, gezwirntem Byssus, blauem und rotem Purpur und karmesinfarbenem Garn vervollständigte und belebte die weiße Kleidung.

Einkünfte der Kohanim

Die Einkünfte der Kohanim waren durch Brauch, später durch die Tora geregelt. An den öffentlichen Heiligtümern lebten die Kohanim vom Opferdienst. Bestimmte Bußopfer und Bußgelder fielen den Kohanim ebenfalls zu (2 Kön 12,17 LUT).

Die Haupteinnahme ist ein dreijähriger Zehnt, von dem ein Teil dem gesamten Kultpersonal zufällt (Dtn 14,28 LUT). Von jedem Opfer erhalten die Kohanim Vorderfuß, Kinnbacken und Magen, ferner haben sie Anspruch auf das Beste von den Feldfrüchten (Getreide, Most und Öl) und auf eine Abgabe von der Schafschur (Dtn 18,3 LUT). Mit der Vergrößerung der jerusalemischen Tempelämter und der Hebung des Standes steigerten sich die Einkünfte der Kohanim. Das Sakralrecht weist ihnen nun mehr Einnahmen zu (Num 18,8 LUT; Neh 10,36–40 LUT). Die Kohanim bekamen ihren Teil von dem Fleisch der Ersatz- und Sühneopfer, soweit es überhaupt von Menschen verzehrt werden konnte (Lev 6,19 LUT; 7,6 LUT), ferner von den Speiseopfern, den Schaubroten und vom Fett der Brandopfer. Von jedem Schelemopfer die rechte Brust und Keule samt Opferkuchen.

Die Opferstücke dienten den amtierenden Kohanim und ihren Familien zum Unterhalt. Die hochheiligen Stücke (Sühn-, Ersatz-, Speisopfer und Schaubrote) durften nur von den männlichen Kohanim (Lev 21,22 LUT) im inneren Vorhof verzehrt werden. Die übrigen auch von Familienangehörigen und außerhalb des Heiligtums, aber nur im Zustand levitischer Reinheit und an einem reinen Ort.

"Kohanim" als moderner Familienname

Die Schreibweise des Namens variiert in den verschiedenen Nationalsprachen, vgl. Coh(e)n, Kahane, Kohn und Kahn. Bekannte Namensträger sind unter anderem Hermann Cohen, Albert Cohen, Daniel Cohn-Bendit, Leonard Cohen, Sacha Baron Cohen, Arthur Cohn, Ethan und Joel Coen, sowie Leonid Kogan und Oleg Kagan.

Literatur

  • Paul Volz: Die biblischen Altertümer. Edition Komet, Köln 2004, ISBN 3-89836-316-3 (Nachdr. d. Ausg. Calw 1914).[4]

Einzelnachweise

  1. Rosch ha-Schana, Jom Kippur, Pessach, Schawuot, Sukkot und Schmini Atzeret
  2. Gemäß Ganzfrieds Kizzur Schulchan Aruch, Bd. II., Kapitel 100 (in der Übertragung Selig Bambergers): "Sie erheben die Hände [...] , strecken sie aus und teilen ihre Finger, so dass fünf Zwischenräume dazwischen entstehen, das ist zwischen je zwei Fingern ein Zwischenraum und zwischen zwei Fingern und dem Daumen ebenfalls ein Zwischenraum, und ebenso an der anderen Hand, das sind vier Zwischenräume, und zwischen einem Daumen und dem andern auch ein Zwischenraum, das sind fünf Zwischenräume [...] sie müssen sehr darauf achten, dass die Spitzen der Daumen einander nicht berühren, damit der Zwischenraum nicht zerstört werde; sie müssen die rechte Hand etwas höher halten als die linke, und der rechte Daumen sei über dem linken Daumen [...] und sie breiten die Hände so aus, dass das Innere ihrer Hände zur Erde gewandt ist und die Rückseite ihrer Hände zum Himmel."
  3. Paul Volz, S. 65
  4. basiert auf Adolf Kinzlers gleichnamigen Werk.

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